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'' - Rr. 283. - 4. taötbote. Mittvöch, 3 Deze«ber 1884. - Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und Umgegend besonders für die Bororte: Altchevmitz, Altendorf, Bernsdorf, Borna, Ebersdorf, Furth, Gablenz, Glösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Aappel, Neustadt, Schöna« S Unterhaltungs-Blätter, LL'UUU Anzeiger-Bilderbuch. Die Abonnenten erhalten mit dem Anzeiger allwöchentlich Abomtemenlsbestelluugeu, vierteljährl. Ivo Pf. (Zntr. 40 Pf.), monatl. so Pf. (Zntr. 1k Pf.), nehmen an die Berlagsexpedinon und Ausgabestellen in Chemnitz und obigen Voronen. Außerhalb dieser Orte kan« der Anzeiger nur bei den Postanstalten — PofheitungS-Liste '7. Nachtrag Nr. 10KS — bestellt Verde«. In Oesterreich-Ungarn ist der Chemnitzer Anzeiger zum Abonnementspreise von vierteljährlich 1 Gulden 41 Kr., monatlich 47 Kr. (exkl. Agiozuschlag) durch die Postanstalten zu beziehen. sowie da- llseitige, reich- illustrirte humoristische Jnf-rtionspr-iS: die schmale (Ispaltig.) «orpnS-eile -da dem, 1k Pfmni*. - - Unter «ingesandt pro Zelle 3V Pfennige. - «ns groß. A»»-»ce» «nd «e^rholnngen Rabatt - Annonce«-Lnnahme für die nächst« Nu««« biß Mittag. — Ausgabe reden Wochentag Nachmittag stltrnouceubestellunae« von auswärts wolle mau den JusertiouSbetrag stet« beifüge« (kleinere Betrbß» in Briefmarken) je 8 Silben der gewöhnlichen Korpusschrift bilde« eine Zeile und kosten 1k Pfennige Zerlags-Expedition: Vlexamder Wiede, Buchdruckerei, Lhemnitz, Theaterstraße 48 (ehemalige- Bezirksgericht, gegenüber dem Kasi««s Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts -de beute auf Folium 2709 die am 25. November 1884 Bekanntmachung Am 30 September diese- Jahre- ist das Städtchen Saalburg (Neuß j. L.) von einem furchtbaren Brandunglück heimgesucht worden, wobei innerhalb r Stunden 45 Wohnhäuser (darunter das NathhauS und das Hospital) sammt Nebengebäuden, gegen 30 Scheunen mit Getreide »nd Futterinhalt vernichtet und 90 Familien um den größten Theil ihrer Habe gebracht wurden. Die meisten der Lerunalückten konnten ihr« Häuser der dort vorhandenen besonderen Feuergefährlichkeit wegen, nur zu sehr hohen Prämien weit unter ihrem wirklichen Werthe versichern. Biele haben wegen Mittellosigkeit gar nicht versichert. Angesichts der großen Noth, der gegenüber die geleistete Hilfe nicht aus reichend erscheint, hat sich der HilfsauSschuß zu Saalburg an uns gewendet mit der Bitte, auch hier eine Sammlung zu Gunsten der Abgebrannten zu veranstalten. Demgemäß erklären wir un« hiermit zur Entgegennahme von Gaben bereit und bitten, solche in unserer Hauptregistratur — neues RathhauS, recht» 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 15 — abzugeben. Lhemnitz, am 30. November 1884 Der Rath der Stadt Chemnitz. Andrö, Or„ Oberbürgermeister- Bekanntmachung, das Reinigen der Fußwege von Schnee und EiS betr. Zur gleichmäßigen Ausführung der hier geltenden allgemeinen Anord- »ung (vergl. Adreßbuch Abtheilung III, Seite 245, Nr. 14), wornach jeder Grundstücksbesitzer in hiesiger Stadt oder besten Stellvertreter verpflichtet ist- die Trottoirs und Fußwege, die Anpflasteruugen und Gerinne mit eingeschlofsen, bei eintretendem Schncewetter vom Schnee, bei ein tretendem Thauwetter von dem darauf gefrorenen Schnee und EiS zu reinigen und stets im wegsamen Zustand zu erhalten, ist Folgendes zu beobachten: 1. Der frisch gefallene lockere Schnee ist nur insoweit zu beseitigen, als eS erforderlich ist, um die Fußwege gehörig gangbar zu machen Insbesondere sind die von den Dächern gefallenen Schneemasten al-bald zu beseitigen. Ist während der Nacht Schnee gefallen, so ist die Gangbarkeit der Fußwege bi- spätesten» 9 Uhr Bormittags herzustellen. Liegt bereit» eine festgetretene Schneedecke auf den Fußwtgen, so ist dafür zu sorgen, daß diese Schneedecke möglichst eben und gleichmäßig erhalten bleibt. 2. Tritt Thauwetter ein, so ist für Beseitigung der schmelzenden Schnee- und Eismaste und insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß nicht einzelne erhöhte Stellen oder Vertiefungen entstehen, vielmehr der Fußweg thunlichst eben bleibt. Indem noch auf den »eiteren Inhalt der eingangserwähnten allge meinen Anordnung, wornach bei stattfindender Glätte zur Sicherung der Passage die Trottoirs und Fußwege, bezw. auch einzeln« auf de« Trottoir befindlich« gefrorene Stellen mit Sand, Asch«, »der einem anderen, die Glätte «bstumpsenden Material während der Zeit von 7 Uhr Morgen» bis 10 Uhr Abends so oft und so dicht zu bestreuen find, als die Witterung dies als nöthig erscheinen läßt, hiermit hingewiesen wird, darf man wohl zu dem praktischen Sinn der Be- theiligten da« vertrauen hegen, daß die Bestrebungen de» PolizeiamtS, die Fußwge auch bei ungünstiger Witterung in leidlichem Zustande zu erhalte», Unterstützung finden werden und daß für die Herstellnng eine» solchen Zu stande» nach Kräften Sorge getragen wird. Chemnitz, am I. Dezember 1884. Da» Polizeiamt. Siebdrat Morgen Mittwoch, den 3. Dezember, Nachmittags halb 3 Uhr " ' zu Neustadt daselbst eingestellte Psandstticke, namentlich Schellengeläute, 3 Kummete, 1 Reh- Egge und einige Möbel zur öffent lichen Versteigerung gelangen. Aktuar Berger, Ger.-Bollz. b- d. Königl. Amtsgericht Chemnitz. sollen im Gasthause zu Neustadt daselbst 1 Faktorschlitten, 1 »ollftänd. Geschirr, 1 § decke, 2 gepolsterte Wagensitze, 1 Pflug, 1 < wurde heute auf Folium 2709 die am 25. November 1884 errichtete Firma Thi-lemann u. Schneider in Chemnitz (Zwingergaste Nr. 3) eingetragen und zugleich verlautbart, daß die Kaufleute Herr Carl Albert Thielemann und Herr Hermann Schneider daselbst. Besitzer eines Agentur- «nd KommifstouS- gcschästS, Inhaber der Firma find. Chemnitz, am 29. November 1884. ^Königliches Amtsgericht, Abtheilung S. Rohr. Tr. ister für den Stadtbezirk de» Unterzeichneten Amtsgericht» wurde heut« auf Folium 2710 die Firma Johann Paul Schaarschmidt iu Chemnitz (Zschopauerftraße Nr. 75) und al» deren Inhaber der Handelsmann Herr Johann Paul Schaarschmidt daselbst, Besitzer eines Materialwaaren- Handelsgeschäfts, eingetragen. Lhemnitz, am 29. November 1884. Königliches Amtsgericht, «btheilung S. Nobr. Tr. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des unterz ' >eute aus Foliu " ' ' cken Amt» wurde hellte auf Folium 2711 di- Firma H-inr.Paul Morgen.ier in Lhemnitz (Brühl Nr. 53), und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Heinrich Carl Paul Morgeueier daselbst, Besitzer eines Materialwaaren- und ZigarrendandelS- geschästS, eingetragen. Chemnitz, am 29. November 1884. lKöniglicheS AmtSgerrcht, «btheilung 2. Rohr- Tr. Alban Viertel daselbst, Besitzer einer «olonialwaaren- und Delikateffea- HandelSgeschäfts, eingetragen. ngetrag Chemnitz, am 29. November 1884. Königliches Amtsgericht, Abtheilung L. Rohr- Tr. 714. 1137. 4538 1800. 1812. 1831. 1831. 1883. 1857. 1854. 1875. TageSchronik S. Dezember. PIpin von Heristal -f. Kaiser Lothar II. f. Breisach erobert. Schlacht bei Hohenlinden. Hendrik Conscience geb. Empörung in Lyon. Neuchätel huldigt dem Könige von Preußen. Belzoni, Afrika-Reisender -f. Bildhauer Rauch f. Preußen besetzt Lauenburg. Ernst von Bioland f. Telegramme -es Chemnitzer Anzeigers. Vom 1. Dezember. Berlin Dem Vernehmen nach wird der BuudeSrath die Postsparkassenvorlage in der Weise umändern, daß sie auf Baiern nicht Anwendung findet. Württemberg hat sich die de finitive Entscheidung noch Vorbehalten. Wien. Botschafter Graf Hohns warde angewiesen, eine Vor stellung bei der französischen Regierung gegen die projektirte Aende- rung des Zolltarifs zu erheben. Falls die Erhöhung des Biehzolles und Getreidezolles zur Durchführung käme, würde die österreichich- ungarische'Regierung Gegenmaßregeln ergreifen. Wien. Rieger hielt im Prager Ezechenklub eine» Vortrag über das freundschaftliche Verhältniß der Tzechen zn den Ungarn Der czechische PauslavismuS sei nur ein literarischer, politischen Panslavismus können Czechen schon wegen ihrer Allianz mit den Polen nicht betreiben. Die Czechen müssen die deutsch, österreichische Allianz fordern, weil sonst auf ihrem Rücken der Kampf um das Dasein Oesterreichs ausgefochten werde. Die Czechen und Magyaren können ihr Heil in Oesterreich nur finden, wenn sie .Zusammenhalten. Zürich. Die hiesige Regiemng beantragt beim Bundesrath die Ausweisung der Anarchisten Neve, Kaufmann und Hauser. Paris. Die berühmte Antiquitätensammlung des bekannten russischen Sammlers BasilewSki ist definitiv an die russische Regier ung für 6 Millionen Francs verkauft worden. Die Sammlung war zur öffentlichen Versteigerung im Monat April bestimmt. Paris. Die Regierung hat drei neue Schiffe zum eventuellen Truppentransport nach Tonkin gemiethct. Madrid. Die amtliche Zeitung veröffentlicht einen königlichen Erlaß, durch welchen eine Untersuchung hinsichtlich der Studentcu- Unruhen angcordnet und der Zusammentritt des oberen Uniiersitits- rathes untersagt wird. (Weitere Telegramme siehe dritte Seite.) Voltti»,, » Rundschau. Deutsches Reich. ReichstagSsitzung am 1. Dezember. Nach Erledigung kleinerer Geschäfte erfolgt die erste Berathung deS Gesetz- Entwurfs belr.diePoftdampfschisfsverbindungen mit über seeischen Ländern. Staatssekretär l)>-. Stephan: Die Vorlage hat bereits dem vorigen Reichstage Vorgelegen, eS ist indessen wegen deS Schluffes der Session noch zu keiner Entscheidung darüber ge kommen. Der Boden dafür ist also völlig frei, auch wenn wir nicht einen neum Reichstag hätten, und Sie wilden die Vorlage mit voll kommener Unparteilichkeit prüfen können. Die Vorlage hat auch einen wesentlich veränderten Charakter gegen das vorige Mal erhalten, ein Umstand, weicher geeignet sein düiste, manche gegen die Vorlage ge äußerte Bedenken zu beseitigen. Es haben sich in Deutschland manche Veränderungen vollzogen, Deutschland hat Verzicht geleistet auf die Zuschouerrolle, es ist eingetreteu in die Kolouialpolitik, welche die allgemeine Zustimmung bereit- erhalten hat. Daß die Herstellung überseeischer Dampferverbinduugen rin wesentliches Mittel zur Stär- kerung. dieser Politik ist. bedarf keines Beweises Die Regierung ist -Durch nationale Kundgebungen in ihrem Vorgehen gestärlt worden, eS wird aber auch nicht an Gegnern fehlen, welche an- der gegen wärtigen finanziellen Lage Gründe gegen die Vorlage herleiten werden. Ein lebensvoller Staat indessen lann seine Mission nur erfüllen, wenn er nützliche Anlagen nicht unterläßt auch in Zeiten, in denen da» Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht vollkommen vorhanden ist. Lassen Sie die Dampfer ohne Verzug vom Stapel gehen, Sie können überzeugt sein, dafür die lebhafteste Zustimmung der Nation zu erhalten. Abg. v. Huene (Zentr.) beantragt lieber-! Weisung der Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern. Eine eingehende Prüfung der Vorlage sei nothwendig, einmal wegen ihrer veränderten Gestalt und ferner der soeben gehörten Worte wegen. Daß die Beträge, welche die Vorlage erfordert, von der ganzen deut schen Nation getragen werden sollen, halte er für einen enschiedenen Vortheil, denn es sei selbstverständlich, daß Staatsmittel dazu enga- girt werden müssen Es sei behauptet worden, daß da, wo Post dampfer bestehen, der Handel großen Aufschwung genommen habe, nirgends aber sei nachgewiesen, daß der Aufschwung eine direkte Folge der Dampferverbindungen sei. Der Apell an die Nation gehe bei ihm und seinen Freunden selten verloren, hinsichtlich der Machtstel lung Deutschlands aber sei er weniger angebracht. Für diese Machtstellung habe das Volk bereits bereit- erhebliche Opfer gebracht und deshalb habe man zu einem solchen Appell kein Recht. Ueberall da, wo erhebliche Ausgaben verlangt werden, die mit der artigen Plänen in Verbindung stehen, habe der Reichstag dem Volke gegenüber die Pflicht, genau zu, prüfen, und Angesichts der gegen- wärtigen Lage des ReichshaushaltsrtatS werde diese Prüfung aller dings eine schärfere sein müssen. Abg. 0,-. Marquardsen ist mit der Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission einverstanden, hält eS aber für nothwendig, dieselbe aus 21 Mitgliedern zu bilden. Ab,. Stiller (Kaufm., Lübeck, dfr.) führt aus, daß da» nationale Gefühl nicht das einzige Kriterium sein könne zur Beurtheilung der Vorlage; man müsse sich dabei vielmehr auf den praktischen Stand punkt der Erfahrung stellen. Wie ein rothcr Faden ziehe sich die Behauptung durch die Vorlage, daß das deutsche Reich anderen Na tionen nachstehe und keine selbstständigen Postdampserverbindungen habe. Dies sei richtig, aber es fehle der Beweis, daß dadurch unsere Ent wickelung nicht so gediehen wäre, als eS wünschenswerth sei und wie eS bei ander:n Nationen der Fall. Die deutsche Rhederei könne mit jeder anderen Nation konkurriren, weil sie sich frei und selbstständig entwickelt habe. Nicht die staatliche Subvention habe unsere Rhede rei groß gemacht, sondern die unfern Seeleuten und unser« Schiffs material innewohnende Tüchtigkeit Die bestehenden Postdampfer reichen nach Ansicht deS Redners zur Befriedigung de- vorhandenen Bedürfnisse- vollständig aus, ein Mangel sei bisher nicht hcrvorge- treten. Ob die Ausgabe produktiv sein wird, bedarf erst des Nach weises, aber Pflicht des Hauses sei eS, dieser Vorlage gegenüber die jetzigen Rhedereiverhältniffe in Berücksichtigung zu ziehen und nicht sofort den Stab darüber zu brechen. Namens seiner Freunde erkläre er sich mit der Verweisung der Vorlage an eine Kommission einverstanden. ")g. Wörmann trtt sehr warm für die Vorlage ein. Er meint, wenn man sagt, die englische Rhederei genüge zur Beförderung der Post und Provenienzen, so sei das gerade, als wollte man die deutsche Industrie untergehen lassen, weil die englische sehr leistungsfähig sei. Daß aber die deutsche Rhederei ohne Subvention emporblühen werde, sei nicht zu erwarten. Im Gegensätze zu Handelsschiffen seien nur die subventionirten Dampfer an ganz bestimmte Zeiten gebunden und zur grüßten Pünktlichkeit verpflichtet, was bei Geldsendungen und werthvollen Maaren von der größten Bedeutung sei. Man spreche immer davon, das Gefühl der Verbindung der im Auslände lebenden Deutschen mit Deutschland müsse gewahrt werden. Dies werde aber durch Erscheinen deutsher Dampfer geweckt und erhalten; dies Ge fühl stärke auch das Selbstbewußtsein der Nation im Auslande und vermehre die Handelsverbindungen mit Deutschland. Redner empfiehlt eine Kommission von 21 Mitgliedern. Abg. v,-. Bamberger erwartet von der Vermehrung der Zirkulationsgclegenheiten keine nennenswerthe Vermehrung unserer Produktion «nd unseres Exportes. In einer Zeit überall wahrnehmbarer Ueberproduktion im Handels» stände sei es nicht »«bedenklich, die Unternehmungslust de» HandA» durch Snbventionrn noch anzuregeu. Reichskanzler Fürst Bi» « arckr Er könne anderer Geschäfte wegen, die ihn abriefen, nicht in die Detailvorlage ««gehen; eS sei ihm aber doch wahrscheinlich, daß die Stimmung des Reichstags heute der Vorlage günstiger sein werde, als seiner Zeit betreffs der Samoavorlage. Was übrigen- heute gegen die Prosperität der Dampferlinien gesagt werde, habe mau seiner Zeit auch gegen alle neuen Eisenbahnen angeführt. Es handle sich hier geradeso darum, die Stellung Deutschlands im AnSlande geltend zu machen, wie etwa bei der Subvention der Gotthardbah«, die auch dem deutschen Handel neue, bequemere «nd schneller zugäng liche Absatzgebiete erschlossen habe. Zweifellos sei es doch, daß da» Wachsen de» Privatvermögens, des Handel» und der Schifffahrt sehr bedeutend sei. „Ueberall sehen Sie steigenden Export, steigenden Verbrauch und steigenden Luxus. Die Obstruktionspolitik, die d« Regierung entgegensteht, veranlaßt die Steuerausfälle, nicht die Finanzpolitik. Besteht diese Obstruktionspolitik fort, so ist eS doch fraglich, ob das Wohl deS Landes dies ertragen kann; jedenfalls werden die Wähler nicht lange im Zweifel sein, wer die Schuld au den Mißständen de» Landes trügt." Abg. Gerlich befürwortet die Vorlage unter Berufung auf die Erfahrungen, die Amerika mit der Subventionirunq der Linien nach China gemacht habe. In drei Jahren habe sich der Export verdoppelt. Abg. Richter vertheidigt den Standpunkt Bamberger'». Nach kurzen Bemerkungen der Abgg. Wörmann und Bamberger wurde die Vorlage an eine Kom mission von 21 Mitgliedern verwiesen. — In die Reichsschuldeu» Kommission wurden die Abgeordneten Hammacher, Kochann, Buffe» Letocha, von Buusen und Mayer (Halle) erwählt. Nächste Sitzung Mittwoch. Auf der Tagesordnung stehen die bekannte» Anträge der Abgg. Windthorst, Munckel und Reichensperger. — Die sozialdemokratische Fraktion de» Reichs tages hat eine Kommission von sieben MitgUedern eingesetzt, der die Ausarbeitung eine- ArbeiterschutzqesetzeS übertragen ist. Wie jetzt bekannt wird, sind in diese Kommission die sozialdemokrati schen Abgeordneten Auer. Bebel, Dietz, Grillenberger, Meister, Sabor und v. Bollmar gewählt worden. Der Gesetzentwurf, schreibt die »Frlf. Zlg.", der alle zum Schutz der Arbeiter nothwendigen Be stimmungen umfassen und u. A. die Frauen-, Kinder-, Lehrling»-, Gefängniß und Sonutagsarbeit, dm Maximalarbeitstag, Schieds gerichte und Fabrikgesetzgebung behandeln wird, lehnt sich au de« von den Abgeordneten Fritzsche, Bebel und Genoffen im Jahre 1877 eingebrachtcn Antrag an der die lheilweise Abänderung der Titel l., il., VII., IX. und X. der Gewerbeordnung bezweckte, nur wird der jetzige Gesetzentwurf weit umfassender sein. — Zur parlamentarischen Diätenfrage ist eine Zu sammenstellung der in den einzelnen Ländern üblichen Abge- ordneten-Diäten interessant. Ein holländischer Deputirter erhält jährlich 3320 Mark und Reisekosten; ein belgischer 3i)6 monatlich »ährend der Session; ein norwegischer die Reisekosten und 14 Mark per Tag; ein portugiesischer 10 Mark täglich. Französische Senator«« und Deputirte beziehen LOOO Mark per Jahr. Mitglieder der kana dischen Kammern erhalten für jede Session, die länger al» 30 Tage währt, ca. 4000 Mk. und an Reisekosten ca 50 Pfennig pro Meile. Brasilien giebt seinen Senatoren 7200 Mark für die Session, und seinen Deputaten, außer den Reisekosten. 4800 Mark. Mexiko zahlt den Mitgliedern beider Häuser ca. 8000 Mark per Jahr. Die Ar gentinisch: Republik ist noch freigebiger und gewährt 14,060 Mark. In den Bereinigten Staaten Nordamerika» bedeutet die Wahl alid Senator oder Deputirter des Repräsentantenhauses ein Einkomm» von 20,000 Mark jährlich. England und Deutschland sind also die einzigen Staaten, in denen keine ReichStags-Diäten gezahlt «erde«. — Der Anarchistenprozeß vor dem Reichsgericht wird, wie bereits früher mitgetheilt, am 1k. Dezember seinen Anfang nehmen. Das an der GerichtStafel befindliche amtliche Prollam» macht bekannt, daß eine öffentlich« Sitzung de» vereinigten zweite«