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Juni 1903 an zum Amtsgerichtsrat bei dem Amtsgerichte hemuitz. In der Deutschen S t ä d t e a n s st e l l u n g Dresden werden, wie wir bereits erwähnt haben, der herein zur Förderung Dresdens und des Fremdenverkehrs ^iid die Dresdner Gesellschaft zur Förderung der Amateur holographie in dem Pavillon Nr. XIV (an der Stübel- tllee links vom Haupteingange) vom 20. Mai bis 1. August »glich nachmittags ü Uhr Vorträge mit Lichtbildern xranslalten. Die Themen sind: „Das Werder: Dresdens 700 Jahren", „Die sieben Wunderwerke Dresdens", ?cr Königliche Große Garten zu Dresden" (Aufnahmen M. Herrmaun), „Das Königliche Schloß". nach dem ^ogon Werke von Nönnnler Jonas, „Wanderungen Iinch Dresden rc.", Bilder aus Dresdens Großindustrie I„d Handel". Die Aufnahmen zu den Lichtbildern wurden ton Mitgliedern der Dresdner Gesellschaft zur Förderung ler Ainateurphotographie hergestellt. Die Apparate, ge- lefert von der Firma Unger L Host'inann in Dresden, »hören dem Dresdner Goethe-Bund. Die umfängliche Kannnlung von Projektionsbildern von Dresdner Bau werken nnd Ansichten aus Dresdens Vergangenheit, die Deineinsain den beiden genannten Vereineil und den: Dresdner Goethe-Bnnd gehören, wird späterhin nebst den wozu gehörigen Vorträgen Vereinen in und nur Dresden sz.ir Verfügung gestellt, damit die Kenntnis von Dresdens Schönheiten und die Heimatliebe gefördert werde. Das Miilernehmen wurde vorbereitet von den Herren B. Behrens, L. Frohne (Vorsitzender des Ausschusses), M. Herrmaun, D, Lchnanß nnd Paul Schumann, Dresden. — Nachstehende »oiideransstellnngcn werden innerhalb der Deutschen »lädteansstellnng in Dresden veranstalet: 1. Städtische Dmd von den Städten konzessionierte Gas- und Wasser- oerke, 2. Städtische und von den Städten konzessionierte fleknizitätsiverke, 3. Sicherheitspolizei, 4. Samariterweseu, Volkskrankheiten und ihre Bekämpfung (K. A. Lingner, Dresden!. 0. Sonderausstellung des Verbandes deutscher hüboitsliochweise, 7. Sonderausstellung des Verbandes ^eulscher Geiverbegerichte, 8. Sonderausstellnng des Ver sandes der Feuerbestattnngsvereine delitscher Sprache, 9. sonderausstellnng Dresdner Garteilbanfirmen, 10. Sonder- tusüellung des Deutschen Photographenv'ereins «von: 18. r'lugnst ab). * Zu dem grollen Palaisgartenfest am 14. Juni d. I. lud die Kape/Ien des Infanlerieregiineiits Nr. 107 in Leipzig, Zo- Ilüe des Ulaiienregiments in Os'chat; verpflichtet worden. Ter ^esaugvereiu der ^taalseisenbahndeämten hat seine Mitwirkung lugcsugt. Außer musikalischen und gesanglichen Vorträgen ist die plumjhrimg eines reizenden, durch Kinder hiesiger Schulen aus- gcnilmcu Vliimenrcigens geplant. * (nuannt wlirde Landrichter bei dein Landgerichte Leipzig Ipionmcd äelix Lampadius für die Zeit vom I.' Juli 1903 an Izuui Aiiusrichter bei dem Amtsgerichte Ostritz. * Ta über das Hausrecht in Versammlungen in der jchigcii Wahlbewegung mehrfach verschiedene Meinungen ausge treten sind, sei auf eine Entscheidung des Reichsgerichts vom t!N. Mai >903 verwiesen. Darin iviro n. a. gesagt: Wenn auch s der ts'igciilümer des Saales, in dem eine öffentliche Versaininlung adgehallcn iverde, keine Verpflichtungen eiiMgangen sei. wodurch er ' ander lrotldem HansrechtS befugt sei. Eine solche Befugnis sei insbesondere nicht davon abhängig, dag sic ausdrücklich übertragen werde. Indem s der Oige»lüincr seinen Saal zur Abhaltung einer Versammlung dem Gnberufer und seinen Gesinnungsgenossen zur Verfügung ge stellt, habe er ihm das Recht eingcrauint, zu diesem Zwecke über die Räumlichkeit zu verfügen. Der Einberufer der Versammlung sei demzufolge berechtigter Inhaber des Saales gewesen. Der 1 Angeklagte habe nicht zu den cingeladcnen Gesinnungsgenossen des l Unternehmers und Leiters der Versaininlung gehört und sei nicht lbenigt gewesen, noch länger in dein Saale zu verweilen, nachdem lihn der Lciicc der Versammlung aufgefordert hatte, sich zu ent Ifernen, Ter Eigentümer des Saales habe dem Leiter die ihm leiinieiäninle Verfügungsgewalt über den Saal nicht wieder ent "genauen iveroe, reine ^erpsua)iungen eingegangen »ei, woonrel) in seiner Verfügungsgewalt über den Saal gegenüber einer idern Person beschränkt werde, so schliche dies nicht aus, daß olzdem drittelt gegenüber eine andere Person zur Ausübung des kzogen gehabt, der Leiter sei daher der zur Aufforderung „Berechtigte" ln» Tinne des 8 123 des Str.-G.-B. gewesen und lediglich dieses s Verhältnis sei für die Frage, ob sich der Angeklagte des Haus friedensbruches schuldig gemacht habe, entscheidend gewesen. * Der Genossenschaftstag des Gcsamtver- l'au des deutscher Konsumvereine fand am Sonntag liier sunt. Die Präsenzliste ergab die Anwesenheit von etwa 050 7cil»chiueru aus 300 Orschaften. ^n Deutschland bestehen sieben Verbände: der brandenburgische, mitteldeutsche, nordwrstdeutsche, rheinisch-westfälische, sächsische, süddeutsche und Thüringer Verband. Diesen Verbänden gehören 585 Verbandsvereine mit 439 358 Mit glieder» au, welche 1105 Verkaufsstellen unterhalten mit 103455015 Mark Umsatz im eigenen Geschäft, 11889123 Mark Reingewinn. 11013778 Mark Warenbestand. 2930031 Mark Inventar, 17237407 Mark Gruiidbesitz, 13391028 Mark Gesamtsumme des Betriebs kapitals. Die Zahl aller deutschen Konsumvereine und -Genossen schaften ist schätzungsweise auf 2000 mit 900000 bis 1 Million Mitgliedern und 200 bis 250 Millionen Mark Umsatz zu veran schlagen, * Am Hiinmelfahrtstagc, den 21. Mai. finden infolge des stärkeren Verkehrs folgende Sonderfahrten der Dampfer statt: Aul der unteren Strecke nachmittags E» und 3 Uhr (bei starkem Regeuwetter nicht) bis Meisten und im Anschluss an die Fahrt abends o Uhr ab Dresden nach Meisten, ab Meisten abends 8 Uhr »ach Riesa, Ankunft daselbst abends 1<p°; ab Meisten nach Dresden nachm. 5" und 0 Uhr (bei starkem Regcnwetter nicht) und abends 7 ab Riesa bis Vielsten, Ankunft in Meisten abends I«R°, sodast der Anschluß für die Zugverbindung nach Dresden bequem z» er reichen ist. Des weiteren ist bei schönem Wetter auf der Strecke Tresden-Pillnilz wieder '/'«ständiger- Verkehr vorgesehen worden, ebenso siudct nach Erfordernis eine ausgiebige Unterstützung aller planmäßige» Fahrten statt. II. Schwurgericht. Der 34jährige verheiratete Arbeiter Wilhelm Lorenz aus Eonradswalde in Schlesien hatte sich wegen versuchter Notzucht zu verantworten. In Limbeich wohnhaft, hatte er sich au einer 45 Jahre alten Handelsfrau vergriffen. Das > Schwurgericht verurteilte ihn zu 0 Monaten Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust. — Die 23 Jahre Schneiderin Selma Michael aus Dresden war wegen vorsätzlicher KindeStütnng angeklagt. Dieselbe hatte ihr uneheliches Kind Stunden nach dessen Geburt, um seiiicr los zu werden, im Februar d. I. in die Elbe geworfen. Tie wurde zu 5 Jahren Zuchthaus und lO Jahren Ehrverlust verurteilt. Blascwitz. Auf der Residenzstratze geriet das Dienst mädchen W. Menzel beim Aufspringen ans einen Wagen der elektrischen Bahn unter die Näder desselben. Es nlachte sich Ueberfnhrung ins EarolahanS nötig. Loschwitz. König!. Hoheiten Prinz »nd Prinzessin Johann Georg, haben die Soininenvohnnng in Obcrlosch- Witz bezogen. Nochlitz. Das sechsjährige Söhnchen des Müllers Varthel stürzte beim Blumenpflucken in die Mnldenlache nnd ertrank. Mittweida. Das Pferd des Gutsbesitzers Rüger aus Röllingshain schellte vor einem vorüberfahrenden Automobil und ging mit dem Wagen durch. Herr Rüger wurde von seinen! eigenen Geschirr überfahren und erlitt einen Unter- schenkelbrnch. Frau Rüger hat sich beim Herausspringen ans dem Wagen mehrere Handknöchelbrüche zugezogen. Gößnitz. Der 1*/z jährige Knabe des Weichenwärters Gerstncr war ans den Bahndamm gelaufen, gerade als ein Schnellzug heranfuhr. Die Lokomotive erfaßte den Kleinen nnd schleuderte ihn im Bogen weit fort. Dem Kiitde wurde die Kopfhaut handbreit über den Kopf abgeschält, die Zunge dreiviertel der Breite abgetrennt und außerdem erlitt es noch mehrere Verletzungen. Meerane. Um ans dem Dienst zu kommen, wurde ein Mädchen zur Brandstifterin. Das Mädchen, erst 14 Jahre alt, war ans dein benachbarten Vorwerk Breitenbach als Dienstmagd beschäftigt, wo sie. ihrer späteren Aussage zufolge, nicht mehr bleiben wollte. Aus diesem Grunde legte sie ans dem Futterboden des Kuhstalles daselbst Feuer an, durch welches etwa 180 bis 200 Zentner Heu ver brannten nnd das Gebäude durch den Brand beschädigt wurde. Zwickau. Wir machen auf die am nächsteil Sonntag hier stattfindende K a t h o l i k e n v e r s a m m l n n g noch besonders aufmerksam. <Siehe Inserat.» Leipzig. Kath. Arbeiterverein Leipzig-Plagwitz- Lindenan. Ein schönes Bild herzerquickender Eintracht bot die Feier des 15. Stiftungsfestes. Dieselbe fand am ver gangenen Sonntag im Schloß Lindenfels, Theatersaal, statt. Ans allen Teilen Leipzigs und seiner Vororte, ja sogar ans weiter Ferne, aus allen Vereinen nnd Bernfüständen warenWeiblein und Männlein herbeigeströmt,den vorgenannten Saal vollkommen füllend. Freudestrahlenden Antlitzes be grüßte der Vorsitzende, Herr Matissek, die zahlreich Er schienenen, allen ein herzliches Willkommen entbietend. In der Festrede beleuchtete der Präses, Herr Kaplan Stranz, in eingehender Weise und im Hinweis ans die jetzige ernste Zeitlage die Ziele und Bestrebungen der kath. Arbeiter- vereine, deren Pflichten. Rechte nnd Leistlingen, schilderte, wie selbe sich nach den großen Intentionen des hl. Vaters und des erhabenen Arbeiterkaisers Wilhelm II., an dem Ausbau der sozialen Wohlfahrtseinrichtnngen beteiligen, forderte eindringlich ans, sich durch recht zahlreichen Beitritt in den kath. Arbeiterverein diese Einrichtungen nutzbar zu machen, nnd schloß seine gehaltvolle Rede mit einem Hoch ans Papst, Kaiser und König. Aiiknüpfend gab Herr Matissek dann bekannt, daß projektiert sei, den kath. Arbeiterverein in nächster Zeit über einen größeren Bezirk anszndehnen nnd bat darum auch seinerseits um recht regen Beitritt zu demselben. Herr Schuldirektor I)r. Tante bringt hierauf dem Vereine die Glückwünsche seines Lehrer kollegiums dar, unter Anführung des schönen Vergleicbes, daß, wie bei einem Jünglinge das 15. Lebensjabr eine ernste Entscheidung herbeiführe, auch der festgebende Verein hinfüro recht erstarken, blühen, wachsen nnd gedeihen möge. «Referent schließt sich diesem Wunsche von ganzem Herzen an.» Ans den weltdedentenden Brettern ging ein Schauspiel in Szene, betitelt: „Der Arbeit Preis", was umso aktueller wirkte, als es einen Wahlkampf zwischen kath. Pereins mitgliedern nnd deren heftigsten Gegnern veranschaulichte nnd zugleich die Religion als die Grundlage der kath. Arbeitervereine dokumentierte. Weiterhin wurde eine Posse: „Die neue Spritze" anfgeführt, die den Lachmnskeln der Anwesenden derb znsetzte; zwischen hinein ertönte Musik nnd gemeinschaftlicher Gesang, auch wurden als Einlagen mehrere Konplets geboten. Den Schluß bildete Festball. Hörnitz bei Zittau. Ein Tag der Freude war der verflossene Sonntag für die Katholiken von Hörnitz und den umliegenden Dörfern. Der hochherzige Opfersinn und der rastlose Eifer des Hochw. Herrn Pfarrers Zentner in Zittau hat den Kindern der kath. Missionsschule daselbst ein eigenes, würdiges Heim geschaffen. Man konnte den strahlenden Gesichtern der lieben Kleinen nnd den zahlreich erschienenen Eltern die Freude ablesen, nach jahrelangen mißlichen Ver hältnissen in einem Gasthanse resp. einer Privatwohnnng jetzt einen so schönen, sonnigen, einen ans Zittaus grüne Waldberge so herrlichen Ausblick gewährenden Saal als bleibende Heimstätte zu besitzen. Schlicht und einfach war die Feier, zu welcher sich auch eine stattliche Anzalfl Katho liken, Freunde nnd Gönner der Anstalt ans Zittau ein- gefunden hatte. Nachdem Herr Pfarrer Zentner einen ge schichtlichen Rückblick ans die Entstehung des .Hauses ge worfen nnd in warmen Worten allen Wohltätern, den ver storbenen, sowie allen lebenden, ein herzliches „Vergelt's Gott" ausgesprochen, erfolgte die Einweisung der Kinder in das würdig ansgeschmückte neue Heim. Gebet nnd Gesang schloß die zwar einfache, aber tief ergreifende Feier. Ans Wunsch der hiesigen Katholiken wurde auch eine Bittschrift an das Pfarramt zu Zittau ansgelegt, »vorin dasselbe er sucht wird, die hohen staatlichen nnd kirchlichen Behörden anzngehen, daß in dem Unterrichtssaale auch Gottesdienst für die Katholiken von Hörnitz und Umgebung, ähnlich wie in Olbersdorf, abgehalten werden kan». Die zahlreichen Katholiken (500) dieser Diasporagemcinden sind von der Erfüllung dieses sehnlichsten Wunsches umsomehr überzeugt, da ja das hohe Ministerinin des Kultus und öffentlichen Unterrichtes des öfteren in solchen Angelegenheiten eine wohltuende Toleranz betätigt hat. 40 Katholiken ans Hörnig nnd Umgebung Unterzeichneten nach der Feier dieses Bittgesuch. Die Missionsschule besuchen gegenwärtig 24 Kinder. Vier davon werden vorbereitet ans den Em pfang der hl. Erstkommunion. Gebe (Kokt, daß sie dieselbe in Hvrnitz selbst, beim erstmaligen Missionsgottesdienstc. feiern können nnd dieser Tag ein Gnadcntag für die ge samte kath. Diasporagemeinde Hörnitz und Umgebung werde. Wahlbewegnris,. X Herr Pfarrer Jentsch in Dcnben hatte vor einigen Tagen an Stelle des Abgeordneten Weigert die Kandidatur der Ordnnngspartcien iin 0. Wahlkreis übernommen. Nun mehr teilte er den Vertretern der Evangelischen Arbeiter vereine mit. daß ihm innerhalb seines Kirchcnvorstandeö wohlgemeinte, schwerwiegende Bedenken entgegengebracht worden seien, und daß er sich infolgedessen veranlaßt ge sehen habe, seine bedingungsweise Zusage wieder znrück- znzichen und von der Kandidatur znrnckzntreten. Nun ist der Wahlkreis Dresden-Land wieder verwaist. Die „schwer wiegenden Bedenken" bestehen wohl hauptsächlich in dem Umstand, daß Herrn Pfarrer Jentsch demnach nicht jene freudige Zustimmung in seinem Wahlkreise entgegengebracht wurde, wie es innerhalb der Ordnugsparteien sein muß, um ans einen Sieg rechnen zu können. Auch wird ihm die zugkräftige Wahlparole gefehlt haben, deren Fahne alle folgen. Bei seinem Amtsbrnder Reichel sieht man die Schwierigkeiten; er hat der Jesuitenhnt ans die Stange gesteckt. In Dresden zieht das noch ein wenig. Es ist auch ein dankbareres Hilfsmittel zur Fanatisiernng der Protestantischen Wähler. Das ist noch so ziemlich die ein zige Lockspeise, durch die sich die seit Wochen Hieralls dressierten Gimpel fangen lassen. Herr Pfarrer Jentsch glaubt dafür kein so dankbares Publikum zu haben, öder er geniert sich, mit einer so hohlen Phrase Agitation zu treiben. Manche Herren können sich eben nicht moder- nisieren und hängen noch immer an dem alten Kulturkampf- zops der 70er Jahre, wiewohl ringsum die einsichtigen Politiker znm Rückzug mahnen. Vom Hofprediger a. D. Stöcker haben wir erst kürzlich sein Eintreten für die Auf hebung des 8 2 des Jesnitengesetzcs gemeldet nnd hellte kommt Herr W. v. Kardoff hinzu, der Führer der frei- konservativen Partei, wie wir das nächste Mal ansführen wer- den. Trotzdem ist der Horizont der Bnndespastorenpolitik mit dem Iesnitengesetz begrenzt. Möchte der Nachfolger des Herrn Pfarrer Jentsch mehr Maiinesmnt nnd ein besseres politisches Verständnis bekunden. Pfarrer Reichel vor seinen Wählern. X Herr Pastor Reichel hat sich gestern abend im Tivoli »aale der Dresdner Wählerschaft als Kandidat vorgestellt. Von einem Manne, der ein Volksvertreter werden will, verlangt man vor allen Dingen Mut. Herr- Pastor Reichel hat nichts weniger als solchen bewiesen, wie er den Saal mit einer großen Anzahl Sozialdemokraten, an der Spitze ihren Kandidaten 1)r. Gradnaner, besetzt sah. Im Zeichen dieser Angst stand seine Rede. Sorgfältig ver mied er es. dem sozialdemokratischen Feinde ins Gesicht zu leuchten. Fast kein Wort verlor er gegen diese Gefahr, welche doch die OrdnnngSparteicn so wacker znsammengeführt hat, um Sachsen davor zu retten. Der Kandidat dieser Ordnnngsparteien kniff ans, wo es von jeden: Zuhörer als ein äußerst brennendes Bedürfnis empfunden wurde, Auge in Auge sich anszusprechen nnd sich das zu sagen, was man sich wechselseitig zu sagen hat. Da aber Herr Pastor Reichel nun einmal sprechen mußte, zog er es vor, die Rede des Kollegen in Dresden- Nenstadt, Herrn Wagner, abznkopieren. Er hatte leich teres Spiel, lieber die abwesenden Gegner zu beschimpfen und aufs Korn zu nehmen, weil er sich vor diesen nicht zu fürchten brauchte. Ein solches prachtvolles Karnickel ist glücklicherweise vorhanden, es sind die Jesuiten nnd die Katholiken. Hageldicht regneten seine Hiebe gegen diese nieder. Was man an Verlenmdnngen und Verdächtigungen je vorgebracht, hier konnte man eine geschmackvolle Auslese davon hören. Selbst der „schwarze Kittel" der Jesuiten mußte herhalten — Pastor Reichel vergaß, daß er selbst im „schwarzen Kittel" ans der Rednerbnhne stand. Das war ein ganz billiges A n s k n n f t s m i t t e l, nm die Zeit totznschlagen, die Zuhörer der Ordnnngs- Parteien zu fanatisieren und sich so ans der Schlinge zu ziehen. Nach all den großartigen Vorreden znin Wahlkartell, nach all den Gran- in Gran-Schilderungen von der großen roten Gefahr mußte es direkt als Schwäche bezeichnet werden, die Gründe nicht darznlegen, warum der Kampf aller gegen die Sozialdemokratie ausgenommen werden muß, nnd als ein Ton Ouirote-Streich einen Feind zu be kämpfen, der in ganz Sachsen tatsächlich mit der Tiogenes- laterne gesucht iverde» muß. — die Jesuiten. — Und nun fragen wir den Herrn Kandidaten ans Ehre nnd Gewissen, ob er es denn charaktervoll nennen würde, wenn die Katholiken Dresdens hingingen, nin ihrem er bittertsten Feind am ><>. Juni ihre Stimme zu geben. Herr Reichel hal durch seinen Wahlaufruf allein schon ans die Stimmen der Katholiken verzichtet und ein Zentrnnis. Wähler, der iiinner noch die Hoffnung hegte, diesen Mann wenigstens bei der Stichwahl seine Stiinine geben zu könne», wird nach den Beleidigungen seiner Religion im Tivvlisaale, nach dem damit bekundeten Hasse gegen das Katholische erkannt haben, daß er sich gründlich verrechnet hat. Sv graben sich die gescheiten Herren der Ordnungs- Parteien selbst die Grube, in die sie hineinstürzen, wenn sie noch weiter den Stimmen der konfessionellen Hetzer ihr Ohr leihen. Tie Rede Gradnaners, den man nur 5 Min. sprechen lassen wollte, bis man ihm schließlich 20 Minuten gewährte, die vorgefallenen Tumulte, die Hinansbefördernug mehrerer Sozi sind Nebensächlichkeiten, welche den Hanpteindrnck der Versammlung nicht zu verwischen vermag. Der Mangel an Takt hat hier den Ordiningsparteien nicht einmal einen moralischen Erfolg gebracht, und die Sozial demokraten können sich rühmen, statt eines mannhaften Gegners einem altersschwachen Greis, der sich nicht zu helfen weiß. Pardon gegeben zu haben. So bekämpft man keine Umstnrzpartei. Wenn die Ordiiniigsparteien es nicht lernen, mit den Waffen der Beweisführung den Kampf zu führen, wenn sie statt dessen mit dem evangelischen Bewußtsein nnd Jesnitengefahr herninflniikern und damit die Nichtprotestanten vor den Kopf stoßen, so ist ihre Niederlage bereits am 1«>. Juni besiegelt. Es wäre für sie vorteilhaft, vom Zentrum zu lernen, den Kampf zu führen. Freilich, wer nur zur Wahlzeit sein Herz fürs Volk entdeckt, kann mit keinem blanken Schild in die Schlacht ziehen. — Für nnö Zentrinnswähler hat der 10. Mai die Parole gegeben: Wählet am >6. Jnni niemand anderen, als den Zentrumskandidaten: Iustizrat I» in Breslau. Wie wir soeben ans verläßlicher Quelle erfahren, ge denkt HerrPastor Reichel die Kandidatur wieder niederznlegcn. 5. Klasse 14.'!. Hotterie, 15». Tag 20. Mai 1003. tömm Mk.: 8007t .nilid L llo., Leipzig. :i«nur Mk.: ooooo05993 7471230532 75801 70,559 1.3329 28824 4773«! 88223 «>0731 78805 10705 00142 20715 580,il 3N57 13743 01242. ««NX» Mk.: «0053 53204 1051,7 03271 13401 08507 12507 18078 27182 27573 29535 01010 40210 03777. (Lhne Gewähr.)