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veröffentlicht, wonach auch ihm damals vom Abgeordneten Dröscher jene Unterredung mitgeteilt worden sei. Dem Wunsche der „Kreuzzeitg.", Herr Everling möge durch ge richtliche Klage die Wahrheit feststellen, ist derselbe bisher nicht nachgekommen. Nun droht dem Direktor ein neuer Eklat. Im lutherischen „Nordhaus. Landesboten" wird ihm folgendes Spiegelbild vor Augen gehalten: „Wir sind ganz erschüttert über die Verworfenheit der „Ostpreuß. Zeitg." und über das schreiende'Unrecht, dos Herrn Everling geschehen. Ja, gute Sitten müssen gewahrt werden, nicht nur in Bezug auf Privatgespräche, sondern auch in Bezug auf Privatbriefe. Aber wie ist uns denn? Da fällt uns ein Fall ein, daß eine gewisse Geschäftsstell? eines Vereins aus einem zwei Jahre zurückliegenden Pri vatbriefe unter Verschweigung der Hauptsache, also unter Entstellung des Gesamtbildes, einen Passus veröffentlichte, der einen Gegner bloßstellen sollte. Welches war diese Ge schäftsstelle, die so, um mit Herrn Everling zu reden, „wider die guten Sitten" gehandelt hat? Das war die Zentral? des Evangelischen Bundes! Und wer ist der verantwort- liche Leiter dieser Zentrale? Herr Everling! Und noch eins! Entspricht es den „guten Sitten" und den „vorneh men Gepflogenheiten", deren Herr Everling sich rühmt, einen Gegner hinter seinem Rücken in geheimen Druck sachen, die an Tausende von Menschen gesandt werden, an zugreifen und schlecht zu machen, ohne daß dem Angegriffe nen die geringste Möglichkeit gegeben wird, sich zu verteidi gen und die Entstellungen zu berichtigen? Entspricht eine solche planmäßige Afterrede den guten Sitten, entspricht sie den Forderungen des achten Gebotes, entspricht sie deutscher, entspricht sie evangelischer Art? Wir bitte» um Antworr. Herr Everling! Aber Sie werden nicht antworten, denn durch die einzige Antwort, die ein deutscher Mann geben kann, würden Sie der von Ihnen geleiteten Geschäftsstelle des Evangelischen Bundes »nd damit sich selbst ein vernich tendes Urteil sprechen." Na, das kann hübsch werden. Jehl muß Everling klagen, nachdem er bisher auf die sehr deutliclM Be merkungen der konservativen Presse geschwiegen hat. — Eine großartige Leistung de« Hansabuude». Nachdem das Preisrichterkollegium unter Vorsitz des Staatsministers a. D. Freiherrn v. Berlepsch die aus das Preisausschreiben des Hansabundes (Durch welche Praktisch durchführbaren Maßregeln kann das für Einrichtung und Betrieb klein gewerblicher Unternehmungen erforderliche Anlage- und Betriebskapital beschafft werden?) eingelaufenen Arbeiten geprüft und vier davon einer Auszeichnung für würdig befunden hat. sind den Verfassern der preisgekrönten Arbeiten Preise zuerkannt worden, und zwar Herrn S. Wolfs, London. S. W. Reformkiub, an erster Stelle. Also ein in England (II) wohnender Mann soll das deutsche Klein gewerbe retten. So etwas kann nur der Hansabund sich leisten. — Wie gehetzt wird. Der Apostat Müller schreibt u. a. in der „Tägl. Rundschau": Der „Corriere di Sicilia" organisierte Radfahrpatrouillen aus ganz Sizilien, die in den nächsten Wochen in Rom eintreffen sollen, um der Stadt Rom auf dem Kapitol die Grüße aller sizilianischen Gemeinden zu Überbringer:. . . Nun verlor der Vatikan die Geduld. WaS werden die ausländischen Katholiken sagen — fragte man sich — wenn sie sehen, daß ihre Glaubrns enossen in Italien sich so sehr mit der gegen wärtigen Lage ausgesöhnt — haben? Mutz darunter nicht der Peterspfennig leiden?!" Das ist eine Gemeinheit; auch wenn der Vatikan sich mit dem Königreich auSsöhnt, ist der PeterSPfenuig erforderlich, weil der Papst für dis Ver waltung der Kirche Geld nötig hat. Aber so verdreht mau alles, um den Protestanten ei» Zerrbild zu geben. Oesterreikh'llr — Da» Befinden de« Kaiser» ist, wie die Korrespondenz Wilhelm aus Gödöllö meldet, anhaltend nutze, ordentlich gut. — Die Verfolgung der nichtmagyarischen Lehrer in Ungarn. Im Jahre 1910 wurde vom ungarischen Kultus ministerium und auf dessen Veranlassung gegen nicht weniger als 148 Lehrer das Disziplinarverfahren eingeleitet. In 146 Fällen war der Grund: ungenügender Eifolg im Unterricht der magyarischen Sprache und „staatsfeindliche Haltung". Die vom Disziplinarverfahren betroffenen Lehrer wurden zum Teil abgesetzt oder pensioniert, zum Teile mit Rügen u >d Geldstrafen belegt. Daß diesem Vorgehen der ungarischen Regierung politische Motive zugrunde liegen, zeigt besonders der Umstand, daß von diesen 148 Lehrern 147 Nichtmagyaren sind, und daß das Verfahren in den Bezirken besonder» häufig angcwendet wurde, die bei den letzten Wahlen Natioualitäteukandidaten für den Reichstag wählten. So entfielen aus das Komitat Fogarasch allein 24 und auf das Komitat Krassö-Scverin 21 Fälle. Italien. — Von der Turincr Weltausstellung. Nus Turin treffen mit jedem Tage authentische Nachrichten ein, nach denen die Ausstellung, obwohl schon lange eröffnet, sich in einem absolut unfertigen Zustande befindet. Die elektrische Zentrale wird erst ini Juli fertig sein; ein Betreiben der Maschinen, also auch der deutschen Maschinen in der Ma schinenhalle, wird demgemäß vor Juli ausgeschlossen sein. Wer die Ausstellung fertig finden »volle, dürfe keinesfalls vor Anfang September nach Tnrin kommen. Die Aus- stcllungslcitung war naiv genug, mitzuteilcn. daß sie dafür sorgen »volle, daß zu der Zeit, in der die Jury zusamincn- tretc, die Ausstellung ungefähr vollendet sei. Es ist gerade zu unverständlich, daß in Turin solche Zustände herrschen, wo die Ausstellung doch eine notorisch nationale Sache ist. auf die sich Regierung und Parlament aufs intensivste kon zentriert haben. Tie Stadt Turin hat nickst weniger wie neun Millionen Lire dazu gegeben und zehn Jahre ist für die Ausstellung vorgearbeitet worden. Daß nach Deutsch land bis jetzt noch keine offizielle Nachricht über die Zu stände in Turin gelangt ist, ist zum mindesten sehr verwun derlich. Tie „Ständige AuLstel.unnskommissio» für die Deutsche Industrie", die seit Jahr und Tag mit nachhalti ger Reklame für Turin wirkt, hätte eigentlich über den wirk lichen Zustand der Ausstellung doch etwas in die Oeffent- ' lichkeit bringen müssen. Die Ausstellungskominission wurde übrigens zu ihrer Tätigkeit in Turin von dem Staatssekre tär des NeichSamtes des Innern beglückwünscht. Neuer dings gehen Gerüchte um, daß die Neiclfsregierungen sowohl wie auch einzelne Reichslagsabgeordnete sich mit dem Ge danken tragen, sich für die Verhältnisse der Turiner Aus- stellung näher zu interessieren. Türkei. — Der russisch türkische Zwischenfall gilt als ge- schlossen. — Die Beziehungen zwischen Montenegro und der Türkei haben sich soweit gebessert, daß ein Besuch d.S Königs Niklta in Konstanttnopel gesichert ist. Der Tag der An kunft wird nach der Rückkehr de» Sultans festgesetzt werden. — Der bulgarische Gesandte hat dem türkischen Kriegs minister sein Bedauern über die Erschießung des türkischen Leutnants bei dem letzten Grenzzwischenfall ausgesprochen. — 'Der montenegrinische Geschäftsträger hatte am 29. Mai mit dem Minister des Aeußeren eine Unterredung zwecks Wiederherstellung des beiderseitigen Vertrauens. Das Verlangen der Pforte, daß die Montenegriner etwaige bet den Operationen gegen die Aufständischen über die Grenze gehenden Schüsse nicht erwidern sollten, wurde abgelehnt. Dagegen soll die Pforte die Zusicherung gegeben haben, daß die Truppen bei den Operationen sich bemühen werden, nicht an die Grenze heranzukommen. Stnstland Tie Ncichsdnma ist jetzt zum letzten Male in die Sommerfcrien gegangen, nachdem sie vier Jahre lang ein recht freudloses Dasein gefristet. Je näher nun das Ende der Legislaturperiode und der Termin der Neuwahlen heranrückt, um so schärfer fällt der Umstand ins Auge, das; weder in der Oeffentlichkeit noch in der Presse aus diesein Anlaß eine Belebung des politischen Interesses zutage tritt. Nur die Negierung, die sich nach dem Gesetze wie überall frei von jeder Beeinflussung der Wahlen zn halten hat, ist mit eifrigen Vorbereitungen für die Neuwahlen beschäf tigt. Die überwiegende Zahl der Bewohner Rußlands steht jetzt schon der kommenden Neichsduma nicht nur vollkommen gleichgültig, sondern sogar mit einer gewissen Dosis von Verachtung und Feindseligkeit gegenüber. Tie russische Duma ist im Grunde genommen nur eine Scheinvertretung, die Stolypin, selbst »venu es einmal zu einem Mißtrauens votum koiniut, nach seinen» Willen lenkt. Das weiß die Nation und erwartet von der Duma nichts anderes, als ein gehorsames Einschwenken, wenn von oben gewinkt wird. Wie sehr manche Abgeordneten an ihrem fast 10 00(1 Mar! jährlich, betragenden Gehalte hängen, hat die letzte Ab stimmung gegen Stolypin gezeigt, bei der die Bauern für Stolypin stimmten, aus Furcht, die Duma könne aufgelöst werden und sie um ihre schöne Einnahme kommen. Das alles drückt der Duma einen bureaukratischen Stempel auf, durch den Stolypin sic gcbrandmarkt hat. Jedenfalls tra gen gerade diese Umstände viel dazu bei, daß die russische „Gesellschaft" ihrem sogenannten Parlamente gar kern Interesse mehr entgegenbringt, außer wenn es sich um einen kleinen oder großen Skandal handelt. Marokko. — Zur Lage. Die Besetzung Tetuans durch Spanien soll unmittelbar bevorstehen. General Dalbies ist am 26. Mai aufgebrochen, um die Duars zu züchtigen, die seinerzeit die Nachhut der Kolonne Gouraud angegriffen, einen Soldaten getötet und 16 Mann verwundet hatten. Gouraud und Dalbiez warfen den Feind, dem sie große Verluste zufügten, in die Berge zurück und beschossen die Duars. Die Hygiene-Ausstellung. Die Eröffnung de» italienischen Pavillon», der auch der König beizuwohnen gedenkt, findet heute nachmittag.auf der Internationalen Hygiene-AuSstellung statt. Aus Stadl und Land. Dresden, den 31 Mai 1V11. —* Se. Majestät der König wohnte heute auf dem Truppenübungsplätze Zeithain der Besichtigung der 7. In fanterie-Brigade Nr. 88 bei. —* Se. Majestät der König begibt sich morgen früh nach Großenhain zur Besichtigung des Königs-Husaren-Regiments. — *Der Landesparteitag der FortschrittlichenBolkSpartei im Königreiche Sachsen trat am Sonntag unter dem Vorsitze des Reichs- und Landtagsabgeordneten Günther. Plauen, im Palmengarten zu einer Sitzung zusammen. Nach Er- ledigung deS geschäftlichen Teiles referierte Fabrikbesitzer Graf, Leipzig, über die Stellungnahme der fortschrittlichen Volkspartei zu den bevorstehenden Reichstagswahlen. Er betonte, daß der nur in der Einbildung bestehende „schwarz- blaue Block" bekämpft und niedergeworfen werden müsse und verbreitete sich dann über das Wahlabkommen mit den Nationalliberalen. In 14 Wahlkreisen sei eine Einigung zwischen den beiden liberalen Parteien erzielt w"-den, während in neun Wahlkreisen ein Abkommen nicht habe getroffen werden können. Die Versammlung nahm zum Schlüsse ncch folgende Resolution einstimmig an: „Der Landesparteitag der Fortschrittlichen Volkspartei im Königreiche Sachsen genehmigt das mit dem National- liberalen Landesverein hinsichtlich der Besetzung der einzelnen Wahlreise zur Vermeidung von Doppelkandidaturen ge troffene Abkommen, wonach die Nationalliberale Partei die Wahlkreise Dresden-Altstadt, Pirna, Borna. Freiberg. Chemnitz, Zwickau. Annaberg und Leipzig-Stadt, die For!» schrittliche Volkspartei dagegen die Wahlkreise Dresden- Neustadt, LeiSnig, Plauen i. V., Oschatz, Bautzen und Zschopau mit Kandidaten besetzt. Hinsichtlich der Wahl- kreise Döbeln und Mittweida wurde in das Abkommen mit eingeschlossen, daß der Wahlkreis Döbeln den National- liberalen und Mittweida der Fortschrittlichen Volkspartei überlassen bleibt." —* Der erste Reichsdeutsche MittelstaudStag, der unter dem Ehrenvorsitze des Herrn Oberbürgermeister Geh. Rat Dr. Beutler steht, wird, wie nunmehr bestimmt feststeht, am 28., 24. und 25. September auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung zu Dresden tagen. Geplant sind am 28. September neben dem BegrüßungSabende Delegierten- Versammlungen und Sondertogungen der beteiligten Verbände, woran sich am 24. September die Hauptversammlung anschließt. Am 25. September findet noch ein Ausflug nach Meißen statt. —* Der Deutsche Bauernbund im Königreiche Sachsen hielt am 30. Mai in Dresden unter dem Vorsitze des Herrn Landtagsabgeordneten Clauß-Plaucn seine Hauptversamm- lung ab. Nach dein vom Geschäftsführer, Herrn Dr. Neu- mann-Dresden. erstatteten Geschäftsberichte hat der Bund in Sachsen eine befriedigende Entwickelung genommen. Die Mitgliederzahl beträgt nahezu 2000 und von den Mitglie dern sind rund 95 Prozent reine Landwirte. Im Verlaufe der Versammlung wurde folgende Resolution einstimmig angenommen: Die heutige gutbesuchte Generalversammlung des Deutschen Bauernbundes im Königreicl)e Sachsen ist mit der Führung seiner Geschäftsstelle voll und ganz einver standen. wie auch mit seiner abwehrenden Stellungnahme zu den in jeder Hinsicht unbegründeten Angriffen des Bun des der Landlvirte. — An Se. Majestät den König wurde ein Huldigungstelegramin abgesandt, »vorauf ein huld volles Antworttelegramm eintraf. An die geschäftlichen Beratungen schloß sich ein Besuch der Hygiene-Ausstellung, der Molkerei Gebrüder Pfund, des Städtischen Vieh- und Schlachthofes und der Dresdner Pferde-AuSstellung. —* Der Kongreß für Gnsthausrcform trat in Dresden im Vortragssaale der Internationalen Hygiene-Ausstellung unter zahlreicher Teilnahme aus ganz Deutschland zusam men. Als Vertreter des Königlichen Ministeriums des Innern wohnten der Herr Staatsminister Graf Vitzthum v. Eckstädt, sowie die Herren Ministerialdirektor Geheimer Rat Tr. Roscher und Regierungsrat Dr. Jani den Verhand lungen bei. Der Vorsitzende, Herr Regierungspräsident a. D. Geheimer Oberregierungsrat v. Gescher, eröffnete die Verhandlungen mit einer Darlegung der Ziele des Vereins. Der Gasthausreformverein »volle die gegenwärtig bestehen den Mißstände entweder durch Errichtung kommunaler Gasthäuser oder durch Förderung solcher gemeinnütziger Unternehmungen, die den Wirschaftsbetrreb im Interesse der Allgemeinheit ohne Erzielung hohen Reingewinnes aus alkoholischen Getränken führen, zu beseitigen suchen. Der Verein »volle das Gasthaus zum Mittelpunkte gesunden, geselligen Lebens machen. Hierauf begrüßte Herr Dr. med. Flade die Versammlung im Namen des deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. Dann sprach Herr Landrat Graf Meervelt-Necklinghausen über das Thema' „Gasthausreform und Kommunen." Er wies darauf hin. daß auch die Kommunen durch ihre Genreindegasrhäuser be strebt seien, möglichst hohe Einnahinen zu erzielen. Der Alkoholgenuß solle nicht ganz ausgeschaltet, sondern nur die Mißbräuche beseitigt werden. An zweiter Stelle sprach der Direktor der Ostpreußischen Landgesellschaft, Freiherr v. Hayl, über innere Kolonisation und Gasthausreform. Auch er besprach die mehrfach geschaffenen Rcformgasthäu- ser, die sich auch mit dem Verkaufe der hauptsächlichsten Be darfsartikel beschäftigen und die dieselben von einer Ein- kanfszentrale in Königsberg beziehen. Den dritten Vor trag hielt Herr Korvettenkapitän a. D. Dr. Beche-Frank- fnrt a. M. über Gasthausreform und Industrie. Weiter sprachen noch Herr Rittergutsbesitzer v. Schöning-Muscherin über die Beziehungen der Gasthausreform zur ländlichen Wohlfahrtspflege und Rittergutsbesitzer v. Lösch-Lorzendorf über Gasthausreform und Landwirtschaft. Von besonderer Bedeutung »var die Rede des Herrn Staatsministers Gra fen Vitzthum v. Eckstädt. Er wies darauf hin, daß der Ge danke der Gasthausreform in Sachsen noch verhältnismäßig wenig Wurzel gefaßt habe. Es liege dies wohl weniger an einem »rangelnden Bedürfnis nach Reformen, wie in einer gewissen Schwierigkeit der Durchführung. Sachsen sei ein Land, das mit Gasthäusern dicht besitzt sei, mit Gastwirtschaften, die durch ihre Konkurrenz, die sie sich gegenseitig machen, sich das Leben erschweren. Infolge dessen bestehe begreiflicherweise eine berechtigte Angst, es könnte durch Gründung von neuen Gasthäusern, durch Schaffung eines neuen Typs von Gastwirtschaften, den be stehenden eine neue Konkurrenz entstehen, oder es könnte durch einen übertrieben scharfen Kampf gegen die Trink sitten den Gastwirtschaften das Publikum entzogen werden. Er glaube, der Verein für Gasthausreform habe von jeher betont, daß ihm eine Erschwerung des soliden Geschäftsver- kehrcs ebenso fern liege, wie einseitige und übertriebene Vertretung des Grundsatzes der Enthaltsamkeit von allen geistigen Getränken. Bei aller Schonung wohlerworbener Rechte und bestehender Sitten sei jedoch auch bei uns in Sachsen die Gasthausreform eine ernste und soziale Auf gabe. Es handle sich hier um die Frage, ob die Gast- und Wirtshäuser das seien, was sie sein sollten: gemeinnützige Anstalten in weiterem Sinne, Anstalten, die dazu dienen, dem Menschen eine Stätte der gesunden Erholung und des geselligen Verkehrs zu sein und welche nicht darauf auS- gchen, das Familienleben zn zerstören und zu ersetzen. Er »volle sich nicht niit der Frage beschäftigen, wie weit unsere bestehenden Gast- und Wirtshäuser diesen» Ideal entspre chen, oder wie tveit sie sich hiervon entfernen. Die Miß stände, die mit gelvissen Auswüchsen des Wirtschaftslebens zusammenlWirgen, seien bekannt. Sie würden zum Teil verursacht durch den sogenannten Trinkzwang, dem sich die Besucher der Gasthäuser unterwerfen müßten. Die Beseiti gung dieses Trinkzwanges sei nur möglich, wenn es durch führbar erscheine, Gasthäuser zu gründen und zu unterhal ten, die unabhängig seien von einein gewissen Minimum des Verbrauches an alkoholischen Getränken. Er glaube, daß das sogenannte Gotenbnrger System den Beweis erbracht habe, daß es möglich sei, Gasthäuser zu unterhalten, die ren tabel seien, auch ohne besonders starken Verbrauch alkoholi scher Getränke. Er hoffe, daß die Erfahrungen des Ver eins für Gasthausreform auch für Sachsen verwendbar »eien. Wenn man daran gehe, bei uns derartige Gast häuser zn errichten, so werde inan die örtlichen Bedürfnisse und Verhältnisse genau prüfen müssen. Der Herr Minister schloß »nit der Hoffnung, daß es auch bei uns möglich fern werde, einen solchen Versuch zu machen. Lebhafter Beifall folgte diesen sachlichen und bedeutungsvollen Ausführungen. Daran schlossen sich noch zwei Vorträge des Dereinsanwaltes Herrn Pastor Reetz-Stettin über Stand, Wege und Ziele der Gasthausreform in Deutschland und des Herrn Dr. Eggers-Bremen über Gasthausreform in England. Nach Schluß der geschäftlichen Verhandlungen wurden noch einige Abteilungen der Internationalen Hygiene-Ausstellung be sichtigt. —* Der Anfang vom Ende? Von hoher Bedeutung für den Kampf um den Religionsunterricht ist die durch die