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MchlWeMkszkitlmg Unabhängige» Tageblatt '°1iSU S'^W,«'S'K4L'r.L r! .7 ?" ^ ?7 '"'ÄW^^SLL'SWLS^.-!: Wahrheit, Recht «nb Freiheit ^ I «<x-e»laL« «scheiM dt» Zettmn, regelmitbtg t» d«, er*»» Nach«Ma^ft>»d«»r dt« «omwLmdam»»« «qch»t>e »Wr. mit Unt«»haltr»n-»v«il«-« Di« illuftvievte -eit ««- -Hn«ta-»beil«ge Feievaben» «« d« »»I-Lftlan^jarn*»« I» Uh^ »«, anZeioeu dt» II Uhr. fik di« PetUZPaö-eU« so i« R«aa»et«v G0 ZI mqLketi»«« rq-«, «rq, üvE-»7L ' N»dawollL«pr«dftmil»«: 1« dt« »I Uhr d-rmltt,^. I S«r «ttSaade «lriLelanvter «chrtstsack» »acht sich dt« ««dattt«! Nr. 143 Geschäftsstelle und Redaktion Dre»den»A« IS, Holbeinstratze 46 Donnerstag den 25. Juni 1914 Fernsprecher 21366 IS. Jahrg Christentum und Sozialismus sind unüberbrückbare Gegensätze. Feuer — Wasser! Diese Elemente zu verbinden, soll Aufgabe sein eines inter - nationalen Kongresses für soziales Chri stentum, der vom 27. bis zum 30. September dieses Jahres in Basel stattfinden wird. Den Aufruf zu dieser Tagung, die ein bemerkenswerter Beitrag zur Zeitgeschichte ist, haben u. a. unterzeichnet: Baumgarten (Kiel). Franke (Berlin), Traub (Dortmund). Nach einem Bericht der „Leipz. Volksztg." (Nr. 139) soll in Basel u. a. gesprochen werden über das Thema: „Warum haben Christen tum und Sozialismus einander nötig?" Kein neues Thema für Basel und die „freie" ScWeiz! Da heißt es schon lange: „Jesuiten hinaus! — Sozialisten herein!" In Basel standen Herolde des Atheismus, Führer des Sozialismus auf der — „christlichen" Kanzel. Basel ist das theologische Laboratorium zur Vereinigung und Versöhnung des christlichen und des modernen Men schen. Diesem Versuch hat bekanntlich auch Jatho sein Da sein geweiht, und das „Neue Sächsische Kirchenblatt" War entzückt und zur Nachfolge angeregt von dieser Arbeit. — Merkwürdige Christen! Sie würden rot Werden bis über beide Ohren, die Herren Baumgarten, Traub und die übrigen evangelischen Genossen, sollten sie beraten: „Warum haben Katholizismus und Protestantismus einander nötig?" Aber frank und frei künden sie: Christentum und Sozialismus haben einander nötig. Das muß schon ein rot angehauchtes Christentum sein, daS „die Religion der Sozialdemokratie" nötig hat. Es ist die Theologie der Verblendung und der Ohn macht, die diesen Weg des Verderbens betreten. Deut licher kann nicht bewiesen werden, was Modernismus ist nnd zu welcher Torheit er führt. Wie dankbar müssen wir unserer Kirche sein, daß sie durch die energische Hand Pins X. uns vor dieser Klippe bewahrt hat! Die linksliberale und radikale protestantische Theo logie, die sich bereits diesem Modernismus mit Leib und Seele verschrieben hat, gibt es auf, dem Strome der Welt — nach Christenart und Christenpflicht — entgegen zu schwimmen. Sie hat sich umgewendet und schwimmt m i t dem Strome, mit demselben Strome, den Christus und alle wahrhaften Christen gegen sich haben. So schwimmt und stimmt sie zu ihrem eigenen Verderben. Der „Hofprcdiger aller Deutschen", Adolf Stoccker, war ein moderner Protestant, ein sozialer Christ, aber kein sozialistischer Christ, kein Modernist. Er hieß seine Jünger, modern zu sein, er leitete sie an, modern zu fühlen und zu denken, aber nur, um das moderne Heidentum zu überwinden. Wie hoch stand dieser Mann des Gewissens und des Gebetes über den protestantischen Modernisten, die das bißchen Christentum, was sie noch haben, ins rote Meer des Sozialismus werfen! Wer den göttlichen Weinstock des Christentunis init dem armseligen Pflänzlein des Sozialismus und Mate- rialismus okuliert, ist gewiß ein „moderner" Mensch, ein „liberaler" Mensch, aber ein unklarer Kopf und ein schlechter Christ. In Basel will man Nachweisen, daß der Gegen- satz zwischen Christentum und Sozialis mus nicht in ihrem Wesen begründet sei, sondern nur in Mißverständnissen und Mißbildungen auf beiden Seiten. Gegen diese Fehlentwickelung müsse der Kampf ausgenommen werden. Hierzu schreibt die „Leip- ziger Volkszeitung": „Wir halten diesen Kampf für recht aussichtslos. Der Gegensatz von Sozialismus und Christentum ent springt nicht, wie die Veranstalter des Kongresses an- nehmen, aus einer falsch verstandenen Auffassung des Christentums, sondern aus der Tatsache, daß die prote stantische Kirche sich in dem Klassenkampf zu willigen Magddiensten gegen die Arbeiterschaft hergibt. Und mögen die Teilnehmer dieses Kongresses noch so sehr von Wohlmeinen erfüllt sein, ihnen fehlt es auf Grund ihrer ganzen Stellung viel zu sehr an Verständnis für die Be dürfnisse und das Streben der Arbeiterklasse, für die Kräfte, die in der Arbeiterklasse wirksam sind, als daß von ihrer Tätigkeit ein Erfolg für die Arbeiterklasse zu erwarten sei." Der Gegensatz bon Christentum und Sozialismus ist unseres Erachtens ein wesentlicher. Der Sozialismus leug- net Gott und Geist, ihm ist alles Materie und Bewegung. Was der alte Bebel gesagt, das Wort von „Feuer und Wasser" trifft das Richtige. Der Himmel den Spatzen, die Erde den Menschen! „Und wenn ich nun gestorben bin. Was wird nachher mir werden? Tor, dein „Nachher" hat keinen Sinn, Nachher ist nur auf Erden!" Hätten die „christlichen" Modernistcn jeder Gattung recht, müßten unsere Missionen ihr diamantenes Christen tum auflösen in das kultivierte und nichtkultivicrte Heiden- tum. DaS ist keine Pädagogik, am allerwenigsten eine christliche. Die katholische Kirche kommt dem modernen Menschen entgegen, sie schreitet mit der Zeit fort, sie be nutzt ihre guten Seiten, ohne mit den bösen sich zu ver binden. Kein Fünklein ihres Glaubensschatzcs gibt sie Preis. Da kennt sie keine Nachsicht und keine Konzessionen. Mit Recht! Ihr Gehalt, ihr Wesen steht über aller Zeit, er ist mehr als modern, weil er ewig ist. Gustav-Adolf-Iahresfest des Dresdener Hauptverelns Der Dresdner GustaV-Adolf-Hauptverein hielt vom 22. bis 24. d. M. in Riesa sein Jahresfest. Die Stadt trug ein festliches Gepräge. Die Teilnahme der Bürgerschaft war rege. Der Zweck des Gustav-Adolf-Vereins ist bekannt. Er unterstützt evangelische Glaubensgenossen in der Diaspora. Es gibt Wohl keinen Katholiken in den Erblanden, der das nicht lobend anerkennt. Wir leben ja selbst in schwieriger Diaspora und haben cs am eigenen Leibe erfahren, wie nötig und wohltuend die Hilfe der Glaubensbrüder ans der Ferne ist. Nach dem Bericht des „Riesaer Tageblattes" überbrachte auch die Riesaer Ortsgruppe des Evangelischen Bundes treue Grüße „dem großen Bruderverein". Das hat uns weniger gefallen. Wir wüßten gern eine scharfe Grenze ge zogen zwischen Gustav-Adolf-Verein und jener Kampforga nisation. So klang denn auch in alle Sachlichkeit der Tagung wiederholt die bündlerische Tendenz hinein. Pfar rer Woit aus Witkowo in Posen sprach von den Hauptleiden der Posener Diasporagemeinden und nannte neben dem Polonismus noch den Katholizismus, der dort ebenso fana tisch das evangelische Wesen bekämpfe. Pfarrer Becker aus Falkenberg in Oberschlesien schilderte das Schlimme in sei nen Gemeinden: Die harten Glaubenskämpfe gegen katho lisches Wesen, das den Evangelischen viele Sorgen bereite. Es mag sein, daß hier und da evangelische Mindcrheitsge- meinden in den ersten Jahren ihres Entstehens zu wenig Entgegenkommen gefunden haben. Das bedauert niemand aufrichtiger als die Katholiken in der Diaspora, die ihrer seits auch auf das Wohlwollen Andersgläubiger angewiesen sind. Aber zum katholischen Wesen gehört das nicht. So mußte dann auch manches Günstige gemeldet werden. In Steiermark, Böhmen, Galizien wären vielfach evangelische Schulen und Kinderheime errichtet. In St. Andrae-Wör- dern in Niederösterreich bestünde die evangelische Bevölke rung nur aus 149 Seelen, wäre aber hochgeachtet. Man will dort eine Kirche bauen. — Wir möchten trotz einiger kräftigen Hiebe auf den Katholizismus von dem Jahres feste doch Gutes erhoffen: daß weiteren Kreisen ein tieferes Verständnis aufgegangen ist für jede Diasporanot. DaS. Königreich Sachsen ist eines der größten Diasporagebiete für die Katholiken Deutschlands. Auch sie hungern danach, daß man ihre Lage begreifen lernt und sic ihnen nicht noch erschwert. In Großenhain sind 413 Katholiken, die monat lich nur einmal Gottesdienst haben. Eine Petition der dortigen katholischen Genwinde um häufigeren Gottesdienst wurde von den katholisch-geistlichen Behörden unterstützt, aber von anderen Instanzen nicht für begründet erachtet. Der Stadtrat von Riesa hat erst vor kurzem das Königliche Kultusministerium gebeten, der katholischen Gemeinde mit 148 schulpflichtigen Kindern die Errichtung einer katholi schen Schule nicht zu genehmigen. Und doch gibt es Wohl auf der ganzen Welt, soweit konfessionelle Schulen in Frage kommen, eine einzige evangelische Minderheitsgemeinde mit nur annähernd so viel Kindern ohne besondere Schule. Diese Liste ließe sich noch lange fortsehen. Aber wir wollen über die Ephorie Großenhain, in welcher der Gustav-Adolf- Verein Heuer tagte, nicht hinausgehen. Das ist auch Diasporaleid, das bitter wehtut. Bei der niodernen Völkerwanderung gibt cs schon heute keine geschlossene katholische oder evangelische Gegend mehr in deutschen Landen. Von Jahr zu Jahr werden die An hänger der verschiedenen religiösen Bekenntnisse noch mehr durcheinandergewürselt. Da werden Kohl alle Gutgesinn ten einig sein in dem Wunsche, daß nun auch ein gegenseiti ges freundliches Interesse erwache. Das ist doch schließlich eine Forderung des Christentums. Deutsches Reich Dresden, den 26. Juni 1S14 -s- Elve« fade« Witz leistet sich der Geraer Mit arbeiter der „Leipz. Neuest. Nachr.". Er teilt nämlich dem Weltblatt mit, daß ein unbekannter Junggeselle ein anony mes Schreiben an die Regierung von Reuß j. L. gerichtet habe, mit der fürchterlichen Drohung, er würde sein Ver mögen den „Jesuiten oder ähnlichen Gesellschaften" der- machen, wenn die Regierung die Junggesellenfleuer ein- Vie SSugeriu in der Höhe Ein Herold des Frühlings Don Wtlh. Müller Nachdruck verbot»!« Eine der lieblichsten Erscheinungen in der Tierwelt ist die Lerche. Singen, jubilieren, daS ist ihre Lust, ihr Beruf, ihr Leben, außer dem sie kein anderes zu haben scheint. Man könnte sie den verkörperten Lobgesang nennen. Denn Lob muß es sein, waS dieses kleine Tierchen erfüllt; nur aus einem glücklichen Herzen kann eine solche unwider stehliche Liederfülle quellen. Staunend steht der Mensch mit seinen Sorgen da, blickt der höher und höher hinauf steigenden Lerche nach und wünscht sich, so auch all seine Lasten wegsingen zu können. Dort hinein in den blauen Aether, in den unermeßlichen, der ja so unendlich viel Raum hat. So erfüllt die Lerche eine große erzieherische Aufgabe am Menschen, sie zieht ihn hinauf, den Sternen entgegen und weg von der nivellierenden Alltäglichkeit und ihrem init Tränen und Blut getränkten Staube. Freilich nur den Menschen, der ein Herz für sie hat. Die andern, ach, WaS haben die ihren kleinen Vor sänger verfolgt und gemordet, — nur eines kurzen Gaumen kitzels wegen. Grauenerregend ist der Gedanke, daß viele Jahre hindurch die Lerche keinen anderen Wert für die zahlungsfähige Menschheit hatte, als daß sie sie eben in Massen aufzehrte. Ueber Heliogabal, der für eine einzige Pastete 18000 Nachtigallen schlachten ließ, nur ihrer Zun- gen Kegen, entsetzt man sich; aber daS große Verbrechen an den kleinen Lerchen Übersicht man. „Lieder hat die Lerche Kohl, Tränen hat sic nicht", sie hätte sonst Wohl ein Recht, in dieser feindseligen Welt zu klagen: „Ach, ich wüßte nichts als Weinen, Wenn kein and'res Leben wär'." Immer noch werden in Italien Tausende dieser kleiner Sänger alljährlich getötet, nnd doch flicht dieser nicht den Menschen, doch entzieht er ihm nicht sein Lied. Weit mehr als den - Menschen fürchtet die Lerche den Lerchenfalken, und eS ist wirklich staunenswert, wie sie cs so manchmal fertig bringt, in dem Kampfe mit diesem Todfeinde Sieger zu bleiben. ^ »i Von einem Kampfe im gewöhnlichen Sinne kann man überhaupt nicht gut sprechen, hat doch die Lerche keine Waffe, die sie dem Falken entgegensetzen könnte. Ihre Waffe ist ihr Lied. Aber auch ihre Gefahr. Wie leicht macht sie es dem Habicht, dem Sperber, dem Wander- und Lerchenfalken, ihre Spur zu finden. Und doch kann sie nicht schweigen. Und in je höhere und gcfährlich«re Regio- neu sie steigt, um so freier wird ihr Lied. Da sieht sie plötzlich über sich ihren Feind. Was tut sie? Sie weiß, daß er nur das Bestreben hat, von oben herab auf sie zu stoßen, und nun sucht sie ihn in zahl reichen Scitensprüngcn ans der Richtung zu bringen und ihn damit'immer tiefer herabzuzichen, während sie selbst bemüht ist, über ihn zu gelangen. Denn nur von oben her ist er ihr gefährlich. So entwickelt sich ein Wcttflng um Leben und Tod, und nicht selten schlägt die Lerche den Höhenrckord. Ihre Winkelzüge ermüden den Falken so sehr, daß er sich zu der Philosophie Meister Reinekes bekennt und die Trauben für zu sauer erklärt. All sein grimmiges Nasen hat ja nicht einmal so viel Eindruck auf die Sängerin gemacht, daß sie ihr Lied eingestellt hätte. Im Gegenteil, sic singt und singt nnd singt, als gälte es nur einem Spiel mit ihm. Viel leicht denkt er: Wer bei solcher Hatz noch ununterbrochen singen kann, der hat noch viel Luft zu verschenken und mit dessen Lunge kann man nicht mit. Jedenfalls gibt er sich geschlagen und zieht ab. Es ist aber doch ein gewaltiger Unterschied in den Lie dern der Lerche, wenn sie frei oder von ihrem Todfeinde verfolgt ist. Das zeigt sich sofort nach dessen Abzug: im Gegensatz zu den abgerissenen Tönen vorher quillt jetzt der Jubel a»S ihrem Gesang förmlich mit Inbrunst hervor. Nicht immer ist allerdings die Lerche Siegerin. Schon wiederholt hat cs sich ereignet, daß sie einem solchen un gleichen Kainpf auf freiem Felde in ihrer Herzensangst keine andere Rettung sah, als sich zu den gerade anwesenden Menschen herabzuflüchten. Einem meiner Freunde flog auf einem Spaziergänge unversehens eine Lerche gegen die Brust und versteckte sich in seinem Mantel. Als er aufsah, gewahrte er in ganz geringer Entfernung über sich einen Falken, der verdutzt und enttäuscht abzog. Diese zutrauliche Seite im Lerchcngcmüt benutzte der heimtückische Mensch früher, um sie in Massen zu fangen. Auf einem starken Pfahl wurde ein Brett befestigt, das mit vielen Stücken Spiegelglas beklebt Kar. Daneben hielt man eine lebendige Lerche, die an einen Bindfaden ange bunden war, so, daß man sie von einem Versteck aus hin