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Donnerstag, 8. November 1928 Kummer 256 — 27. Jahrgang AerlagSor»! TreSd - » Anzeiaenvreile, Die Inelpnltene Petit,eile !j<» Fnmilien- an,eigen n.Sielleneeluckie SNZ. Die Pe,iireName,rile. 8!» mm breit. > Für Anzeigen antzerlinlb de? AerbreiinugSgebiete« ck,t Z. die PeNirellninezelle I.NO^e. Olleriengeb.S« <1. Im Falle büderer SiewaN eriiicht jede PeN'flichiung ans Lielerung sowie Sctiilluiid >>. Anzeigen-Anlirügen n. Leistung ». Schadenersatz. Geschtslttichei Teil Jlrtur Len,. Dr-Sde„ kr-cheini smat wöchenti. mit den tUustr. Braltsbettagen ,D>e Seit' und .Für untere tietnen Leute'. lowie de» rertbeitagen ,SI. r>eimo>BIaIt', »llnterbattnng und Wissen', .Die Welt der Frau'. .Aerzilicher Ratgeber'. Das gute Buch" „Filmrund. schau'. Manatiicher Bezugspreis 8 MI, einschl. Bestellgeld, »iuzelmnnmer I» Z. Sonnabend, u. Sonntagunmmer SU g. Lanvtschristlelier- Tr. (S. DeSczUk. Dresden, sveschäftSftelle, Truck ».Verlag : («ermauia, A.-K. iiir Berlag undDritckerei,Filiale Dresden.DreSdeu-A.I. Poilerstratzel?. FernrniSIVIL. Posticheckloulo Dresden MZ, Baullonto Stadtban' TreSde» Ar »171» Für christliche Politik und Kultur Redaktion de».. Sächsischen VolkSzettung TreSdeu-Altsladt r Poiierstratze t7. Fernru- Mit und rivIL Der Wahltag in Amerika Stärkste Wahlbeteiligung Neuork!, 7, November, Tie Wahlbeteiligung im ganzen Lande ist so rege, das-, viel fach die Bekanntgabe des Endergebnisses in einzelnen Wahl lokalen schon vor dem offiziellen Schluß erwartet wird. Es lausen bereits Teilergebnisse, namentlich ans dem Lüden und mittleren Westen ein, wobei im Süden, hauptsächlich in den ländlichen Bezirken, Smith die Führung hat. während im mitt lere,, Westen und in einigen Atlantikstaatcn anscheinend Hoover an erster Stelle steht. Teilergebnisse ans Texas weise» einen schonen Kampf zwischen beiden Kadidaten ans, In Atlantic-Citp, Philadelphia und einigen anderen Lrleii ist es zu Zusammenstößen zwischen repnblika- tiischen und demokratischen Wählern gekommen, da bei der Cüttimabgabe angeblich Betrügereien verübt worden sein sollen. Die Ruhestörungen wurden jedoch rasch Leigelcgt, nachdem einige Hanptschrcier verhafte! worden waren. Ein ernsterer Zwüchensall ereignete sich in Charleston sWesloirginia), wo ein Wähler, der mit einem anderen Wähler in ein politisches Wort- getecht geriet, von seinein Gegner angeschossen und so schwer vrrlctzt ivnrde, das; er sich in kritischem Zustand besindct. Das in Neuyork und den meisten Landcsteilen herrschende schöne Wetter läßt eine Wahlbeteiligung erwarten, die einen Rekord darstelle» dürste. Die Berichte ans Neuyo r- ker Wahlbezirken melden eine außerordentlich starke Slimm abgabe, Seit den frühesten Morgenstunden herrscht an den meisten Wahlplätzen großer Andrang. Hunderte von Wühlern, darunter viele Frauen, warten in Reih und Glied vor den Nach Poincares Rücktritt Paris, 6, November Die vier radikalsozialistizlyen Minister Herriot, Sar taut, Pertier und Qucuille statteten dem sranzösijchei Ministerpräsidenten Poincarö heute vormittag einen Besuch al und überreichten ihm ihr Nülltrittsgesuch. An dem Ministcrrat der unter Vorsitz des Präsidenten der Republik im Eiysöe statt snnd, haben die vier Minister nicht mehr teilgcnommcn. Aus Grund des Rücktritts der vier radikalsozialistische» Minister richtete Ministerpräsident Poincare ein Schreiben atz den Staatspräsidenten Doumcrquc, indem er den Gesamtrücktritt des Kabinetts erklärt. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut: „Ich habe soeben von meinen Kollegen Herriot, OueuiUe, Pcrrier und Sarrant das beigesügte Rücktrittsschreiben erhalten In der Absicht, eine Zusammenarbeit zu erhalten, die ich für das össcntliche Wohl nützlich hielt, habe ich seit langem gesagt, daß wenn irgendeines der Kabinettsmitgliedcr zurücktretcn sollte, ich mich gezwungen sehen würde, unsere Ecsamtdemission zu geben Ich habe daher die Ehre, Sie Ihnen zu überreichen." Staatspräsident Doumerque hat die Demission angenommen, Die Beratungen über die Ministcriumsbildnug beginnen nm r Uhr nachmittags im Elysöe. Der Rücktritt des Kabinetts Poincare kommt trotz de, Klijenstimmung, die seit Wochen anhnlt, überraschend, da mar am Montagabend noch in parlamentarischen Kreisen hoffte, übei die Schwierigkeiten hinwegzukommen. Es ist bis jetzt noch nichl klar, ob Poincare an ei^ie Neubildung des Kabinetts herantreten wird. Allerdings ist es fraglich, ob er noch einmal sich bereitsinden wird, eine neue Kabinettsbildung zu überneh men. In diesem Zusammenhang sei an einen Ausspruch von ihm erinnert, den er vor etwa einem Jahre tat und der dahin lauleie, daß, falls er gestürzt werden sollte, er sich von der Politik zurückziehen würde. Es sei weiter darauf hin- gewiesen, daß die beiden Mitglieder der Nepublikanisch-sozia lisiischen Partei, Briand und Painlevü, politisch weiter links stehen als die der radikalsozialistischen Gruppe angehören den Minister. Auch die Anhänger Vriands und PainlcvLg be schlossen aus ihrem Pariser Parteitage vom vorigen Sonntag, die bekannten Kongregationsparagraphe» 70 und 71 des Finanz- entymrfes abzulehnen Wahllokalen, Allein in der City von Reuyork wird die Abgabe von etwa zwei Millionen Stimmen erwartet, Ter Renyorker Polizeikomniissar Hai 8000 Polizisten, etiva die Hülste der ge samten Polizeimacht, sowie 1',00 Spczialbeanue zur Ueber- wachnng der Wahltäugkeit aufgeöotcn. Auch ans den übrigen Testen des Staates Neuyork, sowie ans den Landestesten an der Küste des Stillen Ozeans wird stärkste Wählketeiligung gemeldet. In Chikago waren 2A> Stunden nach Eröffnung des Wahlaktes von der Gesamtslimmzahl von 138Ü000 bereits über 300 000 Stimmen abgegeben, Kansas-City meldet nach zweistündiger Wühltätigkeit die Abgabe von über 50 000 Stimmen, was ungefähr einem Viertel der Gesamtstimmenzahl entspricht. Der mexikanische Zuslizskandal London, 6. November. In dem Prozeß gegen den Mörder des Generals Obrcgon, Jose Toral, und die Mitangeklagte Nonne ist eine sensatio nelle Wendung cingctreten. Die Regierung hat nach den Er klärungen des Angeklagten, daß er nach feiner Verhaftung neun Stunden lang von der Polizei de» schwersten Tortur unter zogen wurde, um ihn ein Geständnis z »erpresse,,, und daß er schließlich auf die Drohung, daß auch feine Frau mißhandelt würde, ausgesagt habe, alle drahtlosen Anlagen aus dem Ee- richtssaal cntsernen lassen. Die Zeitungen sind aufgcsordert worden, sich der Berichterstattung und jeder Kommentare über den Prozeß zu enthalten und die Beröffentlichung von Photo graphie» cinzustellen. Auch die offiziellen Presseberichte werden den Zeitungen in Zukunft iftcht mehr zur Verfügung gestellt werde». Der PrüsiSent Ser Republik hat das zurnckgetrciene Kabinett Poincarö mit der Führung der laufen de» Geschäfte beauftragt. Der Präsident begann am Nach mittag seine Verhandlungen zur Bücking eines neuen Ministe riums. Er hat, wie üblich, zunächst mit den Präsidenten von Kammer und Senat verhandelt, — In den Wandelgängcn der Kammer hat die durch die Demission des Kabinetts geschaffene Lage besonderes Aufsehen erregt, weil heute das Parlament wieder znsammentrelrn sollt«. Rach Havas beurteilt man in den Wandelgängen der Kammer die Lage ats vollkom- m e n n n g e k l ä r t. Es ist möglich, daß mehrere Tage ver gehen werden, bis der Präsident in der Lage ist. de» künftigen Ministerpräsidenten zu bestimme». Wenn man nur die Kräfteverteilung in, Parlament be rücksichtigt, so widerspricht nichts der Annahme, daß To»- mergue a u s s n e u e Pot n ca r d zur Bildung der Negierung aussordert, zumal er stets das Vertraue!' der Kammer erhalten Halle. Gesetzt den Fast, daß Pvincard die Kabinettsbildung übernimmt, darf man sich nichl verhehlen, daß er ans ernste Schwierigkeiten stoßen wird angesichts der von de» Radikalen eingenommenen Hatiung, Man saßt unter diesen Umstünden auch die 'Möglichkeit der Bildung eines Kabinetts ans neuer politischer Grundlage ins Auge: entweder ein Ministerium der republikanischen Konzentration oder ei» in sich geschlossenes Ministerium der Linken oder der Bütte. Die außerordentliche Bedeutung des Rücklriits der Re gierung wird aber vor allein in Sem ni ügliche n A usjchei - den Poincares von der Leitung der politischen Geschäfte erblick!, Sa er cs verstanden hat. während der letzten zwei Jahre seiner zielbewussten und für Frankreich so erfolgreichen Regierung sich Sympathien auch in den Kreisen zu erwerben, die ihm politisch von Hanse ans fern standen. Vom sran- zvsischen Standpunkt aus würde der Rücktritt Poincards und sein etwaiges Ausscheiden ans der politischen Arena einen schweren 'Verlust bedeuten. Durch seinen Rücktritt wird das von ihm entworfene und der Finanzkommission der Kammer bereits vorgelegte Budget für 1929 ans das ernsteste bedroht. * Bau einer Funkstation bei Genf. Die Radio-Schweiz A -T. beschloß den Bau einer radiotelegraphischen Sende- und Emp fangsstation bei Genf. Die Baukosten werden mit rund einer Million Franken veranschlagt. Vraliavus Sturz (Von unserem Vertreter.) O. I. Wien, 5. November. Bei dem von uns bereits im Juli vorausgesagten er zwungenen Rücktritt Vintila Vratianus haben wir zwischen dem Anlaß und der eigentlichen Ursache deutlich zu unterscheiden. Der Regentschaftsrat nahm den bevor stehenden zehnten Jahrestag Großrumäniens am 1. De zember zum Anlaß, zu erklären, daß es bei dieser Feier untunlich, ja geradezu unmöglich wäre, daß jene Partei, welche die Vereinigung Siebenbürgens mit dem Altreich proklamierte, in haßerfüllter Feindschaft gegen die Regie rung stünde; der Regentfchaftsrat forderte daher eine Konzentration, welche Forderung Bratianu unmöglich er füllen konnte, weil die Nationalzaranisten eine derartige Bindung strikte ablehnten. Die amtlich verbreitete Dar stellung beleuchtet sonach den Anlaß, sie beleuchtet die Tatsache,, daß sich der Regentschaftsrat stark genug fühlt, der liberalen Dynastie Bratianu ein unerfüllbares Ulti matum zu stellen, sie übergeht aber die Ursache, die in der Anleihe-Frage zu erblicken ist. Bratianu unterstreicht in seiner Verlautbarung den Umstand, daß der Anleihe-Abschluß so gut wie perjekt sei; dies tat Bratianu bereits seit Monaten, so daß in Rumä nien das geflügelte Wort entstand: „Wenn Bratianu etwas behauptet oder etwas dementiert, so ist gerade das Gegenteil wahr!" Der Abschluß der Anleihe wurde bereits im Laufe des Juli behauptet; an ihre Stelle trat,, als sie ausblieb, der Begriff des „Vorschusses", den ein fran zösisches Konsortium zugesagt habe. Als es sich heraus stellte, daß auch dieser Vorschuß erst einen später zu essek- tuierenden Vorvertrag darstellte, in dessen Zug das fran zösische Kapital die franko-rumänische Kriegsschulden« reglung erzwungen hatte, sprang die Bnnca Commercials mit einem kurzfristigen Darlehen ein: in der äußersten Not der Notwendigkeit der Erntefinanzierung. die ohne Darlehen einen Zusammenbruch des Lei herbcigefnhrt hätte, begab sich der frankophile Bratianu in die Händs des italienischen Kapitals. Für Italien aber war der Sturz der Liberalen eine seit Avarescus Sturz erstrebte Sache. Vratianus Suchen nach der großen Anleihe stieß daher unentwegt auf Italiens unterirdischen Widerstand, der sich um so nachhaltiger auswirken konnte, als die Prä missen der Anleihe noch immer nicht über das Stadium der Vorerwägung hinaus gediehen sind. Wiederholt man sich die Vorbedingungen, so konzen trieren sie sich in zwei Punkten: 1. Die Regelung der deutsch-rumänischen Finanzdisferenzen, 2. die Kontroll« forderungen der Geldgeber, welche sich ungefähr in dem Rahmen halten, der mit den Anleihen Griechenlands und Bulgariens verbunden, sowie bei der jugoslawischen An- leihewerbung ebenfalls aufgeschienen war. Gewiß scheint die Regelung mit.dem Deutschen Reich nahe gerückt; aber vollzogen war sie bisher nicht. And die Kontrollsorde rungen setzen eine Reihe von Umänderungen im staats finanziellen Leben Rumäniens voraus, deren Durchfüh rung monatelang gewährt hätte. Zeitgewinn war zwar die alte Taktik Vratianus, so hätte er sein Regime noch unbegrenzt sortführen können, wenn es allein nach ihm gegangen wäre; aber die drohende Rückforderung de . kurz fristigen Anleihe der Vanca Commerciale bald nach Jahreswende, der bevorstehende Nationalfeiertag der Gründung Eroßrumäniens, der Emanzipierungswilien des Regentschaftsre.tes gegenüber der liberalen Bevormun dung. die Erkenntnis, daß Vintila Bratianu nicht die gleiche Brutalität besitzt, wie sein verstorbener Bruder, nicht zuletzt aber der entschwundene Glauben an Bintila Vratianus Anleihe-Versprechen, sowie die Erkenntnis, daß es diesem innerpolitisch heiß umbrandeten Regime kaum gelingen werde, das Auslandskapital von der „Konsoli dierung Rumäniens", also im Sinne der Anleihebegebung, zu überzeugen — dies alles wirkte zusammen, daß der Regentichastsrat den Zeitpunkt als gegeben erachtete, den Liberalen den Gnadenstoß zu geben, wodurch er obendrein nicht nur seine Macht, sondern auch seine Popularität stärkte. Mit der Geste, die Anleihe sei so gut wie abge schlossen, stürzte Bratianu und zimmerte sich damit das Schlagwort für seine künftige Dppositionssteliuiig, weil er weiß, daß auch die kommende Negierung einen Weg voll Steinen und Dornen bis zur Erreichung der Anleihe zurücklegen muß, die Numäniens Staats- und Volkswirt schaft unbedingt braucht. Wer folgt »u n den Liberalen? Zwei Gruppen von Anwärtern sind »ach Ausschaltung der Liberalen zu erkennen. Die eine ist die national.zaranistische Partei M a n i u s', die zweite eine Interessengemeinschaft Avarescus niit Jorga; zwischen beiden steht die Bauernpartei Lupus, der anläßlich der letzten Wahlen von den Nationalzaranisten zu den Liberalen wechselte, seit Die heutige Nummer enthält die Beiiage „U nter hol t u n g u n d W i s i e n".