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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.07.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050719010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905071901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905071901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-07
- Tag 1905-07-19
-
Monat
1905-07
-
Jahr
1905
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5 Morgen - Ausgabe Jahrgang Nr. 362 Mittwoch 19. Juli 1905. dadurch, daß 8W 16Z2L. 1. L0 1S1.75 .— 2475 .7S SO Mio bis zu einer VerfassungS- L. L. Samoa genommen hat, und an dem Umstande, daß dort nun statt Frieden und Freundschast Unfriede und Zank eingezogen ist und wohl noch einige Zeit herrschen wird. Ob es bei den neuen Zuständen.auf Samoa ohne Unruhen unter den Eingeborenen abgeben wird, ist schwer zu sagen. Die Anwesenheit von Lhinesrn ist sicher ebensowenig geeignet, auf die Eingeborenen beruhigend zu wirken, wie ausgesprochener Zwist und Gehässigkeit zwischen den Europäern und diese auch den Eingeborenen klar werdende schwere Mißstimmung zwischen dem Gouverneur und einem großen Teil» der Ansiedler. Neu« Ziege Oe; glerilralirmur. Was sich jetzt in Süddeutschland begibt, ist ganz geeignet, das stolze Hochgefühl des Klerikalismus noch mehr zu blähen, alles, was liberal ist, samt allem, was protestantisch ist, mit Trauer und Sorge zu erfüllen. Welche Wandlungen hat Deutschland seit 1870 durch gemacht! Damals wollte der Klerikalismus unter Füh rung des verbissenen Partikularisten Jörg, datz trotz des Angriffs Frankreichs der ensu» kodcksris mit dem Norddeutschen Bunde als nicht vorhanden angesehen werden solle. Man wollte den verhaßten Norden, der 1866 über Oesterreich und Süddeutschland gesiegt hatte, in dem voraussichtlichen Nicsenkampfe allein lassen. Man wäre wohl gar gern dieselben Wege gegangen, die in Oesterreich Beust vorbereitete; man hätte wohl gern die Gelegenheit benutzt, um den Prager Frieden wieder rückgängig zu machen und auf Kosten des zu besiegenden Preußen einen deutschen Bund unter österreichischer Führung herzustellen. Das alles scheiterte an dem patriotischen Sinne des bayerischen Volkes und seines Königs. Der Liberalismus hatte eine große Macht stellung, die sich auch während der ganzen siebziger Jahre noch erhielt. Selbst der Kulturkampf konnte sie nicht erschüttern. König Ludwig II. war ein eigen artiger Monarch, aber den Klerikalen wollte er niemals die Herrschaft überlassen. Als 1886 sein tragischer Tod eintrat, glaubten viele Leute, jetzt breche die Herrschaft des Ultramontanismus in Bayern an. Vom Prinz- Regenten Luitpold erwartete man bestimmt eine solche Wendung. Allein auch das war vorläufig eine Täuschung. Die Siege des Zentrums kamen von einer ganz anderen Seite,' vom Reiche durch die Entfesselung der wirtschaftlichen Gegensätze, von Preußen durch die Aufhebung der Maigesetze. Der Prinz-Regent hielt noch länger als ein Jahrzehnt das dem Klerikalismus gegenüber ganz selbständige Ministerium am Ruder. Erst als Freiherr v. Podewils an die Stelle des Herrn v Crailsheim trat, sah man den Schatten der klerikalen Herrschaft deutlicher an der Wand erscheinen. Die Wandlung wurde ztvar abgeleugnet, wie das ja bei jedem Minister-Wechsel zu geschehen pflegt, aber die Taten bewiesen nur zu bald, wie sehr eine solche in vollem Gange war. Das Gesetz über die Umgestaltung des Wahlrechts, das das Ministerium Podewils dem letzten Landtag vorlegte, sollte das Mittel zur Ausführung des Planes sein. Es sollte dem Zentrum eine dauernde Herrschaft dringen. Noch war die liberale Partei — vernünftiger weise batte sie sich für die bayerischen Verhältnisse gänz lich geeinigt —, obwohl in der Minderheit, stark genug, daS Gesetz zu Fall zu bringen, da es nur mit Zwei drittelmehrheit angenommen werden konnte. Der Sieg über den Entwurf sollte nur von kurzer Dauer sein. DaS Ministerium gewährte innerhalb der Grenzen seiner eigenen Machtvollkommenheit dem Zentrum die verlangte Umgestaltung der Wahlkreise, womit viele liberale Mandate an die Ultramontanen ausgeliefert werden mußten. Sodann aber fanden diese willige Helfershelfer an den Sozialdemokraten, die um den Judaslohn eines Mandats den Liberalismus an da« Zentrum auslieferten. Der schwarzrote Zweibund hat gesiegt. Das Wahlgesetz, daS Bayern der dauernden Herrschaft des Klerikalismus ausliefert, kommt nun zustande. ES ist eine interessante und beherzigenswerte Er» fahrung, daß die Reaktion von der Sozial. d«mokratie lebt. In den mannigfachsten Formen kann diese Erscheinung beobachtet werden. In Nord- BrzugS-Preis t» der tzoLpterpedttio» oder der« AnSgab*- fiell« «kg «holt: vierteljährlich S.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung tu« Hau« 3.7k. Durch di» Post bezog« für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4ckit), für die übrigen Länder laut Zeitu»g«prei«Iiste. soo«. «) lll,,,««. Währt es Schiffe, Regimenter, neue Steuern. Auf die Kulturverwaltung in Preußen hat es einen entscheiden den Einfluß. An Fortschritte in geistiger Freiheit ist nicht zu denken. Dem Zentrum zu Liebe werden die Hochschulen in einen das Studium störenden Zwiespalt gestürzt. Nur wenn es auf Kosten des Unternehmer tums geht, namentlich des protestantischen, erinnert sich das Zentrum mit einemmal der volksfreundlichen Seite seines Januskopfcs, und dann kann es auch nach dieser Seite große Zugeständnisse machen. Der Stand der Dinge ist in hohem Maße Schuld der protestantischen Mehrheit. Wenn sie sich spaltet in konservative, liberale und sozialdemokratische Bestand teile, die sich untereinander wütender bekämpfen als die geistige Reaktion des Ultramontanismus, so kann es am Ende nicht anders kommen als es gekommen ist. Gemeinsame Abwehrder schwarzen gei stigen Unfreiheit, das ist allmählich die dringendste Aufgabe der Zeit ge worden. i2S iso :25 50 M Au zeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 28 Familien» und Stellen »Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, GejchästSavzelgrn unter Text ob« a» beloadrrrr Stell« nach Taris. Die »gespalten« SteNamrzeile 7b w. «1. »» 54. 5. S5. SS1SI. .0«. K Deutsches Deich. Leipzig 18. Juli. Die Zustände in Samoa. Die „K. Z." schreibt in Besprechung der Verhältnisse Samoas, daß die aWM.TlkMM Httndelszeitung. Amtsblatt des Äönigk. Land- und des ÄSnigk. Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Nolizeiamtcs der Stadt Leipfig. Aedaktto» und Expedition: I5S Fernsprecher LL2 , Johannitgassr 8. Haupt-AUiau DrrSdeur Marienslraß, 34 (Fernsprecher Amt 1 Nr. 1713), Hanpr-Ftlial» Vertin: L«rtD»nck«r,Herzal.BayrHofbuchhaubla^ Lützowilraßr 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 460S1 K. ll. >.r^i.v«. .r 16925«. 168.50». 81.208. Ussv. S1Z0S. K W? >80 177 — l.SÜ 121.50 .SO 122 S ) j.5ö 174.50 >.— .. ISO >,20 1Z5 W l« Forint los!-s. lOOLO-t Var Aicdtigrtr vom läge * Der preußische Kultusminister hat wegen des Ausschlusses der katholischen Verbindung „Winfridia" durch den StuveutenauSschuß amtliche Berichterstattung eingefordert. * Im englischen Unterhaus wurde gestern wegen des angeblichen Kaufs einer Kohlengrube in Wales durch eine deutsche Gesellschaft interpelliert; der Staatssekretär P ret 1H- man sagte, er glaube nicht an das Zustandekommen deS Kaufs. * Die russische Regierung hat die höchsten Stellen der Verwaltung Finnlands mit einheimischen Beamten neu besetzt. (S. Ausland.) * Der Kommandant der Festung Warschau, Generalmajor Plehwe, ist zum Kommandeur des 13. russischen Armeekorps ernannt worden. * Der Chef des russischen Marinestabe« dementiert die Meldung, daß auf dem Linienschiff „Imperator Alexander II." ein Aufruhr der Matrosen statt gefunden habe. * Nach einer Meldung aus Shanghai haben die Japaner 50 ausländische Schiffe zur Expedition gegen Wladi wostok angekaufi; japanische Torpedoboote bereiten die Landung von Truppen vor. (S. ruff.-japau. Krieg). einer Besprechung der Verhältnisse Samoas, daß die neuesten über das Ausland hierher gelangten Nachrichten zu Besorgnissen nicht Anlaß geben. Auch in amtlichen Kreisen habe man keinerlei Grund für die politische Ent wickelung der Dinge Samoas Befürchtungen zu hegen. DaS Blatt fährt fort: Der Gouverneur Solf wird nun vermutlich noch einige Monate, da er gekräftigt von Neu-Seelanv zurückgekehrt ist, feinen schweren Dienst wahrnehmen, und man darf wobt sicher annebmrn, daß es ihm, der bisher so vorzüglich mit den Ein geborenen fertig wurde und seinerzeit in überraschend kurzer Zeit deren friedliche Entwaffnung herbeiführte, gelingen wird, die un ruhige, gereizte Stimmung unter den Eingeborenen, falls es er- forderlich erscheint, unter Entfernung einiger Unruhestifter, ohne besondere Schwierigkeiten verschwinden zu machen. Schwieriger wird es sein, die unter den Deutschen in Samoa leider ein getretene Parteiung und Verhetzung aus der Welt zu schaffen. Dieser Uebelstand ist nach dem genannten Blatte in seinen Anfängen auf die Gründung der neuen PflanzungSgesellschaften in Samoa zurückzuführen. Ehe Samoa in die Epoche der übereilten PflanzungsgesellschastSgrünvungen eintrat, bei denen der Umstand bezeichnend ist, daß die Hauptgründer mit Samoa gar nicht oder nur ganz ungenügend bekannte Leute waren, entwickelte sich Samoa, ein paradiesische« Land im wahrsten Sinne de- Wortes, mit einer gulgearteten, friedfertigen und schönen Bevölkerung, ruhig und für eine Kolonie, die an sich nicht al« besonders vielversprechend be zeichnet werden darf, in durchaus befriedigender Weise Den gewöhnlichen Küstenklatsch und Zank gab eS zwar, wie in jeder Kolonie, auch dort. Aber im allgemeinen vertrug man sich. Mit dem Gouverneur Solf und den ihm unterstellten Beamte« waren die Europäer und Eingeborenen zufrieden, die Ein- und Ausfuhr der Kolonie nahm allmählich zu, und bei dem tiefen Frieden, der in der Kolonie herrschte und der die Anwendung militärischer Machtmittel unnötig machte, war der Zeitpunkt vorauSzuseheu, in welchem die Kolonie dem Mutterlaude keine Kosten mehr auserlegte. Es heißt dann weiter. Wir wollen hoffen, daß vir in diese Zeit ruhiger Entwicklung wieder htneiagelangen werden, und wollen uns nicht irre machen lass« durch die forlwährrnden heftigen Angriffe gegen die Brr- waltnng und die immer wieder ohne wirklichen Hintergrund auf- gebrachten Gerüchte von einer «friedlichen Stimmung unter den Eingeborenen. Niemand aber wird uns die Ueberzeugung bei bringen «bauen, daß ein Gouverneur, dessen Wirken in seiner ersten Amtszeit von allen Seit« gerühmt und anerkannt wurde, nun auf einmal in seiner zweiten Dienstzeit nicht« mehr langen soll. Gern vollen wir glauben, daß er, weil übereilt gegründete Gesell schaft« «st uastchern Ziel« und Hoffnung« und mtt großen, oft unerfüllbaren Ansprüchen, di« leider auch häufig noch vertreten werd« durch ungeeignete Personen in ungeeigneter Form, schwer zu kämpfe, hat, und wir würden uns auch nicht wundern, wenn er in diesen ihm ausgedrnngeuen Kampf zuweilen vorbei haut. Bon eine» Unterlassungssünde können wir iHv allerding« nicht freisprechen. Li« Has „Kakaofi«b«r", da» fein« Beifall nie gehabt hat. «lstand, hätte er di« Zentrale der Kolonialverwalluna ver anlass« «uff«, mchtzeittg WN««ad eininareifen. Also insofern ist er mitschuldig an der schief«, nuglückUch« Entwicklung, di, Ser ruttitch-lapanitche Weg. Japanische Pläne gegen Wlaviwsftsr. Eine Shanghaier Drahtung des „Daily Expreß" vom 17. Juli besagt, Japan habe jungst eine große Anzahl See dampfer angekaust. Nabe»» 50 ausländische Schiffe seien im Juni unter japanische Flagge gestellt worden. Sie feien angeblich dazu bestimmt, an einer großen Expedition gegen Wladiwostok teilzunehmen. Mehrere der japanischen Torpedoboote, die am 14. Juli in der Amerikabai und Olgabai nördlich von Wladiwostok einliefen, haben angeblich Vorbereitungen für die Landung von Truppen getroffen. Vie Vedingrrngen. Eine japanisch-amerikanische Gesellschaft ist, wie au« Pari« gemeldet wird, zur Verwertung der Natur- Produkte von Sachalin in der Bildung begriffen. Die japanische Regieruna würde, so heißt e«, eine für eine Reihe von Jahren fixierte Summe in Annui täten von der genannten Gesellschaft erhalten, und diese Komnination würde eS Japan möglich machen, auf einen Teil der geforderten Kriegsentschädigung zu ver zichten unter der Voraussetzung, daß die Wladiwostoker Außenwerke geschleift würden, weil Japan unumschränkt und unbedroht sein neue« Gebiet verwalten will. In diesem Sinne sind die aus Washington stammenden Nachrichten ab gefaßt. knuahmefchlutz für Anzeigern Ab«,d-Au»gabc vormittag» 10 Uhr. Morgea-<tu»gab«: nachmittag» 4 Uhr. Lazetgru jiud siel« « ble Llpebsttoo za richt«. Ortr«-Veil«sea iva» um der Morg«. Ausgabe) »ach besonderer Vereinbarung. Die ErpePM»» ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Potz in Leipzig (Inh. vr. R. » W. lkltnkdardt! Herausgeber! vr. Victor Kltnkhardt. Berlin, 18. Juli. * ReichSfiSkuS und Gemeinden. Die Frage der Be steuerung des ReichsfiSkuS durch die Gemeinden ist so alt wie das Reich selbst. Beantwortet ist sie bisher nicht, ob gleich schon in den siebziger.und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts vielfach kommissarische Verhandlungen zwischen den zuständigen NeichSressortS zur Fertigstellung eines die Angelegenheit regelnden Grsetzentwurss stattgefunden habens Neuerdings sind die Erwägungen auf diesem Gebiete wieder ausgenommen. Es ist jedoch mehr al« wahrscheinlich, daß auch sie nicht in kurzer Zeit zu einem Ergebnis führen werben. In der Zwischenzeit wird daS schon seit Jahren beliebte Auskunstsmittel, nämlich den Gemeinden, die infolge reichsfiskalischer Anlagen besondere Ausgaben haben, durch den Etat Entschädigungen zu gewahren, weiter gehandhabt werden. Im ReichShauShaltS- etat für 1906 dürfte dabei nur insofern eine Er weiterung vorgenommen werden, als di« Zahl der bisher mit Entschädigungen bedachten Gemeinden, die sich um Kiel und Wilhelmshaven gruppieren, durch die Gemeinde Spandau vermehrt werden dürfte. Wenigstens sind Ver handlungen im Gange, um auch dieser Gemeinde, die schon Jahrzehnte hindurch, bisher stets vergeblich, um eine solche Entschädigung eingekommen ist, die ihr durch reichsfiskalische Anlagen aufgebürdeten besonderen Kosten auf dem Ctatswege zu ersetzen. Man darf Wohl um so mehr damit rechnen, daß im ReichshauShaltsetat sür 1906 ein darauf bezüglicher Posten erscheinen wird, als der Staatssekretär deS Reichs schatzamtes sich einer solchen Regelung geneigt gezeigt hat. * Gegen den Mädchenhandel. Das bereits gestern er wähnte internationale Abkommen gegen den Mädchenhandel ist ratifiziert von Deutschland, Dänemark, Frankreich, Groß britannien, Italien, Rußland, Schweden und Norwegen, der Schweiz und Spanien. Die RatffikationSurcknnd« sind am 18 Januar 1905 in Paris durch Nioderlogung bei der fron- -jchischen Regierung ausHetarrscht worden. Im Anschluß an das Protokoll hat sie dänisch« Regierung die Erklärung ab- gegöben, daß sie auch für Island und die dänischen Antillen dem Abkommen beitritt. Belgien hat seine Ratifikations urkunde der französischen Regierung unter dem W. Juni 1905 übermittelt. Oejterreich-Ungarn, welches da- Abkommen nicht unterzeichnet hat, ist ihm am 18. Januar 1905 durch eine gemäß Artikel 7 abgegebene Erklärung beigetreten, ebenso Brasilien am 12. Mai 1906. Die grundlegenden Be stimmungen des Abkommens sind in folgenden Artikeln ent halten: Artikel 1. Jede der vertragschließenden Regierungen verpflichtet sich, ein« Behörde zu errichten oder zu bestellen, der es obliegt, olle Nachrichten über Anwerbung von Frauen und Mädchen zu Zwecken der Unzucht im Ausland an einer Stelle zu sammeln; diese Behörde soll das Recht haben, mit der in iedem der anderen vertragschließenden Staaten errichteten gleichartigen Verwaltung unmittelbar zu verkehren. Artikel 2. Jede der Regierung verpflichtet sich, Ueber- wachung ausüben zu lassen, um, insbesondere auf den Bahn- !hofen, in den EinschUungshafen und während der Fahrt, die Begleiter von Frauen und Mädchen, welche der Unzucht zugefüyrt werden sollen, ausfindig zu machen. Zu diesem Zwecke sollen an die Boomten oder all« sonst dazu be rufenen Personen Wellungen erlassen werden, um inner- halb der gesetzlichen Grenzen alle Nachrichten zu geschaffen, die geeignet sind, auf die Spur eines verbrecherischen Ge- schäftstreibens zu fuhren. Die Ankunft von Personen, welche offenbar Lkranstalter, Gchülfen oder Opfer eines solchen Geschäftstreibens zu sein scheinen, soll gegebenen falls den Behörden des Bestimmungsortes, den beteiligten diplomatischen oder konsularischen Agenten oder jeder sonst zuständigen Behörde gemeldet werden. Artikel 3. Die Regierungen verpflichten sich, gegebenen falls innerhalb der gmetzlichen Grenzen die Aussagen der Frauen und Mädchen fremder Staatsangehörigkeit, die sich der Unzucht hingeben aufnehmen zu lassen, um ihre Iben, tität und ihren Personenstand seshzustellen und zu er mitteln, wer sie zum Verlassen ihrer Heimat bestimmt hat. Die «ingezogenen Nachpichten sollen den Behörden des Heimatlandes der besagten Frauen und Mädchen behufs ihrer etwaigen Heimschaffung mitgeteilt werben. Die Re gierungen verpflichten sich, inn-evhalb der gesetzlichen Grenzen und, soweit es geschahen kann, di« Opfer eines verbrecherischen GeschäftstreibenS, wenn sie von Mitteln entblößt sind, öffentlichen oder privaten Unterstützungs anstalten oder Privatpersonen, welche die erforderlichen Sicherheiten bieten, im Hinblick aus etwaige Heimschafsung vorläufig anzuvertrauen. Die Regierungen verpflichten sich auch, innerhalb der gesetzlichen Grenzen nach Möglich keit diejenigen unter diesen Frauen und Mädchen nach ihrem Heimatlanbe zurückzusenden, welche ihre Heim schaffung nachsuchen, oder welch« von Personen, unter deren Gewalt sie stehen, beansprucht werden sollten. Die Hennschaffung soll erst ausgeführt werden nach Verständi- tzung über die Identität und die Staatsangehörigkeit sowie über den Ort und den Zeitpunkt der Ankunft an den Grenzen. — Jedes der vertragschließenden Lander soll den Durchgang durch sein Gebiet erleichtern. Der Schrift wechsel über die Heimscha^ung soll, soviel wie möglich, auf unmittelbarem Wege erfolgen. * Die Erbfolge tm Fürstentum Schmar,dur«-Sontzers- tzausen. Der zuneit sein 25jäbrige« Regierungsjubiläum feiernde Fürst Karl Günther von Schwarzburg-SonderShausen lebt, wie schon mitgeteilt, in kinderloser Ehe und steht im 75. Lebensjahr. Zur Regelung der Thronfolge hat da« fürstliche HauS von Gchwarzburg - Sondershausen mit Schwarzburg-Rudolstadt einen Vertrag geschloffen, der Tronstreitigkeit« der lippischen Art auSschlirßt. Nach der „Köln. Ztq." würde beim Ableben de« regierenden Fürsten von Rudolstadt Prinz Sizzo von Schwarzburg zvr Regierung berufen sein, während nach dem Ableben de« Fürsten von Schwarzburg-GonderShausm »«nächst dessen Bruder Leopold und nach dessen Ableben erst die Rudol- städter Linie zur Regierung im Fürstentum Schwarz burg-Sondershausen gelangt«. E« bleibt die Frag«, ob, wenn beide Fürstentümer einmal Mmieügt Md, Liefe Rümmer t-fte« aus allen Bahnhöfen und III I bei den ZeittiugS-BerkLujern I deutschland, überhaupt in protestantischen Gegenden, finden in demselben Maße, wie die Macht der Sozial demokratie zunimmt, die Predigten der reaktionären Parteien bei den nichtsoziakistifchen Schichten deS Bürgertums mehr Gehör. Die zünftlerischen Pläne gingen anfangs mehr von dem Gegensatz gegen den Liberalismus aus, allmählich beruhen sie weit mehr darauf, daß die Handwerker glauben, bei der Reaktion besseren Schutz gegen die Sozialdemokraten zu finden als beim Liberalismus. Der Wunsch nach Maßregeln gegen die Sozialdemokratie hat die Großindustrie kon servativ gemacht. Am offenbarsten ist es, daß das reak tionäre sächsische Wahlgesetz nur der Sorge vor dem Ein dringen der Sozialisten in den sächsischen Landtag ent sprungen ist. Und ebenso ändert man jetzt in Hamburg und Lübeck das Wahlrecht zum Nachteil der nicht besitzenden Klassen, weil man glaubt, andernfalls die Sozialdemokratie in den Bürgerschaften Macht ansteigen zu sehen, daß sie änderungen hindern könne. Während im Reiche — wiederum die Sozialdemokratie den Liberalen in den Rücken ge fallen war — das Zentrum längst zur ausschlag gebenden Partei geworden war, mit der zu paktieren die Negierung für notwendig hielt, war in keinem Einzel st aar eine eigentliche ultramontane Mehr heit vorhanden. In Bayern bestand eine solche aus wenigen Stimmen, doch mangelte ihr die entscheidende Operationsfähigkeit. Vaden ist das zweite über wiegend katholische Land, doch ist dort bis heute noch nicht einmal eine ultramontane Mehrheit zustande ge kommen. In beiden Ländern hat sich allmählich der Umschwung eingestellt. In Baden sanft, in Bayern jetzt mit einem großen Eklat. In Baden ist der so lange Zeit liberale Großherzog allmählich mürbe geworden. Je mehr die Sozialdemokratie in den protestantischen Volksteilen vordraicg, xe mehr sie oie Macht ' der nationalliberalen Partei schwächte, desto mehr glaubte der Großherzog, rm Zentrum die konservative Macht wiederzufinden, die die bestehenden Zustände gegen den Umsturz verteidigen könne. Und die höchst beachtens werten katholischen Kreise, die trotz ihrer Konfession vom Zentrum nichts wissen wollten und zu den Nationalliberalen standen, schlossen sich dieser Ansicht an. Wie man eine solche aufrecht halten kann angesichts der Tatsache, daß das Zentrum viel mit den Um stürzlern zusammenging, ist schwer zu sagen. Zwar konnte in Baden selbst kein Bündnis zwischen den Schwarzen und Noten zustande gebracht werden. Aber man sah doch die Vorgänge in Bayern und diese warfen ihren Schatten auch nach Baden hinüber. Nun ist in Baden die Aenderung des Wahlgesetzes durchgeführt, die indirekte Wahl ist beseitigt. Im Oktober wird zum ersten Male auf Grund des neuen Gesetzes gewählt. Es ist sehr wohl möglich, daß der gemeinsame Sieg in Bayern auch ein Bündnis in Baden bewirkt — möglich ist auch dort ein Sieg mit vereinten Kräften. Die allgemeine Lage der Dinge in Wiirttem- berg ist umgekehrt. Tort ist die große Mehrheit der Bevölkerung protestantisch. Nur in Rottweil, im Stift Ellwangen und in Oberschwaben zwischen der Donau und deni Bodensee haben die Katholiken die Mcheheit. In der Zweiten Kammer bilden sie eine ausgesprochene Minderheit und daraus können sie sich selbst mit sozial- demokratischer Hilfe nicht befrsien. Aber in der Ersten Kammer haben sie ihre feste Position. Die katholischen Standeshcrren, die Häupter der ehemals selbständigen kleinen fürstlichen Familien, sind dort so zahlreich, daß sie jeden Beschluß beherrschen. Und die Krone hat nicht wie in Preußen die Macht, durch einen PairSschub die bestehende Mehrheit umzuwerfcn. Der König ist einer der liberalsten Fürsten Deutschlands. Sein Ministerium steht sogar mit der demokratischen Volkspartei ans bestem Fuße. Gern würde er in die dringend ver langte und dringend notwendige Verfassungsänderung willigen, die den kräftig aufgeblähten Städten Stutt- gart, Cannstadt, Heilbronn, Ulm zu einer ihrer Be- dcutung angemessenen Wahlmacht verhülfe. Aber cs nützt ihm nichts. DaS Zentrum verhindert alles durch die Erste Kammer. So hat sich denn daS Zentrum zum Herrn über den Reichstag, zum Herrn über die süddeutschen Landtage emporgesckffvungen. Mehr al» je ist es die entscheidende Gewalt in ganz Deutschland geworden. Und dabei ist es selber zuglvich reaktionärer geworden als in früheren Zeiten. In den siebziger Jahren und selbst in den achtziger hatte es noch einen gewissen demokratischen Anflug. Es kämpfte hitzig gegen die Regierungen und wandte sich zu dem Zwecke an die Volksmassen. Jede Bedrohung der Verfassung, der Dolkkrechte sand da» Zentrum auf den Schanzen. S» spielte eifrig den An- walt der Steuerzahler, deklamierte gegen Verschwendung und neue Lasten. Da» ist zu erheblichem Teil», ander» I geworden. Gegen konfessionelle Begünstigungen g». I S8 .25
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