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2. Beilage z« Nr. ÄSS der „Sächsischen B»lkszeit«nft" vom LS. Dezember lvV4. Weihnachten. Hört ihr der Engel Zudelgesättve. Wie sie beseligend rauschen ins Herz! Hört ihr der Harfen himmlische Klär ze. Wie sie beiär.sngen Weden und Echmerz! „Ave! Der Gua-e endlose Fülle. Ziert dich, o Jungsrau. in -Schönheit und Zucht! Mit dir der Herr in sterblicher Hülle. Selig du bist und die Krone der Frauen. Wanne dein strahlendes Antlitz zu schauen. Und deines LribeS hochheilige Frucht!" Jauchzet, ihr Himmel! jauchzet, ihr Erden! Jauchze, du wallendes, wagendes Meer! Jauchzet, idr Stürme! Laut soll es werden. Jauchze, der Sterne unzähliges Heer! Denn ein Geheimnis, nie zu ergründ-«. Wirkte der L>ede unneiinvare MVctu: Nun wird getilgt, die Menge der Sünde». Gott in der Höhe wird Segen und Ehre. Freude der Engel tadsingendem Hrere. Friede den Menschen ans Erden gebrnchr jzritz Eis-r. Politische Nsvdsch«». Tie auf der 51. Generalversammlung der Katholiken R»»tschlands in Regensburg gehaltenen Reden wurden statuleiigeinäß in einem Bande herausgegebe». Viele, «eichen die Beschaffung des allzu umfangreichen steno- »imphtscheu Berichtes nicht möglich ist, werden die Heraus- O«be -er wichtigen Reden umso mehr mit Freuden begrüßen, »tz ihnen hier ein Werk angeboten wird, das eine reiche Fundgrube beachtenswerter Gedanken und Ideen enthält, -ie den kirchentreuen Katholiken die Richtschnur ihres Tuns und Handelns vorzeichnen. Ein genaues Inhaltsverzeichnis dient zur schnellen Orientierung. Das Werk enthält ferner, ««s den Besuchern der 51. Generalversammlung und allen -iechentreuen Katholiken besonders wertvoll sein wird, als Erinnerungsblätter an die 51. Generalversammlung die woklgetroffenen Porträts des Protektors des Lokalkomitces, des regierenden Fürsten von Thurn und Taxis, der hoch- würdigsten Herren Bischöfe von Regcnsbnrg. der Präsi- deuten des Lokalkonütees und der Generalversammlung, der Herren Redner, sowie Aufnahmen der Festhalle nsw. Die Reden, welche das Wert umfaßt, sind folgende: 1. Die Arbeiterfrage im Verhältnis zur Religion und Sittlichkeit . »en Dr. Karl Hilgenrainer, Universitätsprofessor in Prag. - 2. Nutzen der katholischen Arbeiterorganisationen ans gerstig.sittlichem und materiellen Gebiete von M. König- baner. Arbeitersekretär in München. — 3. Die Traditionen ' -«» deutschen Katholikenversammlungen vom Justizrat Tr. > Pirsch in Breslau. — 4. Die Erneuerung der Welt in Chri- > stus von Tr. tl>eol. Gerhard Esser, Universitätsprofessor in ! Bonn. 5. Papsttum und Ultramontanismus voll H. Nveren, Lberlandesgerichtsrat lind Geh. Justizrat in Köln ». Nh. - - 6. Tie katholische Wissenschaft von Dr. G. Echnürer, Universität Professor in Freiburg (Schweiz). — 7. Die moderne Belletristik von Dr. Philipp Huppert, Redakteur in Köln. — 8. Die katholische Presse und ihre berechtigten Ansprüche an das katholische Volk von Dr. i Beruh. Barth, Gymnasialprofessor in Straßburg. — 9. Die Lchulfrage von Prälat Dr. Schädler, Domdekan in Bam- ! berg. — 10. Kräftigung der Auktorität von A. Gröber, : Landgerichtsrat in Heilbronn. — 11. Die christliche Charitas > von Dr. Lor. Werthmann, Prälat in Freiburg i. Br. — i 12. Tie Pflichten des katholischeil Mannes von Tr. Joh. ! Thaler, Justizrat in Würzburg. — 13. Grundsätze der christ- s - tichen Sozialpolitik von Dr. Aug. Pieper, Generaldirektor > l in München-Gladbach. — 14. Sicherheit und Weitherzigkeir ! der katholischen Gottes- und Weltanschauung von Dr. A. ^ ! Meyenbcrg, Professor und Kanonikus in Luzern. — 15. ! Schlußrede, gehalten vom Präsidenten der Generalversannn-- ' j lnng Dr. Felix Porsch, Justiz- und Konsistorialrat in Bres- j lau. — Das 180 Druckseiten umfassende Werk mit den s schöllen Erinncrnngsblättcrn kann broschiert zu dem Preise ! von nur 1 Mark von dem Verlag I. Habbel in Negcus- burg und allen Buchhandlungen bezogen werden. — Charlottenburg geht mit sozialpolitischen Maß nahmen allen Städten voraus. Keine Kommune leistet so viel auf diesem Gebiete wie das allerdings sehr reiche Ehar- lottenburg, das die meisten Millionäre in seinem Bezirke beherbergt. Jetzt wird es den Ruhm beanspruchen dürfen, das Schlafstellenunwesen durch eine Wohlfahrtseinrichtung großen Stils, durch ein Ledigenheim, bekämpft zu haben. ^ Die Stadt selbst wird auf einem ihr gehörigen Grundstück in der Neliriligstraße ein solclx's Heim bauen, den Betrieb aber aus praktischen Gründen einer Aktieiigesellschaft über lassen. Beabsichtigt war. das Heim für 320 ledige Männer i einzurichten; die Zahl wird jedoch ein wenig herabgesetzt > werden, da noch in jeder Etage ein besonderes Schreibzim- ? wer eingerichtet werden soll. Tie jährlichen Betriebskosten, die aus etwa 40 000 Mark veranschlagt werden, will man durch die Mieten der Schlafstellenbewohner, den Nestaura tionsbetrieb, durch Vermietung einiger Räume zu gewerb lichen Unternehmungeil und anderes inehr decken. Die Mo natsmieten sollen sich in der Höhe der ortsüblichen Mindest sätze von 0 Maick halten: in der Restauration werden für s Speisen die Preise der Volksküchen 10 bis 30 Pfennig für ein Mittagessen — erhoben werden. Um jedem Miß brauch vorzilbengeil, will man den Nestaurationsbetrieb nicht verpachten. Besondere Annehmlichkeiten werden den Bewohnern des Heimes noch daraus erwachsen, daß sie ein Bad für 5 -Pfennig erhalten, billige Flickwerkstätten und eine Tampfwäscherci im Hanse vorfinden. Für die Stun den der Muße steht ihnen ein Uiiterhaltungssaal zur Ver fügung. Es steht zu erwarten, daß schon in: Anfang des nächsten Jahres der Magistrat den Stadtverordneten die Vorlage zugeben läßt. Die Erstellung von Ledigenheimen ist eine der dringendsten Aufgaben ans dem Gebiete des Wohnungswesens, hier sollten alle größeren Städte prak- > tisch cingreifen und nicht warten, bis der Staat sie zwingt. — Eine hübsche Erinnerung. Die liberale und frei sinnige Presse hält sich derzeit gewaltig darüber ans, daß Kultusminister Stndt das gewiß nicht klassische Gedicht über Derfflinger als Schneidergeselle aus dem Lesebuch für höhere Töchterschulen entfernt hat, worin es nie gehörte: sie sieht darin eine Nachgiebigkeit gegen die katholische Geistlichkeit in Trier: besonders jammert die „Voss. Ztg", der mm von der „Kreuz-Ztg." ins Stammbuch geschriebe» wird: ..Da das Berliner freisinnige Blatt ein so gutes Ge dächtnis hat, wird es sich wohl auch erinnern, was einst in dem von einem Stadtschulrat herausgegedenen Berlinischen Lesebuch aus dem Rückertschen Gedichte „Vom Bäumlein, das andere Blätter so gewollt" geworden war. Rückert hat gereimt: „Ta ging der Jude durch den Wald, Mit große« Sack und großen Bart." In Berlin regiert nicht Dr. Felix Korum, sondern der Jude. Also mußte Rückert verbessert werden. Zuerst wurde aus dem Juden ein „Kaufmann". Ta aber auch dies Wort noch zu verdächtig klang, entschloß man sich zu einem „Bettler" oder „Räuber". In einem anderen Berliner Lesebuch war aus einer Rede Sr. Majestät des Kaisers eine Aeußerung über den „christlichen Staat' dnrch Weglassung des Wortes christlich gesälscin worden." Also erst hübsch vor der eigenen Türe kehren! Der gute Ton wird geradezu verpönt in der sozial demokratische Presse. Genosse Parvns ist es, der in der „Leipz. Volkszeitung" einen Lobgcsang aus den rohen lau ansliinint: er schreibt: „Wir haben einen schlechten Ton, das ist wahr. Wir tonnen sehr grob werden — manchmal. Unser Ton ist rüde. Doch nicht immer. Manche unter uns be fleißigen sich gelegentlich besserer Uingangsforinen. Genosse Volimar zum Beispiel bemüht sich, dein Reichskanzler nach znweisen, wie man noch diplomatischer sein kann, als dieser politische Matjeshering. Ein rauher Winter zieht durch unsere Sprache. Wie ein Pesthauch weht es von unseren Artikeln und Reden. Unsere Sprache hat einen schlechten Tdem sie bringt Krankhcits- und Zersetzungsstoffe zu Tage." In diesem Gassenjungenton geht es eine ganze Seite lang fort: Parvus hat wengistens Selbsterkenntnis! Aber wie wird die Fraktion von 78 Oleiiossen darüber erschreckt sein? Der „Vorwärts" gibt bereits seinem Mißfallen dar über Ausdruck, er meint: „daß derartige kalten und trivi alen Schimpfereien nicht geeignet sind, die Wahrheit ans Licht zu stellen, sondern die Wahrheit lächerlich zu machen. In der Tat hat auch der Artikel keinen unserer' Gegner vcr letzt, sondern er hat ihren ganz berechtigten Spott hervorgerilfen. Man höre also doch endlich ans, uns aus Parteikreisen zu belehren, daß die Sozialdemokratie keine Partei des „guten Tones" sei und sein wolle, das ist selbst- versrändlich. Sozialdemokraten sind keine Hofmeister, un gerade der Fall Hannnerstern beweist ja. welche unsägliche Roheit sich mit der gewählten Sprache verbinden kann. Wogegen wir »ns wenden ist vielmehr einzig und allein jenes K r a f t m e i e r t » m , jenes A t h l c t e n t u in mit Worten, das nicht gefährlich ist, weil cs mit starken Ans drücken kämpft, sondern deshalb, weil es durch inhaltslose Phrasenliaftigkeit den sozialistischen Kampf abschwächt. Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist immer nur noch ein Sprung - " Sehr gut gesagt. Das „Athletenlum mit Worten" trifft nun die sozialdemokratische Fraktion Mich mit. Man stelle sich einmal die Genossen Stadthagen un- Zubeil vor! Haben wir nicht dieses verspottete personi fizierte „Kraftnieiertiini" vor uns. Die sozialdemokratische Presse bemüht sich derzeit gewaltig, um dem Reichskanzler wieder Stoff zu einer gelungenen Rede zu geben. — 80 — Langsam gleitet die kleine schwache Gestalt zu Boden. Die Laterne »erlischt. In diesem Augenblick Pferdegelrappel, Räderrollen. Maria Tosti kehrt in ihrer Equipage von Nom zurück. Doll werfen die beiden Azetylenlichter ihre Strahlen auf beide Seiten der Straße. „Sieh, Mama!" wendet Maria sich an ihre neben ihr sitzende Mutter. -Hockt da nicht jemand an der Mauer?" „Gewiß ein Bettler, mein Kind. Laß ihn nur! Solche Leute muß man sich vom Halse halten." „Nein, Mama. Es ist kein Mann: es ist eine Frau. Gewiß ist sie ver unglückt. Halt, Pietro! Halt! Sehen Sie mal nach, was der armen Frau -ort passiert ist!" Der Wagen hält. Pietro springt vom Bock, nähert sich der in sich zu- sammeiigesiinkenen Gestalt und rüttelt sie ein paarmal hin und her. Tie Alte öffnet die Augen. Sie will aufstehen: aber taumelnd fällt sic wieder zurück. Auch Maria ist inzwischen iiähergekommen. Auf ihre tei ln eh m ende Frage, wohin denn die Alte heute so spät noch wolle, schüttelt Frau Perm: nur den Köpf. Mitleidsvoll bietet Maria ihr einen Platz in ihrem Wagen an — znm großen Leidwesen ihrer Mutter, die ihr seidenes Schleppgewand unwirsch beiseite schiebt, als die alte Frau von Pietro in den Wagen ge hoben wird. Jetzt, da Frau Perini still in den Polstern ruht, blickt Maria ihr ge nauer in das verrunzelte Gesicht. Sie erkennt sie und redet sie freundlich an. Und auch die Alte erkennt die weiche, tiefe Stimme wieder. Sie beugt sich etwas vor und faßt Marias beide Hände. „Wie gut Sie sind. Frau Gräfin! Wie sehr gut! Und gerade jetzt, wo -er liebe kleine Bursche weg ist! O, mein Gott! Mein Gott!" Aengstlich drückt sie sich in die Polster des Wagens, mit scheuen Blicken -re imposante Gestalt der Marchesa San Martins streifend, die den Kopf hoch erhoben, über die kleine Bauersfrau himvcgzugucken scheint. Als der Wagen vor der „Villa Helios" hält, ladet Maria Frau Perini ein, die Nacht bei ihr zu bleiben. Morgen früh könne sie dann weitergehen. Mit Tränen in den Augen nimmt die Alte die liebevolle Einladung «m. Nur die Marchesa tuschelt ihrer Tochter, während sie die breite Treppe emporstcigen, indigniert ins Ohr: „Bist du verrückt. Maria? Eine Bauersfrau in dein Haus aufzuneh men? Das ist durchaus unpassend." „Ich finde nichts unpassendes dabei, liebe Mutter," lautet die sanfte Entgegnung. „Doch — warum läßt Alessandro sich nicht blicken? Eigen tümlich!" Da überreicht auf silbernem Tablett der Kammerdiener einen zusam- inengefalteten Zettel. „Dom Herrn Grafen, gnädige Gräfin. Es sollte der Frau Gräfin so fort bei Ankunft abgegeben werden." Hastig liest Mario die wenigen Worte. Eine Wolke huscht über ihre klar« Stirn. „Schlechte Nachricht?" fragt die Marchesa beunruhigt. „Nein, Mama. Morgen ist Alessandro wieder hier. Nur wundert mich, wa» ihn so plötzlich abberusen kann. Wann reiste er fort. Antonio?" Nachdenklich schleudert er zwischen den üppigen Rosensträuchern dahin, welche eine Seite der Villa flankieren. Hier und da, wenn eine der vielen roten, gelben, weißen, rosa Blüten ihr besonders schön dünkt, zieht er sein Taschenmesser hervor, um sie ahzuschneiden und dem Strauß in seiner Han- anziisügcn. Ter duftende Gruß soll heute abend bei Marias Rückkehr auf ihrem Platze bei Tisch prangen. Plötzlich von ferne lautes Hundegebell. Nero und Aspasia schlagen wütend an. Ohne darauf zu achten, geht Alessandro ruhig weiter träumend, nach- denkend, hier und da eine Rose abschneidcnd. So sehr ist er in seine Gedanken vertieft, daß er gar nicht die rasch näher imiuiienden Schritte zweier Männer bemerkt. Erst als sich eine .Hand schwer aus seinen Arm legt, blickt er sich um. „Herr Graf Alessandro Tosti?" Der Mann, der diese Frage in strengem Amtstöne stellt, ist gut bürger lich gekleidet. In einiger Entfernung von ihm patrouilliert ein anderer ans und ab. „Ja, der bin ich." erwidert Alessandro verwundert, indem er die Han- abschüttelt. „Und wer sind Sie, wenn ich bitten darf?" „Ich bin Geheimpolizist. Hier meine Legitimation. Ich verhafte Sie im Namen des Gesetzes!" Alessandro fährt zurück. „Mich —? Verhaften? Wohl ein Irrtum! Eine Verwechslung!" „Nein, mein Herr!" Ter Geheimpolizist greift in feine Rocktasche. „Ich vertiefte Sie, Graf Alessandro Tosti. Sic stehen im Verdacht, Ihren Vetter, den Grafen Virgilio Tosti, vergiftet zu haben!" Alessandro begreift zuerst gar nicht den Sinn der Worte. Wie betäubt steht er da. Erst, als der Mann die Worte wiederholt, braust er auf. „Wa- as? Was fällt Ihnen ein? Sind Sie von Sinnen? Han- wcg! Sonst—" Doch der Fremde greift nur uni so fester zu. „Verhalten Sie sich ruhig! Es ist das beste für Sie selbst. Jeder Widerstand verschlimmert Ihre Lage. Draußen vor dem Parktor hält ein Wagen. Ich und mein Kollege dort - ," er deutet auf den anderen Fremden, der sich auf dieses Zeichen hin rasch nähert — wir beide werden Sie sofort mich Rom bringen. Folgen Sie uns!" Alessandro nimmt den .Hut ab und wischt sich über die beiße Stirn. Mein Gott, was tun? Was tun? Das beste ist natürlich, ruhig, ohne Auf- sckwn zu machen, mitgeheu. In Roni muß sich der Irrtum ja sofort aufklären . . . Wenn es aber länger dauerte? Vielleicht bis morgen? Oder noch län ger? Wenn Maria heute abend nach „Villa Helios" znrückkehrt und ihren Gatten nicht vorfindet? „Ich bitte Sie, lassen Sie mich los!" wendet er sich höflich an den Ge heimpolizisten. „Ich folge Ihnen selbstverständlich. Aber ich möchte vorder ein paar Zeilen an meine Frau schreiben cS geht doch nicht wtder Ihre In- strnktion?" „Durchaus nicht. Nur muß ich Sie alsdann ins Haus begleiten, Herr Graf." 2«