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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.10.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19051010028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905101002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905101002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-10
- Tag 1905-10-10
-
Monat
1905-10
-
Jahr
1905
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Anzeigea-Annahm« Augustu-platz 8, Eck« JohanniSgass«. Dir Expedition ist Wochentag» «munter, rochen geöffnet von srüh 8 bi» abend» 7 Uhr. Filial-Expedition: Berlin, Lützowstr. 10. - a Dresden, Marienstr. 84. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. Dr. B, St. L W. Kltnkhardt). Herausgeber: vr. Viktor Klinkhardt. Nr. 517. Dienstag 10. Oktober 1905. W. Jahrgang. Var ivichtigrte vom Lag«. *Köni^ Friedrich August nahm heute die Parade des Gardererter-Regiment« ab anläßlich des 225jährigen RegimeatSjubiläumS. (S. Artikel.) * ReichSgerichtSrat Ewald in Leipzig wurde zum hessischen Justizminister ernannt. (S. Deutsch. Reich.) * Die auf der britischen Ugandabahn nach dem Innern von Deutsch-Ostasrika beförderten deutschen Marine soldaten sind am Viktoria-Nyanza angekommen. (S. Deutsches Reich.) * In Moskau baben wiederum Straßenunruh en stattgesunden. In Tiflis wurden eine Anzahl Bomben aus Soldaten geschleudert. In beiden Städten gab es Tote. (S. Ausl.) * DaS norwegische Storthing hat das Karlstader Abkommen über die Auflösung der schwedisch norwegischen Union angenommen. (S. Ausl.) pslitkcbe csgesrcbau. Leipzig, 10. Oktober. Der deutsche Handel im fernen Osten in englischer Beleuchtung. Der Berliner Korrespondent des „Daily Expreß" ist in den Besitz eines Schriftstückes gelangt, das die be merkenswerte Entwickelung des deutschen Handels und der deutschen Schiffahrt «m fernen Olten schildert. Es wird in diesem Schriftstück darauf aufmerksam gemacht, daß die deutschen Schiffe infolge ihrer Pünktlichkeit und großen Schnelligkeit ein Drittel der Post nach Indien und dem fernen Osten befördern, und daß englische Firmen in Schanghai und Hongkong die deutsche Post der englischen und französischen vorziehen. Es werden besonders die Dampfer des Norddeutschen Lloyd rühmend hervor- gehooeu. Der Artikel betrachtet sodann die rapide Ent wickelung des deutschen Handels in Zentral- und Nord-China und weist auf die Errichtung deutscher Ansiedelungen in Hankau, im Aangtsetale und in Tientsin hin. Auch daS Erscheinen deuticher Blätter in Schanghai, Tientsin und Tsingtau und die Errichtung deutscher Konsulate wird erwähnt. Der Artikel geht so weit, zu behaupten, daß in den Straits Settlements der Handel von Deutschen und Chinesen beherrscht werde. Die Zahl der deutschen Firmen soll selbst in Hongkong die der britischen übertreffen. Die Hälfte der importierten Waren im 'Hangtsetale komme von Deutschland. Am auf fälligsten sei bas Anwachsen der deutschen Schiffahrt. In den letzten 5Jahren wuchs derGesamttonnengebalt derchinesische Häsen anlausenden englischen Schiffe um annähernd 30 Proz., der der deutschen Schiffe um annähernd 450 Prozent. Der Wert der Exporte von Hamburg belief sich im Jahre 1902 auf 1 650 000 und im Jahre 1903 auf 2 500 000 Pfund Sterling. — Dieser Auszug aus dem angeblich dem nächst in Deutschland erscheinenden Artikel enthält nichts Unwahrscheinliches. Es ist aber nun interessant, zu sehen, wie sich die englische Zeitung den unangenehmen Tatsachen gegenüberstellt. Da« Blatt sagt: „Wir haben längst gewußt, daß der deutsche Handel sich mit bemerkenswerter Geschwind» keit ausdehnte, aber es ist überraschend zu erfahren, daß die Deutschen unS an vielen Stellen, wo rer englische Handel immer noch als überlegen betrachtet wurde, überholten. Ihr System der Konsularberichte, ihre Zentralisation, ihre Mittel, sich über jede Handelsbewegung informiert zu halten, baben zusammen die Wirkung gehabt, daß der ener gische Teutone vornan steht. Selbst in den Strait« Settle ments, die englisch sind, haben wir, die wir in den Tradi tionen der Vergangenheit lebten, sehen müssen, wie unsere HandelSrivalen vorwärts kommen, nicht, weil sie beliebter wären, oder weil ihre Waren au« besserem Material gemacht wären, sondern weil ihre Methoden modern sind unv weil sie sich ihrem Geschäft und ganz allein dem Geschäft widmen. Was wir meinen, können wir am besten klarmachen, wenn wir auf die bedauerliche Tatsache Hinweisen, daß der Gesamttonnengehalt der chinesische Häfen anlausenden und verlassenden englischen Schiffe in den letzten 5 Jahren um 30 Proz. wuchs, während der Tonnengehalt der deutschen Schiffe um 450 Proz. stieg. Das heißt nicht, daß unser Handel im Osten zurückging, aber es heißt, daß die Deutschen in großen Sprüngen vergingen, wo wir nur einen Schritt machten. Wir können nicht hoffen, im fernen Osten ein Geschäft zu macken, indem wir junge Leute in Flanell anzügen mit Cricketschlägern unv Poloponies hinaussenden, um für un« zu arbeiten. Die Deutschen erziehen ihre Jugend eigens zu dem Zwecke der Entwickelung ihres Handels, und wenn wir nicht dasselbe tun, so müssen wir erwarten, zurück zublicken. Inzwischen kommt jedoch die Nachricht, daß Eng land sich aufrafft, angenehm überraschend. Der in Vorschlag gebrachte englisch-japanische Schiffahrtsverband dürste in weitem Maße dazu geeignet sein, unserem Handel im fernen Osten einen neuen Anstoß zu geben. Es würde geradezu dumm sein, wenn wir untätig blieben, während andere Länder sich das Handelsmonopol sichern, dessen Löwenanteil natur gemäß Großbritannien zufallen müßte. Wenn wir aber nur darüber reden und nicht handeln, so wird uns das nichts helfen. Japan steht an dem Vorabende eines großen kom merziellen Aufschwunges. DaS ist kaum zu bezweifeln. Wenn dies sür Japan zutrifft, warum nicht für China? Der Handel des Ostens steckt noch in den Kinderschuhen. Lange Zeit hin durch haben wir den besseren Teil deö amerikanischen Handels in Händen gehabt, weil unsere Vorfahren in ihrer Zeit weise waren und dem Ausländer keine Gelegenheit ließen, uns zu schlagen. WaS im amerikanischen Handel geschah, ließe sich in diesem Falle wiederholen, wenn wir uns nur ausraffen, ehe es zu spät ist." Diese englische Stimme kann sür Deutschland nur ein Ansporn mehr sein, seinen Handel im Osten zu festigen. Dazu gehört aber auch der militärische Schutz dieses Handels durch eine kräftige Flotte. Denn eS liegt auf der Hand, daß England, gerade weil c« unsere gefährliche Konkurrenz auf dem Handelsgebiet des Ostens erkannt hat, in einem geeigneten Augenblick keinen Moment zögern würde, dnrck seine unS noch überlegene Marine unseren Handel im Osten und mit dem Osten brach zu legen. Tie Lage in Leuisch-Ostafrika. Unter dem 6. Oktober brachte der Berliner „L.-A." ein auch von unS wiedergcgebenes Telegramm aus Dar-es-Salaam, das u. a. meldete, man treffe in der Stadt Vorkehrungen über die Abwehr von Angriffen von Eingeborenen, das Pulvermagazin bei Dar-es-Salaam werbe vorsichtshalber mit einem Stacheldraht beseitigt. Dem gegenüber erklärt die „Köln. Ztg." augenscheinlich offiziös: „Diese Art der Darstellung ist geeignet, ohne genügenden Grund schwere Besorgnis zu erwecken. DaS Pulvermagazin liegt fern von der Stadl am jenseitigen Strande des Häsens von Dar-es-Salaam an einem Ausläufer des Hafens. In der Nähe des Pulvermagazins, das man absichtlich abseits aller Wohnungen erbaut hat, liegen nur noch das Haus des europäischen Aussichtspersonals und ein paar Hütten ihrer schwarzen Diener. Außer kleinern Rodungen besteht die Umgebung des Magazins aus unbewohntem Busch. Wenn man jetzt uni das Magazin einen Stacheldraht zieht, so geschieht da« aus Vorsicht, die schon wegen der häufigen Buschbrände besser früher geschehen wäre. Hierin aber eine Verteidigung von Tar-es-Salaam zu konstruieren, ist sür jeden, der mit der örtlichen Lage bekannt ist, ein gänzlich unbegründetes Vorgehen, das bei allen in Deutsch-Ostafrika nicht bekannten Lesern ohne Grund ernste Beunruhigung Hervorrufen muß. Amtliche Nachrichten sind aus Dar-eS- Salaam keine eingegangcn, eine wirkliche Verschlimmerung dec ganzen Lage, insbesondere sür die Hauptstadt Dar-es-Salaam, ill daher auch nicht anzunehmen. Ersreulich unv beruhigend ist aber in der Meldung des Lokalanzeigcrs die Nachricht, daß BezirkSamtmann von Winterfeld in das Hinterland von Dar-es-Salaam abgerückt ist. Herr von Winterfeld, der bei den Eingeborenen außerordentliche Beliebtheit und An sehen genießt, weil er als langjähriger BezirkSamtmann «o Dar-es-Salaam bei ihnen in den Rus eines guten Kenners ihrer Sprache, eines besonders humanen, für jedermann, auch den Ein geborenen, zugänglichen Beamten sich erworben hat, ist erst vor kurzem nach Deutsch-Ostafrika zurückgekehrt, um die Geschäfte des ersten Referenten wahrzunehmen. Keinem wird eS jedenfalls so leicht werden wie ihm, auf die Eingeborenen in jeder Richtung beruhigend zu wirken und eine weitere Verbreitung des Ausstandes im Bezirk Dar-es-Salaam zu verhindern. In MbarukSruh ist eine ausgedehnte An siedlung der seinerzeit unter dem Schech Mbaruk auf eng lisches Gebiet übergetretenen Aufständischen. In diesem Orte ist das mohammedanische Element stark vertreten und jeden falls keine Neigung, gemeinsame Sache mit den aufständischen Eingeborenen zu machen, vorhanden." Ueber Truppenbewegungen wird gemeldet: Die auf der englischen Ugandabahn nach dem Innern von Deutsch-Ost- asrika beförderten, deutschen Marinesoldaten sind am Victoria Nyanzasee angekommen. Der Bezirk Muanza ist ruhig, doch icheint die dortige Garnison, aus den umliegenden Stammen rekrutiert, nicht zuverlässig genug. Der Dampfer „Prinz regent" wird am 20. ds. hier erwartet; er wird ausnahms weise Massauah anlaufen und 220 Sudanejen mitbringen. Es sollen schnellstens zwei Kompagnien zu Expeditionszwecken gebildet werden. Sergeant Schober ist im Kampfe gegen dir Aufständischen gefallen. Deutsches Deich. Leipzig, 10. Oktober. * Ter neue hessische Justizministcr. Wir wir aus zu verlässiger Quelle erfahren, wurde der Reichsgerichtsrat Ewald zum hessischen Justizminister ernannt. — Christian Wilhelm Karl Ewald, geb. am 18. Juni 1852 in Rehbach, Kreis Erbach in Oberhessen, wurde am 11. Januar 1875 als Referendar angestellt. Im Jahre 1879 wurde er Amtsanwalt, 1882 Amtsrichter, 1884 Staats anwalt und 1893 erster Staatsanwalt. Sein Eintritt in das Reichsgericht erfolgte am 1. Oktober 1896. Er ist bisher Mitglied 6eS I. Strafsenats gewesen. * Ium Burcnlomplott iu Teutsch-Snowefi-Afrtka. Mehr und mehr ist das Gespenster-Ungetüm au« Deutsch- Südwest zusammengeschrumpst. Es bleibt allein «in Anschlag von ein paar jungen Buren, die zu Gewehren und Munition und dadurch zu erfolgreichem Raube von größeren Viehherden kommen wollten, mit denen sie dann über die englische Grenze zu entwischen hofften. Also ein wirtschaftlicher Frei beuterplan. Daß dergleichen möglich ist, erllärt sich aus dem wirtschaftlichen Niederbruch der Buren durch den Burenkrieg und aus der geistigen Verwilderung, die im Kampf zwischen Nationalismus und englischer Bestechung zwischen vaterländisch gesinnten Buren und Handsuppers und National Scout« erwachsen ist. Zumteil, so schreibt man der „Preuß. Corretp." aon unterrichteter Seite, war es wohl gar nicht möglich, daß diese schlechten Elemente bei der Anwerbung für die Viehtransporte und Transportbestallung im südwest- asrikanifchen Kriege durch das Generalkonsulat' in Kapstadt ausgeschieden wurden. Aber, so weit es möglich war, ist cs überall geschehen. Man scheint im deutschen Generalkonsulat politische Besorgnisse gehabt zu haben vor einer sichtbaren Unterscheidung zwischen „afrikanisch" unv „britisch" gesinnten Buren, obwohl das fachlich durchaus angebracht war. Die deutschen Kolonialbehörden müssen hieraus den Schluß ziehen, daß es angesichts der britisch-kapländischen Wünsche auf Heraus- drängung der Deutschen au« Südafrika die gesundeste Politik ist, stanz unbefangeu deutsche Jnteressenpolitik zu treiben. Zumal jetzt, wo Unruheregungen bei den Basutos und bei den indischen Bengalen England wieder einmal an die gemeinsamen Interessen der weißen Rasse erinnern. Aus diesem Grunde halten manche alte Afrikaner sogar die Zeit für gekommen, den Antrag auf Abtretung der Walfisch-Bay unter Hinweis aus entsprechende deutsche Gegenleistungen bei kolonialen Berwickelunge» Englands in London und in Kapstadt zu stellen. Andererseits ging aus der Uebertreibung des geplanten Putschversuchs durch so hervorragende deutsche Farmer, wie den Herausgeber der „Wiudhuker Nachrichten" hervor, daß die Deutschen und die Buren in Deutschsüdwest sich immer noch nicht viel näher gekommen sind. Diese Stimmung äußerte sich bekanntlich schon einmal, als man zwischen Herero- nnd Witboikrieg die Buren am Schabfluß verdächtiger Bewegungen gegen die Sicherheit der Deutschen und ihrer Veste bezichtigie. Eist wenn die Buren in zweiter Generation mehr unv mehr die deutsche Staatsangehörigkeit annehmea, wird das wohl besser werden. * Aus dem vundcSrat. Ein dem Bundesrat zugegangener, bereits in der ersten Sitzung nach der Sommervertagung zur Ausschußberatung überwietener Entwurf sieht den Erlaß möglichst einheitlicher Normativbestimmungen für die polizei liche Ueberwachung deS Verkehrs mit Kraftfahrzeugen (Selbst, fahrern) vor. Darüber, wie die Hajtbarmachunz der Be sitzer und Fahrer von Kraftfahrzeugen für ungerichtete Schären gesetzgeberisch erreicht werden soll, finden fortgesetzt Voiver- handlungen statt. Es scheint, al« ob sich der mehrfach empfohlenen Bildung von ZwangSgenossenschasten, welche die Träger der Haftpflicht fein würden, noch einige Hindernisse in den Weg stellen. I» dem Ltppischcn Thronftrett ist, wie gemeldet wurde, der Termin vor dem Schiedsgericht auf den 25. Oktober anberaumt. Dieses Schiedsgericht wird auS den Mitgliedern des vierten und siebenten Zivilsenats des Reichsgerichts ge bildet und führt der Reichsgerichtspräsident Freiherr v. Seckendorfs den Vorsitz. Die Schaumburgische Linie wird durch Herrn Justizrat Putzler vertreten, während die Biesterfelder Linie durch den Geh. Justizrat Erythropel vertreten wird, die übrigen Anverwandten des verstorbenen Grafregenten Ernst lassen sich durch Herrn Justizrat Dr. Wildhagen vertreten. Die Verhandlung wird nicht öffentlich staltfinden, und auch die Publikation des Urteils wird geheim sein. * Ter Vorstand »e» Deutschen TtädtetageS trat gestern in Berlin unter dem Vorsitz des Oberbürgermeister« Kirschner im Ralhause zur Beratung von Maßnahmen zur Linderung der Fleischteuerung zusammen. An den Beratungen nahmen Bürgermeister Dr. Reicke, Stadtverorvneten-Borsteher Dr. Laugerhan«, die Oberbürgermeister von Borsch-München, Adickes-Frankfurt a. M., Becker-Köln a. Rh., Beutler-DreSden u. a. teil. Dem Vernehmen nach wurde beschlossen, in nächster Zeit einen deutschen Städtetag nach Berlin zu be rufen. Die Verhandlung war vertraulich; die Vertreter der Presse waren ausgeschlossen. * Evangelischer Bund. Die in Hamburg eröffnete General- Versammlung de« Evangelischen Bundes hat an den Kaiser folgendes Huldigungstelegramm gerichtet: „Euer Kaiserlichen und Königlichen Majestät bringt der in der Freien und Hansa- stadt Hamburg tagende Evangelische Bund zur Wahrung der Deutsch-Protestantischen Interessen in Treue seine ehrfurchts volle Huldigung dar." — Zur Teilnahme an der Versamm lung sind 500 Delegierte au« allen Teilen Deutschland« iu Hamburg eingetroffen. W»r berichte» über die Verhand lungen. * Ter VtSmarckbund. Die vierte Tagung des deutschen Bismarck-Bundes, die Sonnabend und Sonntag in HauS- berge (Porta) stattsand und die Fabrikbesitzer Alberti-Goslar leitete, verlief, wie der„T.R." geschrieben wird, recht anregend. Ueber das Anzünden der Feuersäulen, die an verschiedenen Tagen (1. April, 21. Juni, 30. Juli, 2. September) ihren Zwecken vienen, solleinAuslchuß einen möglichst einheitlichen Tag tu erreichen suchen. Kurdirektor von Bismarck-Heringsdors gab dann eine Uebersickt über die Zunahme der Bismarck- Denkmäler und -Säulen. Ihre Zahl ist beträchtlich ge wachsen nach dem Aufruf der deutschen Stodentenjchatt 1898. Denlmäler bestanden 1904: enthüllte 194, geplante 48, 1905: enthüllte 238, geplante 53; Bismarck-Säulen 121 fertige, 17 zu denen schon ver Grunvstein gelegt ist, lll die geplant sind. Der erste Bismarck-Turm steht feit 1869 bei Nimptsch. Der nächstjährige Bundestag soll in Saarbrücken stattfinden. Auf Antrag aus der Versammlung wurden nach Feuilleton. Betet dann, doch betet nur Zu euch selbst, und ihr beschwört AuS der eigenen Natur Einen Geist, der euch erhört. Leben heißt tief einsam sein: In die spröde Knospe drängt Sich kein Tropfen Tau's hinein, Eh' sie innere Glut zersprengt. üoddvl. Innere Behandlung der Blinddarmentzündung. In der „Münchener Medizinischen Wochenschrift" gibt Dr. Moosbrugger, Oberamtsorzt in Leutkirch, von hoch wichtigen Erfahrungen Rechenschaft, welche die gesamte Oeffentlichkeit interessieren müssen. Er schreibt zum genann ten Thema: DaS vielgestaltige Krankheitsbild der Blind darmentzündung — oder vielmehr der Appendizitis — hat in der medizinischen Literatur, in ärztlichen Vereinen und Kongressen der letzten Jahre einen ganz ungewöhnlich breiten Raum eingenommen. So viel aber auch darüber gesprochen, geschrieben und gedruckt wurde, einen Fortschritt sür die innere Behandlung der schweren Erkrankung hat diese Hochflut therapeutischer Produktion, jo weit ich wenigstens die TageSpresse verfolgen konnte, nicht gebracht. Vielmehr find e» fast immer Chirurgen die -um Thema daS Wort er greifen, und dies hatte zur Folge, daß die Erkrankung, die ursprünglich dem Grenzgebiete zwilchen innerer Medizin und Chirurgie angehörte, ganz allmählich in daS Gebiet aus schließlich chirurgischer Tätigkeit yinübergerückt worden ist. Nun wäre das an und für sich kein Unglück, wenn eine scharfe Jndikationsstellung für den jeweils vorzunehmendcn Eingriff zu erzielen gewesen wäre. Abgesehen aber von der Operation in anfallsfreier Zeit herrscht gerade über diese außerordent lich wichtige Frage eine geradezu verwirrende Vielgestaltig keit der Ansichten Ueberzeugungen und infolgedessen auch des chirurgischen Handelns: eine große Anzahl von Chirur gen find für unbedingte Frühoperation innerhalb der ersten Z Tage der akuten Erkrankung, andere wieder, die von der Tatsache sich leiten lassen, daß eine ganze Anzahl schwerer Erkrankungen ohne Eingriff zum Ausheilcn kommt, und sich auf der anderen Seite der Gefahr einer Verallgemeinerung der bisher vielleicht lokalisierten oder sich eben lokalisierenden Bauchfellentzündung, die ein Eingriff während der Er krankung wohl immer mit sich bringt, bewußt sind, können sich zu einer Eröffnung der Bauchhöhle nur dann entschließen, wenn sie aus dem subjektiven Befinden und den obicktiven Symptomen (Verschlechterung des Allgemeinbefindens, Er- reguna des Pulses, Fnoi«, fiinpooi-ntic-n, Erbrechen usw.s aus beginnende allgemeine Bauchfellentzündung glauben schließen zu müssen. Die Stellung des einzelnen Chirurgen ist fast immer begründet durch Erfahrung, die er sich im Laufe der Jahre gesammelt bat, und ie reichlicher diese Er fahrungen find, um so vorsichtiger und überlegter wird der gewissenhafte Chirurg seine Indikation zum Eingriff stellen. Gegen «ine wahllose Laparotomie bei jeder Blinddarment. zündun^kann aber nicht gemm Front gemacht werden: selbst hei genügendem technischem Können schlägt die mangelhafte Erfahrung und die Nichtberücksichtiaung der Individualität deS Kranken immer zum Nachteile des letzteren auS. Auch die Zählung der weißen Blutkörperchen, des aktiven und Reserveheeres «incS OrganiSmu« im Kampfe geaen einen ein" mgenen Feind, führten zu keiner einheitlichen Deu tung und Verwertung für den chirurgischen Eingriff. — Nach weiteren kurzen Bemerkungen aeht Dr. MooSbrug- ger zur Sache über. Er behauptet nämlich, daß jede recht zeitig erkannte, wenn auch noch io akut und boSartig aus tretende Appendizitis unter zweckentsprechender Anwendung von Kollargol ohne chirurgischen Eingriff zum AuSheilen zu bringen ist. Daß dieses Kollargol hervorragende antisep tische Eigenschaften besitzt, dabei vollständig ungiftig ist, ist, so schreibt Dr. Moosbrugger, ja bekannt, daß es aber auch gleichsam heilende Fernwirkung z. B. auf Wunden hat, davon kann sich jeder überzeugen, der sich die Mühe nimmt, den Einfluß des Mittels auf eine eiternde Wundfläche, z. B. am Bein bei Einreibungen am Arm oder innerlicher Darreichung, zu studieren. Nach Moosbruggers Beobachtungen hat das Kol- largol im kranken Körper eine doppelte Wirkung, einerseits bin det oder neutralisiert es eine gewisse Summe von resorbierten Toxinen, die im Blute zirkulieren oder in den Gewebesäften gelagert sind; es äußert sich diese Wirkung namentlich in frischerem Aussehen, besserer Gesichtsfarbe, in etwas weniger krankem Allgemeinbefinden schon nach den ersten größeren Gaben; dadurch wird der Organismus zur Selbsthilfe aber ganz wesentlich geeigneter gemacht. Sodann aber wird man nach Analogie des Einflusses auf Wundslächcn usw. auch eine direkt günstige Beeinflussung der Entzündung des Wurmfortsatzes und seiner Umgebung annehmen müssen. Eine plausible Erklärung dieser für Moosbrugger seit Jah ren praktisch feststehenden, therapeutisch aber rätelhaftcn Wir kung des kolloidalen Silbers wurde ihm erst in den letzten Wochen, als er die hochinteressanten und geistreichen Ver suche von Dr. Schade") kennen lernte, in welchen der Verfasser überzeugend nachweist, daß die Schwermetalle bei gewissen Orydationsvorgängen auch ixn menschlichen Körper alS Saucrstossträacr und Sauerstossvermittler auszutreten pflegnss daß sie als solche, ohne dabei eine Veränderung ihrer chemischen Konstitution zu erleiden, die Rolle der organischen Sauerstoffvermittler im Körper der sogenannten oxydafen Fermente, zu übernehmen im Stande sind und daß es recht wohl denkbar sei, daß sie Ptomainen ihre Giftigkeit auf diese Wesse zu benehmen vermögen, „da bekanntermaßen die mei- sten diesser Giftstoffe als leicht oxydierbare Substanzen schon bei Einwirkung deS atmosphärischen Sauerstoffs in ungiftige Körper überzugehen pflegen." Schade: Die elektrolytische Kraft der Metalle. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1S01. Es bieten sich da für die Infektionskrankheiten hoffnungs volle therapeutische Ausblicke. So behandelt Moosbrugger seit 12 Jahren aus Empfehlung von Prof. 2 ch u l z - Gre.fswald Typhus innerlich ausschließlich mit kleinen Dosen arlenik- saurem Kupfer, und zwar mit besserem Eisotge als irgend ein anderes Mittel ihm je zu leisten vermochte. Die Erklä- rung dafür findet er heute in den Erperimcnten Schades. Auch eine ganze Anzahl von Versuchen bei reinen Stoff wechselkrankheiten mit ihren den Körper schwer schädigenden und zuletzt zugrunde richtenden, vielsach aus der Nahrung bereiteten Giften und Selbstgiften, ergaben ihm überraschende Resultate, so daß man unwillkürlich an das Problem der inneren Antisepsis erinnert wurde; ein abschließendes Urteil hat er aber bis jetzt noch nicht gewinnen können. Je mehr BeobachtungSmaterial er im Lause der Jabre aber über Appendizitis sammeln konnte, um so fester fügte sich bei ihm die Ueberzeuguna, daß wir im Kollargol ein Mittel besitzen, dem in der Behandlung der Blinddarment zündung die Zukunft gehört^ die Chirurgie allerdings, der wir so wertvolle Aufschlüsse über das Wesen der Erkrankung verdanken, die aber auch viele Opfer geordert hat und noch fordert, wird ihren Hauptanteil an der Behandlung der Er krankung aufgeben müssen, dadurch wird aber die Erkrankung, die ja in Hütte und Palast kolossal verbreitet und eher noch im Zunchmcn begriffen ist. «in gut Teil ihres Schreckens ver- lieren- in der Hand des praktischen Arztes, namentlich de» alleinstehenden und auf sein eigenes Können angewiesenen Arztes aber, der die Erkrankungssälle ja meist in den ersten Stadien zu Gesicht bekommt und der bei der zwiespältigen Losung: „Hie Chirurgie", «Hie innere Medizin" nicht selten in schwere Gewissenskollision kommen mußte, wird das Kol. largol ein unersetzliches Heilmittel in bestem Sinne de» Wortes sein, dessen Sicherheit der Wirkung sich nach Moo»- bruggerS Erachten nur der des Serums bei Diphthe- r i e an die Seite stellen läßt- es versagt nur in denjenigen >,allen, in welchen die Bauchfellentzündung und damit die Allgemeininfektion und .intoxrkation schon zu weit vorgv-
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