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Nummer 205 — 27. Jahrgang strichen« wschenti. mit den Illnslr. Gratt»r«Uag«n .Dl, k>,U' und ,»ür »n>«re Nein,» Leute', sowie de» rerldeilagen ,«I. Benn^BIaii'. .Unterhaltung und Wissen', .Die Welt der x«u>'. .Aerztticher Ratgeder'. Da» gute Buch', .kNImrund. schau'. Monatlicher ve,ug»pr«t» S Mt. elnichl. Bestellgeld. Itnjelnummer IN Sonnabend- u. Sonntagnummer i»v Hauptschrlllielter, De. w. De-ctyk. Dretd«. LüchUche Sonnabend» 8. September 1V2S >v er l a g i> o r e , Dresden «n»etg,uvr»i«e> Die Igeivaiteue PetttzeUe »« z. NamU„n. eigen ».Stcllengeiuche »«Z. Dt-Petttteklame,etle, 89 mm breit. I gillr Anzeigen außerhalb de« Berbreitung-gebt-te« 4« g. die PetiireNamezeil« > .»«>.«. Oflerlengeb.»« ^ Im »all« bSherer Gewalt erlischt tede Berdllichtung aus Liesening lowt, Lrsüllung v. ilnzeigen-AuitrSgen ». Leistung v. Schadenersatz, »eschiUtltcher Teil Artur Leu». Dresden. HÄLsseiluim ««eschäs,»stelle, Drull «. Berta,-«ermanta. Si^-G. iilr «erlag und Dru<kerel,»Utale Dresden. Dresden.«. I. «ollerlirutzel?. »ernru«SI0l2. «ostichelktonlo Dresden -708. Banttonto Sltadtban» Dresden Nr 81719 Für christliche Polilik und Kullur Redaktion der Sächsische» B»Ik«,ettun, >t I Polierstrahe t7. »ernriu Mit „nd?IVI2. Dre»den.«llltadi Mulmatzungen in Genf — Reichskanzler Müller nimm! in der Vollversammlung das Wort Drian-s Gegenbesuch Genf. 7. September. Die Räumungsfrage ist in Gens noch nicht voran- gekommcn. Der französische Auhenminister Briandhat seinen Besuch bei Reichskanzler Müller noch nicht abgestattet, weil die gestrige Ratssitzung sich zu lange ausdehnte. Jedoch hat im Lause des Donnerstag eine Aussprache zwischen Briand und Lord Cushendun stattgefunden. Der Besuch Briands bei Reichskanzler Müller soll bestimmt am heutigen Freitag statt finden, ebenso erwartet man für heute eine Unterredung zwischen Müller und Lord Cushendun, an die sich eine Zusammenkunft des Reichskanzlers mit dem belgischen Außen minister Hymans und dem Italienischen Senator SeIal»ja anschlietzen soll. Falls in diesen Unterredungen eine gewiss« Uebereinstimmung in den Hauptfragen erzielt werden sollt«, rechnet man, wie aus Kreisen der englischen Delegation ver lautet, bereits am Sonnabendnachmittag mit der ersten A us - spräche zwischen den Vertretern der vier Be satzungsmächte und dem Reichskanzler Müller. Man erwartet, dass aus Grund dieser Besprechungen zunächst ein Protokoll gemacht wird, das di« allgemeine Linie der getroffe nen Vereinbarungen feststellt. Die weitere Führung der Ver handlungen soll sedoch auf diplomatischem Wege zwischen den Regierungen ersolgen. Weiter wird aus Kreisen der englischen Delegation mit geteilt, daß die erste Unterredung zwischen Müller und Briand allgemein einen guten Eindruck hervorgerufen habe und daß man weitere sachliche Verhandlungen für möglich erachte. Man hält es nicht für ausgeschlossen, daß in den kom menden Verhandlungen gewisse Grundlagen für die Lösung der Räumungsfrage geschossen werden können. Aüch verstärkt sich in unterrichteten Kreisen die Auffassung, datz die kommenden Verhandlungen di« Ausnahme von Sachverständigen-Arbeiten zur Prüfung der gesamten Reparations- und Schuldenfrage zum Ergebnis haben werden, deren endgültig« Regelung dann aus dem Wege einer internationalen Reparationskonferenz geklärt werden könnten. Man rechnet damit, daß Reichskanzler Müller noch am heutigen Freitag in der Vollversammlung das Wort nehmen wird. Wenn man auch annimmk, daß die Rede sehr vorsichtig gehalten sein wird, so verspricht man sich von ihr doch einen Einfluß auf die bevorstehenden Beratungen über die Rheinlandräumung. Wie es heißt, wird Außenminister Briand nunmehr bestimmt mit den übrigen Besatzungs mächten Fühlung nehmen, um die erste gemeinsame Verhand lung über die Rheinlandfrage zustande zu bringen. Die Magdeburger Führerlagung Die kaHolischen Vereine und die Kirche (Drahtbericht unseres Sonderbericht erstatters.) c. Magdeburg, 6. September. Der Auftakt zur eigentlichen Tagung des Katholikentages war eine von Bischof Klein in der altehrwllrdigen Propsteikirche gehaltene Pontifikalmesse, die so stark besucht war, daß es schwer hielt, überhaupt noch Eintritt in das Gotteshaus zu erhalten. Stiftsprediger L i n h a r d - München hielt die Festpredigt, in der er gehaltvoll über das Thema „Die katholischen Vereine und das Uebernatllrliche" sprach. Aus seinen Ausführungen war folgendes zu entnehmen: Uns Katholiken ist das Organisatorische nicht eine Nach ahmung unserer Gegner, sondern ein tragender Grundpfeiler im Leben und Wirken unserer Kirche. Die Kirche ist der ge waltigste Menschheitsorganismus, den wir kennen, und die Kirche weiß sich dabei auf dem rechten Wege. So fürchtet die Kirche nicht den Vorwurf des Organisatorischen, solange sie in ihrem organisatorischen Ausbau den lebendigen Funken, den Herzschlag des sortschafsenden. fortzeugenden Christus ver spürt. Dieser Wille zum Organisatorischen wird in den Kirchen noch entschiedener, wenn sie aus dem Heiligtum heraustritt aus den Markt des Lebens. Dieses stehende Heer hat der Heilige Vater mobilisiert in seinem Ruf zur Katholischen Aktion. Katholisches Wesen hält sich nicht mehr in Seelen kammern und Sakristeikammern, es will mitraten und mit tragen überall, wo die Menschheit heute an ihrem geistigen Dasein aufbaut. Den Willen zur Mitarbeit am Kultur- schasfen der Zeit werden wir Katholiken uns niemals nehmen lassen. Wir wollen dabei die Weltordnung des Evangeliums nicht verlaßen. Das Ewige ist und bleibt uns das Erste. Aber um des Ewigen willen müssen wir im Geiste des Ewigen das Zeitliche bilden. iWr wollen die Menschheit retten, wenn ihr übergroße Not und Ungerechtigkeit den Glauben an Gott und Menschheit verleide. Darum der päpstliche Ruf: „Katho liken steht auf zur Katholischen Aktion!" Wer da glaubt, dieses gewaltige Reformwerk müsse nur von Priestern und nur vom Eotteshause aus geleitet werden, der verurteilt die Kirche zur Ruserin in der Wüste. Wer da glaubt, dieses Resormwerk solle nicht als organisierte Zusammenarbeit aller Gläubigen, sondern nur durch christliche starke Einzelpersön lichkeiten geleitet werden, der muh uns zuvor einen neuen Moses erbeten. Solange unsere christliche Missionsarbeit nicht mit ägyptischen Wundern aufwarten kann, solange werden wir dem organisierten Unglauben von heute nur mit einem ebenso orga nisierten Glauben bcikommen können. Wer die Statistik unserer Organisationen überfliegt, diese Fülle von Arbeitsgebieten und Organisationsavparaten. der könnte an der Idee der Einheit wohl verzagen. Wer aber dieses Organisationsgcschlinge durchschaut, sieht, wie die scheinbar aus einanderstrebenden Kräfte sich um «ine unsichtbare Mitto drehen. Das Herz Jesu, das Herz der Welt ist auch das Herz unseres katholischen Dereinswesens. Das organisierte katholische Erden rund dreht sich um den. der für uns alle gelebt hat, daß wir eins seien Der Wille zur Einheit in Christus wird mit seelischer Notwendigkeit ein Wille zur Heiligkeit in Christus. Letztes Ziel für unsere Vrreinsarbeit ist der katholische Mensch, die katho lische Menschheit, die nach Christus gestaltet wird. Wir wissen, daß man die Heiligkeit nicht organisieren, nicht züchten kann. Wir müssen mit unseren Arbeitern Wirtschastsmenschen mit unseren Gebildeten Problcmmenschen, mit unseren Armen Samariter werden. So verschieden sich unsere Vereine nennen, sie tragen alle das „Katholisch" an der Stirne. Sie spüren noch in sich den universalen Missionsbefehl Christus an alle Zeiten, Völker, Stände, Kulturen, also auch an die Gegenwart. Eegen- wartsmission ist Heidenmission. Diese Situation gibt unseren katholischen Organisationen die besondere providentielle Note und Berufung. Unsere Vereine können es sich nicht oft genug sagen, daß sie nicht Vereine, sondern die in der Gesellschaft lebende und wirkende Kirche sind. Wenn aber die Zeiten des Heidentums heute wiedergekommen sind, dann auch die Zeiten der Apostel. Nereinsarbeit im Sinne der katholischen Aktion kann nicht in Organisation und. Bürokratismus aufgehen. Ver einsarbeit im Sinne der katholischen Aktion heißt, mit einer apostolischen Seele apostolische Werke vollbringen. Nicht jeder Christ kann ein Priester sein. Jeder aber kann ein Laienapostel sein. Das allgemeine Priestertum, das bisher durch Jahr hunderte in den Zeilen des ersten Pctrusbricfes schlummerte, ist durch den Stellvertreter Christus zur Auferstehung berufen wor den. Der katholische Christ, der bisher nur für sich selber sorgen mußte, ist jetzt katholischer Funktionär der Kirche geworden. Anschließend begann dann gegen 11 Uhr in der Stadthalle die Vertretertagung selbst, die der Redner Fürst Alois zuLöwen- ste i n in kurzen Linsührungsworten eine Führertagung nannte, da sie nicht nur von den Vertretern der katholischen Organi sationen, sondern auch von zahlreichen Einzelpersönlichkeiten des katholischen Lebens besucht sei. Kurz umriß Fürst Löwenstein das Arbeitsprogramm dieser Tagung, an einer Reihe von Einzelfragcn die Aufgaben der katholischen Aktion herauszu arbeiten und zu zeigen, was schon geleistet ist, was zukünftig noch zu leisten und auszuarbeiten ist. Universitätsprofessor Dr. Donders, der bekannte Kanzelredner, gab sodann in einem umfassenden Referat über „Die religiös-geistige Lage im deutschen Reiche und unsere katho lischen Aufgaben" die Leitgedanken, die den einzelnen Arbeits gemeinschaften als Material zu ernster ergiebiger Aussprache zugrunde liegen werden. Diese Arbeitskreise treten heute nach mittag zu ihren ersten Sitzungen zusammen. Ihre Beratungen sind zunächst vertraulich. Am Abend ist wieder eine öffentliche Versammlung, in der das katholische Schrifttum, katholische Presse und katholisches Buch in zwei großen Reden behandelt werden. Weitere Katholikentagsberichte Seite 7 f. England—Amerika Don F. vindscheid» l.. London, 3. September. Trotzdem die Dementierapparate angestrengt arbeiten, ist zur Zeit weder in London noch in Washington ein ernst« liches Bestreben erkennbar, aus der unerträglichen „Atmosphäre" heraus und zu einer klaren Aussprache zu kommen. In London haben die Abwesenheit Chamber« lains, die Zerstreuung der übrigen Kabinettsmitglieder» der Formalismus des Auswärtigen Amts und die Rücksicht auf Frankreich den Geschäftsgang in einem Grade ge« lähmt, der selbst für die tote Saison außerordentlich ist. Washington seinerseits scheint durch seine Wahlängste in einen Zustand auherpolitischer Versteinerung geraten zu sein. Wenn solche Verhältnisse dazu führen, daß der ame rikanische Staatssekretär der Berührung mit den Londoner Politikern unter mehr oder minder einleuchtenden Ent schuldigungen aus dem Wege geht, so kommt dem englischen Publikum zum Bewußtsein, wie wenig es über die wahre Tendenz der englisch-amerikanischen Beziehungen unter richtet ist und wie wenig sie seinen eigenen Wünschen ent spricht. Der Gegensatz zwischen Negierung und Volks meinung ist in der Geschichte der englischen Amerikapolitik nichts Neues, aber es ist eine gewichtige Anklage gegen das englische Unterhaus, daß es im Zeitalter des vollendeten allgemeinen Wahlrechts nicht einen Zwiespalt zu ver hindern gewußt hat, der in dem oligarchischen England zur Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges als normal gel ten mochte. Bleibt — da die zuständigen Instanzen versagen — die Presse. Der bekannte „Diplomatische Korrespon dent" des „Daily Telegraph" hat versucht, auf eigene Faust beizubringen, was die englische Regierung sicher ihrer öffentlichen Meinung schuldig ist, nämlich eine authentische Darstellung der amerikanischen Be sch w e r d e p u n k t e. Es ist dieselbe Liste, wie wir sie aus der Zeit vor einem Jahr kennen, als der Mißerfolg der Genfer Dreimächte-Konferenz den ersten offe nen Ausbruch englisch-amerikanischer Feindseligkeit ver ursachte: Flottenfrage, Lhinapolitik, Mexiko, — nur daß das Gegeneinanderarbeiten auf der ganzen Linie ver schärft erscheint, und daß die Verstimmung über den Kelloggpakt hinzugekommen ist. Was das Flottenkom promiß anlangt, so erklären die Amerikaner nicht allein seinen technischen Inhalt für unannehmbar, vor allem ist die englische Taktik — Vorverständigung mit Paris, wo Fühlung mit Washington so nahe lag — in ihren Augen ebenso charakteristisch wie verdächtig. Man erinnere sich, daß Mr. Houghton, der Londoner Bot schafter Amerikas, in einer aufsehenerregenden Presse erklärung in Washington schon vor zwei Zähren gegen die Vortrittsrechte der französischen Diplomatie in London Front machte. In der Tat entspringt diese Verstimmung über die englische Taktik allem andern als momentaner Ueberraschung.' Die Amerikaner sehen in ihr ein System» das die ganze englische Außenpolitik der letzten.Jahre be herrscht und im Falle des Flottenkompromisses nur seinen Kulminationspunkt erreicht hat. Washington bestreitet nun selbst nicht, daß seine Innenpolitik sowohl die Reisepläne Kelloggs als auch die Behandlung des Flottenkompromisses erheblich mitbestimmt hat. Präsidentenwahlen führen in den ganzen politischen Geschäftsgang einen in hohem Grade künstlichen Fak tor ein, der auch von der englisch-amerikanischen Krise sozusagen in Abzug gebracht werden muß. Sicher darf cn'ch, wenn von der Lterstimmung gegen England die Rede ist, ein Unterschied zwischen der öffentlichen Meinung Amerikas und dem amtlichen Washington gemacht werden. Es ist der Unterschied zwischen dem fulminanten Leitartikel, der die Tür zuschlägt, verrammelt und verbaut, und der diplomatischen Note, die wenigstens eine Hinter tür offen läßt. Wahrscheinlich ist der gefährliche Punkt noch nicht erreicht, wo die heutige Situation, die der Korre spondent des „Daily Telegraph" als eine Frucht jahrelan ger diplomatischer Taktlosigkeiten ansieht, sich durch etwas mehr Takt nicht auch wiedergutmachen ließe. Nachdem Kellogg den Engländern ausgebogen ist, könnte es für eine humoristische Anwandlung gehalten werden, daß der Korrespondent (der, wie gesagt, amerikanische Be schwerden äußert) nach mehr persönlicher Fühlungnahme zwischen den leitenden englischen und amerikanischen Poli tikern ruft. Aber die Amerikaner wissen im großen ganzen wohl, was sie mit einer solchen Aufforderung meinen. Weit entfernt, unaufrichtig zu sein, legen sie damit den Finger auf eine recht wunde Stelle der englischen Politik, auf eine P er s o n e n f r a g e, der mit einer Lektion über gute diplomatische Manieren letzten Endes allerdings nicht beizukommen ist. Di« heutige Nummer enthüll das S». Benno-Blatt« das Sonntagsblatt siir die Diözese Rettzen.