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Einzige katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen Organ der Zentrumspartei- Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend Ausgabe v nur mit der Wochenbeilage. ^ Ist eine Abrüstung möglich? Die Kriegslasten, vor allem die Notwendigkeit der Ein führung neuer Steuern beziehungsweise die Erhöhung der bestehenden, um die Zinsen der Kriegsanleihen ohne über mäßigen Notenumlauf decken zu können, haben die Frage hervorgernfen. ob nicht die Einschränkung oder gar der Ent fall der für Rüstungszwecke au sznb ringenden Beträge diese Maßregel notwendig machen könnte. Bevor man an die Beantwortung dieser Frage schreiten kann, muß man sich klar werden, was »mn unter Abrüstung versteht, denn über diesen Begriff herrsclA'n gar viele Mei nungen-, dann kann man untersuchen, welche Gründe für sie sprechen und an welche Bedingungen sie zu knüpfen wäre. Aus der Entwicklungsgeschichte des Heereswesens weiß man, daß ursprünglich alle Freien wehrpflichtig waren, später nur besondere hervorragende Gruppen, ihnen folgten Söldner heere. zrr Beginn der neueren Zeit geht inan über zu den flehenden Heeren bis schließlich wieder die Gesamtheit der Staatsbürger, soweit sie tauglich ist, in das Heer einzntreten hat. Das Heer ist heute ein Vollslieer. Es zeigt sich einmal als Rahmenheer (Kaldressystem), dann als Milizheer (Miliz- snsteim). Der Unterschied liegt in der Zahl der einzuberufcn- dcn rrnd auszubildenden Staatsbürger, in der Darier den Ausbildung, die beim ersteren ununterbrochen eine Zeitlang 2—h Jahre) dauert, beim letzteren dagegen eine kurze Zeit und irr Form oon Wafsenübungen fortgesetzt wird und schließlich in der in ersterem Falle ausschließlichen militä rischem Verwendung während der ganzen Darier der Aus bildungszeit der aktiven Präsenzdienstzeit. Ans diesem System beruht der Begriff -er Vollrüstung im Gegensätze zur Abrüstung. Zum Begriffe der Vollrüstung rechnet man: 1. Das Festhalten am Kaldressystem im Gegensatz zum Milizsystem, weil derjenige, der das Kadressystem hat, ans jeden Fall bester gerüstet ist und rascher für den Krieg mobilisieren kann. 2. Ein möglichst großes Nekriitenkontingent, damit diese Kadres zu jeder Zeit schon ivöhrend des Friedens stark ge füllt sind. ß. Denselben Zwecken, die Kadres möglichst stark anSzilfüllen, dient die lange Dienstzeit. Während der Prä- senzdienstzeit sucht man beim System der Vallrüstung die Einberufenen ausschließlich für militärische Zwecke zu ver wenden: an eine Verwendung zu Zwecken, die auch der Be völkei'nng dienen könntert, wird nicht gedacht oder sie wird auf das geringste Maß eingeschränkt. Für den Mobilisie- rungssall schließt das Vollrüstnngssystem eine möglichst lange Dienstpflicht ein: natürlich geht damit Hand iu Hand eine möglichst Mite und kostspielige Ausrüstung mit allen Waffen. Der Maßstab für die Aufstellung des Heeres und seine Aus gestaltung ist bei diesem Systeme die Kriegsbereitsckxift. Der Maßstab, der hingegen beim Systeme der Abrüst- stung angelegt wird, ist nicht die Kriegsbereitschaft, sondern die inneren Bedürfnisse des Staates. Man stellt ein solches Heer auf und mit solcher Ausrüstung, die man mit Rück sicht auf die inneren Verhältnisse des Landes oon nöten zu haben glaubt. Man gehl daher hier vom Kadressysteme ab und wählt das Milizsystem, nach welchem wohl alle Waffen fähigen zur mÄ.itärisck)en Ausbildung hevangezogen, jedoch nur 'v lange unter Waffen behalten werben, als sie in ihrem Gebrauche gehörig ausgebildet sind und wo während der Ausbildung die Einberufenen auch zu anderen als rein militärischen Zwecken verwendet werden. (Im Zolldienst, Industrie und Landwirtschaft.) Tie technisch« Ausrüstung des Heeres beschränkt sich in diesem Falle auf die znr Ver- sügnng stehenden Mittel und diese stellen ini Einklänge mit dem Gesainit-bndgel des Staates. Feilsch wird ein solches Heer nie die gleiche Kricgsbereit'cha-ft und Schlag fertigtest aiv.veiscn wie das Heer, das auf dem Systeme der Vollrii- stung -beruht. Kann man nun die Abrüstung — frei oon Tchlagworten begrüaden? Gewiß; wobei wir Abrüstung nicht so ver sleben wollen, als ob wir überhaupt lein Militär wollten, sondern wir verstehen Abnisten im Gegensätze zum Wett rüsten, also als ein Einschränkerl des Rüstcns. Der erste und maßgebendste Grund, der für die Abrüstung in diesem Sinne spricht, ist die Gefahr des wirtschaftlichen Raines, der durch die Fortsetzung des Wettrüstens den Städten droht; denn die Vollrüstring bedeutet Wettrüsten. Die Abrüstung soll aber auch Revanchekriege verhindern. Wenn solche Kriege unmöglich fein sollten, muß man den Staaten-, die kanin voll- befriedigt ans einem Kriege herworgehen werden, die Was- fcn aus den Händen nehmen; dir nimmt man ihnen aber, wann man znr Abrüstung schreitet. An welche Bedingungen ist aber eine Abrüstung zu knüpfen? Eine einseitige Abrüstung ist gewiß nickst möglich; ihre Turckstührung niiiß an gewisse Vorbedingungen geknüpft sein, sie muß planmäßig auf Grund internationaler Verein barungen erfolgen: neben diesem unter dem Prinzip der N MUe »e«k AeMllU (Amtlich. W.T.B.) Großes Hauptquartier, den 7. Mat 1918. Westlicher Kriegsschauplatz An den Kainpftranten war die Artillcrietütigkeit in de» Mvrgriisliiiidrii lebhaft. Tagsüber blieb sic meist gering. Ans dem Nordnser der L » s scheiterten Vorstöße eng lischer Kompanie». Zwischen A ncre und S v m m e setzte der Feind Australier zu »sichtlichem Angriff an. Beiderseits der Straße Eorbie —Brno konnten sie «nierc vordere Linie erreichen: im »origen brach ihr zweimaliger Ansturm schon vor »i seren Linie» verlustreich zusammen. Tee Artillerietamps luelt liier bis Tagesanbruch in großer Starte an. Südlich rvn B r i m v n t stießen Sturmabteilungen über de» Aisne Kanal in die feindlichen Stellringen bei E v u r c y vvr und brachie» G c s n n genc zurück. An der übrisei, Front vereinzelte Vvrscldknmpse. Osten: In dev Hasenonlagen vv» Mnrinpol wurden wir durch rassische Schisse beschossen. Hio»rtz«oischk Kreist: Starte englriche Abteilungen griffen gestern abend bn! g-rrische Stellungen südlich vom Doiran-See an. Sie wur den abgewic > en. Asmtischer Kriegsscha»platz. Ter Vorstoß englischer Brigade» von Jericho ans über Le» Jordan nack: Osten und Nvrdvsten ist zum Scheitern gebracht !norden. Nach erbitterten fünftägigen Kämpft> wurde der Feind in seine Ausgangsstellungen z » r ü ck g e w vrsc n. Teile deutscher Truppe» haben sich hier bei an der Seite ihrer türkischen Kameraden hervvrge- t u n. Die den Engländer» nbgcnonimcne Beute i ü e r h e b l i ch. Der Generalquartierweister: Ludendorff. 16 »00 Tonnen versenkt. Berlin, 0. Mai. (Amtlich.) An der Westküste Englands neuerdings versenkt l<»5ttU Bruttoregister- tonncn. Sämtliche Schiffe waren tiefbeladen. EiiEr der Dampfer wurde aus stark gesichertem Geleitzuge herausgcschossen. Der Chef des Admiralstabs der Marine. Abgeschoffen Genf. 6. Mai. (Ageoce Harras.) Das „Echo de Paris" meldet: Der Fliegerkapitän Manien ist von einem nächtlichen Ttrerfzuge nicht zurlickgekehrt. Kämpfe in Sibirieu London, 6. Mat. Di« „Times" meldet aus Peking ,onr 21. April: Der Kosakenführer Semcirow, der in Sibirien gegen die Bolschewist kämpft, hat seine Vorposten bis nach Kharamow an der Eisenbahnlinie nach Chardin vorgeschoben. Aus Transbaikalien wird eine weitverzweigte Bewegung zugunsten SemenowS gemeldet. Die Bolschewist erblicken in Semenows eine Gefahr für ihre Herrschaft in Sibirien und werden ihn mit allen ihren Mitteln, die allerdings nicht bedeutend sind, Widerstand leisten. Amerika für Italien Ber n, 6. Mai. Der Neuyorker Vertreter des „Sccolo" kabelt: Man sollie sich in Jta'ien gedulden, wenn Amenka bisher »och keine Truppen an die Piave- irout gesandt habe. Die amerikanische Hilfe erfolge jeweils dort, wo sie am notwendiasten sei. Das gelte auch für den Fall einer großen Offensive gegen Italien. Doch rechne man in Amerika bestimmt darauf. daß das italieni sche Heer den ersten Ansturm allein werde aufhalten können. Las ungarische Kabinett Budapest, 6. Mai. (Ung. Tel.-Korresp-Büro.) Nach Blätiermeldungen werden in dem umgestalteten Ka- binett Weckerle der Finanzminister Dr PopooieS, Honved- minister Baron Szurman, Ackerbauminister Graf Serenyi, Handelsminister Sztrenyi, der Minister am Hoslager Graf Aladar Zichy, Volksernährungsministrr Fürst Windsichgrätz und der Minister für Kroatien Dr. Unkelhäuser ihre Por tefeuilles behalten. Hingegen werden Justizmunster Bazsonyi, Kultusminister Gras Apponyi, Minister de» Innern Toth sowie die beiden Minister ohne Portefeuille Graf Moritz Esterhazy und Bel« FoeldaeS auöscheiden. Oeffentlichkeit geschlossene» Verträgen darf es wicht Geheim verträge geben, Vie vielleicht neue Lffrnsivabsichteii enthalten Mid um -den den Abschluß letzter unmöglich zu machen, müs sen Gehcimverträge von vornherein als ungiftig erklärt wer den. Die Maßnahme der Abrüstung müßte unter.eine in- terewatiowale Kontrolle gestellt werde», wodurch freilich der Staat um -den Preis des Weltfriedens ans seine volle Sou- veiänität verzichtet. In welchem Ausmaße soll die Abrüstung stattsinden? Soll sie sein prozentuell im Verhältnis der bisherigen Rüstung oder im Verhältnis des Gesamtbndgets? In bei den Fällen würde man damit den schon heute wirtschaftlich und militärisch stärkeren Staaten die Uebermacht für alle Zeiten garantieren. Hier kann mir der Vorschlag des Pap stes annehmbar sein. Bis zu dein Maße, als die Anfrecht- erhaltnng des Heeresbestandes notwendig erscheint, mit Rück sicht ans die inneren Bedürfnisse des Staates. Dabei darf man aber durchaus nicht nur ans die Polizeitätigkeit des Staates denken; es kann die Zeit auch auf die staatsbürger liche der künftigen öffentlich und privatrechtlichen Stellung dienenden Erziehung und Ausbildung verwendet werden. Eines sei noch betont. Wir verstehen unter Abrüstung nicht die Beftitigung jeglichen Militärs, weil dies einfach unmöglich ist. In unsere»: Sinne bedeutet Abrüstung En- schränkiing der alle Staatsbürger gleich hart treffenden ma teriellen Lasten niid Einschränkung der Ausbildung, sondern auch znr staatsbürgerlichen Erziehung. Deutscher Reichstag. Berlin, 6. Mai. Vizepräsident T r. P a a s ch e gedenkt bei Eröffnung der Sitzung des Geburtstages des Kronprinzen. Wir kön nen ihm, sagte er, kein besseres Geschenk als den Wunsch übermitteln, daß er den nächsten Geburtstag nicht mehr auf dom blutigen Schlackstfelde, sondern daheim in Ruhe und Frieden verbringen möge. (Beifall.) Darauf wurde die zweite Lesung des Hanshatts des Rcichowirtschaftsamts fortgesetzt. Abg. Hoch (Soz.) wendet sich gegen die Wiederher stellung der freien Wirtschaft. Staatssekretär des Reichswirtschastsaiuts v. Stein führt u. a. aus: Die Preise »»nßten so gestellt werben, daß alle Betriebe auf ihre Kosten kommen. Wenn dann die tech nisch vorteilhafter eingerichteten Betriebe höhere Gewinne erzielten, so liege darin nichts Unlauteres. Das Neichswirt- schaftsam-t wird neben Vertretern der Unternehmer auch -solche -der Angestellten und Arbeiter heranziehen und solche, die oon der Sache etwas verstünden und die ihm die Zuver sicht geben daß es oon ihnen ein brauchbares Urteil erwarten könne. Abg. Kleinath (natl.): Ter Wiederaufnahme des lleberscebandets müßten nnieoe Bemühungen gelten. Tie deutschen Anslandssorderungen hätten in -dem Friedcnsschlnß mit dem Osten ganz anders geltend gemacht werden müssen. Der ictzige Zustand sei der. daß auch die ursprünglich willigen Zahler ihre Schulden an deutsche Glänüger nicht bezahlen würden. Abg. Schiele (Kons.) erklärt, feine Freunde rechneten mit dem Wirtschaftskriege nach dem Kriege. Im Wirtschasts- tebrn komme es auf die freie Persönlichkeit an. Nachdem noch Mg. T r i m b o r n (Zentr.) die sozial demokratischen Aufgaben des ReickOwirtschaftsanites bc sprachen hat und nachdem Abg. Schm id t - Berlin (Soz.) reichsgesetzliche Regelung des Arbeitsnachweises verlangt, vertagt das Haus die Weiterberatung ans morgen 2 Uhr. Schluß 7s/> Uhr. Berlin, 6. Mai. Zn Beginn der Sivnng des Hnuptaiisschnsscs des Reichs- tagrs mackste General Friedri ch vertrauliche Mitteilun gen über das noch nicht ratifizierte Berner Abkommen mir Frankreich belr. den Austausch von Kriegsgefangenen und Zioilintcrnierten. Uuterstaatssekretür v. d. Bnssche verlas folgendes TeIegra m m d e s B o t s ch a f t e r s F r e iher rn o o n M n in m : Es handelt sich nin ein reines Arbeftsministe- riiim, bestehend ans lauter, auch den politisch andersdenken den, annehmbaren, reisen und tüchtigen Männern. Alle ha ben sich ans den Grundgedanken des H et man: Erhaltung und Stärkung der nationalen Selbständigkeit der Ukraine im engsten Anschlüsse an die Mittelmächte, insbesondere an Dentsschländ, unter Ausschaltung gioßonssischer und polni scher Bestrebungen verpflichtet. Es sind keine Polen im Ka binett. Allgemein wird angenommen, däß auch die anderen Parteien, wenn erst bekannt wird — und -diese hat trotz der Osterfeierbagc energisch begonnen —, heoankoinnien werden. w. : i » - ft ^ b. -