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Sächsische Volkszeitung : 20.01.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192201205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220120
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220120
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-01
- Tag 1922-01-20
-
Monat
1922-01
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.01.1922
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1«, Leit« « die Geschickte Mit SchirglS- vom gekürch- isverhanolung m böhmische» S anderwärts, ution gehabt, über „Schir- rche, daß die d, bietet uns > Schlenkerch" Teil ist der n den steilen >ie Gedanken wir, wie in kaufmännisch m zu einem ßcn. — Ter 'stau, dessen ngerem Ver, denen warm isches Volks östlichen Ecke kennen, wird aß der Teil öahrscheinlich eil dann der Pr. Hrrua- den Lv Januar I92L Sächsische v»H»r«ttunt Rr. ly. Seite » Die j>arteitagsrede des Reichskanzlers 8. Arthur hmann. — t. m. b. H. > zum In- , Dresden, oiteile bietet ligcn Preisen :ken § Odslriiifs L rm lisurs R Ml t klodrsrin M cstr.38,11. A 61!« W ML Jnsolge Raummangels konnten wir gestern dir bedeutsame Parteitagsrede des Reichskanzlers Dr. Wirth nur im AuSzuge eerössentlichen. Singe. sichts der außerordentlichen Bedeutung der Rede Dr. Wirlhs — nicht zuletzt auch hinsichtlich der Stel lung des Zentrums zu de» Kultursragen — geben wir nachstehend die Ausführungen des Reichskanz lers im Wortlaut wieder, ebenso die Schlußrede des Partcilagspräsidenten Dr. Porsch. Reichskanzler Dr. Wirth führte etwa folgendes aus: Sie erwarten wohl nicht, daß ich Ihnen jetzt politische Dar legungen große» Stils mache. Dazu ist morgen und übermorgen die Zeit gekommen. Morgen wird der Auswärtige Ausschuß des Vieichslagcs zusammentreten und in den nächsten Tagen wird auch der Reichstag selbst mit der gesamten innen- und außen politischen Lage sich beschäftigen. Ich möchte deshalb nicht etwa heute in einer programmatischen Rede zu diesen Dingen Stel lung nehmen. Es ist übrigens auch heute nicht mehr notwendig. Sie haben ja selbst in längerer Debatte zu der gesamten Politik der Negierung und ,» der gegenwärtigen Lage Stellung genom- wn. Ich saß während dieser Zeit auf meinem Posten und war tete auf den Augenblick, wo es mir als Pflicht erschien, einzu- «grciß-n. Ich habe mich nicht gewundert über das, was Sie ge fragt haben, sondern darüber, daß Sie nicht mehr gefragt haben. Ich sah dann aber doch im großen Ganzen, wenn auch manche kritische Note angeschlagen worden ist, daß die Gesamtrich- tung der Politik, an der wir verantwortlich tcilnehmen und teilgcnommen haben, von Ihnen gebilligt worden ist. (Leb hafte Zustimmung.) Was war die Richtung unserer Politik? Wenn man fragt nach dem. was war, treibt man Historie. Das ist heute, wo ich vor Ihnen stehe und wo die Sorgen und Mühen der letzten Tage uns besonders bedrängt haben, nicht Aufgabe der Politik, sondein die Ausgabe der Politik der nächsten Tage wird darin bestehen, daß wir zu der Lage, die in Cannes ge schaffen worden ist, Stellung nehmen, daß wir sorgfältig ab- wägcn die internationale Atmosphäre, und die Entschlüsse sassen, die innerpolitisch notwendig sind. Von denselben politischen Er wägungen. nicht von Regungen des Herzens und von Klagen über vergangene Herrlichkeiten haben wir uns nn letzten Jahre leiten lassen. Vom Abgeordneten kllitzka hörte ich ein schönes Wort, er sprach vom ZcntrumSgcist. Dieser Geist hat sich meines Erachtens im letzten Jahre gerade in unserer politilche» Arbeit ausgeprägt. Wir haben mit Ab wägung aller Möglichkeiten, mit der zur Einheit zusammensajsenden Vernunft im letzten Jahre die Politik des bleiches und unseres armen Volkes vorwärts getragen. ES gibt einen anderen Weg, den andere vorgeschlagcn haben, das ist der Weg der Katastrophe, der Weg, sich der Verzweiflung anheimzugeben, die Hände sinken zu lassen und zu sagen: Komme jetzt, was wolle, wir werden daran keinen Anteil mehr nehmen. Ter Weg der Verzweiflung wie der Katastrophe ist nicht Sinn und Ziel der Politik, sonder» das ist das Ende der Politik. (Sehr richtig!) Ich müßte nicht, wie gerade wir. die wir soeben von Ulitzka das Wort vom Zen- Irunisgeist gehört haben, den Geist einer Partei darin sehen können, auf die Katastrophe Hinzusteuern, um hernach im Stru dels er politischen Verwirrung uns auf die Seite schlagen zu können und uns die Hände zu reiben und zu sagen: Ich habe keine Verantwortung mehr! Nein! Unsere Politik, wenn sie Zentrumsvolitik ist. muß ibre Kraft aus den Quellen der christliche» Weltanschauung schöpfen. (Lebhafter Bei fall.) Diese Weltanschauung macht es uns zur sittlichen Pflicht, daß wir in keinem Augenblick unserer Geschichte, vor allem daun Lischt, wenn sie nach einer großen Katastrophe neu anhebt, daß wir in keinem Augenblick des vaterländischen Unglücks die Hände än den Schoß lege» dürfen. Und noch viel mehr. In keinem Augenblicke darf die Zentrumspartei aus parteipolitischen Er wägungen sich vor der Verantwortung drücke». (Zustimmung.) Wer sich vor der Verantwortung drückt, braucht von sittlicher Nn- Manung nickt mehr zu reden. Nur unter dem Geist der Verantwortung lau» man überhaupt das. was man christliche Weltanschauung nennt, manisestiercn. so wenig, wie der Einzelne sich in die L'üsche schlagen darf, wenn es seiner Familie schlecht geht. Nein! Gerade dann zeigt sich die tiese Fundamentierung seines Pflicht gefühls. wenn er dann erst recht die Hände regt. (Zustimmung.) Es mag ja sein, eine solche Politik, wie sie die Verantwortung vorgeschriebe» hat, läßt manchem das Herz znsammenkrampfen. Glaubt jemand denn, daß es uns ein Vergnügen bereitet bat, Machtsprüchcn der Alliierten gegenüber »ns zu beugen, glauben Sie, daß es »ns ein Leichtes gewesen ist, gegenüber der unge rechten Entscheidung in Genf über Oberschkesien die Politik des Meiches weiterzuführen? Glauben Sie, daß es ein Vergnügen ist. ZentrnlnSpolitik zu treiben, eine Politik, wo der Geist sich Dicht von der Wirklichkeit trennt«? Glaubt jemand, daß die Ver antwortung einem anderen zu übergeben nicht auch unserer Par tei mitunter drei bis vier Wochen Erleichterung verschaffen könnte? (Zustimmung.) Aber wäre das nicht ein erbärmlicher Ausdruck dessen, was wir Zentrumsgeist nennen? Nein! Nie mals werden wir eine politische Linie betreten, an deren Ende das Chaos und die Katastrophe steht. Man müßte ja an der menschlichen Vernunft und an dem Gedanken der Menschheit überhaupt verzweifeln, wenn es nicht möglich sein sollte, auch in den, Chaos, das die ganze Weltwirtschaft setzt umgibt, sckstieß- ftch nickt wieder dem Cfedanken der Vernunft eine freie Bahn zu schaffen. Wir haben mitunter in unserer Politik der letzten Jahre Jo gesagt. Unser Ja war ein aufrichtiges. Man hat uns den Vorwurf gemacht: Wie könnt ihr ein Ultimatum unterschrei ben, wie könnt ihr Versprechungen abaeben, die sich nicht auS- fübren lassen? Ich hatte schon bei Annahme des Ultimatums gesagt, daß die weltwirtschaftlichen Folge» dieses politischen Diktates «nseren Gegnern zur Last fallen. Wir haben doch die Frage Hier in diesem Saale wirtschaftlich richtig abgeschäht. Und trotz dem war das Ja richtig »nd es ist beute noch als richtig aiizn- fehen, weil die gesamte Welt damals die Lage nur politisch und nicht wirtschaftlich gesehen hat. (Zustimmung.) Ich bin heute darüber unterrichtet, dnß man auf der Geacnscue über die Höhe der Milliarde», di« das deutsche Volk zahlen soll, über die wirt schaftliche Bedeutung dieser Milliarden, sich überhaupt nicht un terrichtet hatte. Heute hat man in allen Ländern gelernt, was Milliarden Gold eigentlich wirtschaftlich bedeuten. Wäre das deutsche Volk in der Lage, alles buchstäblich zu erfüllen, hätten wir NahrungSstofse und Rohstoffe, um durch Erzeugung »nd Verkauf von Gütern die Versailler »nd Londoner Bedingungen buckstäblich ansznfnhren, und wären wir so boshaft, cs zu tun, es würde, abgesehen von deutschen Schornsteinen, kein Schorn stein in der ganzen Welt rauchen können. (Zustimmung.) Wenn man eine solche Politik einaeschlagen hat nnd wenn man ernst- Haft politisch denkt »nd fühlt, dann muß man diese Politik ein- Hakten, dann ist jeder Zickzackkurs der Tod der Politik. So werden wir die Politik des letzten Jahres, der Leistungen, was menscheiimöalich ist, weiteraehen. Wir werden aber die Welt fragen, welche Ziele sie sich denn eigentlich seht. Ist damit kie große Katastrophe wieder gut gemacht, daß nun ein einziges Volk isoliert heransgehobe» wird, daß man das deutsche Volk, vos sich so ritterlich gegen eine ganze Welt gewehrt und geschla- sten hat. «»«preßt wie eine Zitrone, um eö dann als auSaewischt an? d-e Geschichte auf die Seite zu legen? Diese Politik der ausgeprcßte» Zitrone, wie man sie ge» nannt hat, und das Wort ist verstanden worden draußen in der Welt, diese Politik ist ein Sckmden für die gesamte Welt. (Leb. hafte Zustimmung.) Kausunkrast des deutschen Volles hinzu- gesetzt z» der Unfähigkeit der östlichen Völker wird eine» Weltbankrott unter allen Umständen herbeisühren. Auch Amerika kann damit seine innere Wirtschaft nichl wieder ausbaue», daß ein Volk als Opfer und ungerechtes Qpser des Krieges tür die gesamten Schäden wie tür die Schuld der Gesamtheit auskommen soll. Ter Gedanke der Wirtschaft und der Solidarität oller Wirtschaft trei bende» Völker der ganzen Welt muß a.s großes Prinzip der internationale» Politik von Mund zu Mund, vo» Qhr zu Ehr, vc» Volk zu Volk weitcrgetragen werden. Das war der Sinn unserer Tätigkeit, unseres Leidens unv »»serer großen Ov'er im letzten Jahre, die vcn niemand verkannt werden kann, daß wir ans der volitischen Atmosphäre des Siegers heraus de» Ge danken des Wiederaufbaues dorthin führen wolle», wo er bin- gehört, nämlich in das Reich des Wcrtscha'tlick'c», des Verständi gen damit. Die Delegierten aller Völker müssen sich über die Probleme der Wirtschaft »nd des Finaii-Wesens und damit auch über da? Problem der Leistungen »uterbaltcu. DicieS Ziel, das man die Welt wirtschaftlich sieht, die Verbeituug der Erkenntnis, daß die Wirtschaft der ganzen Dst'lt die Verständigung der Meu- scheu voraussetzt, dieses Ziel haben wir erreicht, indem wir den Leidensweg vo» London am kt>. Mai bis Cannes geangen sind. (Zustimmnua ) Genua steht vor der Tür, eine Wirtschaftskonfer«'».; der Welt. Ich weiß nicht, ob sich einzelne Völker und Staaten absondern werden. Man steht, dem Gedan ken ist Vabii gebrochen, dnß „»r eine Solidarität der Völker, mindestens m wirtschaftlichen Fragen die große Kata strophe der Weltwirtschaft überhaupt verhindern kann. Diese» Gedanken hat die ZeiitrumSvartei. die Fraknonen des Reichs tages wie des Landtages in Aufrichtigkeit vertreten. Was aebört dazu an Geduld? Ich will de» Parteien der äußersten Rechten »ud der äußersten Linken keinen großen Vorwurf machen — sede Polemik liegt mir fern - aber die Parteien, die Geduld haben, die allein können die deutsche Politik meistern. Die an- dc ren, die meinen, nach einer Epoche von sieben Jahren von Krieg, Not. Elend und Verzweiflung könne man mit einer vor nehmen Geste oder gar mit einem Varademar'ck die L-me mei stern, ich glaube, die sind nicht berufe», und große Vorwürfe zu machen. (Stürmische Zustimmung »nd Händeklatschen.) Nun werden Sie fragen: Ja, ist eS nicht besser, wenn zu den Parteien, die heute i» der Negierung sieben, wenn zu der Partei, die dazu noch mit einem Bei» in der Negierung siebt, nicht noch andere hinziikominen? Glauben Sie. daß mir denen, die die Verantwor tung übernehmen wollen, die Tür znmacken? Nein! Aber nicht der Weg theoretischer Crwäaiiuaen ist der richtige, um große Koalitionen varznbcreiten. Nicht das Zusammensctzen. entschul digen Sie den Ausdruck vo» Parteipäpsten, die die Programme gegenseitig abwägen, ob da nicht etwa ein Parteiprogramm an irgend einem Eckchen verletzt werden könnte, wenn mau sich zu einer großen ReoserungSkoalition znsammenschließt. Nein' Wir sind bisher den Weg der Praxis gegangen »nd jetzt bitte ich alte, die sich für eine Erweiterung der Regierung interessieren, sich für daß große Provlem in den nächsten Tagen zu interessieren, das sehr leicht die Fundamente für eine grö ßere Negierung abgebe» lann. Ich darf Ihnen sage», die Platt form, auf die man da treten kann, ist kein ganz glatter Salon boden, sonder» daß ist so ein Boden, der an eine Art Folter er innert, wo man bei jedem Schritt bald in eine indirekte, bald in eine Besitzsteuer hinei,«gerät. (Große Heiter keit.) Das ist eine Plattform, wo inan zeigen kann, daß man bereit ist. unter Qpferbrmgen eine große Verantwortung zu üternehmen. Eine Koalition, wen» sie erwünscht ist auf breiter Basis, muß eine Negierung auf längere Sich! scstc. Wen» man nicht jeden Tag Gefahr laufen will, daß der eine Teil ans Angst vor Wahlen sich wieder in die Büsche Mögt. Wir im Zeittrum gehen den Weg der harten Pflicht, und wir gehen ibn >m Be wußtsein auch parteipolitischer Verantwortung. Es kann damit da und dort eine Zinne vom Zentrumsturm absiürzcu. es kann auch da und dort einmal ein Wächter die Zinne verlassen und unter die Zunft der Leimsieder gehen. Aber ich bitte Sie, schauen Sie einmal in das Land Baden hinein; da haben wir vor kurzem eine Probe für parteipolitische Festigkeit erlebt. Hat es dcm Zentrum geschadet, daß es aleicb eilig im Reiche eine feste Politik mit Verautwortnua geführt hat? Die sind unter den Magen geraten, die sich vor der Verantwortiiiig gerdrnckt haben. Es mnß von uns heißen wenn die Gestbichle dieser Tage geschrie ben werden sollte, das Zentrum bat Männer an die Spitze ge stellt. die auch den Mut zur Verantwortung in bösen ^ -«?- habt baben. (Stürmischer Beifall.) Tie nächsten Tage stellen uns ver anßerordentlichc Auftinbe», Die Lösung in Cannes ist keine definitive, sie ist nur mu, vor« übergehende; die große Bereinigung steht noch aus. Die aller größte Frage, wie die Völker überhaupt unter den Reparations lasten nebeneinander leben wollen, ist noch vollkommen offen, kann überhaupt erst gelöst werden, wenn der wirtschaftliche Schwerpunkt der Welt, Amerika, sowohl wirtschaftlich wie ftnauz- politisch geneigt ist. sich für Europa zu interessieren. Ich weiß nicht, wie viele Tage- und Monate noch vergehen werden, bis die Erkenntnis von der Gesamisolidarität in der Welt durchgedriiiigen ist. Diese Erlenninis hat Fortschritte ge macht. Wer wisse» will, wie weit diese Erkenntnis fortgeschritten ist, wird es merken können ans unserer Note, die wir nach Frankreich geschickt haben. Das war daß Zeichen, daß diese wirt schaftlich gesehen werden muß Als der Gouverneur der Bank von England Herrn von Havenstein eröftncn ließ, daß unter solchen Zahliingc-bedingungen, wie sie Deutschland nuserlegt wären, Kredite in England sür Teuischland zu Reparations- zwecken nichl z» erhalten seien, war das der Moment, in dem das deutsche Volk, ohne daß man ihm auch nur mit einem Iota den Vorwurf der ftnaufrickiligkeit mache» durfte, seine» Gegnern sagen konnte: Bitte, setzen Sie sich zusammen und prüfen Tic angesichts dieses sür die ganze Welt bedenInngSvotlen Spruches die LcistnnaSfähigkeit Deutschlands nach. Diese Prüfung ist nicht abgeschlossen, sie wird in kurzem vollendet sei» müssen. Aber erwarten Sie nicht, daß von heute ans morge», nachdem die großen politischen Fragen viele Jahre lang diskutiert sind, dieses Problem in ein paar Tagen endgültig vom Tische der europäischen Völker schwinde» wird. Sie werden mit Geduld nnd mit Geduld und nochmals Geduld diese Entwicklung verfolgen müsse». Und wenn einer nnier uns mit Faust sagen wollte: Fluch vor allein der Geduld, für den ist im Zentrum kein Platz, der maa sich dahin wenden, wo man mit Ungeduld gar nichts erreicht. Aber ich sage Ihnen ein zwei tes. Was wir brauchen, ist ein aufrichtiges Bekenntnis, daß es uns innerpolitisch ernst ist, die Finanzen des Reiches in Qrdnnng zu bringen. Wenn wirklich irgendwo in einer anderen Partei ein geeigneter Finanzministcr ist. der dieses Problem meistern kann, so bitte sch jede Partei und jeden befreundeten Mann, den Namen dieses aroßen kommenden Mannes in der Wilhelmstraßc anznmelden. (Heiterkeit.) Es ist Gelegenheit für einen Finanz- minister für sede Partei, uni gerade i» den nächsten Tagen und Monaten Hervorragendes z» leisten. Aber bei der Aufstellung dieses Programms wird eS sich zeigen, ob die Zentrumspartei wirklich die große politische Partei ist. Das war sie in den letz ten Jahren und das wird sie hoffentlich auch in diesem Jahre wieder sein. An Gegensätzen über die Frage der Stenern uns ihrer Verteilung fehlt es in unseren Reihen auch nicht, aber di« parieipolittsche Befähigung zeig' sich darin, daß wir das Kom- plomiß zustande bringen werden. Ich hoffe, es kommt zustande, das Kompromiß, das beiderseits, be> Besitzenden »nd Nichlbe» sitzenden, als ei» anständiges Kompromiß angesehen werden kann. Ist es Nicht möglich, dieses Kompromiß zu finden und mit der Mehrhe:lssoz>aldemokratie zu dem Kompromiß zu kom men, so ist innerpolitisch unsere Politik gescheitert und Sie müssen sich nack einer neuen Negierung »»»sehen, die dieses große Problem d>ese Niesenausgabe in den nächsten Wocken lösen mnß. Glauben Sie aber nicht, das; wir »ns etwa in den nächsten Tage» daraus eintassen. zur Verwir rung der Geister beizutragen durch eine sogenannte Regierungs krise, Nein! Sollte diese Negierung nicht imstande se:n. die Probleme in Verbindung mit den Parteien, die guten Willens sind, zu lösen, so ist die Negierung t» offener Felsschlucht, im Plenum des Reichstages zu stürze». Intrigantentum — gestern und beute — wird das deutsche Volk »icki ins Freie füh ren. sondern was es ins Freie führen kann, das ist aufrichtige, ehrliche Arbeit auf allen Plätzen. (Beifall.) Finden sich Leute, die bereit find zur lleberuahiue der Verantwortung, die Beiseres leisten, die sich mehr anstreugcn als wir, nun, dann ist für daS Zentriim die Zeit gekommen, parieipolitiscb und persönlich ein mal etwas uusznrnhc». Aber »M, um >n prinzipielle Oppo sition zu treten. In einem Volksstaate in eine pr nzipielle Ovvo- iition treten zu wollen, ist ein Widerspruch in sich. Gehen wir einmal in die Opposition — ich könnte mir da? wob! den ken — ich könnte mir denken, daß eine törichte Auffassung etwa aus der Linken über die Schulsrage, i über die Frage des Religionsunterrichts »nd der christlichen Schulen uns >» die Opposition drängen könnte. Ich konnte mir denken, daß Wirrkövsc in der Welt beruii,laufen, die meinen, wir könnten z» den sozialen und politischen Gegen sätze» auch noch eine» Kulturkampf brauchen, dann tonnte sich für nnS der Gedanke der Opposition kehr leicht öffnen. Aber dann beißt für nnS Opposition machen — »nd das wollen wir doch festlegen — nicht den Siaat und die Negwrung uni jeden politische» Kredit bringen. (Zu stimmung.) Dann heißt Opposition nicht, de» Wagen des Rei ches überboiipt nicht mebr vorwärts kommen zu lassen, nicht draußen herumlause», »i» insbesondere die Landwirte gegen die Regierung aufzuhcben, als ob nichts geschähe, als ob ma» nur den Besitz hole, um ibn durch Links vernichten zu lassen. Dann beißt Oovosition nicht, die Kreise des Mittelstandes geradezu in eine verhängnisvolle Negation dem Staate gegenüber hliieinzu- treiben, sondern dann beißt Opposition, die Negierung mit dem festen Willen zu bekämpfen, um möglichst schnell st, die Negie rung hinemznkomme». um eS besser zu machen, (Stür- Mischer Beifall ) Das lind die Gedankengänge, die wir Ihne» hier bortra gen. ES sind keine anderen, als die Ideen des großen verstorbenen Zeutrumsführers, Wo stt in den Tagen des Kulturkampfes, wo ist i» den Tagen des Fürsten Bismarck und des Fürsten Bnlow oder anderer, die mit de,,, Zentrum im Kampfe gestanden haben, gerade in unse ren Reihe» auch nur einmal der Gedanke antgeteimt, als ob wir daran dächte», die vaicrländische Arbeit irgend einer Regierung zu sabotieren? tBeifall.) Ja, nur haben leinen Trennungsstrich mit der Vergangenheit gezogen, im Gegenteil diesen lebendigen Geist haben wir weitergetragen von Geschlecht zu Geschlecht und diese Fahne christlicher Politik werden wir erst aus unseren Hän den sinken lasse», wenn wir wissen, das; andere sie erfolgreich wciteriragen. (Stürmischer Beifall.) Gewiß, die »ns umgebend« Welt ist eine andere geworden. Die sozialen Strukturen sind andere. Schichten des Volkes sind als Opfer des Krieges ver sunken. Der Staat ist ein anderer geworden, es ist cnn Volks- staot, ein demokraiischer Siaat. Ich'weiß auch, daß Gegensätze in unseren Reiben bestehen. ES gibt i» unsere» Kreise» Monar chisten, aber auch überzeugte Republikaner, (Lebhafte Zustim mung.) Hätte e Sinn, auch nur eine Miuuie über derartige theoretische Streitfragen sich hier anSzulassen? Dis Kritik von rcchlS nnd links ist mir im letzten Jahre, tu reichlichem Maße zugemesseu worden, Diese Kritik hat mich nicht erschüttert. Sie wußten, woran Sie mit dem Reichskanzler Wirth bezüglich dieser Fragen sind. Ich brauche eS nicht zu wiederholen. Aber ebenso ist es sinnlos, zu sagen, jetzt ist die große Entscheidung zwuckw» links und rechts gekommen, oder, wie ich vor kurzem gelesen babe, daß in der Mitte der politische Sumpf sei. während die klaren Wasser rechts »nd links sind. (Heiterkeit.) Ich weiß nicht, wie man sich zu solchen Einstellungen zur gegenwärtigen Lage angenblicklich anSdrücken so». Wir sind anderer Auffasl'iina. Wir wollen denen, d>e rechts sitzen, das »Schaukeln ans ibre» Warst rn gar nicht übel nehme», (Heiterkeit.) Wenn ich aber ein Volk vor mir sehe, mit knapper Not der sozialen nnd staatlichen Desorgainsaiion entronnen, ein Volk, das immer nur auf ein paar Monate Brot zur Verfügung hat, dessen Valuta von beute auf morgen geschäft liche Ei'iMießiingen nmwirst wie ein grosteS Kartenhaus, dann überlegt man fick dreimal, ab jetzt die Zeit gekommen ist, ein solches Volk nach dein bekannten Schlagwort zu spalten. Halten wir gerade deshalb in »nseren Reihen streng daraus, daß sich olle Stände t»i Zcucnii» sammeln können, (Sehr richtig!) Ileberlegen eS sich die Herren dringend dreimal, die insbesondere an der Spitze großer wirt schaftlicher Vereinigungen flehen, ob es möglich ist, allein von wirtschaftlichen Gcsichispuittien — das sind vielfach Iineresseu- teiigepelstspniitie — ein Volk -ins der größten Kaiastrophe, die seine Geschichte überhanpl austveist, besseren Tagen entgegenzu führen. Machen wir keine Lchstigworipolitik, sondern mache» wir Nealpolinl. Die Wirtlichkeit aiizuichancn und die Wirklich keit tatsächlich in seinem Geiste auszunehmen und den Pulsschlag des Herzens zurnckzndrängen. das ist auch ein politisches Opfer ein größeres Opfer als in alten Märchenbüchern zu blättern. Ich komme zu», Schlüsse. Ich glaube Politik treiben heisst für das Zentrum wie im Jahre El auch Opfer bringen. Diese Opfer müssen Sie bringen, steuerlich wie politisch aus einem ein fachen Grunde. Ist etwa das Zentrum sich Selbstzweck, ist etwa eine. Partei damit gerechtfertigt als politische Kraft, wenn sie sich ein paar Mandate mehr oder weniaer herbolt oder hundert tausend Wählerstinuue» gewinnt oder verliert? Nein, die Zentrnmsvartei ist ein dienendes Mittel, um das deutsche Volk und dir deutsche Nation zu retten. (Beifall.) Sie ist ein großes Mittel, geradezu ein Mittel der Vorsehung, um die christliche Gedankenwelt im öffentliche» Leben zu verteidigen »nd sicherzustclten. Wir müssen also mit der Zentrnmspartei, wenn wir in der Regierung stehen, als politi sches Mittel rechnen können. Es gibt vielleicht Stunden, wo einer, der an der Spitze steht, auch etwa über das Zentrum hin weggehen müßte. Das ist möglich. Ich habe nach der ungerech te» obcrschlesischeu Entscheidung den obcrschlesifchen Parteifreun den wiederholt erklärt: Sie haben vor sich nicht den Kanzler der 'enlriimspartei. Ich habe damals den Weg für richtig gehalten, den wir ja gegangen sind. Ich wäre ihn auch dann gegangen, wenn die -.entrnmßsraktion mir ihr volles Vertrauen nicht ge schenkt hätte. Es ist ein Weg der Pflicht, ein Weg der aus-
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