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Schon sang man dem kranken Mann am Bosporus sein Sterbclied, und schon setzte er selbst die Feder an, um die von den europäischen Diplomaten überreichte Todcsbescheinigung zu unterzeichnen, da stürmte der junge Enver Bei mit ein paar Offizieren heran, zerbrach die Feder und gewann in einem neuen Feldzug seinem Vater- lande wieder Ehre und Besitz. Dieser Enver. der jetzt erst 33 Jahre ist und in Deutschland seine militärische Erziehung genossen hat und einige Zeit auch als Militärattachee in Berlin weilte, hat schon seit seiner frühesten Jugend in seinem Vaterlande eine eigenartige und bedeutsame Nolle gespielt. Er zog im Jahre 1909 mit Mahmud Schefket Pascha au der Spitze der Truppen von Saloniki nach Kon stantinopel, um Abdul Hamid zu stürzen. Als die Italiener im Tripoliskriegc den türkischen Soldaten arg znsetzten, war Enver Bei alsbald ans dem Kriegsschnplatze und organi sierte mit großer Umsicht und eiserner Tatkraft den Wider- stand der Araber gegen die Italiener. Als die Türkei dann unter dem gemeinsamen Ansturm der Balkanvölker zu sammenbrach, erschien Enver Bei wieder in Konstantinopcl, vollführte einen Staatsstreich, sammelte die vor der Feindes macht entsetzt zurückweichenden osmanischen Truppen und führte sie in siegreichein Zuge nach Adrianopel zurück. Jetzt ist der Oberst Enver Bei zun, Kriegsminister und Pascha ernannt worden! der Sultan hat in die Hände dieses jungen Offiziers das verantwortungsvollste und Wohl auch scbwic- rigste Portefeuille des türkischen Kabinetts gelegt. Ob des Sultans Wahl eine glückliche und dem Lande Erfolg bringende gewesen ist, kann erst die Zukunft lehren. Der junge Enver hat sich bisher stets als ein Mann der Tat ge zeigt. der mit rücksichtsloser Energie seine meist kriegerische,, Ziele verfolgte. Als verantwortlicher Kriegsminister eines jüngst erst stark geschwächten Volkes wird er an Stelle allzu großer Schncidigkeit bedachtsame Umsicht setzen müssen! er wird sich bewußt sein müssen, daß die neue Türkei zu- förderst durch innere Reformen wieder lebensfähig gestaltet werden muß, che sie zu neuen Kämpfen gegen alte Feinde ausziehen kann. Beweise großer Besonnenheit und Ruhe hat Enver Pascha bisher Wohl noch nicht viele gegeben; immerhin scheint er ein Schoßkind des Glückes zu sein und berechtigt darum auch zu der Hoffnung, daß seine Geschäfts führung der zu neuem Leben erwachenden Türkei nicht un heilbringend sein wird. Diese Hoffnung dürfte um so eher begründet erscheinen, als Enver Pascha zur deutschen Mili- tärmission in sehr gutem und freundschaftlichem Verhältnis steht. Solange dies gute Einvernehmen zwischen den, ver antwortlichen Minister und den erfahrenen und erprobten deutschen Militärkundigcn bestehen bleibt, ist Wohl nicht zu fürchten, daß die türkische Armee ohne Not vor der Zeit vor neue, starke Belastungsproben gestellt wird. Darum braucht man auch das Zetern der französischen Presse über die Er nennung Envers zum Kriegsminister nicht allzu tragisch zu nehmen, denn das hat seinen Grund doch nur in dem glück licherweise vorhandenen guten Einvernehmen zwischen Enver und der deutschen Militärmission. Bedenklicher muß schon das große nnd vielfach peinlich berührende Aufsehen stimmen, das in türkischen Kreisen selbst die Ernennung Envers hcrvorgerufen hat. Die Generäle der alten Schule üben an der Ernennung starke Kritik, und hohe Offiziere haben es unterlassen, Enver zu seiner Beförderung zu be- glückwünschen. Es heißt, daß Enver eine durchgreifende Ver jüngung der Generalität plane, was natürlich nicht ohne Erregung von viel bösen, Blut vor sich gehen kann. In politischen Kreisen der Türkei wird hingegen die Ernennung Envers zum Kricgsminister ziemlich allgemein freudig be. grüßt, da man von seiner Tatkraft einen schnellen Fort gang der begonnenen Reformen im Heere erhofft. Enver Pascha wird jedenfalls zeigen müssen, ob er ein ebenso tüch tiger Minister wie befähigter Offizier ist: es ist nicht gut, ihm bereits jetzt Lobeshymnen zu singen, dazu ist später immer noch Zeit genug. Der neue preußische Landtag Am Donnerstag tritt der im letzten Sommer neu ge wählte preußische Landtag endlich zur Aufnahme der Win- terarbeiten zusammen. Das Abgeordnetenhaus weist gegen die vorige Legislaturperiode eine veränderte Zusammen setzung auf; um viel haben die letzten Wahlen das frühere Bild nicht verändern können; immerhin sind die Rechtspar teien um 16 Mandate geschwächt worden, die der Linken zugute gekommen sind. Die konservative Partei zählt im neuen Abgeordnetenhaus 147 Mitglieder und die freikon- servative Partei 64 Mitglieder: das Zentrum hat 103 Man date inne und die Nationalliberalen 73, die Fortschrittliche Volkspartei zählt 40 Mitglieder, die Polen 13 und die So zialdemokratie 10. Von den 443 Abgeordneten entfallen also 201 auf die konservativen Parteien und 136 auf die Par teien der Linken; Zentrum und Rechte ergebe» demnach eine Mehrheit von 301 und Zentrum und Linke eine Mehr heit von 239. Aber weder die Nationalliberalcn noch auch die Polen können ohne Unterschied einer politischen Links mehrheit beigezählt werden, stehen ja bekanntlich gerade im preußischen Abgeordnetenhause die Nationallibcralen fast durchweg auf dein rechten Flügel. Im Abgeordneten hanse ist das politische Bild jedenfalls weit klarer und fester gezeichnet als in, deutschen Reichstag und auch in der be ginnenden Legislaturperiode wurden im Abgeordnetenhanse nur selten Kämpfe um eine bestimmte Mehrheitsbildnng zu stande kommen, wodurch natürlich der Gang der Geschäfte nickst immer znm Segen der Sache erleichtert wird. In Kirchen- und Schulfragen werden Zentrum und Käufer- vative hoffentlich auch in Zukunft eine sichere Mehrheit bilden, während sich leider Wohl auch noch für die Politik der Scharfmacher eine Mehrheit von Konservativen und Nationalliberalen zuwege bringen läßt. Der dem Landtag vorliegende Beratungsstoff ist umfangreich und berechtigt kaum zu der Hoffnung, daß derselbe, wenn auch nur zum größeren Teile, bis zum Sommer verabschiedet werden könnte. Denn außer dem Etat, der auch jetzt wieder, wie bisher erst Mitte Januar zur Beratung kommt, harren der Beratung zwei bedeutende Gesetzentwürfe: Das Wohnungs gesetz und die Novelle zum Koinmnnalabgabengesetz. Das Abgeordnetenhaus wird durch den Umstand etwas entlastet, daß die Novelle zum Landesverwaltnngsgesetz und das Fideikommißgcsetz zunächst vom Herrenhaus« durchberaten werden sollen. Weiter wird sich der Landtag mit dem Fißhereigesetzentwurf und dem Entwurf eines Parzellie- rungsgesetzes befassen müssen. Dieser letzte Entwurf soll dem Hanse ani Tage seines Zusammentritts vorgelegt wer den und sich nicht allein auf die Ostmark beschränken, aber doch Bestimmungen enthalten, die den besonderen Verhält nissen der Ostmark Rechnung tragen. Es handelt sich dabei also wiederum um ein Ausnahmegesetz gegen die Polen, so daß es auch jetzt wieder nicht an harten Kämpfen gegen die verfehlte Grenzmackenpolitik der Negierung fehlen wird. Allgemein wird auch erwartet, daß dem neuen Abgeord netenhaus« erneut eine Wahlrechtsvorlage zngehcn werde; es scheint allerdings, als ob die Regierung nicht gut um hin könnte, dem Wahlreformversprcchen des preußischen Königs gemäß den, neuen Landtag neue Neformvorschlägc zu machen, da kein Zweifel darüber bestehen kann, daß sich für die dringendsten Besonnen Wohl nicht nur im Abgeord- uetenhausc, sondern auch im Herrenhause eine Mehrheit finden wird. Bei der guten Finanzlage Preußens wird es jedenfalls auch nicht an energischen Vorstößen gegen die angeblich nur provisorischen Zuschläge zur Einkommen- und Ergänzungsstener fehlen und die Negierung wird Wohl ihre ganze Rechenkunst zu Hilfe nehmen müssen, um bei der guten Finanzlage die Notwendigkeit der Forterhebung dieser Zuschläge zu beweisen. Der Ministerpräsident wird im Abgeordnetenhaus, wie von den Konservativen bereits angekündigt worden ist, auch wegen der Erledigung der braunschweigischen Thronfolgefrage Rede und Antwort stehen müssen nnd dabei Wohl nicht so gut abschneideu wie im deutschen Reichstage. Vorerst bleibt abznwarten, was die vom Ministerpräsidenten zu verlesende Thronrede am Donnerstag bringt. Deutsches Reich Dresden den 8. Januar 1914 -j- Im Landtage ist der nationalliberale Antrag ein- gcgangen, die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, mit Rücksicht darauf, daß die Vorarbeiten zur Abgabe der Ver- mögenscrklärung für den Wehrbeitrag zum Teil viel um fangreicher sind, als ursprünglich anzunehmen war, im Bunddesrate dafür einzutrcten, daß die Frist zur Abgabe der Vermögenserklärung gemäß dem Anträge des Deutschen Handelstages bis Ende Februar 1914 verlängert wird. -s- Die „Leipziger Zeitung" meldet aus Berlin, 7. Ja nuar: Zu den Erörterungen über ein Telegramm des deut schen Kronprinzen in Sachen der Vorgänge in Zabern ist festgestellt worden, daß Telegramme mit dem in der „Frank furter Zeitg." angegebenen Inhalt nicht ergangen sind. Tatsächlich hat der Kronprinz überhaupt nicht an den kom mandierenden General v. Deimling, sondern an den Obersten v. Neuster telegraphiert und ihn dabei beglück wünscht, daß er die Ehre der Armee gewahrt habe. Die , Annahme, der Kronprinz habe mit seinem Telegramm eine Demonstration veranstalten wollen, wäre nur dann ver- ! stündlich, wenn er das Telegramm hätte veröffentlichen ' lassen. Letzteres ist weder durch den Kronprinzen noch durch den Obersten Neuster geschehen. Es handelte sich ganz allein ! um eine private Acußerung des Kronprinzen an den Regi mentskommandeur. Hier und da wurde die Annahme ge äußert, daß das Telegramn, eine Demonstration gegen den Reichstag hätte sein sollen. Als solche könnte es auch rein äußerlich nur dann aufgefaßt werden, wenn es nach der Be ratung des Reichstages ergangen wäre. Wir glauben aber gut unterrichtet zu sein, wenn wir feststellen, daß das Tele gramm vor der Verhandlung des Reichstages abgesandt worden ist und zwar in den Tagen, in denen das Militär in Zabern fortwährenden Schmähungen ausgesetzt war. Nicht ohne Interesse ist die Tatsache, daß die „Köln. Volkszcitg." jetzt ihrerseits betont, die Zivilbehörde in Zabern hätte völlig versagt. -s- Im Wahlkreise Grvßschvnnu-Ebersbach, wo nach dem Tode des sozialdemokratischen Abgeordneten Niem eine Nachwahl notwendig geworden ist, ist eine Einigung zwischen den beiden liberalen Parteien erzielt worden. Es kann demnach damit gerechnet werden, daß dieser Wahl kreis der Sozialdemokratie entrissen wird. -s- Tie Sozialdemokraten haben im 2. ländlichen Wahl kreise für die durch den Tod des Genossen Niem erforderlich gewordene Ersatzwahl als Kandidaten den Genossen Gustav Zwahr-Nengersdorf, Gauleiter des Tcxtilarbeitcrverbandes gewählt. — Dem Bnndesrnte wird nach Berliner Blättern in nächster Zeit eine Vorlage über die Versetzung einer Reihe von Orten in eine höhere Ortsklasse zugehen. Nach dem Besoldungsgesetze soll die nächste allgemeine Revision des Ortsklassenverzeichnisses im Jahre 1918 erfolgen; inzwischen ist aber der Bundesrat ermächtigt, in besonderen Ausnahme fällen die Einreihung einzelner Orte oder Ortsteile in höhere Ortsklassen vorzunehmen. — Die Nüfstinijöprüsnngskvmiiiissivli trist am Don nerstag im Reichstage wieder zusammen. Für ihre dies maligen Beratungen sind drei Tage in Aussicht genommen. Am letzten Beratungstage soll eine Besichtigung der deut schen Waffen- und Munitionsfabrik durch die Kommissions- Mitglieder stattfinden. — Tafel beim bayrischen Ministerpräsidenten. Mitt woch abend fand beim Ministerpräsidenten Grafen v. Hert- ling ein Rout statt, zu dem gegen 900 Einladungen ergan gen waren. Der König, der Kronprinz und die übrigen Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses waren anwesend, desgleichen das gesamte Ministerium, das diplo matische Korps u. a. Der König ließ sich mehrere der an wesenden Herren vorstellcn und unterhielt sich mit ihnen in leutseliger Weise. — Tie erste Sitzung der reichsländischen Kammern fand in Straßburg am Dienstag nachmittags statt. Der Alterspräsident der Zweiten Kammer, Burger, benutzte seine Begrüßungsansprache zu einer Kundgebung in der Zaberner Angelegenheit. Die Zweite Kammer wählte darauf das Präsidium. Der bisherige Präsident Dr. N i ck- lin, der Führer des Zentrums, wurde zum Präsidenten des Landtages-wiedergewählt. Ebenso wurde erster Vize präsident der Lothringer Labroise und zweiter Vizepräsident der Sozialdemokrat Böble. Die Erste Kammer des Landtages wählte zu gleicher Zeit ibren bisherigen Präsi denten Dr. Back wieder. Erster Vizeepräsident wurde Dr. Hösfel, zweiter Vizepräsident Gregoire. Die Kammern ver tagten sich dann auf Mittwoch nachmittag. Auf der Tages ordnung der Zweiten Kammer steht nur die erste Lesung des Etats. — Dir Steuerfreiheit der Veteranen im Herzogtum Kobnrg-Gotha. Das Herzogliche Staatsministerinm ver fügte, daß diejenigen Teilnehmer an den Feldzügen der Jahre 1819, 1864, 1866 nnd 1870/71, welche ein steuerpflich tiges Einkommen von weniger wie 1200 Mark besitzen, von der staatlichen Einkommensteuer für die Jahre 1911/15 befreit sein sollen. Dieselbe Steuerbefreiung erstreckt sich auch auf die in denselben Vermögensverhältnissen lebenden Witwen von Kriegsteilnehmern an den genannten Feld- zügen. — Ter Münchener Domprobst v. Lrchner v. In Mün chen ist einer der bekanntesten bayerischen Kleriker, der Domprobst v. Lechner, im 70. Lebensjahre einem Schlag anfall erlegen. — Ter Genernlpardo» wegen früherer Steuerhinter ziehung im Wehrbeitragsgesetze bezieht sich nicht nur auf solche Steuerpflichtige, die Wehrbeitrag leisten müssen, so», dern, wie das Neicbsschatzamt bekannt macht, auch auf solche Steuerpflichtigen, die unter das Wehrbeitragsgesetz nicht fallen. Die Wohltaten des Generalpardons kommen somit auch den Steuerpflichtigen zugute, die weniger als 5000 Mark Einkommen versteuern und im Gegensatz zu früheren Steuererklärungen ihr Einkommen jetzt richtig angeben. — Eine Konferenz der preußische» Hiiiidwerksk,immer» soll noch in diesem Monat in Berlin mit Rücksicht auf meh rere Gesetzentwürfe stattfindcn, die demnächst dem Land-