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und Heiligung der Well zu vollbringen. Darum versammeln sie sich alsbald nach der Himmelfahrt des Herrn im Saale zu Jerusalem und harren im gemeinschaftlichen Gebete aus, bis fie mit der Kraft von oben ausgestattet sind. Mit Gebet gehen fie an die Ausführung des ihnen gewordenen Auf« träges, und die wunderbaren Erfolge ihrer aposto lischen Arbeiten sind der untrügliche Beweis, wie Gottes sichtbarer Schutz dem vertrauensvollen Ge bete sicher ist. Die Hand Gottes ist auch nicht verkürzt worden in all den Jahrhunderten der christlichen Kultur, weil die Träger dieser Kultur vor allem darauf Bedacht hatten, ihre Arbeiten demjenigen zu emp fehlen, von dem jeglicher Erfolg abhangt, denn „weder der ist etwas, welcher pflanzt, noch der, welcher begießt, sondern der das Gedeihen gibt, Gott". (1. Kor. 3, 7.) Darum stellen sie in ihrem ganzen Wirken daß oro, bete, dem laboro. arbeite, voran. Darum hat auch die Kirche zu allen Zeiten das GeLetrleben der beschaulichen Orden, die dem unablässigen Gebete sich widmen, dem vornehmlich tätigen Ordensleben gleichgestellt. DaS zweite Wort daher, das ich an euch, Geliebte im Herrn, richte, ist: Betet, betet ohne Unterlaß! Wir gedenken des eindringlichen und beharrlichen Gebetes, das beim Ausbruch deS Krieges überall einsetzte und zum Himmel sich erhob, um von Gott Hilfe und Gnade in der furchtbaren Heimsuchung zu erflehen. Wohl ließ der erste Eifer etwas nach, als der Krieg sich so sehr in die Länge zog; doch die Not machte die Stimmen der Rufenden nicht verstummen. Wie ist es aber jetzt? Können wir sagen, daß die Not geringer geworden ist? Wohl mag manche Schwierigkeit behoben sein, doch müssen diese Erleichterungen nicht mit beinahe unerschwing lichen Opfern erkauft werden? Und wie ist es mit den üblen Folgen des Krieges? Die sittlichen Bande find vielfach gelockert, das Glück vieler Familien ist zerstört, die Unbotmäßigkeit der Jugend Hai er schreckend Zugenommen, die Gebote Gottes über das Eigentum, die Sittlichkeit, die Liebe zum Nächsten sind vielfach außer Kraft gesetzt. Fast möchte man sagen: der unglückliche Ausgang des Krieges ist ein geringeres Übel als das sittliche Elend, das er über unser Volk gebracht hat. Hier karm eine Besterung, ja Rettung nur bringen die sofortige rückhaltlose Rückkehr zu Gott. Bor allem gilt es, unsere Familien Wied« a»S- nahmslos zu heiligen. Sie sollen wieder Stätte« wahrer Gottesfurcht und tätigen Christentums wer den. Wie ehemals sollen wieder die Glieder der Familie um ihr Oberhaupt sich sammeln und ge meinschaftlich der Andacht pflegen. Die häusliche Andacht, das Morgen« und Abendopser des Vitt- und Dankgebetes soll Gemeingut des Volkes werde«. Wenn zu Zeiten, wo man die häuslichen Andachten allgemein und gewissenhaft pflegte, blühender Wohl stand herrschte, der sich auf allen Gebieten zeigte, was hindert unsere Jetztzeit, daß es wieder so werde? Wenn eS wahr sein soll, daß unser Jahrhundert vornehmlich das religiöse genannt werden würde, so möge es sich vor allem in der treuen Betätigung eines lebendigen Christentums in der Familie be währen. Aus sem häuslichen Heiligtum möge das leben dige Christentum ins öffentliche Leben treten. Ein sichtlicher Segen Gottes auch an zeitlichen Güter« ruhte aui den: auserwählten Volke als Lohn für dessen gewissenhafte Beobachtung des Sabbats. Auch für unsere Zeit ist ein sicheres Mittel, aus der wirt schaftlichen Not sich zu erheben, die Heilighaltung des Sonntages. Nicht nur ein Ruhe-, sondern auch ein Feier-, ein Gottestag soll der Sonntag sein. Hier gilt vor allem die Mahnung: „Gib Gott, was Gottes ist." (Matth. 22, 2t.) Ist es ein Ruhetag, wenn der Sonntag mit Ausschweifungen aller Art entheiligt wird, die dem Körper des Menschen mehr Kraft rauben, als es auch die angestrengteste ArbÄt einer ganzen Woche vermocht hat? Geliebte Christen! Nachdem wir sechs Tage fast ausschließlich für de« Leib und das tägliche Leben uns bemüht haben, wäre es nicht ein unverantwortliches Unrecht, ja ein Verbrechen an unserer unsterblichen Seele, nicht wenigstens ein paar Stunden des Sonntages für unser Seelenheil zu verwenden? Um der ewigen Seligkeit willen, zu der ihr berufen seid, bitte ich euch daher: Versäumet nicht den sonntägigen Gottes dienst! Eingedenk des ausdrücklichen Gebotes der Kirche wohnet an allen Sonn- und Feiertagen dem heiligen Meßopfer, dieser unblutigen Erneuerung des Erlösertodes Christi bei, versäumet auch nicht das Anhören der Predigt, die euch das Wort Gottes verkündet, bleibet in inniger Lebensgemeinschaft mit der Kirche! Wie Wohl wird euch eine solche Feier des Sonntages tun; mit neuem Mut gestärkt und neuer Freudigkeit erfüllt werdet ihr dann die Arbeit der neuen Woche wieder ausnehmen.