Volltext Seite (XML)
tagen forderten. Jetzt erfolgt schon der zweite Schritt in dieser Richtung. Seit Juni werden in Berlin an Sonn» tagen keine Pakete mehr auSgesühtt. jetzt werden keine mehr angenommen und siehe. eS geht ganz gut auch so! — Neue Mitlioueuforderuugen für Kiuutschou werden in den Berl. N. N. angekündigt. Danach hatte die Ver- waltung des KiautschougebieteS noch weitere Projekte für den Ausbau der Hafenanlagen in Tsingtau in der Schwebe, deren Ausführung auf etwa acht Millionen veranschlagt find. Der neue K antschou-Etat werde dafür eine größere Forderung enthalten. — Die Ankunft der englischen Flotte in Swinemünde rrfolg'e Sonntag nachmittag zwischen 6 und 7 Uhr. Die Dampfer. Linienschiffe und Kreuzer blieben, wie schon angekündigt, auf der Reede liegen, während die Torpedo bootszerstörer in den Hafen einliefen. Der englische Generalkonsul in Stettin und der Vizekonsul in Swinemünde fuhren dem Geschwader entgegen. Am-weiten Zoll-Schuppen. wo die englischen Admirale an Land steigen, ist eine Ehrenpforte errichtet. Die Flotte wird bis Donnerstag vor Swinemünde liegen. — Der kommandierende General v. Braunschweig erließ zum 2. September, abends 7 Uhr. Einladungen zu einem größeren Diner im Artushof in Danzig anläßlich der Anwesenheit des englischen Geschwaders. Prinz Albrecht, die Spitzen sämtlicher Behörden, die eng lischen Admirale, der englische Generalkonsul in Danzig und der englische Marineattachs Kapitän AUanby aus Berlin werden an dem Festmahl teilnehmen. Admiral Wilson gibt an Bord des Flaggschiffes „Exmouth" ein Festmahl für die Spitzen der deutschen Behörden. Für die Marine mannschaften wird eine Bewirtung auf der Westerplatte stattfinden. - In das preußische Herrenhaus sind berufen durch Allerhöchsten Erlaß vom 5. d. M. aus besonderem König lichen Vertrauen, unter gleichzeitiger Bestellung als Kron- syndici der Kammergerichtspräsident Dr. v. Schmidt in Berlin und der Oberlandesgerichts-Präsident a. D. Wirk- liehe Geheime Rat Dr. Hamm in Bonn. — Bergarbeiterstreik und Natizmalwohlstand. Die wirtscl)astlicl)en Wirkungen des Bergarbeiterausstandes zeigt die soeben in der Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Sa linenwesen veröffentlichte Statistik über die Löhne und Ar beitsleistungen der Bergarbeiter in Preußen im ersten Vier teljahr des Jahres 1905. In dieser Statistik sind die fest besoldeten Beamten und Aufseher ausgeschlossen. Die Schichtlöhne haben wesentliche Veränderungen gegenüber dem Vorjahre nicht aufzuweisen, auch die übrigen Verhält nisse sind durchweg ähnlich. Jni Dortmunder Steinkohlen bergbau ist sowohl die Zahl der verfahrenen Schichten, wie auch der Verdienst der Arbeiter durch den Ausstand stark ver mindert worden, lieber die Verhältnisse in den verschiede nen Bezirken gibt die folgende Tabelle Aufschluß, wobei die eingeklammerten Zahlen diejenigen des Vorjahres be zeichnen: Bezirke. Oberbergamt Gesamt belegschaft. Verfahre»? Arbeiisschicht rr. Arbeiter <abae> rundet auf gnnze Zahlen). Verdienter reiner Lahn pr. Arbeiter l». Abzug aller Nebenkosten: Ge- zühe. Geleuchte, Versich. »loste»). Breslau. Steinkohlenbergbau Oberschlesien . . . Steinkohlenbergbau 86 1ö2 (85 242) 70 (70) 215 (207) Niederschlesien 25 11.8 (25 743) 76 (76) 220 (212) Oberbergamt Halle. Braunkohlenbergbau 32 943 (32 899) 77 (77) 243 (227) Kupferschieferbergb. 15 408 ,14 908) 77 (77) 253 (236) Steinsalzbergbau. . Oberbergamt KlauSthal. Staat!. Erzbergbau 6 141 (6 377) 70 (76) 281 (279) i. Oberharz . . . 2 977 (3 088) 75 (76) 178 (177) Steinsalzbergbau. . Oberbergamt 4 392 (-) 76 l-) 274 (-) Dortmund. Steinkohlenbergbau OberbergamtBoun. Staat!. Steinkohlen- 256 214 (261 718) «0 <77) 2:r<; <»«») bergbau b. Saar brücken 45 475 (44 837) 73 (74) 273 (27 l) Steinkohlenbergb. b. Aachen 15 502 (14 052) 74 (76) 298 (290) Linksrhein. Braun kohlenbergbau . . Siegen-Nass. Erz- 5 393 (5160) 72 (72) 235 (227) bergbau 18160 (18 348) 72 ,73) 217 (220) Sonstiger rechts- rhein Erzbergb. . Linksrheinischer Er i- 7 519 (7 674, 70 (71) 202 (261) 181 (17V) 72 (73) bergbau 4 041 (3 028) Diese Zahlen lehren, wie notwendig es ist, Streiks vor zubeugen durch Einrichtung von Arbeitskammern mit obli gatorischem Schiedsgericht. — Die Verschuldung im Osten. Die Verschuldung des ländlichen Besitzes im Osten wird durch folgende Tabelle dargestellt: überhaupt in West» Ost preußen preiiß Posen Pom mern Schle- sien Branden bürg bei dem Besitz ->2,6 40,6 38,9 33 7 33.3 2.77 von: 60— 90 ^ 48,4 43,0 35 6 51.8 40.8 38.» 90- 150 . 45 5 39.2 32.9 44,4 38.» .31.1 150— 300 . 44,6 35.9 32.1 35.4 36.5 26.» 300— 750 . 41.9 36.3 34.2 28.6 32.1 22.» 750—1600 . 41,2 45 3 46,8 29.8 29.6 S3.7 1500—3000 . 43,3 53,7 60 4 47.1 36.6 32,1 3000 u.m hr » 42,0 38.7 40 2 32,5 81,» 30,5 In den Ostprovinzen ist die Verschuldung am größten, sie übersteigt hier bei dem größeren Grundbesitz mit 1500 bis 3000 Mark in Posen und Ostpreußen das 50 fache des Reinertrages! Der Besitz von mehr als 3000 Mark, viel fach durch Fideikommisse geschlitzt, steht hier im allgemeinen etwas besser. Eine Verschuldung zum 40- bis 50 fachen Er trage findet sich in Westpreußen, Ostpreußen. Posen und Pommern bei allen oder mehreren Besitzklassen. Da darf es nicht wundern, ivcnn die Landwirtschaft so schwer tut; aber deshalb müssen auch sofort Maßnahmen zur Entschul digung eingeleitet werden. Das preußische Abgeordnetenhaus hat hier eine sehr große Aufgabe zu vollziehen. — Auch der heurige Katholikentag hat an den Arbeits eifer der Teilnehmer außerordentliche Anforderungen ge stellt, wie aus nachstehender Zusammenstellung hervorgeht. Außer zehn Arbeiterversammlungen, der Begrüßungsfeier und den vier geschlossenen und vier öffentlichen Generalver sammlungen waren zur Beratung versammelt: Die Ver treter der katholischen Presse, die katholischen Handwerks- meister und Gesellen, die katholischen Studenten- und Unter stützungsvereine, der akademische Piusverein, der deutsche Lourdesverein, der katholische Preßverein für Bayern, die katholischen Mädchenschatzvereine Deutschlands, die Windt- Horstbünde, der Volksverein für das katholisch Deutsch land, die Innsbrucker Altkonviktoren, die Vinzenzvereine, die katholischen Lehrer Deutschlands, die Priester der An betung, der Priesterabstinentenbund und das Kreuzbündnis, der Verband katholischer kaufmännischer Vereinigungen, der akademisch Bonifatiusverein, die französischen Mitglieder des Katholikentages, der deutsch Priesterverein „Pa;", die Präsides der Akademiekongregationen, die Vorstände der elsaß-lothringischn Borromäusvereine, dazu kommen ein katholischer Missionskongreß, Festversanimlungen und Fest- kommerse der verschiedenen Studentenvereinigungen. Ins gesamt haben in fünf Tagen 45 Versammlungen stattgefun- den. ohne die Ausschußsitzungen. Mit dieser Zahl hat der Straßburger Katholikentag einen neuen Rekord geschaffen. Das Bewundernswerteste ist aber, daß trotz dieser erdrücken den Fülle an Veranstaltungen alle Haupt- und Festversamm lungen vorzüglich besucht rvaren. — Zur Erhaltung und Förderung des Deutschtums in Argentinien hat die deutsche Reichsregierung den dortigen vierzehn deutschen Schulen einen Betrag von 50 000 Mark überwiesen. Auf die einzelnen Anstalten entfallen Beträge von 300 Mark bis zu 15 000 Mark; in den letzten 4 Jahren sind die Schulen zusammen mit 143 000 Mark unterstützt worden. Der deutsch Schulverein unterhält in Argentinien acht Lehranstalten. — I« die Kriegervereinen wird mitunter in uuver- antwortlicher Weise konfessionelle Politik hiueingeliageu. Wir haben es in sächsischen Knegervcreinen wiederholt getadelt. Den Vogel schießt der Kriegerverein zu Laud- dorf ab. Dort wurde nach den' H.-ub. Volk.-blatt ein Mitglied durch den Vorstand aus dem Verein ausge- schlossen, weil es sich der „ultramontauen Partei ent schieden angeschlossen" dabe, was nach den Statuten nicht zulässig sei. Wir registrieren diese Toleranzblüte ohne weiteren Kommentar. — Im Eugen Nichter'schen Wahlkreise Hagen findet die von der einen Seite vorgeschlager.e sozialdemokratische Kandidatur des Pcivatdozenten Dr. Michels-Marburg von anderer Seite bekanntlich Widerstand. Michels selbst hat den Zwiespalt in der Kandidaturfragc auf lokale Zänkereien zurückführen wollen. Wie die Köln. Zeitung aber schreibt, liegt der Meinungsverschiedenheit die Abneigung eines Teile- der Genoffen gegen Akademiker als Arbeiterführer zu gründe. Während die Schwelmer Genossen für Michels kintreten, Verhalten sich die Hagener diesem Herrn gegenüber ablehnend, weil er ein Akademiker ist. und wollen nun den Stadt verordneten E. Breil, der schon früher kandidierte, auf den Schild erheben. — Das „Kraftmeiertnm mit Worten" hat der Vor wärts einmal gegenüber dem radikalen Mehring und Ge- nossen scharf verurteilt; nun wollen wir sehen, wie er selbst dieser komischen Rolle sich hingibt bei der Beurteilung des Straßburger Katholikentages, über den er schreibt: „Die Verhandlungen des Straßburger Katholikentages bestätigen in fast überraschender getreuer Weise die Charakteristik, die wir ihm beim Beginn gewidmet haben. Es war ein Kon greß der Anpassung im Geiste des Herrn Kopp, es lvar ein Katholikentag ä In mode. Die Herren redeten, und mancher mit unleugbarer geistiger Bedeutung, gewissermaßen pro testantisch salonfähig, bisweilen geradezu „modern". Die katholische Orthodoxie drang zwar immer wieder durch diese geschniegelte regierungsfähige Zentrumsdemagogie durch, aber sie gab sich alle Mühe, zivilisierter, harmloser zu schei- neu, als sie ist, sie trug einen eleganten, von einem talent vollen Hofschneider gebauten — Schafsrock. Deshalb sind die in Straßburg gewechselten Reden Worte geblieben, und man muß sie erst mit der Praxis der katholischen Kirche und des Zentrums konfrontieren, um ihren Sinn zu erfassen. Man könnte sagen, dieser Katholikentag war eine fast Bülowsche Kreuzung. Wenn Fürst Bülow sich daran machte, einen Katholprotestantismus feudaldemokratischer, sozial kapitalistischer, ultramontanliberaler Richtung auf der mitt- leren Linie zu erzeugen, so käme ungefähr das Zentrum des Straßburger Katholikentages heraus. Kurz: Die katho lische Kirche ist 1905 in Deutschland genau so „entwickelt", wie man sie braucht. Mehr Phrasen und Unwahrheiten können in so wenig Zeilen nicht zusammengefaßt werden, selbst die seltsamsten Wortbildungen schafft dieses „Kraft- meiertuiu". Sonst redet der Vorwärts so viel über die dog matische Intoleranz der katholischen Kirche, jetzt hat er sogar einen „Katholprotestantismus" entdeckt. Mit solchen Phra senhelden kann man sich in keine ernstliche Diskussion einlassen. Oekkerreich Ungarn. — Ujsag schreibt mit Bezug auf die nach allgemeiner Auffassung in einem Artikel de- Magyar Nemzet enthaltene Ankü«dign«g »o« Neuwahle« üter den Ernst eine- solchen Schrittes müsse man auf allen Seiten im klaren sein. Die Krone müsse, falls die Neuwahlen gegen die Regierung entscheiden sollten, anerkennen, daß ihr nicht nur die Koalition, sondern auch der Wille der Nation gegenüber- stehe. Andererseits werde ein eventueller Sieg der Koalition überwiegend dem radikalen Flügel der Kossutbpartei. keine«- weg« der Fraktion AndrassyS oder Banffy« zu statten kommen. Die Koalition möge also die Kabinettsbildung übernehmen, wodurch dem Lande der große Dienst erwiesen würde, doß die leidenschaftliche Aufregung eines Wahl- kämpfe« vermieden würde. M»m. — Die Dr. Nachr. melden: Wie in vatikanischen Kreisen verlautet, beabsichtigt der Papst, eine Spezial- Mission zwecks Einrichtung einer Nuntiatur in Tokio an den Mikado zu entsenden. Frankreich — Der Bischof von Quimpar veröffentlicht ein Rund schreiben an seinen Diözesanklerus, in welchem die Auf hebung des Kultusbudgets und deren Folgen für die frag liche Diözese behandelt werden. ES wird darin auf den Mo- nat Januar, das heißt sofort nach dem Inkrafttreten des Trennungsgesetzes, die Abhaltung einer Synode angekün- digt, um dabei auf Grund der Anweisungen von Rom Stel- lung zu den neuen Verhältnissen zu nehmen. ES heißt in dem Schreiben unter anderem: «Die durch die Unter- drückung des KultuSbudgetS für unsere Diözese allein aus- fallende Summe beläuft sich auf 456 900 Frank. Sie kann manchem übertrieben Vorkommen, und doch liefert sie nur einen Durchschnittsgehalt von 766 Frank, den Bischof, die Generalvikare, Kapläne, Erzpriester, Pfarrer, Rektoren und Vikare mit inbegriffen." Der Bischof untersucht die Frage, wie diese Mittel zu beschaffen wären. Die Armen sollen von den Beiträgen ganz ausgeschlossen werden. „Wir haben ge dacht, daß diese Taxe von der Kirchengemeinde entrichtet wer den soll, und zwar so, daß auf jedes Mitglied 60 Centimes entfällt. Eine Gemeinde von 600 Seelen entrichtete dem- nach 600 Frank. Die reichen Familien bezahlten 10 Frank, andere 5 Frank und minder bemittelte einen Frank. Die Beträge würden in den ersten Monaten alljährlich erhoben." — Der Temps schreibt: Die durch das deutsche Memo randum über die Marokkofrage vorgebrachten neuen Punkte sind von genügender Bedeutung, um einen endgültigen Mei- nungsaustausch, sei es in Unterredungen oder Noten, als erforderlich voraussehen zu lassen. Ein Punkt ist indessen erreicht worden: Deutschland widerspricht nicht dem franzö sischen Programm, sondern schlägt Abänderungen dieses Programms vor, das es im Prinzip annimmt. Das läßt auf den baldigen Abschluß eines endgültigen Abkommens über die marokkanische Frage hoffen. Petit Parisien meldet: Die Antwort Deutschlands betreffend die Reformen in Marokko ist sehr ausführlich und umfaßt zwölf Seiten, sie ist in sehr versöhnlichem Tone gehalten und beginnt mit Versicherungen der Freundschaft. Deutschland erkennt die Notwendigkeit wichtiger Veränderungen im Polizei» und Finanzwesen Marokkos an, nimmt jedoch die Ansichten Frankreichs betreffend die Militärorgamsation in ihrem ganzen Umfange nicht an. Es ist gewiß, daß die Besprechun gen über diesen Punkt fortdauern werden. Frankreich wird voraussichtlich in acht Tagen antworten. Man hegt allge mein die Hoffnung, daß sämtliche Schwierigkeiten rasch be hoben werden. — In den letzten Tagen haben bei der Division Oran keine Truppenbewegungen stattgefunden. Gegenüber anders- lautenden Nachrichten stellt die Agence Havas fest, daß Urlaubsgesuche nicht abgelehnt und Beurlaubte nick t zurück- berufen worden sind. Holland. — Der Gouverneur von Niederländisch Guyana, Lely. hat sein Amt niedergelegt. Dänemark. — In Kopenhagen ist der Redakteur des anarchistischen Blatte- Skorpion namens Rasmussen, wegen einer Reihe heftiger Auslassungen in seinem Blatte und auf Versamm lungen verhaftet worden. Skandinavien. — Der vom Storthing angenommene neue norwegische Zolltarif wurde von der Negierung bestätigt. Der Tarif tritt am 8. September in Kr>aft. — Die Delegierten für die Verhandlungen, betr. die Unions-Lösung, sind am Sonnabend gleichzeitig in einem norwegischen und in einem schwedischen Staatsrat ernannt worden. Spanien. — Im Ministerrat wurden zwei Erlasse angenommen; der eine genehmigt den modu8 vivondi mit der Schweiz, der andere gewährt den Vorteil dieses modim vivendi allen den Nationen, denen Spanien das Meistbegünstigung?- recht zugestanden hat. Türkei. — In der Nacht zum letzten Sonnabend sind in Konopnica, südwestlich Polanka im Milchet UeSküb von einer Abteilung des Nizrm Regiments Nr. 20 acht Christen, und zwar ein Mann, drei Frauen und vier Kinder er- schossen und sechs Christen verwundet worden. Nach tür kischer Angabe sei dies während eines Kampfes mit Komi- tatschis geschehen, die Einwohner versichern jedoch, daß diese Behauptung unwahr ist. Die Botschafter der En tentemächte bab'ir deswegen Schritte bei der Pforte unter nommen. Der Botschafter Oesterreichs Ungarns hat der Pforte ein von allen Botschaftern unterzeichnetes Memo randum überreicht, worin die Namen der ernannten vier Finanzdelegierten für Mazedonien mitgetcilt werden und die Pforte zugleich ersucht wird, den General-Jnspektor dementsprechend zu informieren. Rußland. — Eine umfangreiche Mitteilung des Polizeideparte ments weist darauf hin, daß die wirtschaftliche Bewegung unter den Letten der Ostseeeprovinzen infolge der Agitation der lettischen sozialdenrokratischen Partei und des sozial- revolutionären Arbeiterverbandes in letzter Zeit revolutio- nären, häufig sogar anarchistischen Charakter angenommen, verbunden mit völliger Mißachtung der Religion, des Men- schenlebens und des Privateigentums. In den letzten drei oder vier Monaten sind in den Straßen der Städte Kur lands und Livlands vier Mordanschläge auf Amtspersonen, vier Ueberfälle auf Privatleute, sechs Anschläge auf Poli zisten und drei auf Kosakenpatrouillen vorgekommen, wobei in zwei Fällen Boniben geschleudert wurden. In Riga wurde der Versuch gemacht, die Füllabteilung einer Patronenfabrik in Brand zu stecken. Aus den Städten drang die revolutio näre Bewegung in das flache Land Livlands und Kurlands, wo ebenfalls anarchistische Erscheinungen zu tage traten. Seit April entwickelte sich die Bewegung schnell. In den lutherischen Kirchen begannen Kundgebungen, welche sich im Mai und Juni fast jeden Sonntag wiederholten. Ende Juli nahm die Bewegung einen äußerst bedrohlichen Charakter an, die Agitatoren gaben den Bauern Waffen, welche sie offenbar in großer Zahl besaßen. Im Kreise Mitau ver- wüsteten die Landarbeiter an einem Tage neun Amtsbezirke und steckten die Gebäude dreier Amtsbezirksverwaltungen in Brand, nachdem sie verschiedene Dokumente, Akten und das Bild des Kaisers auf die Straße geworfen hatten. Nach den neuesten amtlichen Meldungen nehmen in letzter Zeit die Versuche, Eisenbahnlinien teilweise zu zerstören, zu. Wie die Behörden feststellen, bestehen die revolutionären Banden