Volltext Seite (XML)
L;ped. u. Redaktion TicsSe»-Neustadt v. Meißner Sasse 3. Die Zeitung erscheint Dienstag, Donnerstag und Eonnabcnd sr^h. Abonnements- Inserate werden bi- Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dielspalt.ZeilelbPf. Unter Eingesandt: 30 Pf. Inseraten« Aanatz»estel«n» Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und (andmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften DreSden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Fochrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrman« Müller in Dresden. Mr. 50. Sonnabend, den 29. Hprit 1882. 44. Jahrgang. Die Arnoldische Buchhandlung Inviilldrndank, Haasenstein LBogleh Rudolf Moste, S. L. Daube L L». tu Dresden, Leipzig, Hamburg, Berit«, Frankfurt a M. » s. ». Preis: dierteljährl. M. 1,5(1. Zu beziehen durch die kaiserliche« Post- anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung -in- Haus erhebt die Post noch eine Se- dätzr von L5 Pfg. Monnements - Einladung. Bestellungen «uf die „Sächststhe Dorfzeitung" für die'Monate Rai und Juni nehmen alle kaiser lichen Postanstalte« und Posterpedtttonen gegen Vor ausbezahlung von 1 Mark entgegen. Die Verlags-Expedition. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Die Eröffnung de- deutsche« Reichstage- wurde in Berlin am Donnerstag Nach mittag durch den Minister v. Bötticher vollzogen. Die von ihm verlesene Rede hörten die zahlreich erschienenen Abgeordneten stehend und lautlos an. Diese Eröffnungs rede gedachte zunächst der Umgestaltung der Unfallver- sicherungSvorlage und rühmtedemnurenGesetzentwurf nach, den industriellen Verbänden und Genossenschaften eine auf di« Verhütung von Betriebsunfällen gerichtete Selbstverwaltung zu gewähren. AlS «ine nothwendige Ergänzung der auf diesem Gebiete vorgeschlagenen Maß nahmen wird eine andrrweite Regelung der jetzt bestehen den Hilfskassengesetzgebung und eine Ausdehnung -derKrankenversicherung beabsichtigt. An Stelle der bisherigen bedingten wird die Siniührung eines unbe dingten Zwanges zur Versicherung gegen die wirth- sschaftlichen Folgen von Krankheitsfällen für alle Arbeiter worgeschlagen, für welche die Durchführung dieser Maß regel möglich erscheint. Kerner betrachten die ver- -kündeten Regierungen eine Revision der über den Ge werbebetrieb im Umherziehen geltenden Vor schriften der Gewerbeordnung unerläßlich. Ln Bezug auf die Steuerreform erinnerte der Redner an die kaiserlich« Botschaft vom 17. Mai vor. I., welche die Abschaffung drückender direkter Landessteuern und der Zuschläge in Aussicht nahm, durch welche Gemeinden uud andere KommunaLverbände bisher genöthigt waren, dm harten und ungleich wirkend«, Druck dieser Steuern zu versttrkm. Diese wohlmeinende Absicht zu verwirk lichen könnte aber nur dadurch ermöglicht werden, daß da- Reich durch Erhöhung der seiner Gesetzgebung »orbe- halteaeu indirekte» Steuern sich in die Lage bringt, auf Matrikularbeiträge zu verzichten, oder die bisher dazu erforderlichen und eventuell auch höhere Beträge dm einzelne« Staaten herauSzuzahlen, damit sie zur Ver minderung der Lande«- und Kommunalsteuern verfügbar werden. Unter den zur Besteuerung durch daS Reich geeigneten Gegenstände« steht der Labak m erster Linie; nicht hierüber, sondern «ur über die Form, in welcher eine höhere Besteuerung diese- Genußmittels herbeizu- führen sei, gehen die Meinungen io» Reich auseinander und wird eine Entscheidung durch dir Gesetzgebung her- beizuführen sein. Die Mehrheit der verbündeten Re- gierungrn hält die Form deS Monopols für diejenige, welch« die Interessen der Konsumenten und der Labakbaurr am meisten schont und dabei an Ergiebig keit all« anderen Formen der Besteuerung übertrifft. Sie würde daher zu anderen Vorschlägen erst übergehen, wenn sie die Aussicht auf Zustimmung der VoikSver- tretung zum Monopol aufzugeben genöthigt wäre. W«nn die ReichSregirrung weder in der einen noch in der anderen Form Aussicht auf die Bewilligung höherer Reichseinnahmen hätte, so würde sie mit Bedauern und zum Schmerze deS Kaiser- für jetzt auf die Reformen der Gteurrverfassunz deS Reichs und der Einzelstaaten Verzicht«» müssen, welche als ein Brdürfniß der Be völkerung von allen Regierungen seit Jahren erkannt ! und in der Botschaft vom 17. November v. I. vom Kaiser verheißen sind. Schließlich gedachte der Minister noch einiger nothwendiger Aentxrungen deS Zolltarifs, der Erleichterungen der MehlauSfuhr, deS zwischen dem R«ich und Brasilien abgeschlossen«» Konsular- Vertrages und betonte, daß die auswärtigen Verhält nisse deS Reich- fortfahren, nach jeder Richtung hin daö Vertrauen auf die Dauer der friedlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu rechtfertigen, von denen die Botschaft vom 17. Nov. v. I. Zeugniß ablegte. — Ueber die Stellung der Fraktionen zu der am Freitag stattfindenden Wahl deS Reich-tagSpräfidium- ist eifrig berathen worden; auch auf liberaler Seite befür wortete manch« Stimme die Wiederwahl de» gesammten früheren Präsidiums: v. Levetzow, Frhr. v. Frankenstein und Ackermann durch Akklamation, doch dürfte eS bei der Wahl deS ersten und zweiten Vicepräsidenten zur Zettelwahl kommen. Die aufgetauchten Gerüchte, wo- ! nach v. Levetzow nicht geneigt wäre, eine Wiederwahl j anzunehmen, fanden in parlamentarischen Kreisen keinen Glauben. AlS erste Vorlage an den Reichstag wird die Novelle zur Gewerbeordnung erwartet, während e- heißt, daß die umgearbeiteten Motive zum LabakS- monopol Entwurf noch nicht fertig gestellt sind. Bei der zweiten Berathung der Vorlage der Eisen- ' bahnräthe kam am Mittwoch im preußischen Abgeord- ! netenhause der Antrag über die Einsetzung einer parla mentarischen Eisenbahn-Kontrol-Kommission zur Ver- Handlung. Nach ziemlich erregter Debatte lehnte da- HauS diesen Antrag gegen die Stimmen der Fortschritts- ! Partei, der Secessionisten, eines Theile« deS CentrumS ab und nahm im Uebrigen die Vorlage nach den Kom- ' Missionsvorschlägen an. ES folgte die zweite Berathung d,S Gesetzes über die Erwerbung deS Berlin Anhaltischen Eisenbahnunternehmens für den Staat, wobei mehrfach Aufklärung über die künftige Stellung der Pension-kaffe der Beamten der Anhaltischen Bahn verlangt wurde. Die Vorlage fand jedoch ohne Abänderung Annahme und dasselbe war bezüglich dr» Nachtragsetats für die Eisen- bahnverwaltung der Fall. — Am Donnerstag kam eine Anzahl von Petitionen, die nicht von allgemeinem Inte- risse waren, zur Erledigung. Ueber den Schluß de- preußischen Landtage- verkündigt die „Prov.-Korresp.", man werde denselben keinenfall» nach den Berechnungen und Bestimmungen der Parteien in sichere Au-sicht nehmen können, bevor eine Verständigung mit der StaatSregierung über die zu erledigenden Vorlagen er folgt sei. Offenbar bezieht sich dies« Bemerkung auf die Vorlage der KreiSordnung für Hannover, welche der Minister v. Puttkamer durchaus noch erledigt sehen will. Kaiser Wilhelm beabsichtigt, bereit» in den ersten Lagen der nächsten Woche wieder in Berlin einzutreffen, um den Lruppenübungen bei Berlin und PolSbam beizuwohnen. Um dieselbe Zeit gedenkt die Kaiserin Wie-baden zu verlassen und sich nach Baden Baden zu begeben. Donnerstag Vormittag fand in Wiesbaden auf dem Kursaal-Platze eine Parade der Wiesbadener und der Biebricher Garnison vor dem Kaiser statt, welcher auch die Kaiserin und der Statthalter Feld- marschall von Manteuffel beiwohnten. Nach der Parade besuchten Ihre Majestäten die Kaiser-Wilhelmö-Heilanstalt. Officiö» wird der von vielen Blättern aufgestellten Behauptung entgegengetreten, daß mit der Genehmigung de» kirchenpolitischen Kompromisse» feiten- der pnußi- schen Regierung «in Handel, und zwar mit den Stim men de» CentrumS, in der Angelegenheit de- LadakS- monopolS beabsichtigt sei. D-m gegenüber versichern die Regierungsblätter, daß bisher in keiner officirllen Erwägung de» StaatSministeriumS über den Kompromiß, weder mündlicher noch schriftlicher Art, da» Volum de» ReichStageS in der gedachten Beziehung oder die Stel lung deS CentrumS dazu, auch nur entfernt berührt oder angedeutrt worden ist, daß vielmehr alle Erwägungen lediglich von den Gründe», welche der Vorlage der Re gierung beigegeben. geleitet worden find. In d«r „Aug-burgrr Allgemeinen Zeitung- wird da» LabakS- monopol von dem VolkSwirth Schäffle mit Wärme vertheidigt, doch dürften die Konsumenten über folgende dabei eröffnete Perspektive nicht sonderlich erbaut sein: „Daß 165 Millionen Mark Reinertrag, nach der Ein führung-- und UebergangSzeit noch erheblich mehr, im Wege de» Monopol» au» dem Labak gezogen werden können, wenn die Preise der Labaköfabrikate nach Ab lauf einer gewissen Schonungsfrist allmäliz erhöht würden, da» kann nach den thatsächlichen Erfahrungen in Frank reich und Oesterreich durchaus nicht bezweifelt werden.- Da daS Monopol weiter keinen Zweck hat, als recht viel Geld einzubringen, dürfte nach feiner Einführung eine Feuilleton. Ein dunkles Geheimnitz. Novelle von E. Wilö. (8. Fortsetzung.) Miß Mary'S schlanke Gestalt richtete sich höher j empor, mit flammenden Blicken trat sie dem Vicomte einen Schritt näher. „Wollen Sie auch den Sohn unglücklich machen, nachdem Sie da» Leben deS VaterS vernichtet haben?- i frug sie mit herber Stimme. „Malvine wäre nicht die erste Lady von Wydehall, die Sie bethörten -- „WaS wissen Sie davon?" unterbrach sie der Bicomt« mit todeSblaffen Lippen. „AlleS", lautete die kurze Entgegnung; „ich habe sogar Ihre Briefe an die Lady Wydehall in meinen i Händen." > „Dann wissen Sie auch, wa» auS ihr geworden?" ! Die Reihe deS Erblassens war nun an Miß Mary; ein heftiges Zittern durchschauerte ihren schlanken Körper, ihre Hand suchte unwillkürlich nach einer Stütze, um nicht umzusinken; ihre bebenden Lippen stammelten > einige uoartikulirte Laute und die beklommene Brust rang vergeblich nach Athem. ES war gut, daß die hereinbrechende Dämmerung Miß Mary'S Züge nicht mehr deutlich erkennen ließ, , außerdem stand sie mehr im Schatten, so entging dem Vicomte die Veränderung, die seine Frag« in dem Ge- j sichte der jungen Dame hervorgerufen. I „Miß," sagte er ungeduldig, „wollen oder können Sie mir keine Antwort geben?" „Auf diese Frage, nein", entgegnete sie mit leiser, unsicherer Stimme; „überdies habe ich mich in eine viel zu lange Erörterung eingelassen; eS genüge Ihnen zu wissen, daß ich Ihr Verhältniß zu der Stiefmutter Lord Edward- kenne; entscheiden Sie sich rasch; bekomme ich die Briefe oder nicht?" „Ich muß Lady Malvine selbst sprechen." „DaS ist nicht möglich, sie ist krank und selbst wenn sie e- nicht wäre, würde Lady Malvine in keine Zusammenkunft willigen." „Glauben Sie?" frug der Vicomte spöttisch. „Ich glaube nicht nur, ich bin überzeugt davon; heute noch erzähle ich ihr alleS." „DaS werde.» Sie nicht thun!" rief er drohend. „Da- werde ich thun", versetzte sie furchtlos, „und zwar gleich jetzt." Miß Mary machte Miene, sich zu entfernen. Der Vicomte faßte sie beim Arm und hielt sie zurück. „Was wollen Sie thun?" fragte er. „Längst Ver- gangene- heraufbeschwören? Sie sollten dies nicht thun, Miß; eS wäre besser, Sie schwiegen, sonst könnte auch ich Ihnen unheilvoll werden. Sie scheinen von dem Verschwinden der Gräfin mehr zu wissen, al- Sie sagen wollen" Er sühlte, wie ihr Arm unter seiner Hand zitterte. „Lassen Sie mich loS", sagte fie tonlo«, „ich kann, ich will Ihnen keine Antwort geben." Den Pfad vom Walde herauf ertönten Stimmen und Schritte. Miß Mary riß sich gewaltsam lo» und gleich einem gehetzten Reh eilte fie im raschesten Laufe den nächsten Weg dem Schlosse zu. Lady MalvinenS Krankheit nahm einen verhängniß vollen Verlauf; trotz der sorgfältigsten Pflege, trotzdem daß man von London die besten Aerzte kommen ließ, starb die jung« Frau; mit ihrem Leben wurde ein noch werdende- Leven im Keime vernichtet. Lord Edward- Schmerz war tief und wahr; freilich war gar viel dazwischen getreten, seit er Malvine» als seine Braut in den Armen gehalten, aber fie war sein« erste Liebe gewesen und trotz der Enttäuschung, die fie ihm bereitet, hatte er fie doch geliebt. Miß Mary war die treue Pflegerin der Lady ge wesen, geduldig hatte fie bei der Kranken auSgeharrt bi- zum letzten Athemzugr; die zunehmende Kränklich keit der Marquise gestattete eS nicht, daß diese ihre Tochter pflegen konnte. So war Malvin« auf Mary'S Sorge angewiesen gewesen; die junge Frau hatte auch keinen Anderen gewünscht und mit einem Segens wünsche für ihre Pflegerin auf den Lippen war fie auch gestorben. Lord Edward sagte dem jungen Mädchen mit wenigen, aber tiefgefühlten Worten feinen Dank für ihre Hingebung und Aufopferung; Alle« im Schloff« sprach davon, wie edel und selbstlos sich die Miß be nommen habe, nur die Marquise hatte kein Wort der Anerkennung für fie. Drr Schmerz um die Verlorene hatte die gehässigen Gefühle gegen Mary nicht ersticken können, im Gegrntheil, eS waren neue Befürchtungen, welche in der Seele der Marquise aufstiegen, um sie in rhrem Hasse gegen daS junge Mädchen zu bestärken. Frau de Beaumont hatte rasen können bei dem