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Nr. LS4 — LO. Jahrgang Donnerstag den I. Jnni Ittll SächslscheDlks^itmtg ...^ ' ^ ^ Erscheint tügltch nachm, mit iluSiiahmc der Son». und gksltnne. Angabe 4 mit .Die Zeit in Wort und Bild- vierteliSbrlich AIOIn Dresden durch Bote» 2 10 ^c'i am,, Deutschiniid frei Haus 2,52 2t; in Oesterreich 4,4st ke. illustrierte «eiiaae dierteiiiidrlich I.diO 2t Dresden durch Bote,, 2,10 2t «an-Tritt,chiand Hau« 2.22 2t; in Oesterreich 4,0? X. — Liuzei-tllr 10 ^ Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit N"»?»:»,»»»°Lz,LL!».»,» Irotr nscb nie äagowesenor Xakkee - 1-euerun« kostet unser be liebter, vorrüglickor k^amlllen-^affee nur 150 k»f. das Pfund. Lerliiir 8 koclizlroli, vres^en. blieäsrlligen in allen Stadtteilen, Der Kampf um die Altersrente. DaS schwierige Werk der Neichsversicherungsordunuq, deren dritte Lesling »uiiinehr beendigt ist, war in mehr nlö einem Punkte gefährdet. Tie Mehrheitsparteien, die nach langen Verhandlungen zu einem festest Kon.proniiß gekommen waren, halten vereinbart, das; keine Partei aus sogenannten Popularitätsgriindeu im Plenum weiter-« gehende Anträge über das Vereinbarte hinaus stellen dürfe. Ties haben die Parteien der Rechten auch gehalten, 'Rur ein Teil der Nationalliberale» glaubte sich an diesen Ko.n- vromis; nicht kehren zu sollen und unterstützte deshalb den sozialdemokratischen Antrag ans Herabsetzung der Alters grenze für den Bezug der Altersrente von 7ll ans 65 F .,-o. Der Antrag war bereits in der Kommission abgebhnt Norden, und zwar nicht deshalb, weil die übrigen bürger lichen Parteien dem (Gedanken selbst ablehnend gegenüber standen, sondern weil die Regierung entschieden sich wei gerte, dieser Forderung ihre Zustimninng zu geben. Es ist merkwürdig, das; gerade die Nationalliberalen durch ihren Abgeordneten Tr. Stresemann den sozialdemokratischen An trag verteidigten. Tie nämlichen Nationalliberalen, die bei den Kv.nproiuißverhandlu.'gen wiederholt mit aller Schärfe betont hatten, das; sie den beschlossenen Mehrleistun gen nur dann znstimmen könnten, wenn nunmehr die Zen trumspartei ans jede weitere Forderung im Plenum ver zichte. Das Vorgehen des Abgeordneten Tr. Stresemann und seiner Gruppe wird auch von dem anderen Teile der Nationalliberalen scharf verurteilt und mit Recht als ein Trenbrnch gegen die anderen Parteien bezeichnet. Bei der Abstimmung haben 16 nationalliberale Abgeordnete gegen und die anderen für den sozialdemokratischen Antrag ge stimmt, während die Zentrnmspartei geschlossen an den, Ko.uproniiß fcsthielt. In der sozialdemokratischen Presse hat man bereits geglaubt, dem Zentrum deswegen schwere Vorwürfe machen z» dürfen, das; es sich in diesem Punkte von den Nationalliberalen übertrumpfen lies;. Zur Klar stellung sei deshalb folgendes festgestellt: Die Altersversorgung für die Arbeiter ist von jeher einer der populärsten Gedanken der Arbeiterversichernng gewesen. Dem Arbeitsmanne nach dem arbeitsreichen Lebe» in seinem hohen Aller eine gewisse Eristenzsichc-rheit zu schaffen und durch eine Rente den Lebensabend zu ver schönern. liegt an und für sich sehr dem menschlichen Gefühle nahe. Das Alters- und Fnvalidenversichernngsgesetz hat diese Idee zu verwirklichen gesucht, indem jeder über 70 Fahre alte Arbeiter ohne Rücksicht auf seine Arbeitsfähig keit die Altersrente erhält. Diese Altersrente ist reichlich hoch bemessen und hat vielfach als Angriffspunkt gegen das Gesetz dienen müssen. Tie Herabsetzung dieser Altersgrenze ist auch von den bürgerlichen Parteien wiederholt verlangt worden. Man kann mit Recht fragen, warum sie jetzt nicht verwirklicht wird. Da ist nn» festznstellen, das; diejenigen, die sich mit der Praxis der Invalidenversicherung zu beschäftigen haben, längst davon abgekommen sind, die Herabsetzung der Alters grenze zu propagieren: sie haben vielmehr wicd«rholt be tont, Vas;, wenn für die Fnvalidenvcrsicherungsanstalten grössere Geldmittel anfgewandt werden sollten, sie an ande ren Stellen besser und wirksamer zur Linderung der Not und Armut verwandt werden könnten. Hierzu gehört die Einrichtung der Witwen- und Waisenvcrsichernng, die Tnrchführnng des Heilverfahrens und die Gewährung von Kinderreichen an die Invaliden. Die Witwen- und Waisen versicherung wird jetzt verwirklicht, aber die Renten, beson ders die Waisenrenten sind ungemein klein geblieben mit Rücksicht auf die gros;en Kosten. Ferner sind ans Antrag der Zentrumspartei die Kinderreichen eingeführt, das heisch cS erhalten diejenigen Jnvalidenrcntner, die unversorgte Kinder zu ernähren haben, entsprechend dieser Kinderzahl einen Zuschuß zu ihrer Rente, der bis zur Hälfte der Rente sich steigern kann, so das; also ein Rentenempsänger, der sechs Kinder unter 15 Fahren hat, wenn jeine Rente 300 Mark beträgt, in Wirklichkeit eine Rente von 150 Mark be kommt. Gerade diese Rentner sind meistens in einer sehr schlimmen Lage. Wenn man also für die Invalidenversiche rung noch eine größere Summe Geldes auswendeu wollte, so hätte man hier einsetzeu müssen: Erhöhung der Kinder- rcnte» und vor allen Dingen auch Erhöhung der Waisen renten. Dies war jedoch nicht zu erreichen mit Rücksicht auf die Erhöhung der Beiträge, die dadurch erforderlich wurde. Die Herabsetzung der Altersgrenze auf 65 Jahre würde eine Mehrbelastung gebracht haben von 26 Millionen Mark, von denen 9 Millionen Mark das Reich und 20 Mil- porrsllan Steingut Kl-islall Oebrsuclis- u. Ouxus- Oegeiistüncle Künigl ttokliekerant Entlauset' Dresden, Künig-.Ioliimn-Slr. lionrn die Versichernngsträger hätten ansbringen niüsien. Für die letzteren hätte das eine Erhöhung der Beiträge (ab gesehen von der durch die Kinderrente und Witwen- und Waisenversichernng notwendigen Erhöhung) von 10 Pro zent bedeutet. Tie Negierung hat dem wiederholt ein ent schiedeneS Unannehmbar entgegengesetzt. Tie Statistik der Fnvalidenversichernng beweist dent lich, daß der Schwerpunkt der ganzen Anstalt viel inehr in der Fnvalidensürsorge wie in der Altersfürsorge beruht, und sie beweist ferner, das; diese Fnvalidensürsorge auch dringlicher und notwendiger ist. Ferner zeigt die Statislil das; ans die Altersklassen von über 65 Fahren über ei» Vier tel der nenbewilligten Renten entfällt mit ebenfalls einem Viertel der Geldbeträge. Fm Fahre l!>09 betrug der Zu gang der Invalidenrenten insgesamt 116 291 Mark mit einem FahreSbetrage von 20,-1 Millionen Mark. Von dienen Invalidenrenten entfallen 3191!» Mark mit einem Koste,,- beitragc von 5,6 Millionen Mark ans Invalide» von übel 65 Lebensjahren. Wie sehr der Anteil der Altersrente zu gunsten der Invalidenrente in seiner Gesamtheit sich ver mindert hat, beweisen folgende Zahlen: Fm Fahre 1697 zählten die sämtlichen Versicherungsanstalten 161 670 lau sende Invalidenrenten und 2113 955 Altersrente». Fm Fahre 1907, also in einem Jahrzehnt, stieg die Summe 71er laufenden Invalidenrenten ans 611576, die Zahl Der Altersrenten sank ans 125 602. Ter Zugang an Inva lidenrenten betrug im Fahre >909 116 291, während Rn- Zugang an Altersrenten nur 11 036 betrug. Diese Ziffern beweisen, das; die Konstruktion unseres Fnvalidenversiche- rnngsgesetzes so gestaltet ist, daß auf die Dauer die Alters rente in den Hintergrnnd tritt und dafür die Invaliden rente, die besonders für die langjährig Versicherte» höher ist wie die Altersrente, an Umfang und Bedeutung gewinnt. So shmpathisch inan deshalb der Herabsetzung der Alters rente'ans 65 Jahre gegenüberstehen mag. der Schwerpunkt des VersichernngSzsdeckes liegt in der Invalidenrente. Hier Erleichterungen zu schaffen, vielleicht in dem Sinne, das; für das Lebensalter über < 5 Fahre die Erwerbsgrenze von einem Drittel ans die Häljle erhöbt wird, kan» man befür worten, aber generell die Altersgrenze ans 65 Fahre her- nnterznsetzen, die, wie schon gesagt, 29 Millionen Mark an Mittel» erfordern würde, tonnte nur erfolgen auf Kosten wichtiger und notwendiger Aufgabe», ans die leider schon jetzt verzichtet werden muß, weil Industrie und Gewerbe einmütig über die Hobe Beitragsleistnng klagten. Pottk ü s Rundschau. Dresden, den !!1. Mal ISIl. — Die Nachricht, daß die Wroßherzöge von Mecklen- bürg beschlossen hätten, im Oktober eine Verfassung zu oktroyieren, beruht auf freier Erfindung. — Ter Reichstag hat am Mittwoch die Ncichsversiche- rungsordnnng zu Ende berate». Die Debatte bei der Un fallversicherung zeitigte noch einige Verbesserungen: zu- nächst wurden die Tetaillisten der Unfallversicherung unter stellt, wie sie es gewünscht habe». Ter wiederholte Antrag Törckse», die Grundsteuer nicht als Verteilnngsn.aßstab für die Unfallasten ausznschließe», wurde mit 11 Stimmen Mehrheit abgelehnt. Der Nest des Unfallversicherungsge- sctzes wurde sodann rasch angenommen. Es folgte die In validenversicherung. Die Frage der Altersgrenze stand wieder im Mittelpunkte der Debatte, aber es blieb beim Beschluß der zweiten Lesung. Der Rest des Gesetzes wurde, ohne erhebliche Debatte angenommen. Die Annahme der Neichsversichernngsordnung mit 232 gegen 56 Stimmen und 15 Enthaltungen (Polen) wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen: cs waren Sozialdemokraten und ein Dutzend Freisinnige, die ihre rote Neinkartc abgegeben haben. Das werden die Arbeiter sich überall im Reiche merken. Beim Einführuugsgesetze gab cS eine kleine Uebcrraschung: die Mehrheitsparteien machten einen Strich durch die rote Rechnung, wonach die christlichnationalen Angestellten der Kassen sofort entlassen werden sollten. Das Gesetz macht diese Pläne unmöglich, indem es alle Kündigungen ab 30. Mai einer Nachprüfung unterzieht. Darin liegt ein wesentlicher Schutz für die Angestellten. Tie Sozialdemo kraten waren darüber so baff, das; sie Vertagung erbaten. Als das Haus wieder zusammeutrat. wurde von sozialdemokratischer, freisinniger und natioualliberalcr Seite der Wunsch ausgesprochen, der Kommission zunächst nochmals das Material vorzulcgcn. wobei der Redner der Sozialdemokraten, der Abgeordnete Bebel, diese Einbrin gung von Abänderungsauträgen in letzter Stunde als eine Ueberrunipelung bezeichnet«:. Dagegen verwahrte sich Vize- Präsident Schultz, dessen Name» die Anträge tragen, und erklärte, daß er selbst der Zurückverwcisung an die Kom- „„„im, -„stimm. -m° »er zu Worte geko.n.ne ning des ganzen noch unerledigte» ^.eilev lohnt und nur die aus die Dienstordnung l'G'M 'ckb ' Pura graphen mit de» Anträgen zurnckvernneicu. D.« Belatnng u-..rde dann in. übrigen fortgesetzt. Der Artikel 33 will die Vertragsverhältnisse zw.scheu Kaisen und testens fünf Fahre nach dem Inkrafttreten dc. Rc.ch-'vcr >io,..Mission gestrichen worden Nach /">zcr ^ebattc le- 'chlos; das Haus de», Komm.sNonSantrage «emas!- ^ Artikel 59, der Bestimmungen zur Erreichung des Grün«- l-etrages der Invalidenrente betrifft, wurde „ach einem Aompromißantrage in namentlicher Abstimmung „nt 22c. aegen 63 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen angenommen. Ter Artikel 61 wurde nach dem Kompromißantrage Lchuly erledigt, wonach keinen Anspruch ans Fürsorge nach «ein vierten Buche der Reichsvcrsicbernngsordnung l,A>e» sollen die Hinterbliebenen solcher Versicherten, die vor dem 31. De zember 1911 gestorben sind. Zum Artikel .1 >> >ag^ ein zioinpromißantrag vor. wonach der Bundesrat »u .cahre 1915 de». Reichstage die gesetzliche» Vorlchristen über dw Altersrente znm erneuten Beschluss«- vorzulegen hat. F»r Lanse der Debatte erklärte Staatssekretär Dr. Delbrück litt Namen des Reichskanzlers: Die verbündet«,. Regierungen können hieraus nur die Verpflichtung entnehme», entweder eine Denkschrift oder einen anderweitige! Gcjetzentw.ns dein Reichstage vorzulegen. Eine .veitergehende Bindung ist unmöglich Hierbei wird zu prüfen sein, ob allen Teilen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sowie dem Reiche ei.ie vermehrte Last übertragen werden könnte. Für das Reich insbesondere wird /die Finanzgebarnng maßgcbciid sein, ob die verfügbare Deckung vorhanden oder durch neue Steuern, Ausbau bestellender Steuern oder Anfrechterbal- Dmg solcher Steuer» beschosst werden muß, deren Wegfall ins Auge gefaßt ist. Hierauf wurde der Kompromißantrag säst einstimmig angenommen und sodann der Rest der Vor lage erledigt. Nächste Sitzung Mittwoch 1 Uhr: Einfüh- rnngsgesctz, Handelsverträge, Vertagnngsantrag. Schluß der Zentrnmspartei die Kinderrenteu eingeführt, das heißt, — DaS preußische Abgeordnetenhaus erledigte zunächst einige Petitionen und trat dann in die zweite Beratung des Eisenbahnanleihegesetzes ein. Die Debatte brachte nichts Neues und ging schnell von statten. Bei der dritten Lesung dieses Gesetzes kamen noch einige Lokalwünsche zum Vorschein. Das preußische Abgeordnetenhaus hat somit alles Material aufgearbeitet und konnte in die Pfingstferien gehen. Die nächste Sitzung wird erst angeseht, wenn aus den Kommissionen und dem Herrenhause genügend Material vorliegt, voraussichtlich am 18. Juni. — Die ZentrumSfraktiou de» Reich-tageS hielt am Sonnabend ihre letzte Fraktionssitzung vor der großen Sommertagung ab. Aus der Mitte der Versammlung heraus wurden Worte der Einigkeit gesprochen, und der stellvertretende Vorsitzende Prälat Dr. Schädler bekräftigte sie mit dem Hinweise darauf, daß wir, mitten im Kampf und ringsum von Gegnern umstellt, uns gerade jetzt am allerwenigsten den Luxus einer Unstimmigkeit oder einer Lücke in der Geschlossenheit der Fraktion und Partei leisten könnten. Auch die seinerzeitigen Meinungsverschiedenheiten zwischen Dr. Heim und der Fraktion sind in harmonischer Weise ausgeglichen worden. Dem zu seiner Erholung noch fern weilenden Vorsitzenden der Fraktion, Frhrn. v. Hcrtling, wurde auf Anregung des stellvertretenden Vorsitzenden der Dank und Gruß der Fraktion entboten. — Für die Forderungen de» Flottruverein» tritt die „Deutsche Tageszeitung" ein; will sie denn unter allen Umständen die Ausdehnung der ReichSerbschaftsstcuer? — Wegen zn viel Religion — unannehmbar. Diese» Meisterstück der Staatskunst soll das preußische Ministerium beabsichtigen. Das PflichtfortbildungSschulgesetz, das dem preußischen Abgeordnetenhause zur Beratung vorliegt, dürfte, wie die „Tägliche Rundschau" annimmt, kaum zustande kommen. Nachdem die Kommission den Religionsunterricht als Unterrichtsfach für die gewerblichen Fortbildungsschulen angenommen und beschlossen hat. in den Schulvorstand auch die Geistlichen wählen zu lassen, sei die Vorlage ge fährdet. da die Regierung sich diesen Beschlüssen nicht unter weisen wolle. Da sowohl Zentrum, wie die gesamte Rechte im Plenum für die Kommissionsbeschlüsse eintreten werden, so dürfte die Vorlage kaum Gesetz werden, falls die Regierung ihr „Unannehmbar" nicht zurücknehme. Das wäre ein netter Nahmen zu den Reden des Kaiser« im Vorjahre, wo er in Marienburg und Bcuron den Wert der Religion so hoch pries. Nun stellt das Parlament eine Mehrheit für religiöse Maßnahmen, da wollen die Minister des Königs nicht. Wa« nützen aber alle Worte, wenn sich nicht Taten anschließen? - Der Direktor des Evangelischen Bundes, Reichstags- abgeordueter Evcrliug. hat sich bös in die Nesseln ge setzt. Er hatte dem konservativen Abgeordneten Drosch er gedroht, wenn die Konservativen die Erbschaftssteuer ab- lehnen würden so würde der kurv,- lu-ntvntnntienn gegen sie entfesselt werden und sie von der politischen Bildflächs verschwinden lassen. Everling hat daS anfänglich bestritten, aber der Abgeordnete Krcth hat inzwischen eine Erklärung