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N«r eiikiii min» arikiW-WKÜlhk» Kriege Lausanne. 23. Mai. Die aus London kommenden Berichte von der Entsendung eines großen Teiles der englischen Mit- te l in e e r f l o t t e nach den Dardanellen lassen klar er kennen, daß man auch in England die Lage im Orient mehr und »kehr als ernst aussaßt. Dementsprechend ist die Stimmung in Lausanne ziemlich pessimistisch. Die nächsten Tage dürften für das Schicksal auch der zweiten Orientkonferenz entscheidend sein. VcnizeloS hat am Dienstag nachmittag eine längere Unter redung mit d«n englischen Delegierten gehabt, über deren Inhalt noch nichts bekannt geworden ist. Lausanne. 23. Mai. (Drahtb ericht.) Dt« Lage i» Lau- sänne bat sich einer Meldung der „Chicago Tribüne" zufolge sehr verschärst. Ismev Pascha soll .inen englischen Vertreter gefragt haben, welche Haltung England im Falle eines Krieges der Türkei »nd Griechenland rlnnehmen würde. Die Antwort des englische» Delegierte» wird in dem Blatt nicht angeführt. Weitrr steigt eS: In den letzten 24 Stuitden hat sich di« Lage in Lausanue infolge der griechischen Ablehnung, an die Türkei Reparations zahlungen zu entrichten, so zugrspltzt, dal; der Ausbruch eines Krieges «och vor Ende der Woche erwartet wird. Die Meldung von der Zerstörung der Mari ha brücke durch die Türken, um das griechische Porgeheu zu verhindern, wurde der türkischen Delegation von der Regierung in Angora mttgetcllt. Die Beisetzung Worowskis in Moskau Moskau, 23. Mai. Tie Leiche WorowSkiS ist am Pfinqst- sonnabend hier eingetroffen. Nm Nachmittage fand die Be', sctzung auf dem Roten Platze vor dem Kreml statt. Der Sarg Worowskis wurde von Tschitscheriii und arrderen Mitgliedern der Sowjetrcgierung getragen In seiner Gedächtnisrede sagte Tschitscherin, es gelte jetzt das Werk fortzusetz?», für das Wo- rowski gefallen sei. — Die meisten ausländischen Delegationen ließen Kränze niederlegen. Die Fahne ans dem Gebäude der britischen Vertretung wurde auf Halbmast gehißt. Die Statistik der Reparationskommission Paris, 23. Mai. Die Nchmrationskommission veröffentlicht Kre HalbjahrSitatütik über den Stand der deutschen Reparations leistungen. Cie beziffert die deutschen Leistungen bis zum 31. Dezember 1922 mit rund 8 Milliarden Goldmark, die sich wie folgt verteilen: Barzahlungen 1878613OVO Mk., Sachlieferungen 3-126 006 000 Mk., abgetretener Staatsbesitz 2 663 9,0 000 Mk., Tresoreinnahmen 13 000 000 Mark. Bo» dem Gesamtbeträge hat die Neparationskommission unter di? einv- fongsberechtigten Mächte 5 164 267 000 Goldmark verteilt. Die prioritätsberechtigten Kohlenvorschüsse auf Grund des Abkom mens von Spa erforderten 692 216000 Mk. und die Be sä tz u n gS ko st en 2 448146 000 Goldmark. Der franzö- fische Anteil an den deutschen Leistungen bis zum 31. März -9L2 betrug nach den Angaben d?r Reparatioiiskommission 1 700 803 000 Goldmark, der sich wie folgt verteilt: Rückerstattung der Vorschüsse von Spa 238 771 000 Mk., BesahungSkoste» 1 261 001000 Mk., verfügbarer Saldo 201 031 000 Goldmark. Aitikkilttis MeriiM» an RuWand Paris, 23. Ma>. Wie bereits mitgeteilt, bereiten die Ver einigte» Staaten durch die Vermittelung der gemischten Schuld- sestsetzimgSkommiss'on eine Rechnung von 1 479 064 313 Dollars an Deutschland vor. Es verlautet, daß der Anteil der Vereinigten Staaten an dieser Summe 363 1 13 Dollars ausmache. Der Restbetrag setzt sich aus Forderun» een von Privatleuten zusammen. Diese Ansprüche sind : »abhängig von denjenigen der anderen auswärtigen Staate». Die Kommission wird dem stattgeben unbekümmert nur die vom Versailler Vertrage geschaffenen Körperschaften und der sonst »och in demselben Vertrage vorgesehenen Verfahre». Unter den Forderungen der Negierung der Vereinigten Staaten selbst wcrdc» 25 466 600 Dollars für Okkupationskosten aufgeführt. 66 460 Dollar für Unterseebootsschäden, 38 Millionen für Ver sicherungen gegen Kriegsschäden und weiterhin 21 Millionen Dollars für die Besitzer fremder Obligationen, die durch die ein- getrctcne Entwertung Schaden erlitten haben. Angriffe «ege» sloincm i« »et s-mmr Paris, 23. Mai. (Trahtbericht.) Im Laufe der gestrigen 5>omnrsrsitzimg ergriff Maraame das Wort und bezeichnet« dis iuhrbesehung als eine zu überstürzte und unvorbereitete Opera tion der Alliierten. Er forderte vom Ministerpräsidenten genau? Erklärungen. Deutschland hat diese Aktion vorausgesohen und s.i»« Maßnahmen rechtzeitig getroffen. Um di? Ausbeutung der Eisenbahnen und deutschen Bergwerke zu sichern, hat man ein? Abschnürung ins Werk g?scht. Daß sie wirksam sein wird, glaub? ich nicht. ÄaS Deutschland ans dem N uhrgebiet nicht mehr bezieht, erhält eS ans dem Auslande, an das eS teuer bezahlt. Weiter untersuchte der Redner die genauen Bedingungen, unter belchen der Abtransport der Kohlen und Koksmengen erfolgt. Ich gebe der Meinung Ausdruck, daß die Lager in 3 bis 4 Mo naten nnSgetragkn sein werden. Waö wird dann geschehen, fragt? er. Der Ministerpräsident antwortete: Sie dürfen s doch nicht erwarten, »atz ich Deutschland unseren Plan mitteile Margatnr: DaS war auch die Antwort der Generale wahrend de» Kriege«. PoinrarS: Ich habe den Generalen stet» ge- ralen, nicht z» antworten. <Kammerl>eifall.) ?«tkk»»ü«»alkk Sofiiiiilleidllizrch i» Himburg Hamburg, 23. Mai. Im Gewerksck>aft§haus wurde am 21. Mai der Interna tionale So z ia l i ste» ko n g re st eröffnet. Aus England, Frallkretch, Oesterreich, Schweden, Rußland, Belgien, Italien, Holland, Dänemark, Amerika »nd anderen Ländern waren hervor ragende Vertreter der sozialistischen Parteien erschienen. Der Ham burger Abgeordnete Leut« ritz begrüßte die erste Internationale Sozialistenkonferenz „ach dem Kriege in seiner Vaterstadt. Er sprach die Hoffnung aus, daß der Kongreß auch dazu helfen möge, Deutschlands unbestreitbare Recht« gegen den französischen Militarismus zu wahre». Wir werden bi« zum letzten Augenblick dafür sorgen, daß der Militarismus in Deutschland nicht mehr groß werde. Wir erwarten aber von der Welt, daß kein anderer ersteht. Darauf sprach der zweite Bürgermeister von Hamburg, Otto Stollen. Er betonte, daß das deutsche Volk nicht mehr Schuld an dem Kriege habe als andere Völker. Was wir schulden, wollen wir bezahlen, aber wir sind nicht verpflichtet, über unser Können hinaus Reparationen zu leisten. ES will Deutsch land scheinen, als ob das W e l t g e w i s s e n ein geschlafen s e l. Mit Gewaltmitteln, wie sie die Kommunist« n anwenden wollen, kann man eine kranke Weltwirtschaft nicht heilen. Der Holländer Oudegeest brachte die Grüße des Internationalen GewerkschastsbundeS. Diese Grüße galten ganz besonders auch der Arbeiterschaft im Ruhr- und Saargebiet, die dem französischen Militarismus so glanzend Schach bietet. Er bezeiclmete den Wider stand der Arbeiter im besetzten Gebiet als ei» Beispiel von Orga nisation und Disziplin, das einzig dastehe in der ganzen Welt. Abgeordneter Wels wandte sich scharf gegen die Reaktion, die überall geschlagen werden müsse, in welcher Form sie auch auf trete. Dabei rief er gleichzeitig zum Kampfe gegen de» Helfer der Reaktion ans, gegen den Kommunismus. Der franzö sische Sozialistenführer Bracke drückte den Arbeitern der be setzten Oiebiete seine Bewunderung über ihr Verhalten gegenüber dem französischen Militarismus aus. Was die Friedensverträg« anbetrifft, so könne man fragen, ob sie den Krieg nicht ver längerten. Er hob hervor, daß die Sozialisten Frankreichs die Unterzeichnung des Friedensvertrages verweigert haben. Was den Frieden schaffen werde, sei dies: Einigkeit der Arbeiter aller Länder. Sie wird es sein, die ihn endgültig sichert. — Am Nachmittag fand ans der Moorweide eine Demonstration statt, die trotz des strömenden Regens von über zehntausend Persone» besucht war. Von zehn Tribünen herab sprachen bedeutende in- und ausländische Sozialisten zu der Menge. Die Redner waren einig in der Ansforderung zum Kampf gegech Reaktion und Miliz tarismuS und in dein Verlangen nach Einigkeit der Ideen und der Organisation. Faszisten gegen Popolari Nom, 23. Mai. In der Gemeinde Voncaglio tain eS zu crditierte» Zusammenstößen zwischen Faszisten und Ange hörigen der Katholischen PolkSpartei. Einer der Popolari wurde dabei getötet. Neue Kämpfe in Marokko Madrid, 23. Mai. Die Zeitungen melden neue Gekocht? in Marokko, bei denen die Spanier mehrere Tote und V?r- wnndete gehabt haben. Millionenspende -es Königs von Schwede» Stvcklwlm, 23. Mai. Der König von Schweden hat aus seinem besonderen Dispositionsfonds 10 000 Kronen (das sind nach gegenwärtigem Kurs 180 Millionen Mark) der Stockholmer Brüdergemeinde als Beitrag zu der von den schwedischen Kirchen gemeinden gesammelten Samariteraibaabe zur Linderung! der kirchlichen, sozialen und kulturellen Not in Deutschland für die evangelische Herrnhuter Brüdergemeinde überwiesen. Die Begeisterung für Baldwin in Amerika Paris, 23. Mai. (Drahtbericht) Wi? «Newtzork Herald" ans Washington berichtet, wird dort die Wahl BaldwinS mit großer Befriedigung ausgenommen. Sie hat sogar im wesentlichen große Begeisterung hervorgerufen. „Chicago Tri büne" führt anS, das Aufstehen BaldwinS bedeute eine baldige Erledigung der Schnldfrage mit Amerika. In politischen Krei sen wird voransgesagt, daß Baldwin es nicht Anlässe, daß ?»'. Krieg mit Rußland geführt wird. Zur Bildung des neuen englischen Kabinetts London, 23. Mai. (Drahtbericht.) Wie verlautet, beabsichtigt Baldwin bei der Kabinettsbildung alle seine Kräfte in eine Ver ein i g u n g m i t d e n Konservativen zu setzen. Vor allen Dingen wird Baldwin versuchen, frühere Mitarbeiter des Kabinetts zu seinem Kabinett zu suchen. Wirtschaftliches Berliner Produtteumarkt Berlin, 22. Mai. Prelle (in tausend Mark) für 60 Kilo gramm ab Station: Weizen, märkischer 94—9g. pommerscher 93,l bi« 96. Rogacn, märkischer 84—86. pommerscher und schlesischer 64 b!» 95. Sommeraerste. märkische 76—78. Haler, märkischer 73 bl» 78.5, schlesischer 7l. La-Blata-Mais ab Hamburg 88. Mal« loko Berlin 88. Weizenmehl (100 kpZ 280—296. Roggenmehl llOO Ire-) 220—260. Weizenkleie 45. Rogaenklele 46 Rav» 160—166. Leinsaaten 160—170. Biltoria-Trbsen 116—>30. Kleine Speise- Erbsen 90-96. Peluschken 90-100. Ackerbohnen 70-76. Wicken 86—96. Blaue Lupinen 90—100. Gelbe Luvinen 118—130. Serradelle, alte 180—200. Raprkuchc» 68 Leinkuchen 90. Trocken- schnitzet 27—28. Zuckerschnitzel, vollwertig 40,8—42. Torsmelasse 23 bis 24. Kartoffelflocken 42-48. Mauhstrtter»Großhandelspreise (In tankend Mark) für 60 Kilogramm ab Station: Welzen- und Rogaenstroh, drabtaepreßt 28,6-26,8. Hafersirob, drahtqevreßt 21—28. Roggen, und Weiten- flroh bindsadengepreßt 22,6—24,6. Roggenstroh, langes, gebündelte« 28-25. Heu, handelsübliches 20-21,6. Heu, gutes 23,6-24.6. Häcksel 27.6—28,6. * Der Kartoffelpreis. Die Karioffclprcisnotleriina«kom» miisio» hat am 22. Mai einen Erzeugerpreis von 8800—4200 für weiße, rote und gelbfleischige Sorten notiert. Dresdner Devisenkurse SS. Geld s. Brief 22 Geld . 5. Brief Nmslerdam 21800 22000 ! 21000 21200 Brülle: 3220 Z2b0 Zl»o 3120 Cdristlmia 9200 °500 6900 9000 Kopeichaqen !0500 ioeoo 10200 10400 Llockkwlni I4S00 15000 l«500 14500 Nom 2720 27«9 2850 2«,50 London 258000 2L0000 249000 250« 00 Nenliork 55750 51,250 53750 54250 Poris . 5700 5750 3570 3600 Mrl» leooo 10200 9650 9750 Madrid 6500 «550 8200 8300 Wien Proq leeo l«80 1600 WI5 Warichou Bndavesl ....... 10.25 lO.50 »,50 7.70 Dcrliner Devisenkurse vom 23. Mai (Amtlich) Holland 21 703 London 252 180 Neuyork öS 500 Schwei, 10 020 Prag 1660 Berliner Börse Aktienkurse in >/,«>o Mart. Berliner Attfangskurse zz.». is. 5. Lvroz. Relchsnnleihe Echanlnnq-Babn . . Lannda-Pacific . . . Hamburg. Paketfahrt Nordd. Llobd .... Berein. Elbelchiskahrt Com.- ». Privatbank Darmstädler Bank . Denliche Bank.... Diskonto Kommandii Dresdner Bank . . . Leivz gcr Kreditanst. Oesierr. Kredit . . . Bochumer Gutzstahl. Deuich.Luxemburger Gelse,ikirchcn B-rqw. Harpencr Bergwerk. Hohenlohe Laurahütte Mannesmann. Riihr. Obschi. Cikenbahnbdt. , Sisenindistlrie o.os 205 »7 »7 »1,5 20 wo rss zso «40 115 ISS 170 ne iir o.s 9.5 Iso I0I.5 <4 48.» 25 ZS.5 so rs.5 Iv.s «5 585 2,0 z»0 wo iw IZl iss iw 12 s Phünix Romüocher 23.5. 230 18 5. SOL 89.5 79.5 Cliennlche Heüden. . 77.5 eo Dünomit Nobel . . . «b «2 Tb. Goldlchmidt. . . 95 Höchster ffnrbworle. «8.5 45 Oberichl. Kvlswerke. ISS 1L8 AII,iEIeNr.>GcleNsch. KL 67 Berqmonn Elektr.. . 95 65 Wo-- Elellr 19 Sachsenwerl 31 Gürliper Waqqon. . «o 60 Linke-Sasfmnnn. . . IZ5 125 Aasb.-Nürnb. Match 71 62 Berlin.AnbaN.Malch. 52,5 41 Berliner Maschinen. 88 87 Daimler-Motoren . 24.2 20 Karlmann Molch.. . 56 Orenilein n. Koppel. 90 so Ininncrmannwerlo . 19 17.» vi»n-Werke..... Sl.5 29.6 kmikelbnl . 21 Hirsch-Kupier .... is.r 15 Suao Schneider. . . 05 Norddeutsche Wolle. 170 l«8.5 Slühr Kamniqaln. . SO, Zellstoff-Waldhosf . . » Otavi 390 370 Berliner Dörsenstimmungsbild vom 23. Mai sDrahtberickst) Die Dorf« etösfnet« in nicht so feiler Haliuna als man erwartet hatte, da die Spekulation vielfach realisierte- Trotzdem sind miedet um verschiedene kehr bedeutende KurSNeiaernngen zu verzeichnen. So gewannen Bochumer 60000, Dcutsch-Llixeniburaer 43000, Harpener 29000, Kattowitz 20000. Phönix 24000. Gut« Nachtrag« bestand für Schiff» und Slcktrowerte. Wetterbericht der Dresdner Wetterwarte Die nur langsam läng» der norwegischen Küste abziehend« Depression beeinflußt mit ihrem südlichen Rand und Teilbildnngen noch unsere Witterung. Die Druckverteilung ist sehr unregelmäßig. Hoher Druck liegt über Südeuropa und westlich der britischen Inseln. Ein schmale» Teiltief reicht von England bis zur Elbmündnng. Weitere Störungen werden voraussichtlich auch morgen noch unser Gebiet treffen und den unsicheren WitterungScharalter der letzten Tag« sortbestehen lassen. Das Ruhrgebiet in der Dichtung Jetzt, da ganz Deutschland mit heißen Augen nach Rhein Und Ruhr schaut, da jedes deutsche Herz schmerzhaft schlägt ob der Not des Schwarzen Landes, ist eS ein dankenswertes Unter nehme», das Nnhrgebiet im Spiegel deutscher Dichtung zu zeigen. Dieser Aufgabe hat sich Tr. O. E. Haße in einem Büch lein unterzogen, das im Zentral-Verlag, Berlin, soeben erschie nen ist. In den „Stimmen der Zeit^ weist P. Sigmund Stang auf diese neue Poesie mit folgenden Worten hin: Lange schon hat ja die Poesie ihren Schauder vor Ranch' und Qualm vor dem rußigen Eilcngeflccht und den lärmenden Fabriken des Kohlen- und Industriegebietes verloren. Nicht mehr allein das Sauber-Niedliche oder Wild-Romantische erscheint als AnsckmnnngS. und Stimmnngsträger, auch doS Alltäglichste, das in der Wirklichkeit Abstoßende wird in ästhetischen Scheine zum künstlerischen Ausdrnckömittel — wenn nur eine eigene Lebens- idce, ein eigenes Lebenkgefühl sich darin ausspricht. ES ist das Lebensgefühl des Rnhrarbeit?rS, daS in den ästhe tischen Werten des Ruhrreviers seine künstlerische Gestaltung finden muhte. Darum bat auch erst mit den Arbeiterdichtern, die de» neuen Sprach- und Bildersckiah der Jndnstrielhrik schufen. daS Ruhrrevier seinen Einzug in die Dichtung gehalten. Wohl Ifat schon Freiliqrath seinen poetischen Weh- und Hilferuf "F ü r S Schwarze Land" erhoben, als die Weihnachtszeit 1866 ein großes Grubenunglück brachte. Aber die kleinen zierlichen Strophen verraten mir allzusehr, daß sie am behaglichen engli. scheu Wcjbnacbtskamin unter der Mistel entstanden sind — vom innersten Wesen des Schwarzen Landes weht in ihnen ein Hauch. Erst seit dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ist die Poesie der dunklen Schächte und glühenden Hochöfen inS künst lerische beherrschte Wort gebannt worden. Paul Zechs Soiw- Icn-ZtzklnS „DaS schwarze Revier", 1913 erschienen, war der Erst ling dieser neuen Kunst. Josef Winkler, Otto Wohl- ge in nt, Christoph Wieprecht stehen der ans der rheini schen Industrie hcrvorgcgangerre» Dichtergruppe ..Werkleute au? HanS .Hyland" nahe. Gerrit Engelke, in den letzten Tagen de? Weltkrieges gefallen, ist den Lesern der „Stimmen" bekannt. Auch Heinrich Jersch ist ein Arbeitcrdichter. Neben diesen Urwüchsigen linden sich Nachempsinder, z. B. Herbert Eulenberg, die auch die neue Kohlen- und Eisenw?ise meistern. Wie schaut unS aus dieser Dichtung das Ruhrland und daS Nnhrlcben an? Da ist dis „deutsche Landschaft, die kaum mehr Landschaft bat". Zwischen anfgctürmten Bauten zieht lasibela- den der Rhein. Die Wellen, die noch eben Burgen schauten, glühen vom Schmiedefeuerschein. Von Schutt und Schlacken ist di? Erde weithin erwürgt, verschlagen dehnen sich die letzten Wie- sen und staunen zu den Schloten auf. Ter Himm?l ruht auf vielen schwarzen Säulen, die Arbeit speit düster» Weihrauch empor, mit roten Zungen leckt eS aus den Rohren des Walz werks an den grauen Himmclsrand. Schwarz ist die Stadt an schwarzen Gewässern.steil aufgehaut. Die Schlüte, die gleich Riesen der Wunsch zu herrschen aus der Erde stieß, ragen wie ein Wald von Föhren, mit Rädern und mit Tuben wild verzückt. Hell rattert und knattert die Pendelbahn, grau liegt die Fabrik wie ein müder vermorschter Kahn. Und durch die Nacht flammt glutend des Hochwerks Schlackenwald. So kam ein ncu?r, herzzerreißender Ton in daS denische Lied vom schwarzen Land an der Ruhr. Die Handelsflotten der Welt ? Deutschland wieder an 2. Stelle. — Zusammenbruch der amerikanischen Handelsflotte. In den Besitzvcrhältnisjen der einzelnen Staaten an Han delsschiffen haben sich, wie die jüngsten Schiffsregister zeig?», in den Jahren seit Beendigung des Krieges ganz gewaltige Verän derungen vollzogen. Was die im Bau befindliche Handels- tcnmage der Welt betrifft, io steht Großbritannien mit 1463 592 Tonnen noch immer an erster Stell?; und doch ist schon gegen die Gesamtsumme der in Ban befindlichen Handelsschiffe dsS Vorvierteljahrcs ein bemerke»Sw?rter Rückgang eingetveten, der sich ans etwa 160 000 Tonnen b?läufl. Die im Bau befindliche Gesamthandelstonnage der anderen führenden Seestaaten be trägt genau soviel »nie die Englands, nämlich 1 466 719 Toim n; darin sind etwa 216 090 Tonnen eiiigcschlossen, für die inzwischen wieder die Arb?it eingestellt worden ist. Die Verteilung auf die einzelnen Länder ist wie folgt: Deutschland und Danzig zusammen 463 877 Toimxn, Italien 211 499 Tonnen, Frankreich 188 626 Tonnen, Holland 142 969 Tonnen, die Vereinigten Staa ten 139 449 Tonnen und Japan 93 831 Tonnen Deutschland marschiert in dem Neubau seiner Handelsflotte also bereits Paeder an 2. Stelle in der ganzen Welt, ein glänzendes Zeug nis für die Wiederaufbauarbeit,, die im Interesse der deutschen Seemacht geleistet wird. Geradezu auffallend ist jedoch der ge ringe Neubau in den Vereinigten Staaten, die während de» Krieges ein Handelsschiff nach dem anderen vom Stapel haben laufen lassen. Die amerikanische Handelsflott? hat durch die Ab lehnung des Schiffs-llnterstütznngsgeseheS durch den Kongreß einen schweren Schlag erlitten. 700 amerikanische Passagier- und Frachtdampfcr, insgesamt 11002 622 Tonnen totes Gewicht, werden in Kürze auf d?m Marlt zum Verkauf gestellt werden« Ban der stolzen Handelsflotte, die während des Krieges geschaffen wurde, liegen jetzt ganze Geschwader nutzlos in den Häfen längs der atlantischen und pazifischen Mste und verursachen den Bereinigten Staaten einen jährlichsn Verlust von 30 Millionen Dollar. Der amerikanische Traum, die englische Vorherrschaft auf den Meeren der Welt mit einer großartigen Hanüelsslotte za erschüttern, dürste endgültig emsgeträumt sein. -f Die beiden größten Hamburger Passaglerdampker. Zwei neue Passcigierdamser von je 22 000 B. R. T-, die grössten: der Hamburgischen Neberseeflotte empfangen zurzeit ihre» weiteren Ausbau am Ausrüstungskai der Hamburger Werft vo» Blohnv und Boß; die kürzlich im Beisein des Re,ichspräside»ten zu Wasser gelassene „Deutschland" und der bereits Mitte De zember 1922 vom Stapel gegangene „Albert Ballt» ", beide der Hamburg-Amerika-Linie gehörig. Während sich die „Deutsch land" erst im Anfaugsstadium befindet, wird die Fertigstellung des Schwesterschiffes „Albert Ballrn" nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Maschinen- und Kesselanlage des Dampfers, der eine seiner beiden großen Schornsteine sowie die vier Masten sind bereits eingebaut und an der Inneneinrichtung der Passagier« räume wird eifrig gearbeitet. Tie Wohn- und Gesellschafts räume der dritten Klasse sind nahezu fertiggestellt, während die Einrichtung der zweiten Klasse bis zur Hälfte gediehen ist. Nur die erste Klasse bedarf noch einiger Wochen zu ihrer Vollendung Bei dem Ausbau sämtlicher Klassen wird darauf Bedacht genom men, in schönen, stilreinen Forinen den Kabinen, Zimmern und' Salons größte Wohnlichkeit zu verleihen. Nirgends soll sich der Fahrgast beengt fühlen, keine aufdringlichen Linien und Farben sollen ihn stören und es sollen ihm alle Bequemlichkeiten, zur Verfügung stehen, die ein moderner Dampfer seinen Pissa gieren bieeen kann. Die Passierkapazität des „Albert Ballin" wird 1567 betragen und sich auf die einzelnen Klassen so ver* teilen, daß die erste Klasse über 253, die zweite über 340 und die dritte über 974 Plätze verfügen wirb. Der Dampfer soll s-ine erste Ausreise am 5. Juli antreten. Sein Scbwesterschisf „Deutsch land" wird voraussichtlich erst Ende dieses Jahres in Dienst a», stellt werden können.