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Sonntag den 25. Mürz 1923 Nr. 88. Seite 2 Der Reichstag zum sächsischen Kulturkampf Das Zentrum zur neuen Schulverordnung — Fleitzners Programm Berlin. 23. März. Der Reichstag befaßte sich am Donners tag mit der Interpellation des Zentrumsabgeordneten Marx, die sich auf die bekannte Feiertagsverordnung des sächsi schen Kultusministeriums bezog. Die Interpellation hat im Reichs tag schon zur Zeit des Kabinetts Dr. Wirth Vorgelegen, ist aber nicht zur Besprechung gekommen, weil zwischen dem damaligen Reichsinnenminister Dr. Köster und der sächsischen Regierung Verk-andlungen gepflogen wurden. Man wollte in den Verlauf der Verhandlungen, die ein ersprießliches Ergeb nis versprachen, nicht störend eingreisen. Erst in den letzten Tagen hat sich das sächsische Kultusministerium bewogen ge fühlt, seine Schulverordnung vom Sommer vorigen Jahres zu korrigieren. Die neue sächsische Schulverocdnung hat aber die Interpellation nicht überflüssig gemacht. Gemeinsam mit der Interpellation des Zentrums wurde eine solche der Deutschnationalen beraten, die sich ebenfalls mit der Gefährdung der religiösen Freiheit in Sachsen, Thüringen und Braunschweig befaßte. Abg. Marx (Zcntr.) begründet die Zentrumsinterpellalion. Das sächsische Kultusministerium hat im vorigen August ver ordnet, daß an staatlich nicht anerkannten Feiertagen Lehrern und Schülern künftig keine Unterrichtsbesreiung mehr zur Teil nahme an religiösen Feiern erteilt werden dürfe. Diese und weitere Maßnahmen, von denen eln Teil inzwischen wohl zurück- genvmmen ist, verletzen die in der Reichsverfassung gewähr leistete Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Freiheit der Reli gionsübung und das Recht der Bekenntnisschulen. Sie habe» Befremden und Entrüstung hervorgerusen. Wir wollen volle Gewissensfreiheit haben. Die neue Verordnung gibt den Schulbesuch an ein zelnen, nicht an allen katholischen Feiertagen frei und enthält eine Reihe von Einzelbcstimmungen, darunter auch solche von grundsätzlicher Bedeutung, welche es nötig machten, die Stel lung der Zentrumssraktion des Reichstages zur sächsischen Schul politik einmal mit aller Deutlichkeit sestzulegen. Es sei anzu erkennen, daß die neue Verordnung einen merklichen Schritt zur Besserung darstelle, man müsse aber feststellen, daß sie noch lange nicht den Ansprüchen, welche die Gewissensrechtr der Katholiken und Protestanten an die sächsische Schulgesetzgebung stellen müßten, befriedige. ES seien noch nicht alle kirchlichen Feiertage einbezogen. Die sächsische Regierung könne sich nicht anmaßen, die kirchlichen Feiertage, die für Schulfreiheit in Be tracht kommen, zu bestimmen. Ferner müsse» wir völlige Be- freiung vom Unterricht an diesen Feiertagen verlangen. Er wies endlich noch hin auf die schikanösen Vorschriften, an die die Befreiung vom Schulunterricht an den betressenden Feier tagen noch besonders gebunden ist. Marx redete mit außerordentlicher Sachkunde und fand mit seinen Ausführungen gespannte Aufmerksamkeit auch auf den sozialistischen Bänken. Marx gab den sächsischen Katholiken und Protestanten die Versicherung, daß sie im Kampf «m ihre Gewissensrechte vom Zentrum niemals im Stich gelassen würden. Abg. Dr. Barth (D.-N.): Die Verwaltungspraxis der Länder Sachsen, Thüringen und Braunschweig führt einen Ver nichtungskampf gegen die christliche Religion, die ein Mar tyrium durchzumachen hat. Wenn ein Seminarist Untcrrichts- befreiung verlangt, weil er an einem kommunistischen Umzug teilnehmen will, so erhält er sein Gesuch bewilligt, aber wehe ihm, wenn er um Unterrichtsbesreiung bittet zur Teilnahme an einer Rcligionsfeier! (Lärin links.) Das ist ja schlimmer als in der Zeit des Absolutismus. Die sächsische Negie rung ist den Katholiken und Juden jetzt etwas entgcgen- gekommen, den Evangelischen nicht. Reichsinnen mint st er Leser betont, es w rde eine Regelung der Feiertage von ReichSwegeu erstrebt. Ein dies bezügliches Gesetz liege bereits dem Reichsrat vor. Kultusminister Fleißner: In Sachsen sind die hohen evangelischen Feier tage zugleich Staatsseiertage. Darüber besteht al o gar kein Streit. Es handelt sich nur um den Frühjahrsbnßtag, den wir allerdings nicht anerkennen, da wir den Herbstbußtag für genügend halten. Er wurde vom Parlament auf völlig legalem Wege abgeschafst. Von Religionsseindlichkeit der sächsischen Ne gierung ist keine Rede. An der Stimmung in Sachsen ist viel- mebr schuld die Agitation und der Haß gewis'er kirchlicher Kreise gegen die vielgeschmähte sozialistische Regierung in Sachsen. Tie kirchlichen Kreise wollen den Einfluß der Kirche in der Schule aufrechterhalten, die sächsische Regierung wird alles daran setzen, zu erreiche», daß die Kirche in der Schule nichts mehr zu suche» hat. (Beifall links, stürmische langandauernde Psuiruse rechts und im Zentrum.) Es folgt die Besprechung der Interpellation. Abg. Schreck (Soz.): Wir wünschen, daß man das Re sultat weiterer Verhandlungen in Ruhe abwarten möge, nach dem doch schon einiges erreicht ist und daß man inzwischen Toleranz übe. Abg. D. Everling (D. Vp.): Wenn der Vor redner mit seiner Ruhe und Toleranz sächsischer Kultusminister wäre, hätten wir die heutigen Interpellationen nicht nötig ge- gelmbt. Es ist doch sicherlich ausgesprochene Absicht, gerade den Evangelischen den einen Feiertag den Bußtag, zu nehmen. Abg. Külz (Dem.): Wir treten auch hier für die Verfassung ein, aber nicht für ihren Buchstabe», sondern für ihren kulturpoliti schen Geist. Der Erlaß verstößt gegen die Demokratie, gegen den Geist der Verfassung und gegen die Duldsamkeit. Das Reich hat dem sächsischen Staat Darlehen angebolen, damit er seine Kirchen erhalten kann, aber Sachsen hat nicht einmal darauf geantwortet! (Hört! hört! und große Unruhe rechts.) Wohlwollend und tolerant zu sein, das ist Staats- Weisheit. Kultusminister Fleißner: Die Mehrheit des sächsische» Landtages hat durchaus den Standpunkt der Negierung ge billigt. Das ist Demokratie. (Lachen rechts.) Der Staat kann die Vermittlung von Reichsdarlehen für die Kirche nur für die Mittel übernehmen, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist. (Lachen und Widerspruch rechts.) Nicht nur die Kirche, sondern auch der Staat befindet sich in Not und wir müssen in erster Linie für den Staat sorgen. Zum Schluß erklärt Abg. Dr. Philipp (D.-N ), die Aus führungen des Ministers Oeser hätten die Deutschnationalen nicht befriedigt. Die Interpellation ist somit erledigt. srr Auseinandersetzung haben würden. Das Volt draußen, dein der Tod drohe, werde wenig Verständnis dafür tzaben. Tie Teutjchnationale Partei babe nick« die geringste Veranlassunz. für tatsächlich auf politischen, Umsturz hinarbeitcnde Organisationen einzutrrten. Mit den Selbstschutzorganisationen dürfe man aber nicht die übrige» nationale» Organisationen in einen Topf werft»,. Nach wc »ercn Rednern ergriff dann Minister Severin« noch, mals das Wort und kündigte an, daß sich auf Grund der Unter suchung gegen Rostbach die prenstische Negierung entschlossen habe, von heute ab die Deutsch völkische Freist eitsvar. tri zu verbiete». Weiter erklärte der Minister, daß dir nationalen Vereinigungen von der Polizei aufs schärfste über- wacht wurden. Berlin, 24. März. Aus «»last der Putschpläne, über die heute der vrcustischc Innenminister Mitteilungen machte, ist der Oberreichsanwalt Dr. Ebermayer heute vormittag aus Leipzig i» Berlin ringetroffen. Due Opfer frauMsiher Schande Duisburg. 24. März. Ein neues Opscr ha« die französische Gewaltherrschaft in der vorletzten Nacht gefordert. Der Kessel- Heizer Hermann Droste ist von einem französischen Posten er- schossen worden. Welche Gründe z>, der Erschießung geführt haben, ist noch nicht bekannt. Der Erschossene hinterläßt eine Frau mit sechs Kindern. — Wie der „Rheinischen Volksmacht" ge meldet wird, ist der zu sechs Monaten Gefängnis verurteilte Chef redakteur der „Neuß-Grevenbroicher Zeitung", Dr. H. Stab, am Ll>. März gekesselt <!) von zwei Gendarmen aus dem GerlchtSge. sänqnis Crefeld nach der Strafanstalt Anrath übergefiihrt worden. — Bei LudwigShafen kenterte durch rücksichtsloses Fahren dev französischen ZollbootcS auf dem Rhein ein mit Kohlen be ladener Kahn, wodurch zwei Arbeiter aus Mannheim InS Wasser fielen und ertranken. — Ferner sind wegrn angeblichen Ber. grhenS gegen die Svionagevcrordnung in LudwigShafen der Kauf mann Armin Fiedler, der Kaufmann Franz Buller und der Sekretär deS pfälzischen KriegerbnndeS, Ludwig Hester, ein Dr. Wolf und noch ein weiterer Kaufmann verhaktet worden. Die beiden erstgenannten Kanfleute wurden bei ihrer Einsickerung schwer mißhandelt. — In einem von den Franzosen geführten Eisenbahnzug« wurde zwischen Landau und Bibrrmühle eine Frau von französische» Soldaten vergewaltigt. Köln, 24 März. In der Nacht vom Mittwoch zu», Donner?- tag hat sich an der Sisenbahnüberfiiftrung bei Hirzenbach bei St. Goar ein schweres Unglück zugetraaen. Auf der von den Frin» zrsen verwalteten Strecke waren die Schranken nicht geschlossen worden. Ein von Franzosen gefiibrter Pcrsonenzug fnbr In einen großen MöbeltranSportwagen hinein. Dres Begleiter dieses TranSvorteö wnrden auf der Stelle getötet und mehrere verwun det. Nach de» Aussagen der Verwundeten war weder die Ileber- fiikrung noch die Lokomotive drS ZugeS beleuchtet, so daß daS Nahen deS ZuaeS nicht bemerkt werden konnte — In Herdeke ist der am 12. März bei einer Schicstrrri schwer verwundete Malermeister ASbrck nnnmestr gestorben. Koblenz, 84. März. Die Rheinlandkonimission hat ln den beiden legten Tagen über Allst Personen anS dem besetzten Gebiet anSgewlesen. Die Zahl der Auögewiesenen hat nunmehr 1809 überschritte». Da eS sich fast ausnahmslos um Verh-Iratete Be amte handelt, die zum Teil recht große Familien habe», beträgt die Zahl der bisher Angewiesenen n»S den« alt- und Nttibrsest- ten Gebiete ungefähr 8990. Ellen, 24. März. Im Zusammenhänge mit der seit Sonn« taa im Gange befindlichen Nmgruvviernng der französischen Trnv. pen ist die 77. Division hier eingezogen. Der Kommandant Ge neral Sacauemonk, hat bereits im Polizeipräsidium Quartier bezogen. Die NttSarke sraiyiWr Wgollc London, 24. März. Im englischen Uuterhause wie im Ober hause fand eine Aussprache über das Verhältnis der Liift- streitkräfte Frankreichs und Großbritannien statt. Im Oberhause erklärte nach einer ausführlicheren Meldung Lord Birkenhaed u. a.: Die von Frankreich als dauernd in Aussicht genommene Friedensstärke betrage mehr als das Doppelte der britische» Friedensstärke. Im Jahre 1922 habe England 1200 Flugzeuge für zivile und militärische Zwecke gebaut, Frankreich dagegen insgesamt 3300, nämlich 3000 für militärische und 300 für zivile Zwecke. Er habe niemals geglaubt, daß eine Macht, die England riesige Summen schulde, die Mittel für so gewaltige Rüstungen in einer Zeit finde» würde, i» der nicht die ge ringste Aussicht bestehe, daß auch mir ei» Pfennig des ge schuldete» Geldes jetzt oder in naher Zukunft oder überhaupt zurückgezahlt werden könne. Was die angeblichen deutschen große» Luftvorbercitungcn anlange, so habe er von Offizieren, die in letzter Zeit die deutschen Verhältnisse eingehend kennengelernt erfahren können, daß solche Mitteilungen außerordentlich über trieben seien, daß ans jeden Fall keine deutsche Lustbedrohnng für die nächsten zwei Jahre bestehe und daß auch keine Lust bedrohung von Deutschland im Verein mit Rußland zu be fürchten sei. Das würde die Lage noch beunruhigender machen. F-r Großbritannien biete ein geringerer als der Einmächte« ftandard keine Sicherheit. Für keine Regierung in England würde es möglich sein, einen Standard in der Luft nnzunehmen, ber niedriger sei als die Gleichheit mit einer auswärtigen Macht. Im Namen der Regierung erklärte Herzog von Southerland, UnlcrstaatSsekretär für Lustfahrwesen: Wenn das gegenwärtige Kabinett und der Ausschuß der Neichsverteidigung der Ansicht sein sollten, daß die augenblicklichen Umstände eilte größere Luft streit,nacht erforderlich machten, daun sei es sehr nötig, daß sie geschafft werde. Lord Halb arre erklärte, die Lage der Verteidigung Eng lands sei mißlich. Es wäre ein sehr großes Unglück, wenn die Beziehungen Englands zu Frankreich schlecht würde». Frank reich und England hingen i» bezug auf ihre Sicherheit von ein ander ab. Die englische Flotte sei immer noch die mächtigste Flotte der Welt. Der Frage der Verteidigung Londons gegen Luftangriffe müsse eingehende Aufmerksamkeit gewidmet werden. Niemand empfinde mehr Sympathie für Frankreich und seine gegenwärtige Lage als er selbst. Wenn es zum Kriege käme, so würde es nicht möglich sein, innerhalb angemessener Zeit unter neuen Bedingungen eine Flotte zu organisieren, und wen» eine Ver minderung der Flotte eintrete» sollte, so müsse ein neues Mittel der Verteidigung gesunden werde». TniNlisM» in dn freiyiWtii Kaemr Paris, 24. März. In der Kammer spielte sich gestern eine ungewöhnlich heftige Szene ab, die durch die Kommunisten her vorgerufen wurde und in der Poincarö seine ganze Ruhe verlor. Von sozialistischer Seite war der Antrag gestellt worden, daß die Debatte über die von der Regierung verlangten Budgetzwölftrt vertagt werden solle, bis der Bericht über die Regierungsvorlage, betreffend die Ruhrkosten eingebracht sei. Poincarö erklärte darauf, daß er iiber die Muhrkosten am kommenden Dienstag im Finanzausschuß einen sehr ausführlichen Plan vorlcgen werde. Am Dienstag könne aber der gewünschte Bericht borliegen. Dar über entspann sich ein heftiges Wortgefecht mit dem Kommunisten Berthon, der dem Ministerpräsidenten zurief: Sie find in der Gewalt deS Herrn Daudet. Wir haben Interesse, zu wisse», welche Waffen er gegen Sie hat. Weiter sagte der Ab- geordnete, man sei versucht, zu fragen, ob der Ministerpräsident in seiner Handlungsfreiheit gegen Herrn Daudet nicht durch ge- wisse Ereignisse auS der Zeit vor dem Kriege behindert werde. Auf diese Andeutung hin brauste Poincarö auf und rief dem Ab- geordneten zu: Sie sind ein gemeiner Lumpl Dann fuhr Poincarö fort: Der Mann, der auf der Tribüne zu behaup ten wagt, daß eS gegen mich ober gegen die Meinen gefährliche Aktenstücke gebe und daß ich Grund habe, die Veröffentlichung die ser Akten zu fürchten, der Mann hat gelogen. — Wegen stürmi scher Unruhe mußte die Sitzung unterbrochen werden. Lenin im Sterbe» Paris, 24. März. Nach einer in HelsingforS eintrcsfenden Moskauer Meldung erklärt man in eingeweihten russischen Krei sen, entgegen den offiziellen Meldungen, daß der Zustand Lenins hoffnungslos sei. Sein Ableben könne jeden Augenblick eintreien. Keinesfalls aber bestünde noch irgendwelche Aussicht auf seine Rettung. Der Reichstag M Krtnillllmlage In der Freitagsitzung steht der Haushalt deS Reichs. Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Beratung. Abg. Dom m sch-Dresden (Dn.) beantragt eine Entschließung, worin eine Aufhebung der sächsischen Verordnun» gen über Höchstpreise für Milch und Molkerei produkte verlangt wird. — Ferner liegt ein Antrag v. Gerard sZcntr.h Louthäuscr (D. Vp.), Dr. Petersen und Dr. Heim (Ba'ir. Vp.) vor auf Aufhebung der Getrrideumlange. Die Sicherung deS Bedarfs an Brotgetreide durch eine ge- bundcne Wirtschaft ist nicht mehr möglich. Bon einer weiteren Geireidelimlage must daher abgesehen werden. Eine Verbilligung deS Brotes für alle Minderbemittelten ist unter Deckung der er forderlichen Mittel durch Belastung des Besitzes in weitestem Um- fange zu bewirken. Diese Belastung muß vor Beginn deS neuen Wirtschaftsjahres gesetzlich festgelegt sein. Eine deutschnationale Entschließung besagt das gleiche. Ein kommunistischer Antrag fordert Beibehaltung der Brotgetreideumlage und Erhöhung ihres Ertrages ans 4,5 Millionen Tonnen. NcichScrnährungsminister Dr. Luther: Unser Volk ist durch die Entwicklung der Dinge in einen Zustand hineingeraten, der sicherlich eine chronische Krankheit einschließt. Von einer Not und Gefahr für den weiteren Ablauf dieses ErntejahrcS ist nicht zu sprechen. Die Brotvcrsorgung veS BolkeS ist bIS tief in den Sommer hinein gesichert. Wegen der Kartoffeln brauchen wir bei der guten lehtjährigen Ernte weder nach Quantität noch nach Qualität irgend eine Sorge zu tragen. Die Ernährung an Ruhr und Rhein ist der Mittelpunkt der Fürsorge der Regierung. Da bei hat die Regierung willkommene Hilfe durch die allgemeine Spende der deutschen Landwirtschaft. Der NmlagepreiSgedanke ist verbraucht. Er Hot in diesem Jahre zu derartigen Schwierig, ketten bei der Erfassung des Getreides geführt, daß man ihn mit Aussicht auf Erfolg nicht wiederholen kann. Ebenso wie die übrigen Karten muß auch die Brotkarte wieder ver- schwinden. Wenn das Ziel der freien Getreidewirtschaft für die Landwirtschaft erreicht wird, daun erwartet die Regierung, daß die Landwirtschaft ihre Verheißung einlöst, baß bei einer freien Wirtschaft daS deutsche Volk besser ernährt wird. (Beifall.) — Die Fortsetzung der Beratung deS Ernährungsetats wird aus Sonnabend 10 Nhr vertagt. Der gute Ton im sächsischen Parlament Dresden, 22. März. In der heutigen 27. Sitzung wurde zunächst die Vorlage über eine weitere Kapitalbeteiligung des sächsischen Staates bei der Kraftverkehrsgesellschaft „Freistaat Sachsen" entsprechend der Vorlage erledigt. Dann wurden bei einer Reihe Kapitel des Nachtragsetats die eingestellten Sunimen nachträglich bewilligt. Zum Schlüsse kam es noch zu einem Zwischenfall, der auf den im sächsischen Parlamente jetzt herrschenden „guten Ton" ein bezeichendes Licht wirft. Bei der Festsetzung der Tagesordnung für die nächste Sitzung durch den Präsidenten tvünschte. Abg. Lieb mann, der vorayssichtliche künftige Minister deS Innern nochmalige Ausschußberatung über das Textilforschungsinstitut in Dresden, well über Personen zu sprechen sei, die der Rechten nahe- stünben. Ms darauf ein Abgeordneter der Rechten rief: Und vielleicht Ihnen, Herr Minister! entgegnet« Abg. Liebmaun prompt: Hakt'S Maul! Darüber Entsetzen Im ganzen Hanse und große Unruhe. Ein Mitglied auf der rechten Seite ruft: Und das will ein Minister sein! Worauf ber Abge ordnete und frübere Minister Schwarz ruft: Aber Recht hat er! Der Präsident konnte sich schließlich nach ausgiebigem Gebrauche deS Hammers so viel Gehör verschaffen, daß man seine freund liche Aufforderung vernahm, die Herren n,Schien sich über private Angelegenheiten nach Schluß der Sitzung unterhalten. Großer Zoschla» de! veiMrlkr SleinBImig Berl «, 23. März. Bei verscbiedenen Slencrn. der Einkommen« steuer, Körperschaftssteuer, Vermögens-, Erwerbs- und Umsatz steuer tritt im Falle einer nicht länger als drei Monate dauern den Verzögerung ein Zuschlag von 15 Prozent pro Monat und im Falle eines länger als orei Monate dauernden Rückstandes ein Zuschlag von 30 Prozent ein. Wer also drei Monate im Rück stände geblieben ist, hat schon 45 Prozent, wer sechs Monate im Rückstände geblieben ist. 860 Prozent Zuschlag zu zahlen. Ter; Zuschlag ist also recht erheblich. Er findet erstmalig auf diejeni gen Steuern Anwendung, die vor dem 1. April 1923 fällig gewor den und am 1. April 1923 noch nicht bezahlt worden sind. Jeder Steuerpflichtige wird daher in seinem eigenen Interesse prüfen müssen, ob und mit welchen Steuern er noch im Rückstände ist. Der rückständige Steuerbetrag muß bis zum 31. März eingezablr werden. Da aber der 81. Marz auf einen Sonnabend fällt (Ban- keuschluß) und der 80. März Karfreitag ist, so empfiehlt sich dir Zahlung schon bis zum 29. März vorzunehmen. Vor allem wer den die Arbeitgeber angehalten, die fälligen Lohiisteuerbelräge, die vom Arbeitslohn einbehalten werden, noch rechtzeitig ab.zu» führeit. Letzte Telegramme Auflösung der französischen Kammer? Berlin, 24. März. AuS Paris wird gemeldet: Die „Huinä- nltö" habe an Poincarö die Anfrage gerichtet, ob eS wahr sek» daß er die Absicht habe, vor dem vollständigen Zusammenbruche deS Ruhrunternehmens die Kammer aufzulösen und Neuwahlen zu veranstalten. Das Blatt beruft sich darauf, daß von dieser Frage schon gesprochen worden sei, und daß die Neuwahlen danach schon im September stattfinden würden. Neue Truppen für daS Ruhrgcbict Paris, 84. März. (Drahtbericht.) TaS 2. Jnger- bataision, daS in Corday stationiert ist, soll den Befehl erstatten haben, am kommenden Montag in das Nnhrgcbiet einzuriickeu. Frankreich und England müssen Freunde sein Paris, 24. Rkirz. (Drahtbericht.) Ans London wird gemeldet, daß der englische Arbeiterführer Macdonaid bei einem Festesten der auswärtigen Proste eine Ansprache stielt, in ber er unter anderem sagte, Frankreich und England müß ten Freunde sein. England muß eS vermeiden» in der Rolle eines Erzengels auftreten zu wollen. Mncdonald kam «nutz auf die Entsendung der alliierten Arbeiterdelegntion nach Belgien zu sprechen »»d betonte, baß eS sich hier nicht »im eine gegen Frankreich gerichtete Aktion handle. Es solle jedoch jeder berech tigte Vorschlag erwogen werbe». In ber kommenden Woche würde eine neue interalliierte Soz tali st en kaufe renz stattsindrn, in der übrr dir Stimmung zu den Vorschlägen der deutschen Sozialdemokratie berichtet werde» solle. Devisenkurse 24 3. 21 8. o-ia i wi-l ci-ia U-i-l änisierclam 8226- 8268.— krstssel . . > 1192.— 1197,- Ltzristian'a. 4019.- 4040,— Kopenhagen . . . 5543.- 5571 — Stockholm. 3765.— 8785.- Pom . . . Kurse 1022.— 1027 — Oonckon . . vie nebensietzenck 67 755.— 98245 — kleuyorlc . . , . 20847- 20952,— Paris . . Zürich . . ' unverünckert 1369,- 8855,— 1.375 — 3874.— b4,cknck . . 3211.— 8228. - >Vion. , . 28.— 29.- praxi. - - 617 — 621 — V/arschsu . . . — -- 1 Suckapert » ' 4.03 407