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Freitag, de« SS. März LVLV «. Jahrgang MchslscheUolksM ««alt» «a>v«. "U «uS«a-me der Eom,- und Festtage. Mit Die Zeit tn Wort und B!Id- dtertellührltch> ^'7 -G^^.SLR.?SMSÄ« Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werdcn die kgespaltene Pettlzetle oder deren «tum mit 15 ^.Reklamen mil Lv 4 die Zeile berechnet, bet Wiederholungen entsprechenden Rabatt, Vnchdenckerei, Redaktion und Geschäftsstelle! DreSdeu, Ptllat-er Strafte 4». — Fernsprecher 1868 MrRückgabe «overlanat. Schristftliike keine Verbtudltchketl Redaktion»-Sprechstunde: tl—liS ithr. I»IIIsI«n In «tllon Sdsctttallan 5»sU> ic'X'^^LS"^ lll-e sden iVS-cb- r-> a<> , k>el"' . so-b"?- vkesilsn, f«rn»pk»ol>«k sie. 2641, SVS2, 4S20, 2456, 587», 4783, SS6 Mieter 'Anna Rlntr eiui ftuugsrcc Lltbevilikt« Mittel rorLuffrlrckone äe, kluteso, geinixon« üek 8Lkte. 1 S. Lebt m. Sckutrm. „Mutier ^>nn»V Ocnerrlveririeb: Künl^l. Nof -Vpotkek«:, l>re»äv». ^ommusiio!ige5cliekil<e fiebet- unä fii-bauuugsbücsiei-, fiatli. siiteeatui-, 5csiu!bücsiei', lKeure uvä V/eisiv-assei-beeßen, fiosen^änre, <Zkatu>ai>0li5k3k1en ruk fivmmunion uuä fionsümation, s'apiei'^ai'en empiiesilt ^atfioliscsie Ltidiliancllulig 5csimifit, Ilikiabei- k'. Vecsi, Di-e^eii-^llstsejt, Visijofiarfiaöe 12. Golgatha! Sine Blutspur bezeichnet den Weg, den der Erlöser gegangen ist. Langsam wankt er die Straße Hinauf, immer uneben von Schergen unö rohen Soldaten, immer ver lacht vom Spotte emes wahnsinnigen Pöbels. Aus den Schultern die Kreuzesbalken, umklammern ferne heiligen Hände krampfhaft das harte Holz. Ae Dornenkrone hat die Schläfen durchstochen, schwarz sickert das Blut her nieder, unaufhörlich, nicht versiegen wollen die tiefen Wunden. So traf und sah ihn feine Mutter. O Mutter, welch ein Wiedersehen! — „Jesus, Jesus, mein ^esus! ries ^er Jammer ihrer Seele. — Die Schergen stehen wie festgewi:"- zelt, als hätten eiserne Hände sie berührt. Der Gottmensi > will seine Mutter sehen. Das Volk drängt sich dicht um die Rufende. „Die Mutter! Es ist seine Mutter!" — Atemlose Stille! — Ahnen sie der Mutter Schmerzen, suh len mit betrübten Herzen oder wollen sie nur sehen, gaffen, lachen? — t Und der Sohn erhebt sein todmüdes Haupt zur Illutter. Seine tiefgesunkenen Augen werden groß und weit, es liegt eine Milde darin und eine Liebe, stärker als Not und Tod, es sprechen Worte daraus, die den Umstehenden wie Musik klingen müßten, wenn ihre Herzen nicht versteinert wären. Der Zug geht weiter. Eine Biegung des Weges und vor uns liegt Golgatha. Christus wird gekreuzigt. Wir sehen das Entsetzliche nicht. Wir haben uns zu Boden ge- worfen und die Augen verhüllt. Nur die Hammerschläge dröhnen dumpf an unser Ohr und verwunden unsere Seele. O Christus, Christus! Wecke deine Allmacht auf, rufe Legionen, Legionen deiner sieggewohnten, ewigen Scharen! — Horch! — Der Heiland spricht! „. . . Vater, vergib .. — „Mutter, dein Sohn . . ." Aber jetzt! Sein Leib krümmt sich wie ein Wurm, seine ganze Gestalt bebt und bäumt sich gegen etwas aus — wir wissen nicht gegen was — seine Hände scheinen sich losreißen zu wollen von den blutigen Fesseln, seine ge brochenen Augen suchen das Licht, seine Brust hebt und weitet sich, als wollte sie sprengen, und es schreit seine Seele in Verzweiflung auf: „Eli, Eli, lamma sabacthani? — Mein Gott, mein Gott! warum hast du mich verlassen?" Dann wird es still, kirchenstill. Der Hohepriester kommt an die Wandlung. Die Sonne flammt auf wie tausend Opferkerzen. „Vollbracht, vollbracht!" hauchen des Erlösers Lippen und er neigt sein Haupt und stirbt. — Dunkel wird es auf Golgatha. Am Hellen Tage dunkle Nacht! In den Tiefen grollt es wie ferner Donner, in den Höhen klingt es wie leises Weinen. Zerfetzte Wolken jagen über den Todeshügel gleich Furien und Rachegöttern. Wehe, wehe dir, Jerusalem! Du hast deinen Gott ge mordet! Wehe, wehe! — Angstgepeitscht schleichen die Juden nach Hause, und in den einsamen Straßen wandeln die Toten. — 8. Die Aerztefrage in der Reichsversicherungsordnung. Dresden, den 24, Dt„rz 1SI0. Als neue Erscheinung in der sozialen Bewegung trat vor einigen Jahren der Aerztestreik zutage. Die Aerzte beschwerten sich, daß sie zu Dienern der Krankenkassen er niedrigt worden seien. Und sie hatten in gewisser Be ziehung Recht. Denn bei der Auswahl der Kassenärzte spielte oft die politische Gesinnung eine große Nolle, nach- dem die Leitung der Krankenkassen vielfach in sozialdemo kratische Hände gekommen war. Auch verwandtschaftliche Beziehungen konnten förderlich sein. Das Krebsübel aber war, daß die Krankenkassenleistungen oft an den Mindest- bietcnden vergeben wurden und dadurch das ärztliche Pro letariat vermehrt wurde; ein solches Unterbieten verbietet die Standesehre und ist unwürdig des ärztlichen Berufes. Der Grund dieser Mißstände aber lag in dem Um stande, daß die bisherigen Arbeiterversicherungsgesetze das Verhältnis der Aerzte mit den Kassen in keiner Weise regeln. Man liest wohl von ärztlicher Hilfe, Arznei usw., aber vom Arzte selbst ist im Gesetze keine Rede. Und doch liegt die Ausführung der Gesetze zu 75 Prozent in den Händen des Arztes. Der Kranke kann ohne Arzt nicht ge heilt werden, der Verletzte bedarf des Arztes; wer Inva lidenrente anstrebt, kommt ohne ärztliches Zeugnis nicht durch; ja die Macht des Arztes ist in der Praxis so groß, daß seine Gutachten in der Regel entscheidend sind. Diese empfindliche Lücke sucht nun die neue Reichsver sicherungsordnung auszufüllen. 30 Paragraphen beschäf tigen sich mit dem Verhältnisse zwischen Arzt und Kranken kassen. Die Regelung beruht auf zwei Gedanken: 1. Ab schluß von Tarifverträgen, 2. Schiedsgericht bei Streitig keiten. Was dem Arbeiter recht ist, ist dem Arzte doch billig. Der Entwurf schreibt nämlich vor: Die Kassen sind zur sogenannten beschränkten freien Arztwahl verpflichtet, sie haben einen „allgemeinen Aerzte- vertrag" mit den Aerzten ihres Bereiches zu schließen. Die sem allgemeinen Aerztevertrag kann jeder approbierte Arzt, der im Bereiche der Kasse wohnt, schriftlich beitreten und kann vom Austritt nur ausgeschlossen werden, wenn, ein „wichtiger Grund" im Sinne des bürgerlichen Gesetz buches vorliegt. Die Kasse darf nur dann von der freien Arztwahl abgehen, wenn die Satzung den Vorstand aus drücklich ermächtigt, einen „besonderen Arztvertrag" nur mit bestimmten Aerzten zu schließen. Doch muß den Mit gliedern in solchem Falle, soweit es ohne erhebliche Mehr belastung der Kasse möglich ist, die Wahl zwischen minde stens zwei Aerzten frei bleiben. Außerdem kann das Ober- versicherungsamt anordnen, falls die ärztliche Versorgung nach seiner Ansicht nicht genügt, daß noch andere Aerzte zu- gelassen werden. Den Vertrag bereitet ein Vertragsaus schuß vor. Für den Bezirk des Oberversicherungsaintes soll ein Vertragsausschuß für allgemeine und einer für beson dere Arztverträge gebildet werden. Jeder Vertragsaus- schuß soll aus gewählten Vertretern der Kasse und der Aerzte in einer Anzahl von je mindestens vier Mitgliedern bestehen. Ein solcher Vertragsausschuß würde in der Regel nach den Motiven für eine ganze Provinz einzusetzen sein. Tie oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, daß die Krankenkassen allein die Kosten des Vertragsaus schusses zu zahlen haben. Die Wahl zum Vertragsausschutz geschieht auf vier Jahre. Die Vertreter im Vertragsaus- schusse können sich über die Bestellung eines Obmannes ver ständigen oder sie der höheren Verwaltungsbehörde über tragen. Es soll nach 8 380 der Kassenvorstand, der einen allgemeinen Aerztevertrag schließen will, alle Aerzte seines Bezirkes durch öffentliche Bekanntmachung auffordern, ihm binnen einer gesetzlichen, mindestens einwöchigen Frist mit- zuteilen, ob sie bereit sind, mit ihm über den Abschluß eines Aerztevertrages zu verhandeln uird zwar, wo Grundsätze vereinbart und vorläufig festgesetzt sind, auf deren Unter lage. Einigt sich die Kasse mit der Mehrheit der anwesen den Aerzte nicht, so können beide Teile die Wahl eines Schiedsausschusses vereinbaren und ihm die Vermittelung übertragen. Es können aber auch jeder der beiden Teils den Vertragsausschuß als Einigungsamt anrufen. Ge zwungen werden aber kann niemand hierzu. Auch wenn ein Teil das Einigungsamt angerufen hat, soll, nämlich wie beim Einigungsamte des Gewerbegerichtsgesetzes, nur möglichst darauf hingewirkt werden, daß der andere sich der Anrufung anschließt. Das Einigungsamt besteht aus dem Obmann als Vorsitzenden und je vier Arzt- und Kassenvertretern als Mitgliedern, das heißt der Vertrags-, ausschuß handelt in dieser Besetzung als Einigungsamt. Es soll in gemeinsamer Verhandlung eine Einigung her- bcizuführen suchen. Einigen sich beide Teile, so ist danach! der Aerztevertrag aufzustcllen. Einigen sie sich nicht, so! beschließt es mit einfacher Mehrheit einen Schiedsspruch, der sich auf alle streitigen Teile erstreckt. Nicht erfüllbar war die von Aerzten häufiger aufgestellte Forderung, daß die ärztliche Tätigkeit stets nach Einzelleistungen abgegolten werden solle, wobei die Mindestsätze der Medizinaltaxe zu grunde zu legen seien. Eine solche Vorschrift müßte, tn voller Schärfe durchgefllhrt, zum wirtschaftlichen Zusam menbruch zahlreicher Krankenkassen führen, sagt die Be gründung. Auch das Verhältnis zwischen den Krankenkassen und Zahnärzten, sowie den Apothekern ordnet die Satzung. Sie ermächtigt den Vorstand der Kasse, wegen Lieferung der Arznei Vorzugsbedingungen mit einzelnen Apotheken zu vereinbaren und, von dringenden Fällen abgesehen, die Be zahlung anderer abzulehnen, wenn sie sich nicht bereit er klären, zu den gleichen Bedingungen zu liefern. Diese Verträge müssen binnen einer Woche den. Versicherungs amte und spätestens eine Woche, bevor sie den Kranken kassenmitgliedern bekannt gegeben werden, allen Apotheken besitzern und -Verwaltern des Kassenbereiches mitgeteilt werden. Das Oberversicherungsamt soll, wenn leiner An sicht nach die von einer Kasse gewährte Arzneiversorgung nicht genügt, die Leistung auch durch andere Apotheken vor- schreiben. Die Apotheken dürfen den Krankenkassen Arznei mittel. die auch ohne ärztliches Rezept abgegeben werden „8avi-um oonvivium!" (Entgegn un g.)j Der verdiente 8.-Artikler möge es nicht übel aufneh men, wenn zu seinem gestrigen schwunghaften Aufsatze „»Lerum convivium" in diesem Blatte einige Randbe- merkungen gemacht werden. Es waren zwei Wendungen lercht mißverständlich und sind auch falsch verstanden wor den. „Bist du es wirklich, du Eingeborener Gottes, du der Herrlichkeit? Ein Stllcklein Brot — der unend liche Gott —' und die andere Stelle: „Nur eins sei der Vernunft gesagt: Der Gedanke, seinen Gott als Speise zu genießen, ist etwas so Eigenes, Großes" . . . Gewiß kann man das alles auch richtig deuten, aber in einer Zeit, wo uns so vielfach der Vorwurf gemacht wird, daß wir einen gebackenen Herrgott hatten, daß wir Götzendiener wären, fit es doch wohl besser ganz unzweideutig zu reden, volle Klarheit über das Wesen des allerheiligsten Sakramentes zu schaffen. Wie mancher Katholik glaubt nicht, daß das Brot wirk- sich ,n d,e Gottheit verwandelt wird. ES sind mir auf solche Fragen selbst von gebildeten Katholiken, ganz unsichere Antworten gegeben worden, oft auch unbedenklich mit Ja geantwortet worden; nicht wenige denken sogar, das sei die Lehre der Kirche, so müsse man glauben. Darum ist eS notwendig, daß man aufklärt und die Religionsspötter gewappnete Gegner finden. Das Brot ist ein Körper und kann niemals in einen Geist verwandelt werden, geschweige denn in den unend lichen Geist Gottes. Wie könnte denn ein Geschöpf, wie das Brot, also etwas Geschaffenes, jemals zum Schöpfer wer den? Gott wird nicht, sondern Gott ist. Nein, das Brot wird nur verwandelt in den verklärten Leib Jesu Christi. Deswegen sagt auch Jesus beim letzten Abendmahle nur: „Das ist mein Leibi", nichts weiter. Da Christus jetzt nicht mehr sterben kann und von dem verklärten Leibe Jesu die Seele unzertrennlich ist, so muß die Seele Jesu Christi gleichzeitig niit dem Leibe Jesu in der Brotsgestalt erschei- neu. Die Seele Christi ist nun in der Brotsgestalt zu gegen, aber nicht so, daß sie etwa aus dem Brote entstanden ist, sondern sie ist in Begleitung des Leibes in die Brots- gestalt eingezogen. Von der Menschheit Jesu ist aber die Gottheit unzer- trennlich, denn Jesus hat eben unzertrennlich seine gött liche Person und damit die Gottheit unzertrennlich mit der Menschheit verbunden. Sobald also der Leib Jesu durch Verwandlung des Wesens des Brotes gegenwärtig ist in der Gestaltung des Brotes, erscheint in s e i n e r B e g l e i - tung nicht bloß die Seele Jesu, sondern auch Jesu göttliche Person und damit die Gottheit. Die Gottheit entsteht also nicht durch Verwandlung aus dem Brote, das Brot wird Wegen des Karfreitags erscheint die nächste Nnmmer erst Sonnabend de« 26. März nachmittags. nicht Gott, das Brot ist nicht Gott. Sonst wären wir Götzendiener und glaubten an einen gebackenen Herrgott, wie unsere törichten Gegner mit ihrem von keiner Sach kenntnis getrübten pharisäischen Eigendünkel behaupten. Nein, die Gottheit kommt in Begleitung mit den» Leibe Jesu in die Brotsgestalt; »venu man es schülerhaft aber anschaulich darstellen will, die Gottheit kommt vom Himmel und zieht ein in die Brotsgcstalt vereinigt mit der Menschheit Jesu; in Begleitung mit dem Leibe Jesu zieht sie ein in die Brotsgestalt. Gott bleibt also ein Geist, der unerschaffene ewige Geist, und wir beten ihn auch in der Brotsgestalt als den ewigen, unerschaffenen Geist an. Schulgemäß und leicht verständlich können wir uns also die Sache so denken: Da» Brot wird in den verklärten Leib Jesu verwandelt, kaum ist das geschehen, so kommt im selben Augenblicke die Seele Jesu und die göttliche Person Jesu mit der Gottheit und vereinigt sich mit denr verklärten Leibe Jesu in der Brotsgestalt. In Wirklichkeit fällt das „Nacheinander" weg. Wir aber beten auch hier Gott im Geiste und in der Wahrheit an. Anmerk. der Red.: Wir geben der „Entgegnung" Raum, nicht weil wir glauben, daß in dem 8.-Artikel aus irgend einer Stelle Mißverständnisse entstehen könnten^ sondern weil die Entgegnung die katholische Lehre von dev heiligen Eucharistie in scharf präzisierter Form darlegt. ,,