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!>>,. !-1 d.ü Hl. Januar >022 «üchstsche LoN-zeitunz Nr. I«. Seite L no.h '» eincn 2'eisvicle unseren Lesern zeigen, von welcher geling» ^'„.he ans der Leiiartikler der „Leipziger Neuesten Nachrithien" die Dinge behandelt. Allen Ernste- macht Herr HarniS den schlechte» Witz. dem Zenirum die Schuld zuzuschieben, dafür, »das; der Wall des Treiklassenwahlrechtes nicht rechtzeitig nieder-gel'gt werden konnte, »m den Weg für eine vorbeugend« Refor»i>'o!itik sreizumachcn". Hier kann man wirklich sagen: Geschichte schwach. Hier kann man weiter sagen: Daß diejenigen Mnbürgcr, die einzig und allein auf die GeistcSkost der »Leipziger Neuesten Nachrichten" angewiesen sind, aufrichtig bedauert werden müssen. Schließlich sollte doch aber auch einem Herrn HarmS bekannt sein, daß der IentrumSführer Windthorst schon in den 70er Jahren einen Antrag auf Abschaffung des Treiklassenwahlrechtes cingebracht bat, daß ferner seit fünf Jahrzehnten, also seit Bestehen der ZeuIrumSvartei, der Kampf gegen das preußische Dreiklasscnwahlrecht zu den Programm punkten des Zentrums gehört hat. Die „Leipziger Neuesten Nachrichten" sprechen in diesem Zusammenhänge von der „Ahnungslosigkeit eines Bülow", der „bureankratische» Be schränktheit eines Bethinann, „der Despcradopolitik eines „Hepde- brand". Mag scinl Aber das ist doch alles schließlich gar nichts gegen die Ahnungslosigkeit, gegen die bureankratische Beschränkt heit und gegen die Dcsperadopolitik. wie sie sich In dem Artikel der „Leipziger Neuesten Nachrichten" gegen das Zentrum widcr- spiegcln. Solche .Leistungen" können natürlich die Freude unserer Anhänger über den vorzüglichen Verlauf des Neichsparteitagcs des Zentrums nicht verkleinern. Sic müssen einfach niedriger gehängt werden. Und sie müssen Veranlassung sein, erst recht mm für die Ideen und Ziele der Deutschen Zen trum spar tri zu arbeiten. Es wird sich sicherlich noch mehr wie einmal Gelegenheit bieten, auf den Verlauf des Parteitages zurückzukoi»i»en. Die in der „Sächsischen VolkSzcitung" wiedcr-- gegebcnen Referate geben eine Fülle von Material, für dessen Auswirkung nun Sorge getragen werde» musp Mit vollem Recht hat Präsident Marx betont, daß ideale Beweggründe es ge wesen sind, welche die ZeutrnmSpartei zusamnicnsührtcn, daß ideale Beweggründe allein ihre Dauer und ihren Bestand ver bürgen, daß unverrückbar die großen Leitsterne bleiben, van denen die alte Devise des Zentrums redet: „Denn ewig ist die Wahrheit, unbeugsam ist das Recht nnd nnbesieglich die ans sittlichem Grunde ruhende Freiheit." Amerika kommt nach Genua Pari«, 1». Januar. Exchange Telegraph meidet aus Rom, daß d'c Rea'ening der Vereinten Staaten der ito ieiilsck en Rcgbrni'g uwg>"e»t bade, ile sei geneigt, an der Kanlereiuv^n Genua ««»,»- whmen, voron-'gch ht, daß die Frage der Anmilieriiiig der emopätfchcn Schulden nicht angeschnitten wi,b. Naihenau im Auswärtigen Ausschuß Berlin, 18. Januar. Heute vormittag 11 llhr Ist unter Vor sitz dc8 Abgeordnete» Streß mann der Auswärtige NrS'chnß des Reichstage« ,ii'an»nkngetietkn. Dr. Walter Nathenau eihielt in der Sitzung dg« Mort zn läinerer Bcrlchterstatiuna über Cannes, die R vnralionen unk die cr>o>dkrlichcn deutschen Budget- nnd Finanz» rcsoimen. Nach Tr. Rathena» wird der Rcichekanz'tr sptkchen, tnr wohl vor allem den Ernst der sinniizpoillischen Lage dem Ausschuß vor Aitgen sichren wird. Die Deutsche Vosksparkei und dad Steuer- Kompromiß Berlin, >8 Januar. In der „Notionalliberalen Korrespondenz" veröfsentlicht der ReichSiagsabgeordnete Dr. Becker einen Anssatz über daü Stene, lonivrowiß, in dem er zunächst die Hauptgegcniätze zwischen den bürgerlichen nnd den beiden sozialistischen Parteien schildert, die in der Frage der Erfassung der Sachwerte und ans dem Gebiete der Werlbeniessnng, namentlich beim Grundvermögen, liegen. Die Deutsche Volkspartei weide in der eine» wie in der m deren Finge auch weiterhin ihre Wirtschaft« «honende und wirtsck gltSfieund- lichc Haltung nicht verleugnen. Der Schlüssel für die ganze Silna io» l ege in der Hand des Zent-umS- Lasse das Zentrum die übrigen bürgerlichen Parteien im Stich, !o werde eS ar» längere Dauer von de» Fesseln der Alleinarbeit mit der Sozinldeniolralie, i» die eS sich damit begibt, nicht sobald wieder loStomme». E »e Verbreitcrung der Koalition nach der bürgerlichen Seite müsse ans jeden Fall sür absehbare Zeit als ausgeschlossen gelten, wenn Zenirui» und Svzialdemokraiic wieder einmal nniec Pnisgabe bürgerlicher Anschauunge» sich über die Slcuergesrße verständigen sollten. Auch an da« Verantwortungsgefühl der Re gierung appelliert Dr. Becker. Der Reichskanzler dürft« nicht den Eh-geiz vabe», durch Opler an die sozialdemokralisben Anschauungen und Geda-ckengSnae die Arbeit der letzten Wochen zu zerschlagen «nv d-n deuischen S'encizahlern Gesetze zuzumnten, die >Ür di« deuische W.rljchast schlechthin unerträglich wirten müßten. n Preußischer Skaalsrat Berlin, 18. Januar. Präsident Dr. >kenauer eröffnet« die Sitzung um '/,6 Uhr. Auf der TaarSordnnng steht zunächst die Wahl de» Vorstandes, der in jedem Kalenderjahr neu zn wühl n ist. Aus Voischlag dr< Frhrn. von Maltzahn wird der bi«herige Vorstand durch Zurus wiederaewählt. Demnach bleibt Adenauer (Kölns P,äsident. Graes «Krank »rt> Erster und Jarrc« (Duisburg) Zwe ier Vizepiäitdent. Mit dem Gesetzentivurs betreff nd Ei n ver te ibuna von Pyrmont in Preußen erklärt sßy der Staatsrat auf Grundes Vorschlags des Perka>inngSanssch»sseS mit allen gegen eine Stimme einverstanden. Nächste Schling Freilag vormittag 10 lkhr. « Rede Dr. Wir<hs vor den Industriellen Berlin, 18. Januar. Der Borsitzende» Grhcimrat Franz v. Mcudrlsohn, rrilffnete «eute vormittag die Voltverjanim- lung de« Industriellen- und HaudelötageS im Gebäude der Handelshochschule mit einer kurzen Begrüßung nnd erteilte so fort dem Reick,sinn,ler Dr. Wirth das Wort. Der Reichskanzler führte ans. daß dem schwere» Jahre 1921 im Jahre IS82 an- scheinend eine Aera der Berstündignng folge« werde. TaS maßgebende Kennzeichen dafür sei die Tatsache, daß man Deutschland als gleichberechtigten Kontrahenten zn einer Konferenz eingckaden habe, auch darin, daß man von der nur politischen Behandlung der in Rede stehenden Fragen absehc und entsprechend den viel fachen Borschlägcn von Wirtschaftssachverständigen der ganzen Welt sich endlich lediglich auf die Erörterung der wirtschaftlichen Fragen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten beschränke, zeige sich, daß eine Verständigung sich anbahne. Man müsse eS dank bar begrüßen, das; man Deutschland zu einer solchen Konferenz jetzt unter diesen ltmständrn rjngrladen habe. Eine neue AK ion der Komnivnisten in Berttn Berl'I«, 18. Januar. In Berlin sind Gerücht« »«'bi eitet, komnm- niMiche Kreise beabsichtigen beim Wiederbeginn der parlamentarischen Verbaiidlnngen erneut ArbeitSlosenkrawalle z» inszenieren, um die gereizte Bevölkerung über die Teuerung der LebeiiShaltling lür Ihre Zwecke auS- z»n»tzkn. Durch ein rechtsgerichtete« Blatt haben diese Belürchtnngen Stogang In d'e Presse gesunde». Wie die Telegraphen - Nnion von zu ständiger Stelle dazu erfährt. liegen tatsächliche Unterlage» für derartig« Gerüchte nicht vor. Sie Iiaben ihre Ur'ache vernnitiich i» Arbelt-lo>e»- dersammlimgcii. die sür heute oder morgen im Lustgarten geplant sind und denen natürllch di« »ölige Ansmerksanikelt geichentt werden wird. » N'edcrschünenfeld München, 18. Januar. In der heutigen Sitzung des V eri a s su n g s a » 8 s ch n ss c s de« Bayillckien Landtage« wurde der Antrag de« unabhängigen Abg-ordneten Niekisch aus Einsetzung eines linlei siichiingSausschiisseS sür Rie?erschö„enseld mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien abgelehnt. Der RegiernngSvertreter Ministerialrat Kühle mein führte zn den Vorgängen in Nieder'chönen'eld an«, daß die Fellnngsgesangencn zu Weih nachten Pnkeie im Gesamtgewicht von iiver 28 Zentner, darunter die sciniien Leckereien, erhlel'cn. Zwilchen Weihnachien und Neujahr wurde ein Lumpen ball in Niedcisckiönenseld veranstaltet, wo bei die Leute vierTagc lang maskiert umherliefen. Redner «klärte zum Schluß, daß es so nicht weiter gehen könne. Man habe di« jetzt in der Anstalt eine systcmatische ZermtlrbungSpolltik gegen da« Anstalt-personal gebiederi. Es sei zu hoffen, daß endlich Verminst cinkehre, und eS scheine auch diese Hoffnung nicht ganz ungcrechtferitgt zn sein, nachdem auch von kommnniilischer Seite über die Haltung der Gefangenen ein abfälliges Urteil ausgesprochen worden sei. München, 18. Januar. Ans eine Anfrage der Bayrische» Mlltelparbi, I» welcher W-i c die Siaaisiegiernng die Lücke wegen der A ui hcbn » a der Reichspräiide«tenverord » nng durch de» Reichstag ouSznsüllen gedenke, bis das Gektz zum Schutze der Republik ziistandc g kommen sei. hat das Ministcrium des Innen» geantworiet: Bei der Siellung, die der Reichstag sowohl i» Lcr Frage der Aushebung de« Ausnahmezustandes wie in der Frage der Ambebling der Rcichrpräsldentenveioidnung «inaeiionimcn have, er achte es die bayiiiche Regierung aiS ihre Ausgabe, der Lage nach völlig selbständigem Ermessen gerecht zu werden. D eS geschehe gcgen- wäitig mit den Mitteln des ordentlichen Rechte«. Die Regierung habe jedoch pst chlgeinäh alle Vorbeieilnngc» getroffen, um bei gegebenem Anlaß sofort mit Maßnahmen nach Arltlel 48 Abs. 4 der ReichSver > a > ning entgleisen zu können- Eine nähere Mitteilung hierüber verbiete sich der Natur der Sache nach. Das Steigen der tschechischen Valuta Prag, 18. Januar. In der heutigen Sltzun-, de« Vudaet- anSschnffe« des Abgeordnetenhauses wendete sieh ver Finanzmlntster gegen die Vetinup un», daß die t s ch e ch I s.ch - s l o w c> ki s ch e A a - luta durch künstliche Mittel In die Höhe getrieben worden sei. Solche Mutel seien nicht anaewendet worden und konnten auch nicht angewendet werden. Der Au'stiez der K-wne sei ernstlicheren Ursachen zuzu chretben, so der aktiven Handels vilanz »nd der na-tz der letzten Mobilisi rung geänderten Anschauung des AnS» lande« über die tschechisch-slowakische Valuta. GrgSnzung des tschechoslowakisch-italienischen Handelsvertrages Praq, lü. Jan»-,r. Der Handelsvertrag mit Italien wird in nächster Zeit durch den Abschluß «Ine« neuen Zollvert, ageS, ferner durch die Erhebung der Kontingente ergänzt werde», wobei die Krage -er Benutzung drS Trlester Hafer« eine neue Negclu--g erfahren lall, well der tlchccho-ilowakische Export infolge der iortgeletzten Steigerung der Tarife immer stärker wieder »ach Hamburg abgclenkt wird. « Kein Kabinett Take Jonescu Bukarest, IS. Januar. DI« rnmän'sche Kammer, die gestern w'eder e>öffnet wurde, hat m-t 100 non 281 Stimm il. also mit M'hihe't da» Vertrau n für dg» Kab nett JoneScu veiweigekt. Jo ne cn hat den Rückliitt der Neuieriing aiigemcldet ES sind lebhaste Veiha. dluinen in Game- Ais anssl bisretchster Kandidat gilt Brai-anu. der die Ermächtigung zur Auflösung der Kammer und zu Nenw'hlen kihalt-i« ioll. Na.tz ciner zweiten Verstau w-rde Takr JoueScu zusammen mit d-n Sieb nbürgencr Führern Maniu »ns Joraa da« mn« Kabinett bilden, wenn er vom König die Ermächtigung erhält, Neuwahlen zu vexanstalicn. Der Akademiker und die neue Zeit Es ist kein Geheimnis, daß gerade ein großer Teil der akademischen Kreise Deutschlands in seltsam aninnlender Manier und in wenig politischem Verständnis und politischer Einsicht aus prinzipieller Abgeneigtheit dein neuen Staate, seinen LebcilL.- bedingungen »nd Notwendigkeiten, nicht nur kritisch, sondern auch völlig ablehnend gegennberslehen. Wir verrate» ebenso kein Geheimnis, wenn wir uns gestehen müssen, daß auch das Zentrum von der Wirkung dieser Einstellung der akadcm. .(kreise mcht ver schont geblieben ist. Nicht nur ein Teil der älteren Akademiker kann ein Verständnis sür die nackten Tatsachen der geschichtlichen Vorgänge nicht gewinnen und ein nach unserer Auffassung rich tiges Verhältnis zum neuen Staate wenigstens anstrebe», nein in noch höherem Grade gilt die Tatsache einer abwegigen Stellung nahme den veränderten Verhältnissen gegenüber von dem jungen akademischen Nachwuchs, auch von den Jiingakademlkeni, die ihrer Erziehung, ihrer Tradition und ihrer christlichen Willensrichtnng nach von Natur aus in unsere Reihen, in die Reihen de« Zen trums gehören müßten. In Erkenntnis dieser Sachlage hat die Frage der Akademiker wiederholt und zu öfteren Malen gerade die ZentrumSpartet beschäftigt; denn eine Partei, die sich in ihrem inneren Ausbau, ja ihrer Wesensart nach, bewußt zujanimenjetzen will ans allen Ständen und Schichten des deutschen Volles, eine Partei, die danach strebt, zunächst in sich selbst das Ideal der Volksgemein schaft zu verkörpern, eine solche Partei kann aus die Mitarbeit keines Standes verzichten. Sie bedarf ebenso sehr der geistige» Pioniere, der politischeil Köpfe aus den Reihen der Nkadcmiterschast, wie sic aller andereil Schichten nicht entrateil darf So richtet sich ihr Bestreben ans selbstver ständlichen Gründe» auch weiterhin darauf, immer wieder den akademischen Kreisen i» eindringlicher Weise die im Zwange der Entwicklung sich vollziehenden politischeil Umwandlungen begreif lich zu machen. Es war rin durchaus gründlicher Gedanke, ja mehr noch eine unentbehrliche Notwendigkeit, wenn der zweite Reichsparteitag des Zentrums den Abend des ersten Sitzungstages den Akademikern widmete; und inan hätte kaum einen dialektisch feineren, ein dringlicheren, politisch sattelsesteren »nd eleganteren Redner stnden können, als den Bonner Uiliverjitätoprosesjvr, der als Mitglied beider Häuser wegen seiner Eloquenz sich gar bald einen Namen nicht nur in eigenen, sondern auch in gegnerischen Kreise» er worben hat. Prosejsor Lauscher entledigte sich seiner Ausgabe vor dein übersittlten Sitzungssaal des Reichstages in meistcrhaster Weise. Der spontane Beifall, der seinen Worten folgte, verlieh dieser Tatsache offenen Ausdruck. Aber auch der Mann möge hier eineil bescheidenen Rani» finden, der keine Mühe scheute, um die akademischen Kreije ans diesen Vortragsabend i»i Reichstage aiismerksain zu machen: Dr. Sonnenschein. Nicht die Gründe wollen wir hier auseinander setzen, die gerade uns gemeiniglich begegnen, wenn man mit Akademikern über die Zentrumspolikik spricht, und wenn sie Nachweise» zu müssen glauben, warum sic auf den neuen Wegen des Staates nicht folgen könnten. Nur zwei Gedanken wollen wir den ata deinischen Kreisen entgegcnhalle», denen näher »achzugehen sicher lich nicht müßig ist. Wir wollen uns nicht aus das hohe Pferd setzen und davon sprechen, wie die Politik des Zentrnms das Sächsisch.' VolkSzcitung - Nr. 16 — LO. Januar '022 Das Rosenhaus Originalroman von Felix Rabat (26. Fortsetzung.) «Du kennst meinen Vater nicht," erwiderte Else. „Er ist imbeugjam und würde mich zerbrechen, wenn ich ihm trotzte. Ich muß gehorchen. Der letzte Sonnenstrahl erlischt jür mich, und wo» stößt mich hiiunH in die Finsternis." Mit einem schluchzenden Laut riß sie sich loS von der Freundin. „Leb wohl, du Gute! . . . Grüß mir Lthmar ein Ictzles Mall" sagte sie und ging rasch davon. — Zu Hause erwartete sic bereits der Kölnische Kapitän HuhS- r»an», ein plumper Wallone mit rohen Zügen, boshaften Aeng- lein und einem vom Trnnke gedunsenen Gesicht. Mit rohem Lachen cmpsing er Else und preßte ihre Hand, daß sie vor Schmerz ansschric. ..Endlich bist du da, mein Tüub- cheu," sagte er und nötigte sie, neben ihm auf dem Didan des Wohnzimmers Platz zu nehmen. Sie warf einen flehenden Blick aus ihren Vater, ober dieser schlug mit der Faust auf den Tisch und schrie: „Donner und Doria, Mädel, wo bleibst du denn so lange? Nu» sei mal lustigl Ei» Glück wie du macht keine am Rhein. Da. schau ihn dir an. den Herrn Kapitnnl Ein ge- . mochter Mann, ein seines Haus in Köln, Geld wie Heu. in ^ Samt und Seide kannst du geben, zn Schiff fahren, soviel du magst — Donner und Doria, Mädel, was willst d» mehr?" Elsa wollte ihm antworic», daß ihr an Glanz und Reich tum nichiL liege, sic begehre nur ein treues Herz »nd ein bißchen Liebe, aber die Kehle war ihr zngeschnürt, »nd sie brachte knn Wort hervor. Eine gräßliche Angst befiel Else, und schmerzliche Tränen traten ihr in die Augen. „Na — geheult wird nicht, wo das Glück ins HanS ein zieht," polterte ihr Vater. „Trink nnd lache!" Er füllte die Gläser, die beiden Männer stießen mit ihr an und tranken, aber Else brackitc keinen Tropfen über die Lippen, das Herz war ihr zum Brechen schwer. „Vaier," sagte sie nach einer langen Panse, währenddem die beiden über den Heiratskontrakt miteinander verhandelte», «Vaier, ehe ich mein Wort gebe, mochte ich unter vier Augen mit dir reden." Sie lwtte sagen wallen: ..Ehe du mich verkaufst!", aber aus kindlicher Ehrfurcht unterdrückte sie dieses bittere Wort, das trotzdem Wahrheit war. Pöüman» zwinkerte dem Freier z» n»d sagte: „Es ist eine beschlossene Sache und nichts zn reden darüber, nicht wahr. Ka pitän? Aber wen» der Kapitän meint?" „Na, dann will ich mal neu Happen frische Luft schnappen," sagte HutMiann lachend, „und auSuugen, ob wir Luv und Leh segeln . . ." Er erhob sich ein wenig schwerfällig spuckte im weiten Bogen aus »nd ging mit dem breitspurigen, schaukelnden Gang des Seemanns hinaus. „Donner und Doria," fuhr der Wirt seine Tochter an, „was sätlt dir denn ein? < . . Willst du den Kapitän vor den Kops stoßen? Das verkitt ich mir. Also sag schnell, ums du willst — und nachher feiern wir Verlöbnis." Else nahm all ihren Mut zusammen, schaute ihren Vaier flehentlich o» und sagte: „Lieber Vater, sei nicht hart zu mir — ich kann de» Kapitän nicht heiraten." „Wa — aö?" ries Pütlmann mit heißerer Stimme. „Was soll das heiße»? . . . Willst du deinem Vater trotzen und alle meine Plane über den Haufen werfen? DaS giblS nichtI . . . Bist du denn von Sinnen, daß du die>en reichen, vernehmen Freier miSschlcigst? Sei vernünftig nnd sage Ja. Ich will nur dein Glück —" „In meinen Augen ficht das Glück anders aus, lieber Vaier." erwiderte Else. „Was nützen mir Geld und Gut, was eine glänzende Stellung, wenn ich dabei unglücklich bin mein Leben lang! Ich liebe diesen Mann nicht —" »Ach ivaöl Liebe kommt in der Ehe von selbst," sagte Pöll- mann brutal. „Bei mir nicht, lind darum - - kann ich nicht —" . Pöllmcrnn, der keine» Widerspruch ocric g. am wenigsten von seiner Tochter, begann vor Zorn zu schreien: „So steht eS? Du hast dich in einen niidere» vergafft! . . . Dieser VolkSapostel hat dir lrn Kopf verdreht . , „Nein, Vater, er ist uniln'Id'g. . > Liebe källt wie ein Stern vom Himmel ins Herz. Die Liebe kommt wie der Frisch ling, wie die Knospe am Rosenstrauch —" „Unsinn, Ilnsnin!" polierte der Wirt. „Dieser' Olten ist ein Hexenmeister »nd hat dich mit seinen Liedern und seinem Geigensviel verzaubert. Aber daraus wird nichts!" „Vater," flehte sie, „habe Erbarmen mit deinem einzigen Kindel Mache mich nicht »»glücklich, ftosze mich nicht in die Finsternis hinaus... Ich kann den Kapitän nicht heiraten. Ich liebe einen anderen — nnd ich will nur einen solchen Mann zum Gatten, dem ich von ganzem Herzen gut bin? „Diesen Hungerleider?' schrie Pöllmann. „Ist Ewigkeit nicht . . . Eher schlage Ich dick, tot —" -- Unter den zornigen Blicken des Wütende», „«essen Drohung furchtbarer Ernst war. begann Else zu zittern und erhob sich, um zu entfliehe». Aber er schleuderte sic mit einem Stoß auf den Diwan zurück und drückte sie mit so wilder Kraft nieder, daß ihr der Atem verging. „Du bleibst," keuchte er. „Lebend verläßt du dieses Zimmer nicht, außer du gibst dein Jawort . . . Ich befehle es dir . . ." Else sah ihren Vater entsetzt an. „Willst dn mich wirklich töten?" stammelte sic. „Ja, das tue ich, wenn du dich weigerst — " „Dann sterbe ich für meine Liebe," sagte sie. „Du aber bist c>» Mörder und verfällst dem Richter." „Mir gleich!" stieß er hervor. „Dein Wort, sonst —" Else sah i» den Augen ihres VaierS den Bbihnjin» auf« glimmen und vermochte ihm nicht länger Widerstand zu leisten. Sic mfigte ergeben das Haupt und sagte: „Dann —filze ich mich deinem Willen . . . und gehorche! Aber die Verantwortung trägst du . . . und alle Folgen." Pöllmann gab sie frei und trat zurück. „Ein Glück, daß du Vernunft angenommen Haft." sagte er. „Es ist das beste sür dich! . . . Schlag dir Olten, den armen Teufel. auS dem Sinn und werde eine reiche, angesehene Frau . . . und nun wollen Wir Verlobung feiern . . . Benimm dich freundlich, sonst bringe ich dich mit Gewalt zur Vernunft. Still, da kommt der Kapitän!" Soll Ich ihm denn nicht sagen, daß ich einen anderen tm Herzen trage?" „Untersteh dich," drohte er. „Was geht eS dem Kapitän an, waö hinter dir liegt? E»i ihm ein treues Weib —" „Das will ich ,so wahr mir Gott Helfel Aber es ist meine Pflicht, ibm die Wahrheit zu sagen —" „Ueberlaß das mir. Und nun schwelge nnd rüste alles zum VcrlobiiiigSschmauS." Else wankte hinaus und im gleichen Augenblick trat der Kapitän ein. „Nvn. wie weht der Wind?" fragte er. „Alles in Ordnung," sagte Pöllmann. „Das dumme Mädel macht stcki Gewissensbisse, weil sie früher mal einen a». dcrn gern gebabt hat. . . Aber nun ist sie beruhigt . . . nnd du auch, was?" „Will ich meinen! . . . Habe in dieser Hinsicht auch ne dicke Ladung. Aber heute werfen wir alles über Bord und machen daö Schiss klar zu neuer Fahrt. Topp — sind wir nun so weit, daß ich mein Bräntchen in die Arme schließen kann?" , „Immerzu, Kapitän." lachte Pöllmann. „Segel ahoi!" (Fortsetzung folgt.)