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ßx»ed. u. Redaktion rrcdvrn-Atuftavt k. Meibncl Sasse 3. »ie Zeitung erscheint Dienstag, Dennerftai und »»«naben» f^h- Ud»««ewent»- Preis: »ierteljährl. M 1,50. A» beziehen durch ht, kaiserlichen Post- «stalten und durch unsere Boten. »ei freier Lieferung k« Hau» erhebt die Post nach ein« Se- bttzr aan 2b Psg. iilhsische VochntuG Ein unterhaltendes Blatt sirr den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrma»» MüLer in Dresden. Suserat« werd«» bi» Montag Mittwoch Freita» Mittag angenommrO und kosten: dieispalt Zeile 15PH Unter Eingesandt r' SO Pf. Inserate«- »nnatzwefteste»» Die Arnokdifcha Buchhandlung Jnvalidendank, Haasenstein LLogla» «udolf Moste, » L Daube ck T«> tu Dresden, Lelp»i^ Hamburg, Berli», Frankfurt » M. ». f. ». M. 93. Donnerstag, den 1V. August 1882. 44. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der „Weltbrand um Aegypten," der, al- die Wirren im Nilland begannen, vielfach befürcht,t wurde, liegt zwar noch immer nicht im Bereich der Unmöglichkeit, doch ist die Hoffnung wesentlich gestiegen, denselben vermieden zu sehen. Der Leiter der deutschen Politik sieht die Dinge zwar sehr ernst, aber noch nicht zu schwarz an, er hat seinen guten Rath nach allen Richtungen erthrilt und hofft man in den leitenden Kreisen Berlin- das Bedeutendste von seiner staatsmännischen Größe auf dem Gebiete der auswärtigen Politik. Die Verödung in der Berliner Diplomatie zeigt, daß im Augenblick daselbst keine leb hafte Aktion beabsichtigt wird; die Botschafter England-, Oesterreich- und Italiens haben Berlin verlassen und Graf Hatzfeldt tritt dem Vernehmen nach in den nächsten Tagen gleichfalls einen Urlaub an. Der Schwerpunkt der diplomatischen Aktion lügt offenbar in Konstanti nopel, woselbst der Vertreter Deutschland-, von Hirsch feld, welcher sorbin von dem Sultan den Med'chidje- Orden erster Klasse mrlühen erhielt, ein Separatab- kommen zwischen der Pforte und England begünstigt, nachdem die Konferenz sich zur friedlichen Lösung der schwe benden Kragen ungeeignet erwieS. Die auswärtige Politik nimmt zwar den deutschen Kanzler stark in Anspruch, aber die argyptische Frage ist es nicht allein, die ihn beschäftigt; seine Sorgen um die Vee söhnung der römischen Kurie lassen ihn wenig zur Ruhe gelangen, zumal da er damit trotz aller Mühe nicht vorwärts kommt. ES handelt sich ganz einfach um die Anzeigepflicht, welche diesseits verlangt und feiten- der Kurie nicht zugestanden wird, bevor nicht die Beseitigung deS kirchlichen Gerichtshofes erfolgt ist, wozu sich Fürst BiSmarck eben nicht verstehen will, oder kann. Der Gesandte von Schlözer in Rom hat sein Mög lichste- gethan; eS heißt, er sei in Varzin nicht eben gnädig empfangen worden, doch Härte seine Darstellung der Dinge ihn vollständig gerechtfertigt. Die CentrumS- partei engagirte sich in vielen Fragen für die preußische Regierung, da noch Alles für den Ausgleich mit der Kurie zu hoffen war; unter den jetzigen Umständen wird sie die Regierung dahin drängen, ihr Heil bei den Mittelparteien zu suchen. Eine geschickte Operation deS Kanzler- würde ihm die- erleichtern, obschon die arundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten auf allen Gebieten sehr groß sind. Man darf aber dreist be haupten, daß keine Partei in sich einig und geschloffen ist und daß die Zeit noch ferne liegt, in welcher man eine Grundlage zu einem verständigen Au-gleich auch nur näher gerückt erachten könnte. Unter solchen Umständen nahen die Wahlen zum preußischen Landtage; niemals ist Feuilleton. Der Kanzlerhof. Rach einer Familientradltion erzählt von F Lchifk-Nl. l2O. Fortsetzung.) Die kräftige elastische Natur desselben beugte sich indessen nicht allzulange widerstandslos unter den harten SchicksalSschlägen dieser Nacht und bald begann der stet- thätige Geist de- Mädchen- den Maßstab vernünftiger Kritik an die empfangenen Mittheilungen zu legen. Daß die Aebtisfin die Schwester ihrer Mutter sei, konnte Bertha allerdings nicht bezweifeln, obschon letztere von dieser Schwester immer nur wie von einer Tobten gesprochen. Ebenso erinnerte sie sich, daß die Mutter in der Lhat deS verstorbenen Gatten Frau Gertraud s stets mit hoher Verehrung und wehmüthiger Trauer gedachte, nun und nimmer aber vermochte sie an eine Handlungsweise derselben zu glauben, welche mit allem im Widerspruche stand, wa- sie von der zärtlich verehrten Frau seit den Tagen der Kindheit gehört und gesehen. Je länger fie aber so in die Vergangenheit zurückschaute, um so klarer wurden ihre Erinnerungen und endlich athmete fie tief auf und sagte, die Hände faltend: „Gott sei Dank, nun durchschaue ich da» Ge- heimniß jener Nacht, o, könnte ich doch diesen Mauern entfliehen, um zu ihren Füßen Verzeihung zu eiflehen, daß ich auch nur einen Augenblick jenen abscheulichen Verdacht für begründet halten konnte." Al- ob eia wohlmeinender Grist den eben ausgesprochenen Wunsch ver nommen hätte, flog bei dem letzten Worte ein mit einem ihr AuSgang mehr von Zufälligkeiten abhängig gewesen. — Zu dem Streit über die Behandlung der gemischten Ehen in Schlesien wird ein Vorfall auS Grot'kau be richtet, der für die neueste Wandlung bezeichnend ist. Im März d. I. verlobte sich der katholische kgl. preuß. Landrath v. G. mit der protestantischen Tochter deS Rittergutsbesitzers M. zu K. DaS Brautpaar wollte sich nach der Civilehe von dem katholischen Pfarrer, Erzpriester Sch in der katholischen Kirche zu F. und dann im Schlosse von einem evangelischen Pastor trauen lassen. Da erschien die Verfügung deS GeneralvikarS Gleich, welche bei gemischten Ehen die katholische Trauung untersagt, falls nach dieser die Einsegnung der Ehe durch den protestantischen Geistliche erfolgt. Der katholische Pfarrer, der erst zugesagt hatte, erklärte jetzt dem Landrath, er könne die Trauung nicht voll ziehen. Hierauf reiste der Landrath nach Breslau zum Fürstbischof Dr. Robert Herzog und ersuchte ihn, dem Pfarrer die Vollziehung der Trauung zu gestatten. Der Fürstbischof erklärt« jedoch, er halte die betreffende Verfügung aufrecht und gestatte die katholische Trauung nicht. Darauf fand am 2. August die Trauung deS Landraths auf dem Schlosse zu F. durch den evange lischen Pfarrer statt. Da- scharfe Vorgehen deS neuen Fürstbischof- gegen die Staatkpfarrer bereitet der preußischen Regierung nicht weniger Verdrießlichkeiten. Die osficlösek Blätter geben zwar zu, daß d e Gesetz gebung in diesem Punkte fehlgegriffen habe, erkennen eS aber für eine Ehrenpflicht deS Staates an, dafür zu sorgen, daß die einmal auf Grund der Maigesetze an- j gestellten Geistlichen nicht wider ihren Willen und ! unter Anwendung kirchlicher Zucht- und Strafmittel in ihrer Stellung und ihren Einkünften geschädigt werden. AIS er noch Propst an der Hedwigökirche in Berlin - war, zeigte sich der jetzige Fürstbischof unter höchst schwierigen Verhältnissen äußerst gemäßigt und allem ! schroffen Auftreten abhold. Sind ihm doch auch von Seiten der städtischen Stellen, mit denen er vorzugs weise zu thun hatte, Zeichen besonderer Anerkennung § bei seinem Abgang von Berlin geworden. Wenn er sich in seiner neuen Stellung plötzlich von einer ganz ; anderen Seite zeigt, so beweist daS nur, daß man ihn in Rom gerade so haben will, wie er jetzt auftritt und daß er auf speciellen vatikanischen Marschbefehl in das Feld zieht. Kaiser Wilhelm verließ am Dienstag den Badeort ! Gastein, begab sich mit Extrapost nach Lend, von wo ! auS die Weiterreise mittel» ExtrazugeS erfolgte. In den ReisediSpositionen ist eine Aenderung insofern ein- getreten, als der Kaiser nicht, wie zuerst bestimmt war, in Alt-Aussee übernachtete, sondern bi- nach Salzburg fuhr und dort im Hotel de l'Europe abstieg. Am Mittwoch Steinchen beschwerte- Billet durch da- Eisengitter in die Zelle deS gefangenen Mädchen-. Rasch bemächtigte sich dieses der unerwarteten Botschaft und la- bei den Strahlen deS eben am Horizonte empor schwebenden SonnenballeS folgende Worte: „Muth, Lheuerste! Schon die nächste Nacht hofft Dich auS Deinem Gefängniß zu befreien Dein Leopold." Entzückt küßte da- junge Mädchen da- Billet und sank dann erschöpft auf da- Bett, wo e-, von süßen Zukanftsträumen eiogewiegt, bald entschlumm«rte. Selten wurde eine Nacht sehnlicher herbeigewünfcht al- jene, welche diesem Tage folgte. Leopold war eS gelungen, einen Gärtnerburschen de- Kloster- durch rin reiche- Geldgeschenk für seinen Plan zu gewinnen. Derselbe hatte nicht nur die Ver ständigung deS Mädchens übernommen und, wie wir gesehen, glücklich durchgeführt, sondern auch die Beseiti gung eines gefährlichen Hindernisse», de» wachsamen KlosterhundeS nämlich und die Herbeischaffuag einer Leiter zugesichert, vermittelst welcher die Flucht der Gefangenen durch da» Fenster der Zelle ermöglicht werden sollte. ; Nachdem so alle- vorbereitet, galt e» noch, den Rückzug über die hohe Gartenmauer zu sichern, zu welchem Zwecke Sepp und Mathe» die über dieselbe ge worfene Strickleiter bewachten, gleichzeitig die bei derlei Unternehmungen so wichtige Rolle einer Reserve für unvorhergesehene Fälle auSfüllend. j Die Nacht war günstigerweise trüb vnd ohne da» , geringste Hinderniß gelangte Leopold in den Hof und zu dem Fenster der Geliebten, welche den Brfreier mulhizen Herzen» erwartete. Da» Mädchen hatte sich erfolgte gemrinsam mit dem österreichischen Monarchen die Weiterreise bis Ischl. Derselbe war dem deutschen Kaiser bi» Ebenste entgegen gefahren, wo gegen halb 12 Uhr die erste Begrüßung stattfand. Um 3 Uhr wurde ! in Ischl zu Ehren deS Kaisers Wilhelm ein Gala diner bei dem Kaiser von Oesterreich und abend» eine Festvorstellung im Theater abgehalten. Abend- 9 Uhr nahm der Kaiser Wilhelm den Thee in der Villa deS Kaiser- Franz Joseph ein. Nicht unbemerkt kann eS bleiben, daß beide Monarchen in Ischl von einem militärischen i und diplomatischen Stabe umgeben sind, wie e» für eine angeblich so völlig unpolitische Begegnung jedenfalls etwa» ungewöhnlich ist. Der Monarchen.Zusammenkunft wohnen der deutsche Botschafter in Wien, Prinz Reuß, ' und der österreichische Krieg-minister bei; der Feldmar schall Graf Moltke sollte nachträglich ebenfall- auS Gastein eintreffen. — Wie glaubwürdig berichtet wird, ist der deutsche Reichskanzler wieder von seinem alten Uebel, den rheumatisch-nervösen Gesichtsschmerzen, heim- gesucht. Die Nachricht, daß Fürst Bismarck nach ! Kissingen gehen würde, ist bereits dementirt, aber auch , der Gedanke einer Gasteiner Kur ist aufgegeben, viel mehr beabsichtigt der Reichskanzler, den Sommer über in Varzin zu verbleiben. Die preußische Gardtkavallerie-Division wird vom 2. bis zum 7. September zu einem großen Manöver bei Teltow zusammengrzogrn. Ein iolcheS Massen- Kavallerie-Manöver mit über 5000 Pferden hat seit dem Jahre 1875 bei dem GardrkorpS und in der Nähe Berlin- nicht stattgefunden. Prinz Wilhelm von Preußen wird dabei ein Eskadron deS GarvehusarenregimentS, Prinz Friedrich von Hohenzollern da- 2. Gareedragoner- regiment befehligen; Graf von Hohenau I. (der Besitzer der AlbrechtSburg bei Loschwltz) fungirt al» Division-, adjutant. Der Kaiser, der brutsche Kronprinz und voraussichtlich auch der Grvßherwg von Mecklenburg- Schwerin werden den ManSvern ter ersten Tage bei wohnen. — Am vorigen Montag besuchte die deutsche Kaiserin die Baronin von Rothschild auf deren Villa Günthersburg bei Frankfurt a. M., nahm daselbst die berühmte Kunstsammlung in Augenschein und besichtigte darauf da- von Frau v. Rothschild für Mädchen aller Kon fessionen gestiftete Klementinen-Hospital. — Während man in Baiern sich in der Postmarkenfrage vollständig ablehnend verhält, bringt der „Staat-anzrigrr für Würtemderg" «ine Mittheilung, wonach der dortige Staat-mioister des AuSwärtigen beabsichtigt, die Frage besonderer würtem- bergischer Postwerthzrichen »um Gegenstand einer Be sprechung im Beirath der VerkehrSanstalten zu machen, bevor noch die Eingabe ter Frankfurter Handelskammer in den BundeSrathSauSschüffen zur Behandlung kommt. AlS der Standpunkt deS ReffortministeriumS wird dem im Laufe de- Lage- durch Schlummer und Nahrung um so mehr Mieter erholt, al» dessen Ruhe von keiner Seite gestört und die dimende Schwester nur erschienen war, um für die Bedürfnisse der Gefangenen Sorge zu tragen. Leopold hätte laut aufjubeln mögen, al- er sein holde- Mädchen so unversehrt und Wohlgemuth wieder fand. Mit Hilfe der mitgeb achten Werkzeuge war da- noch trennende Gitter bald durchgebrochen und Leopold sprang eben in die Zelle, um die theure Gefangene auf da- nach Gefäagnißart hoch angebrachte Fenstergesimse zu heben, al- plötzlich die Zellenthüre von außen auf geschlossen wurde und die Aebtisfin mit einer Blend laterne in der Hand auf der Schwelle erschien. Eine solche Ueberraschung hatte da» Paar aller dings am wenigsten erwartet, und thatsächlich war die selbe auch gar nicht beabsichtigt Aber Leonora kannte die Wohlthat ruhigen Schlafes längst nicht mehr und um den furchtbaren Pbantasiebildern zu entgehen, welche die von Selbstvorwürfen Gemarterte zur Nachtzeit v«r- folgten, verbrachte sie die Nächte IheilS lesend, theil» die weiten Räume ihre» Kloster» durchwandernd; bii solcher Wanderung nun hatte sie da» ungewöhnliche Geräusch in Bertha » Zelle gehört und diese zur Erforschung der Ursache g'öffmt. Da» junge Mädchen stieß unwillkülich einen leisen Schrei au-, während Leopold, wie um die Grliebte zu schützen, einen Schritt vortrat. Aber auch dir Aebtisfin stand wie sta«r vor Erstaunen und Ent üstung bei dem rnblicke einer in einen dunklen Mantel gehüllten Männergestalt, doch war fie e», welch« zuerst da- Stillschweigen mit den sarkastischen Worten