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»r «L Dienstag, den 23. April 1S18 abends »MM». » »iMg-iRiMq »L0^ Hn MMW» »»d ,<m, D»ühLl»nd stet HE «US l»; in v^eri.tch 4.SS X. «« »i«i«l-Rummer Lv ^ .e BoMzeitung «richeiitt cm all«» chuctagen »achmittag». Sächsische UolksMnK EefchÜfUftelle mü» ««LE»«, Dresden« A. 16, Holbeiustraße LI Fernsprecher 2186« ^ Postscheckkonto Leipzig Nr. 147S7 »«»«ig««, A»oah««von <SeIcbLst»an,eigen VIS IvUhr, von tzamMenanzeigcn bl« LI Uhr vorm. Pr»IS fiUdii!P«ttt.TpaltMe »5 ^.imR^Ia- metetl 8V Familien,iinzeigen SV ch Fllr undeutlich geschriebene, sowie durch Fe«» wrechcr ausgegebene Anzeigen können wir dir veraiUworMchkeit für die Richtigkeit d«S Lech« nicht übernehmen. ' Sprech Kunde der Redaktton: IL-1!» Uhr dorm. Ü- Einzige Katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ der Zentrumspartei Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe 8 nur mit der Wochenbeilage. Was, die Pariser an'ihre Frontsoldaten schreiben Ans den iin Westen jüngst erbeuteten französischen Briefen setzt sich mosaikartig otn anschauliches Bilo zu sammen, das getreu die Stimmung der Bevölkerung, in- scnderheit der Pariser widerspiegelt. Aus diesen Familien briefen der Heimat an die Front geht nur allzu klar hervor, wie wenig zuversichtlich die Kriegsstimmung in Frankreich ist, von der die großen Zeitungen uns tagtäglich nicht Rühmenswertes genug berichten können. Diese nicht für die -Oeffentlichkeit bestimmten- brieflichen Aeußernngen tragen nicht die amtliche Schminke der Zensur: sie zeigen nur zu deutlich, wie der Franzose unter dem Krieg leidet und je eher je lieber Frieden haben möchte. Im Mittelpunkt aller Erörterungen stehen natürlich die erfolgreichen Fliegerangriffe auf Paris, die unsere Helden der Lust in -gerechter Wicdervevgeltnng für französische Bom benwürfe ans offene deutsche Städte hinter der Front mit Schneid und Unermüdlichkeit ausführen. Ein Kommentar ist überflüssig und die wortgetreue Wiedergabe einzelner Briefstellen mag am -besten die wahre Auffassung der kriege rischen Ereignisse erläutern. „Ich konnte Dir gestern abend nicht schreiben," so lautet ein Brief, „denn denke Dir, die Gothas" (so nennt der Volks- -mnnd unsere Bombengeschwader) „waren wieder dal Von 9,15 bis 1 Uhr nachts waren wir im Keller, -die Kinder henk ten und hatten Angst. Leider hat es wieder viele Menschen gekostet: am Place de la Republigne und in der Nähe des Montmartre . . " — „Ich glaube, sie haben sich verschworen, -die schönsten Städte zu zerstören. Nancy ereilt dasselbe Schicksal wie Reims. Wenn doch der Krieg endlich einmal zu Ende wäre!" — „In der Nähe des Fanbonrg Montmartre ist ein siebenstöckiges Hans eingestüvzt." — „Seit Mitte Fe bruar -baut man die Porte St. Denis mit gefüllten Sand- säcken- zu." — „Sie haben überall Bo-mlblen abgeworfen und viel Schaden angerichtet, besonders in dem Fanbonrg Mont martre, Riie Geofsroy-Marie, Ruc Dronot, Rne Lafitte. Wer Geld hat, bleibt nicht in Paris!" — „In Mitry (Seine) schießen sie ans die Flieger, aber sic können es nicht verhin dern, daß von 00 Fliegern 40 bis nach Paris kommen. Durch diese Fliegerangriffe leidet das Geschäft sehr." — „An der Underg-rnndbahnstation „Bolivar" gab es 47 Tote und 150 Verletzte, von denen die Zeitungen nichts berichten. An dieser Station sind keine Bomben gefallen, da aber die Sta tion als Unterstand dient, wollte sich die Menge dorthin flüchten. Die Treppe war natürlich für diese Menschenwelle nicht breit -genug und viele versuchten, die Rolltreppe zu benutzen; diese Treppe hatte man Zwecks Reparatur ent fernt. Nun rissen die Leute in ihrer Angst die Schutzbretter ab und stürzten so zwei Stockwerke tief in den Schacht. Die einen fielen ans die andern. Viele wurden verstümmelt, andere erstickten. Einige versuchten in ihrer Todesangst, sich einen Wog mit dein Messer zu bahnen." — An der Unter- gr-nndbahn-station „Place de la Nepubligue" wurden 15 Per sonen vom elektrischen Schlag getroffen. Man hatte den Strom a-nÄg-eschaltot, um das Geleise betreten zu können. Irgend jemand hatte den Strom wieder eingeschaltet — wahrscheinlich ein Boche (!) — und alle, die das Geleise be rührten, winden vom Schlag getroffen." — „In 46 Straßen haben sie Bomben geät. Im Kriegs Ministerium hat es vier Tote gegeben." Sehr bemerkenswert ist ein Brief aus der Provinz, der besonders seines Nachsatzes wogen Beachtung verdient. „Sie l>aben es auf die Pariser abgesehen. Hofentlich kommen sie nicht nach Mittelfrankreich; sollte es der Fall sein, würde man sich vielleicht etwas mehr um den Krieg kümmern... Merk- würdig, je mehr Hilfe Wir bekommen, desto stärker werden die Deutschen!" Einen weiten Raum nehmen auch die Berichte über die Explosion in Sit. Denis ein: „Schrecklich! — Gestern nachmittag 2 Uhr flog die Munitionsfabrik in die Lust. Die genaue Zahl der Toten und Verwundeten wird man nie erfahren, man schätzt sie in die Tausend. In ganz Paris sind die Fensterscheiben zersplittert und es fehlt an Glas. Hört denn der Krieg gar nicht mehr auf?" — „Ich sah den Tod vor Augen. Viele waren wie wahnsinnig n-nd durch den Pu-lverstaub ganz un kenntlich. Das ist wieder Spionage! Ich bin glücklich, daß ich noch lebe. Jetzt bin ich aber wieder ohne Arbeit, da die Fabriken zerstört sind." ' Sehr ivenig schmeichelhaft ist bas Urteil über die Bun- desbrüder von jenseits des großen Teiches: „Wir sind Amerikaner geworden!" ruft einer aus. „Die Polizei wind von ihnen ansgeübt und jeder muß seinen Paß mit seiner Photographie haben I" , Unld das im eigenen Lande, in La Nochellel. I DaS Neueste vom Tage > Nl «W HE WliM. (Amtlich. W.T.B.) Große- Hauptquartiir, den 23. April 1918. Westlicher Krieg»schuuplatz Auf den Schlachtfeldern blieb die Gefecht-Stätigkeit auf Zeitweilig auslcbendcn Artillerickampf und örtliche Jnfan- tcrienntcrnchmnngcn beschränkt. Tie englische Infanterie war namentlich zwischen Lens und Albert sehr tätig. ErkundungSnbtcilungcn, die an zahlreichen Punkte» gegen unsere Linien vvrstießcn, wurden überall zurückgcschlagcn. Vergeblich versuchte der Feind mit starken Kräften das am 21. 4. am Walde von Avcl n y vcr Ivrene Gelände wieder zu nehme» und beiderseits der Straße Bonzinconrt-Avcluy die Bahn nördlich von Albert zn gewinnen. In mehrfachem verlustreichen Ansturm büßte er Gefangene ein. An der übrigen Front nichts von Bedeutung. I» den beiden letzten Tagen wurden 30 feindliche Flug zeuge abgescliossen. Leutnant Bucklcr errang seinen 32., Leutnant M e n t h v f f seinen 25. Luftsieg. Mazedonische Front: Zwischen Ohrida- und Prespa-Src sowie nordwestlich von Monaitir Artillerie- und Mincnkninpf. Denlschc Ab teilungen stießen westlich von Makovo in französische Stel lungen vor, bulgarische Truppen wehrten südlich vom Toi- ran-Scc englische Tcilangriffe ab. Einige Franzosen wurden gefangen. Der Generalquartiermeister: Ludendorff. Die N-Bovt-Bcutc im März. Berlin, 22. April. Amtlich. Im Monat März sind insgesamt 689000 B r nt t v r r g i st c r t o n n e n des nir unsere Feinde nutzbaren Handelsschisssraumes vernichtet worden. Ter unseren Feinde» zur Verfügung stehende Wclt- hnndeloschisfsraum ist somit allein durch kriegerische Maß nahmen seit Kricgsbeginn nm rund 16 469 000 Brnttvregi- stertonncn verringert worden. Der Ehef -des Admiralstabs der Marine. Berlin, 22. April. Wieder ein Markstein in unserer opferreichen, dock) unvermeidlichen und von- hohen siistlichen Zielen getragenen Unseinmidersetzung mit England! Ein Monat-svcrlust von 689 000 Brnttorrgistertonnen bedeutet 3(4 v. H., auf das Jahr u-ingerechnet 22 v. H. des gesamten den Westm-ächten für ihre militärischen- und bürgerlichen Zwecke zur Verfügung stehenden Schiffsraumes, der nach amtlicher deutscher Berechnung am 1. Januar d. I. keine 20 Millionen Bnrttoregistertonnen mehr betrug. Woher fchöpst Geddes den Mut, in seiner am 3. März gehaltenen Pavlamontsrede von einer abfälligen Richtung der Kurve der britischen HaNdelsschiffsverlnste zn sprechen? In seinem Weißbuch täuscht er vor, daß der Welthandelsschiffsraum im Verlaus des Krieges bis Ende 1917 nur 11,6 Millionen Brnttorogistertonnen Verluste erlitten hätte, während der deutsche Admiralstab an Kriegs- und Seeverlusten unwider leglich rund 5 Millionen Benttoregister-lonnen mehr nach- weist. Durch das Vorfahren, mit dessen Hilfe die britische Admiralität das Wagnis -unternimmt, der gesitteten Welt daheim und über See diesen sinnfälligen Betrug vorzusetzen, ist -entlarvt. Lloyd George und Geddes veruntreuen die Verluste an i-m militärischen Dienst fahrenden Schiffen, die sogenanniten Marineverluste. Hilfskreuzer, Wachtfa-Hrzcuge, Lazarettschiffe, s-ehr wiihrscheinl-ich aber auch Truppentrans porter und Munitionsdampfer, also gerade diejenigen Renmte, die unseren U-Booten besonders ausgesetzt ist und erfaßt wird. Diesen Sachverhalt hat laut „Times" am 13. Dezember D-r. Mac Namara ans eine Anfrage des Abgeord neten Dr. Pringle aufgedeckt. Nur diese Unterschlagung versetzt das britische Kabinett in die Lage, der stürmisch Klarheit fordernden öffentlichen Meinung Englands eine scheinbar befriedigende Statistik zn unterbreiten. Schlimm bestellt -ist es um ein Land, dessen Minister zu solchen Mit- teln greifen müssen. Der Tag der Abrechnung wird kom men! Das englische Weißbuch zeugt nicht gegen, sondern für die Richtigkeit der amtlichen deutschen Angaben. Zn einer mörderischen Waffe gegen die Defrauidanten auf Mi nistersesseln wird es werden, seitdem wir den Betrug out- deckten. Geddes und Lloyd George stemmen sich der eherneu Entscheidung unserer Waffen mit Lug und verzweifelter Gewalt entgegen: sie werden Unglück haben. „Man spricht davon, daß die Amerikaner den Mschuitt Verdun übernehmen würden: es wäre auch bald Zeit, daß sie uns wirklich helfen würden!" Ein Brief aus Nantes berichtet, „daß über die Stadt der Kriegszustand verhängt werden soll". Tie Amerikaner üben auch hier die Polizeiaufsicht ehr streng ans. .Ueberall führen sie große Arbeiten aus: das Seminar wird von ihnen als Lazarett eingerichtet." Wo bleibt das Selbstbestim mung Sr echt der Nationen? Die Javaner scheinen mehr Heiterkeit zn erregen als Zuversicht einznflößen. Ein Brief ans Marseille erzählt sehr lakonisch von diesen Bundesbrüdern: „Wir waten vorgestern am Hafen und waren zugegen, als die Japaner aus-geladen wurden. Sie sangen recht laut, aber verstanden habe ich nichts. Sie marschierten, als wenn sie in einem Kohlrübenfeld spazierengingen." Wie sehr der ungehemmte U-Boot-Krieg selbst dem Franzmann zn schaffen macht, beweist jeder Brief aufs deut lichste. Selbst die Schokolade ist in Frankreich ansgegangen: „Leider kann ich Dir keine Schokolade schicken, nirgends ist solche zn haben. Täglich bekommen wir nur noch 300 Gramm Brot, damit kann doch keiner arbeiten." — „ . außer dem beginnt hier schon vieles zn fehlen und man bekommt den Krieg am eigenen Leibe zu spüren!" — „Bringe Tabak für Deinen Großvater mit und für mich: seit Wochen haben wir keinen mehr gesehen, im Geschäft habe ich schon lange keinen mehr." Ein Brief aus Bourges faßt alles in die wenigen, aber bezeichnenden Wolle zusammen: . mit der Verpfle gung sieht cs hier faul aus!" Möchten doch Elemenceau und alle Mitverantwort lichen sich recht eingehend in das Studium dieser Briefe ver tiefen! Ob sie daun auch noch so entzückt wären? Uns mag aber die niedergeschlagene Stimmung in Frankreich, die sich in diesen Briefen kündgidt und für die es Hunderte von Belegen gibt, ein verheißendes Anzeichen sein, daß der Tag der völligen Ernüchterung und der Er kenntnis nicht mehr allzu fern ist. Deutscher Neichstag Beklin, 22. April. Vizepräsident D r. Pansche gedenkt, während das Hans sich erhebt, des Ablebens hes Herzogs Friedrich II. von Anhalt. In einem Telegramm hat der Vizepräsident die lebhafte Anteilnahme des Reichstages zum Ausdruck ge bracht. Vizepräsident Dr. Paasche weist dann ans den über aus groß e n Erfolg der achten Kriegsanleihe hin. Dieser Sieg in der Heimat wird »ns ebenfalls dem Frieden näher- bringen. (Lebhafter Beifall.) Ein-gegangen ist das Gesetz zur Aushebung des Paragraphen 153 der Gewerbeordnung und das Arbeitskammergesetz. Zur Beratung stecht der Etat der Ncichsciscnbahncn. Mg. H a e g y (Elf.) bringt wieder Bechwerden über Per- kehrsschwierigkeii'en, Zensiubeschrän-kiiirgen und ausgedehnte Paßkontrolle für Elsaß-Lothringen vor. Abg. Graf W e st a r P (Kons.): Der vorliegende Antrag, eine Nachprüfung des Reklamepachtvertrages mit dem Ver leger der „Nordd. Allg. Ztg.", Neimar Hobbing, eintreten zn lassen, habe nur den Eharakter einer Demonstration. Seine Freunde würden daher dagegen stimmen. Abg. T r. O na r ck (Soz.) fordert Lohnerhöhung für die r-eichSIändiichen Eisenbahnarbeiter. Der Chef der Reichseisenbahn, Minister v. Breiten- ba-ch, erklärt, daß in der Lohnfrage das Nötige getan wor den s-ei. Im Jahre 1013 verdienten sämtliche Arbeiter im Durchschnitt 4.16 Mark, jetzt 8,60 Mark. Der Antrag auf Nachprüfung des Vertrages wird dar auf abgelehnt, da die Linke nur ganz schwach vertreten ist. Der Etat der Neichseisenhahneu wird genehmigt. — Es folgt der Etat des Rcichseiscnlmhnmntcs. Der Reichstag -hatte einen Antrag augenoinmen auf Einsetzung einer Fachkommission zur Prüfling der voraus sichtlichen wirtschaftlichen u-nd finanziellen Wirkungen einer Vereinheitlichung der Staatseisenba-Huen unter Einbezieh ung der Binnenwasserstraßen. Der BundeSrat hat daraus erklärt, daß er bereit sei, in diesem Sinne vorzug-eheu. Ein Antrag Müller-Moiningen und Schwabach ersucht min den Reichskanzler die vovgöschlag-ene Fachkommission unverzüg lich einzuberufen. Als Vorsitzender der Fachkommission ist -der Pväsident des Reichseisenbahnamtes vorgesehen. Abg. u Ir i ch (Soz.): Eine Vereinheitlichung der Eisen bahnen sei nach dem .Kriege schwieriger als vor ihm. Abg. Dr. Mülle r - Meiningen (Vp.) ist mit der Ant wort des Bnndesrates nicht zufrieden. Minister v. V r e i t en b a ch erhebt Einspruch gegen die Behauptung des Vorredners, daß das deutsche Eisenbahn-