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Beilage zu Nr. 2ll der „Sächsischen Volkszeitung". Bischof Ur. Wuschansti in Chemnitz. Freudentage seltener Art waren der 11. und 12. Sep tember für die Katholiken unserer Stadt, da an diesen Ta gen Se. Bischöfliche Gnaden Herr Dr. Georg Wuschanski den beiden Pfarrgemeinden und Schulen seinen ersten Be such als Oberhirt abstattete. Gegen 6 Uhr abends wurde der hochwürdige Herr von der gesamten Geistlichkeit, den Kirchvätern, Schulvorstands-Mitgliedern, den Vorständen der männlichen katholischen Vereine und dem Herrn Direk tor Steinegger als Vertreter der Katholiken von Mittweida im alten Pfarrhause feierlichst empfangen. Tic leutselige Art und Weise, mit welcher der hochwürdigste Herr Bischof jeden einzelnen der Herren begrüßte, lieh ihn die Herzen aller im Sturme gewinnen. Um 7 Uhr wurde der Herr Oberhirt in feierlichem Zuge in die festlich geschmückte Kirche geleitet, wo ihn die dichtgedrängte Menge der Gläubigen mit heiligernster Spannung erwartete. Der lichtdurchflu tete heilige Raum, der prachtvolle Einsatz des Begrüßungs- gesangcs .. »:>«-,-i'<1«>» inn^uim" durch die vorzüglich geschulte „Cäcilia" und insbesondere die ehrfurchtgebietende 'Ersäzeinnng Sr. Bischöflichen Gnaden nahmen die Menge der Gläubigen in einen Bann, der bei allen Anwesenden unermeßliche Eindrücke hinterlassen wird. Herr Pfarrer Müller bestieg die Kanzel, um mit sichtlicher Ergriffenheit vor der Gemeinde die Würde und hohe priesterliche Gewalt darzulcgen, die einem Bischof als Nachfolger der Apostel innewohnt, und den hohen Gast im Namen der ganzen Ge meinde mit dankerfülltem Herzen willkommen zu heißen. Diese Begrüßung erwiderte der hochwürdigste Herr Bischof vor der andachtsvoll lauschenden Gemeinde npt einer warm- empfnndenen Hirtcnrede, deren Gewalt am besten mit dem Hinweis auf die von Papst Pins X. zu Beginn seines Pon tifikates proklamierte „Erneuerung der Welt in Christus" gekennzeichnet sein dürste, wobei Se. Bischöfliche Gnaden insbesondere den im Zeitalter eines mißachteten Autoritäts- Prinzips unbedingt nötigen Christenglauben als die Wur zel bezeichnete, die auch dann noch den Baum lebendig er halte, wenn schon die Krone durch den Orkan arg beschädigt worden sei. Einen gewaltigen Eindruck hinterließ diese geistvolle Hirtcnrede auf die in tiefer Andacht versunkene Menge der Gläubigen, die darauf knieend den bischöflichen Segen emp fing. Mit einer von Herrn Pfarrer Müller gehaltenen Tank- und Segcnsandacht schloß die eindrucksvolle, allen Anwesenden unvergeßliche Begrüßungsfeier. Der folgende Tag galt dem Besuche der Pfarrgemeinoe Chemnitz ll, sowie den beiden katholischen Bürgerschulen. Morgens s,^>8 Uhr fand in der bis auf den letzten Platz ge füllten Turnhalle der zweiten Bürgerschule feierlicher Empfang durch Herrn Pfarrer Katzschmann statt. In der Begrüßungsrede gab der Herr Pfarrer der Hoffnung Raum, daß es ihm bald vergönnt sein möge, den hochverdienten Herrn Obcrhirten statt in einer Turnhalle in einem neuen würdigen Gotteshanse empfangen zu können, worauf der hochwürdigste Herr Bischof in der Erwidernngsansprache dem Herrn Pfarrer Katzschmann und der ganzen Gemeinde die gewiß recht erfreuende Zusage gab, daß er in Zu- . kunft warm für den Bau einer zweiten katholischen Kirche in Chemnitz eintreten wolle. Nachdem Se. Bischöfliche Gnaden die heilige Messe , zelebriert hatte, fand in der geschmückten Aula eine Be- i grüßungsfeier statt, wobei Herr Schuldirektor Richter in einer wohldurchdachten Ansprache über die Ausgabe der . christlichen Schule sprach und der Hoffnung Ausdruck per- ! lieb, daß auf dem mit vielen Opfern seitens der Sämige- ! meinde errichteten prächtigen Schulgebäude auch für alle Zn kunft der Segen Gottes ruhen möge. Ter hochwürdigste § Herr Bischof dankte herzlich für das Gelöbnis der Treue ge- > genüber der Kirche und richtete liebewarme Worte an die ! Kinder, sie besonders zur fleißigen Uebnng ihrer religiösen ! Pflichten ermahnend. Nach Besichtigung der Unterrichts- ! räume erfolgte nach 10 Uhr der Besuch der ersten Bürger- > ! schule auf dem Kaßberge. Hier bot Herr Direktor Grob- ! mann dem Herrn Oberhirten den herzlichsten Willkommens- ! grüß und bezeichnete den Besuch seitens Sr. Bischöflichen , Gnaden geradezu als einen Merkslein für die Geschichte der ! Schule und eine gute Vorbedeutung für eine weitere glück- ! liche Entwickelung derselben. Mit Worten des Tankes und ' der Spendung des Bischöflichen Segens verabschiedete sich ! der hochwürdigste Herr Biscbos. Durch gesangliche und dekla- - matorische Darbietungen wurden die Begrüßnngsfeierlich- ^ keiten in beiden Schulen verschönt. Nachdem der bochwür- ! digste Herr Bischos mit den beiden Herren Pfarrern Müller i und Katzschmann dem Oberbürgermeister der Stadt Cbem nitz Herrn Dr. Beck Besuch gemacht, und im alten Pfarr- ! banse die ehrwürdigen Granen Schwestern von der heiligen Elisabeth, den Vorstand des katholischen Franenvereins, . alsdann eine Deputation des Kindergartens, der unter der i Leitung einer ehrwürdigen Granen Schwester steht, empfan- ^ j gen hatte, nalmi er das Mittagsmahl beim Herrn Pfarrer i Müller mit den Herren Geistlichen ein. Zn seiner Rückfahrt > nach Dresden nachmittags 3 Uhr l-1 Minuten gaben ihm ! das Geleite zum Hanptbahnhose die beiden Herren Pfarrer Müller und Katzschmann. Gott segne unseren geliebten Obcrhirten, Herrn Bischos Tr. Georg WnschanSki, und »n- ! sere Gemeinden. II ... Politische H-nirDsch«;». Deutschland. Nach den „Berl. Pol. Nachr." wird bei den dies ^ maligen Etatsvorarbeiten insofern eine Etatsändernng in Erwägung gezogen, als die für die vstasiatischc Expedition geleisteten Ausgaben, die bisher im Ertraordinarinm be stritten wurden, auf das Ordinarinm übernommen werden sollen. Wir haben hiergegen nichts einznwenden, falls cs sich nur um eine rechnerische Umgestaltung handelt; ja, wir begreifen diese. Seither wurden diese Ausgaben durch Schul den gedeckt, laufen sie im ordentlichen Etat, dann müssen sie durch laufende Einnahmen ausgeglichen werden. Aber die Umstaltnng hat doch wieder ihre sehr großen Bedenken, das kann der Anfang zu einer ständigen Kolonialarmee werden. Im ordentlichen Etat laufen sonst nur stets wiederkehrende Ausgaben. Wenn dieser Zweck damit verknüpft sein soll, müßten wir uns sebr scharf gegen diese Umstaltnng ans sprechen. - Aus dem Parteitage der Braunschwciger Welsen vom letzten Sonntage konstatierte der Parteivorsitzende Graf von der Schnlenburg Helen. daß jetzt gegenüber den Welfen ein anderer Wind herrsche. Die Welfen seien ange- iicbm berührt durch das ritterliche Verbalten des Kaisers gegenüber der Weifentochter in Berlin. Man brauche sich deshalb allerdings keinen Illusionen binzngeben; inan solle in der Partei die dynastischen Beziehungen ans dem Spiele lasten. Rechtsanwalt Wedekind-Brannschweig teilte mit, daß der auf dem vorjährigen Parteitag etngcbrachte An trag. eine Eingabe zu richten an jeden deutschen Bnndes- sürßen ans Beseitigung des Bnndesratsbeschlnsses vom 2. Juli 1830, jetzt energisch in die Hand genommen werde. Auch dieser Redner erkannte die Ritterlichkeit des Kaisers an und meinte, die Brannschweiger werden es niemals ver gessen, daß Wilhelm ll. einen Bismarck, den er so genau kannte, die Entlassung erteilt habe. Eine Lücke in der Reichsgesetzgebung findet sich im Apothekenwesen. Bekanntlich unterliegt der sogenannte Handverkauf in den Apotheken genauen gesetzlichen Be slimmnngen, und eine sehr große Anzahl von Präparaten dürfen überhaupt nur auf schriftliche mit Datum und Unter schrift des Arztes versehene Anweisung also nach einem „Rezept" an das Publikum als Heilmittel verabfolgt werden. Gleichwohl kommen noch immer recht beklagens werte Unglnckssälle durch den Verkauf von Mitteln im Handverkauf in den Apotheken vor. So berichtet ein Arzt über einen Vergistnngssall bei einem Jahr alten „von Gesundheit strotzenden" Kinde in der „Münchner Medizini schen Wochenschrift", der ganz dazu angetan ist, ans eine Lücke in der Reichsmedizinalgesetzgebnng nnsmerksam zu machen. Es bandelt sich um einen „Schlastee", den die Eltern dem Kinde eingegeben hatten, um sich an einer .Kir mesfeier zu beteiligen. Dieser Schlastee wird in vielen, namentlich in bayerischen Apotheken in großen Massen und ganz unbedenklich verkauft. Via» schätzt den Verbrauch von Schlastee in manchen Apotheken auf zwei bis drei Zentner! Nun ist es sonderbar, daß von den Früchten des Moses, ans welchen der Schlastee bereitet wird, nur die unreifen der ärztliche» Rezeptnrbeichränknng unterworfen sind, die reifen aber nicht. Eine gleichartige Regelung erscheint uns sehr geboten. — Verbot der Bicrsurrogntc. Die „Berl. Pol. Nachr." deuten an. daß bei der Reform der Bransteuer auch ein Ver bot der Surrogate erlassen werde; wir finden das ganz selbstverständlich. Die offiziösen Nachrichten kennen nur das Snrrogatverbot in Bayern; es existiert aber auch in Baden und Württemberg. In der Bransteuergemeinschast werden Surrogate noch sehr häufig verwendet. In dem Durchschnitte der letzten Jahre sind jährlich mehr als 15 0G) Tonnen Surrogate zur Bierbereitnng verwendet worden, etwa 18 Prozent der dazu gebrauchten Menge an Getreide. — 148 — „Und es bleibt dabei — zu meiner Hochzeit kommen Sic ganz bestimmt." „Ganz bestimmt — also am 20. Oktober — nicht wahr?" „Ganz recht — am Sonnabend, den 20. Oktober, aus Waldkrng. Na, da können Sie was erleben — mit den Vorbereitungen ist schon jetzt begonnen worden und die Feierlichkeit dürfte selbst Ihren verwöhnten Millionäran sprüchen genügen. Die Trauung findet in der Hanskapelle statt - „Aha — eine eigene Hanskapelle —" „Na, ich kann Ihnen sagen! Wenn Sic auch schon einige Mal-e zur Jagd dort waren — Sie haben, glaube ich, noch nicht die Hälfte aller Räume des Schlosses — des Herrenhauses kann man schon nicht mehr sagen — zu sehen bekommen!" „Schon möglich — bin übrigens außerordentlich gespannt! Und dann sorgen Sie man für eine akzetable Tischnachbarin für mich „Verlassen Sie sich darauf, wird alles bestens besorgt —" „Na und nach der Trauung —" „Fahren wir nach Pegli. Alice war davon diesen Sommer so entzückt, daß sie gleich, nachdem wir uns verlobt hatten, den Wunsch anssprach: „Du Säzatz, die Flitterwochen verleben wir aber hier in dieser entzückenden Gegend!" „Das war ein geschcidter Gedanke von dem gnädigen Fräulein", sagte Manderstein lebhaft, „wahrhaftig, um eine solche Hochzeitsreise kann man Sic beneiden." „Machen Sie mir's bald nach, dann können Sie das auch haben " „Wollen sehen, was sich tun läßt — sorgen Sie - wie gesagt - für eine hübsche Tischnachbarin — Adieu, Sic Glücklicher —" „Adieu, lieber Manderstcin." Er zog noch einmal den Hut, der andere faßte an die Mütze und der Zug fuhr davon. Nachdenklich bestieg Brünnow den Bock seines Jagdwagens, den er selbst kutschierte. In seinem Gesicht arbeitete es lebhaft, seine Mienen wechselten jeden Augenblick. Er schien den Plan noch einmal zu durchdenken, den der Freund ihm entwickelt hatte. Das Resultat seines Nachdenkens schien ein be- friedigendes zu sein, denn er nickte nochmals lebhaft mit dem Kopfe. Dann schien es, als sei er nunmehr mit seinem Entschluß im Reinen und brenne darauf, womöglich noch am selben Abend mit der Ausführung zu beginnen, denn er gab dem Pferde einen scharfen Schlag mit der Peitsche, cs so zu leb hafterer Gangart antreibend. Zn Hanse angekommcn, überreichte ihm sein Diener auf einer silbernen Platte ein duftendes Billct. Er erkannte auf der Adresse die energischen Schriftzügc seiner Schwiegermutter Frau Maud. Sie hatte eine Ucber- rasämng für ihr Töchtcrchcn ausgcdacht, nämlich einen Besuch auf Finken hagen. Alice brenne vor Begier, ihre neue Heimat erst einmal zu sehen, bevor sie flir immer dahin iibersicdle. Nach Landessitte sei cs nun nicht möglich, daß die beiden Damen, selbst in Begleitung ihres Mannes, ihm. den Junggesellen, einen Besuch abstattctcn. Sie sei deshalb auf die Idee verfallen, für diesen Tag die Wirtin zu machen, sic gäbe ihm nun anheim, vielleicht an dem Tage ein kleines ländliches Fest zu arrangieren und einen kleinen Kreis guter Freunde dazu cinzuladen. George, ihr Gatte, habe ihr schon so viel von Finkenhagcn und den Verbesserungen vorgcschwärmt, die er dort angctroffe'n, daß auch sie das Verlangen ihrer Tochter teile, das Wunder einmal anzusehen. — 145 — Eines Tages meldete sich der alte Helbig beim Untersuchungsrichter und erzählte diesem, Gribows Hund sei am Tage vorher mit einem Regenschirm angelansen gekommen. Gleich daraus sei der Doktor im Hanse erschienen und habe dielen Regenschirm als den seinigen retlnmiert. Der Hund sei ans dem Hose nmhergegangen und dann auch seiner Gewohnheit gemäß ans die Straße gelanse». Der Doktor sei mit seinem Einspänner durch das Dorf gefahren und dabei sei der Regenschirm, den er mit gehabt habe, vom Wagen gefallen. Der Arzt habe geselle», wie der Hund den Schirm sogleich mit den Zähnen aufgehoben und ins Hans getragen habe. Helbig berichtete weiter, des war men Weiters wegen habe Hans- und Stnbentür von Gribows Hans offen gestanden, der Hund sei hereingekoinmen und habe den Schirm in die Ecke gelegt. . Nero", habe Helbig dazu gesagt, „was bringst du denn da für einen Schirm?" In diesem Augenblicke habe ein Wagen vor dem Hanse gehalten und der Doktor sei eingetreten, um seinen Schirm zu holen. Der Untersuchungsrichter batte sich Helbigs Personalien notiert, hatte ihm seinen Dank für die Mitteilung ausgesprochen, die von allergrößter Wich tigkeit werden könne und batte ihn dann entlassen. Sogleich batte er dann Griboiv wieder ins Gebet genommen. „Warum haben Sic mir das nicht gesagt", fuhr er ihn streng an. „daß Ihnen Ihr Hund den Regenschirm zngetragen hat?" Gribow fuhr heftig erschrocken zusammen, verfärbte sich und sagte unbedacht: „Der Hund ach ja, der Hund, der war ja auch dabei." Der Untersuchungsrichter horchte auf. „Wobei?" fragte er rasch. „Wie ich den Schirm fand", sagte Griboiv, sich mit seltener Geistesgegen wart fassend. „Ach was. wie Sie den Schirm fanden?" fuhr ibn der Untersnchnngs lichter an. um ihn einznschüchtern, „wie Sie den Mann im Kathen erschossen haben. Ta bat der Hund den Regenschirm, der wob! in der Ecke gestanden hat. anfgenommcn und forgeschleppt." „Herr Landgerichtsrat", beteuerte Gribow, „es ist nicht wahr, ich bade ihn nicht ermordet, weder im Kathen noch sonstwo. Ich war an dem Nach mittag, wo es abends das starke Gewitter gab, in meinen Garten gegangen, hatte die Stnbentür und die Hoftür ausgelassen, weil es io warm war. Da kam der Hund, der den ganzen Nachmittag iimhergelanten war. über den Hof gesprungen, als wollte er was von mir. Ich hatte aber meine Wirtschafts sorgen iin Kopfe, und achtete nicht ans hin. Als cr es mir aber zu bunt trieb, gab ich ihm einen Fußtritt, daß er heulend weglief. Ta batte er gewiß den Schirm hcrcingebracht. Denn wie ich gleich darauf mit dem Schulmeister in die Stube ging, da lag der Schirm in der Ecke. Und ich habe gedacht, der hätte ihn bingcstellt, und cr sei nur ninge- fallen. Aber wie ist man denn darauf gekommen, hat sich denn der gemeldet, der den Hund mit den, Schirm gesehen hat", fragte er nun doch sehr gespannt. „Das Fragen ist an mir", sagte der Untersuchungsrichter scharf, „und Sie haben nur zu antworten. Haben Sic mich verstanden? Uebrigens ?7