Volltext Seite (XML)
Ri. I». - i. ÄbNM«. Mittwoch, 14. 3«>u>»r 1SSS. taStbote. Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und Umgegend besonders fiir die Vororte: Altchemnitz, AlterSorf, BernSdors, Borna, Ebersdorf, Furch, Gableuz, Slösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Neustadt, Schönau Anzeiger-Bilderbuch. L Unterhaltungs-BISIter, sowie da» 8seitige, reich- illustrtrte humoristisch« »en, Vierteljahr!. 150 Pf. (Zutr. 40 Pf.), mouatl. 50 Pf. (Zutr. 1b Pf.), nehmen an die Berlagsexpedinon und Ausgabestellen in Lhemnitz und obige« Vororten. Außerhalb dieser Orte kann der Anzeiger nur bei den Postanstalten — PostzeitungS-Preisliste für 1885 Nr. 1114 — bestellt werde«. I« Oesterreich-Ungarn ist der Ehemnitzer Anzeiger zum Abouuementspreise von vierteljährlich 1 «uldeu 41 Kr., monatlich 47 Kr. (exkl. Agiozuschlag) durch die Postanstalteu zu beziehen. Jusertio»-pret<: die schmale (Ispaltige) Korpuszeile oder Heren Raum 1b Pfennige. — — Unter Eingesandt pro Zeile 30 Pfennige. — Auf große Annoncen und Wiederholungen Rabatt. — Annoncen-Annahme für die nächste Nummer bis Mittag. — Ausgabe jeden Wochentag Nachmittag. Amroueeubestelluugeu von auswärts wolle mau de« Jusertionsbetrag stet» beifügen (kleinere Beträge in Briefmarken) je 8 Silben der gewöhnlichen Korpusschrist bilde» eine Zeile und koste» 1b Pfennige. Verlags-Expedition: Vlexa«der Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemaliger Bezirksgericht, gegenüber dem Kasinos. Für den ausgetretenen Kaufmann Adolf Ernst Kötzschner, Mitinhaber der Firma Reichel L Kötzschner in Chemnitz, ist heute Herr Friedrich Gott lob Kötzschner, Kaufmann in Chemnitz, als Abwesenheitsvormund ver pflichtet worden- Chemnitz, den 9. Januar >885. Königliches Amtsgericht, Abth. 2. ' Graupner- Bekanntmachung. Zufolg« Z 30 de» Nachtrags zur Bauordnung der Etadt Chemnitz vom 1. August 1871 sind über die an die Stadtkasse abzuführenden Leistungen, welche durch diesen Nachtrag unmittelbar oder auf Grund desselben von der Telegramm- -es Chemaitzer Vazeigers. B»m 12. Januar. Wiel!. Der Magistrat beschloß einstimmig, dem Semeinderathe die Annahme der von der Tramway-Gesellschaft gestellten Propositionen zu empfehle». — Die in Böhmisch-Leipa verhafteten Warnsdorf«, Redakteur Strache, Pfarrer Nittel und Jurist Herrenhäuser wurden enthaftet und die Untersuchung gegen dieselben wegen HochverratheS eingestellt. Bern. Gestern fanden 5 Ersatzwahlen in den Nationalrath statt. Gewählt wurden 4 Abgeordnete der Linken und 1 Ultra montaner. Rom. Der Senat nahm den Gesetzentwurf über gesundheitliche Maßnahmen für Neapel mit 96 gegen 21 Stimmen an. Rom. Die „Rassegna- meldet: Die kleine Expedition nach Assab bezweckt lediglich, die Erforschung und Bestrafung der Mörder Bianchi't und seiner Gefährten zu erleichtern und die Oertlichkeiten für den Fall einer etwa nothwendigen Expedition in's Innere zu studireu. Die Kongo-Expedition ist suspendirt, weil die Schisse „Garibaldi- und „Bespucci- zum Truppentransport zwischen Assab und Aden verwendet werden sollen. „Duilio- und andere von Sensationsblättern genannte Schiffe werden zur Frühlingswende armirt, um eine Escadre für die großen Sommermannövn zu sormiren. Paris. Grevy empfing gestern den Gesandten von Timbuktu. London. Eine Depesche Lord Wolseley's auS Korti vom 11. Januar meldet: Ein aus Khartum am 28. Dezember v. I. abge gangener Bote sei eingetroffen und berichtet, daß Gordon und seine Truppen wohl seien. Gordons Dampfer hatten zur Verproviantirung der Stadt auS dem Norden Vieh und Getreide beschafft. London. Alle Zeitungen sprechen sich zustimmend zu den Erklärungen BIsmarck's in der Reichstagssitzung vom letzten Sonn abend aus London. Die „Times" bespricht die letzten Verhandlungen des deutschen Reichstages und sagt: In der Welt ist Raum genug zu kolonialer Ausdehnung für England und Deutschland. Eine solche koloniale Ausdehnung kann die freundlichen Beziehungen beider Länder nur dann beeinträchtigen, wenn eines derselben die begründeten Rechte und Interessen des anderen nicht respektiren würde. Wir wollen nur das thun, was wir wünschen, daß man uns gegenüber thun möchte, obgleich England verpflichtet ist. die Wünsche seiner Kolonien aufmerlsam zu beachten. Die Wünsche derselben dürfen jedoch nicht den Vorrang vor internationalen Verpflichtungen «halten oder die freundlichen Beziehungen Englands zu anderen Mächten beeinträchtigen. London. Wie der „Standard- meldet, hat Frankreich von Deutschland und Rußland eine Andeutung erhalten, daß dieselben nicht bereit seien, an ein« internationalen Garantie für eine neue egyptische Anleihe theilzunehmen. , ... '' (Weitere Telegramme siehe dritte Seite) Baubehörde gewissen Grundstücke« aoferlegt oder vo« Grundstücksbesitzern übernommen worden sind, von dem Stadtrath Verzeichnisse ausgestellt worden, welche im Rathhaus (Poststrabe Nr. bl) links, 2 Treppen, Zimmer Nr. 55, zu Jedermanns Einsicht auSgelegt find. Hierbei wird bemerkt, daß nach den Bestimmungen des angezogenen Nachtrags die vorerwähnten Leistungen den Grundstücken als solchen aushasten, und ohne Weitere- auf jeden Nachbesttzer übergehen. Chemnitz, den 9. Januar 1885. Der Rath der Stadt Chemnitz- Andre, l>r„ Oberbürgermeister. Wilde. I« Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heut« ans Folium 2723 die Firma Oskar Fuhrmann in Chemnitz Fürsten Bismarck die Anerkennung nicht versagen, daß er mit großer Klugheit vorgegangen ist und den rechten Augenblick zur Verwirklich ung seiner Kolonialpläne «wählt hat. Das deutsche Reich war seit Jahren schon in.ungeahnter Kraft wieder erstanden, Freund wie Feind anerkannten unsere führende Stellung im Staaten-Konzerte; aber »uch immer war kein Fleck Erde außerhalb Europa'S zu finden, wo die deutsche Flagge als auf eige nem Gebiete aufgehißt werden konnte. Die Jahre kamen und gingen, Ereignisse von weltgeschichtlich« Bedeutung vollzogen sich. England suchte seine asiatischen Besitzungen zu befestigen, indem seine Herr scherin den Titel einer Kaiserin von Indien aynahm. Rußland überzog die Türkei mit Krieg und der Berliner Kongreß schuf neue Machtverhältnisse im Südosten Europa's. In Frankreich hatte dir Republik über die monarchischen Parteien gesiegt; in Rußland kam Jgnatieff an's Ruder und Skobeleff war der Held des Tages — wie viele bunte, abwechslungsreiche Bild« bot nicht das politische Kaleidoskop in den vierzehn Jahren, die seit dem Abschluß des Ver sailler Friedens verflossen sind. Aber Fürst Bismarck wartete ge duldig Jahr um Jahr und er überstürzte und überhastete nichts; er ließ-mchi^ di« Ereignisse ihren Lauf nehmen; als ihm aber d«! richtige Augenblick gekommen schien, da griff er mit all« Entschieden heit zu, und ehe sich die Welt dessen versah, war Deutschland in die Reihe der Kolonialmächte getreten. Und in der That eine glückliche Verkettung von Umständen hat es bewirkt, daß Deutschland seine Flagge auf Gebieten aufpflanzen konnte, die man als das Erbe anderer Staaten zu betrachten ge wohnt war. Nehmen wir den Fall an, in London wäre statt des Ministeriums Gladstvne ein Tory-Kabinet mit dem Marquis von Salisbury am Ruder: ist es wahrscheinlich, daß England ruhig zugesehen hätte, wie sich Deutschland zwischen seine Besitzungen in Afrika einschiebt, wie es an Orten Fuß zu fassen sucht, von wo aus es den rebellischen Boers die Hand reichen kann? Und wenn Frankreich nicht in das ostasiatische Abenteuer verwickelt wäre, das die Aktionskraft der Republik lahmlegt, andererseits aber die Eifersucht Englands gegen dieselbe wach- ruft; hätte weiter England sich nicht in das egyptische Unternehmen eingelassen, das seine Kräfte auf Jahre hinaus absorbirt und ein ein- trächtliches Vorgehen beider Westmächte nicht auskomwen läßt — wäre es dann dem Fürsten Bismarck möglich gewesen, sich in dem Maße zum Beherrsch« der politischen Situaüon auszuschwingen, als es gegenwärtig der Fall ist? Der Say bleibt für immer richtig: „Es genügt nicht, ein groß« Mann zu sein, man muß zur rechten Zeit komm n." — Das große Verdienst Bismarcks besteht darin, daß er eben, zur rechten Zeit das Rechte getroffen. Und demgegen über ist es von dem Reichstage kleinlich und ungerecht, durch den Schein fraktiöser Opposition den Reichskanzler zu bekämpfen und seine Pläne zu durchkreuzen. Fürst BiSmarck'S Wettpotttik. Genau an demselben Tage, an dem die Nachricht von kriegerischen Verwicklungen in Kamerun eintraf, hatte der Reichstag wieder eine kolonialpolijische Debatte in großem Stil. Den unmittelbaren Anlaß hierzu zeitigte die von der Regierung geforderte einmalige Bewilligung von 150,000 Mark zur Förderung der auf Erschließung von Zm- tral-Afrika gerichteten Unternehmungen, welche von der eingeseoten Kommission um 50000 Mark gekürzt war. Die ganze Freitagsver handlung im Reichstage bot eine frappante Aehnlichkeit mit der be kannten Beralhung am 15. Dezember — hier wie dort ein ge schlossenes Eintreten von Zentrum und Fortschrittspartei für eine Zurückweisung der Vorlage an eine Kommission, hier wie dort ein energisches Plaidoy« des Reichskanzlers für die Bewilligung der ganzen beantragten Summe von 150.000 Mark. Und auch in dem Endresultat stimmen die beiden Sitzungen ü-crein: ebenso wie die geforderten 20,000 Mark für den neuen Direktorposten versagt wurden, ebenso «folgte am Freitag die Zurückverweisung der Position an die Budgetkommission mit 135 ge^en 128 Stimmen. Daß diese Ab stimmung nach den epochemachenden Ereignissen des Jahres 1884, das Deutschlands Welistellung befestigte und erweiterte, überhaupt möglich war, bleibt gleich bedauerlich und verwunderlich. Während Deutschland noch vor einem Jahre lediglich eine kontinentale Macht war, ist eS heute in das Juteressenlabyrinth einer Kolonialpolitik verwickelt, welches ihm für die Zukunft eine weite und großartige Perspektive eröffnet. Bor einem Jahre betrachteten wir die Rivali täten unter den seefahrenden Nationen einzig unter dem Gesichts punkte, wie der Widerstreit der Interessen auf dem Gebiete des Ko lonialwesens und des Welthandels zu unserm Nutz- und Frommen, verwerthet werden könne. Heute besitzen wir Kolonien in Afrika, »ud Neu-Jrland und Neu Britannien nebst dem nördlichen Theile von Guinea im australischen Archipel sind unter deutschen Schutz ge stellt worden. Selbst die «bitterste politische Scheelsucht kann dem Politische Run-scha«. Deutsches Reich. Reichstag. Die Berathung des Militär- etats wird fortgesetzt. Die Kommission schlägt vor, den vom Abg. Richter vor den Ferien Angebrachten Antrag bezüglich der Fourage- Rationcn abzulehnen, dagegen folgenden Antrag anzunrhmen: den Bendesratv zu ersuchen, Nachstehendes zu veranlassen: 1) eine Re vision der Rationbezüge im Sinne einer Verminderung derselben vor zunehmen ; 2) in Erwägung zu ziehen, ob es nicht zweckmäßig «scheint, an Stelle des Bezugs von Rationen einen Ansatz von Pferdehaltungs- Geldern bezw. Fuhrkostenenischadigungen für Offiziere und Beamte treten zu lassen, mit der Maßgabe, daß für jede Stelle bestimmt wird, wie viele Plerde der Empfänger von Pferdehaltungsgeldern mindestens zu halten hat und daß für Pferde-Manquemeuts ein ent sprechender Geldavzug stattftndet; 3) dem Reichstag daS Resultat die ser Erwägungen in der nächsten Session mitzutheilen. Nach kurzer Debatte, an der sich die Abg. Richter, v. Koller, v. Huene, sowie Kriegsministcr Bronsart v. Schellendorf beiheiligen, wird die Resolu tion angenommen. Die Dienstzulagcn für die Generalstabsärzte pro 900 Mk. werden gestrichen. Bei dem Kapitel Militärgeistlichkeit wird der Bundesrath ersucht, die Gleichstellung der Militärgetstlichen beider Konfessionen hinsichtlich der Gehaltsverhältnisse und militätischen Dienststellung herbeizuführcn. Die für das Landwehrbrigadekommando Berlin geforderten 10872 Mk. werden unter Zustimmung -»der Re gierung abgelehnt. Bei dem Kapitel Gouverneure und Kommandanten enttarn sich eine längere Debatte. Die Abgeordneten v. Vollmar, Scho t und Heine gingen auf die Beschwerden über das Verbot des Besuches gewisser Schanllokale durch Militärpersoncn ein. Das Ver bot verstoße gegen die Gewerbefreiheit, die Maßregel sei ungesetzlich und nutzlos. Der Kriegsminist« v. Bronsart rechtsntigt die Maß regel mit dem disziplinellen Interesse und widerspricht ferner den Angaben Richters, wonach in Kontroll-Versammlungen Politik ge trieben worden sei. Die Aufforderungen an die Mannschaften zur Treue gegen König und Vaterland sei keine Parteipolitik. Richter bleibt davei, in dem von ihm erwähnten Falle sei ein Mißbrauch der (Nicolaigraben Nr. 23) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Oskar Clemens Fuhrmann dalelbst, "Besitzer eines Garn-GeschSstS, eingetragen. Chemnitz, den 9. Januar 1885. Königliches Amtsgericht Abtheilung 2. ^ Rohr. , Tr. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgericht- wurde heute aus Folium 2724 die Firma Felix Frank in Chemnitz (Neugalle Nr. 5) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Felix Frank daselbst, " zer eines Trikotstoss-FabrikationSgeschäftS, eingetragen. Ihemnitz, am 9. Januar 1885. Königliches Amtsgericht, Abthcilung 2. Nohr- Tr. Amtsgewalt seitens des betreffenden Offiziers zu konstatiren. Möller führt eine.: ähnlichen Fall aus Königsberg an, wo die Beschwerde nicht nur keinen Erfolg, sondern sogar Ungelegenheiten mit dem Be schwerdeführer gehabt habe. Der Kriegsminister v. Bronsart erklärt ausdrücklich, daß eine Beschwerde das Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer nach sich ziehen könne, wenn sie ungerechtfertigt sei. Nach längerer Debatte wird der Antrag, entsprechend dem Kommis sionsautrag. den Bundesrath zu «suchen, in Erwägung zu ziehen, ob und welche Kommandantenstellen als künftig wezfallend zu bezeichnen sein dürsten, angenommen. — Dem preußischen Landtage soll, wie der „Aktionär- mittheilt, eine Sekundärbahu-Vorlage mit ein« Forderung von 60 Millionen Mark zugehen. — Die baierische Staatsregierung hat unter Wahrung des bai rischen Postreservatrechtes ihre Betheiligung au der Einrichtung von Postsparkassen abgelehvt. — Nachdem eine Einigung Frankreichs mit der Internatio nalen Afrikanischen Gesellschaft üb« einige streitige Gebiete in West- ofrika nicht.mehr zweifelhaft ist und die Meldung von dem Abschlüsse eines Vertrages nur noch anszustehen scheint, weil der letzte nothwen- dige Schriftwechsel zwischen Paris und Brüssel noch stattfindet, tritt nun die Bildung des neuen internationalen Kongostaates in den Bordergrund. — Zu Ehren des zu Wiesbaden anwesenden Afrikaforsch«» Stanley veranstaltete der dortige Kolonialvereiu ein Festbauket, bei welchem folgendes Telegramm an den Reichskanzler Fürsten Bismarck abgesandt wurde: „Zur Stanlcyfeier in Wiesbaden versammelte An gehörige verschieden« Nationen begrüßen Ew. Durchlaucht und drücken den Wunsch aus, es möge Ihnen gelingen, die in Berlin tagende Kovgokonsercnz zu Zielen zu führen, welche den Interessen der Zivili sation entsprechen.- Oesterreich-Ungarn. Das verbreitete Volksblatt „Oester- reichisch« Reichsbote-, durch seine Beziehungen auch zu hohen Kreisen bekannt, bringt einen allseitig bemerkten Artikel, worin es erklärt, daS Volk Oesterreichs, ohne Verklausulirung und ohne nach sonstigen Gründen zu fragen, glaube fest, Deutschlands Wahl betreffs der Dampferline werde auf Triest fallen, weil es an Deutschlands Treue glaubt und das Volk darin mit aufrichtig« Freude deren Be siegelung durch die That erblicken würde. Italien. In Modena herrscht ungeheure Aufregung unter der Bevölkerung wegen mehrerer Agrarverbrechen, welche von Bauern banden verübi wurden. In St. Martino haranguirte ein Unbe kannter die Landbevölkerung und predigte den Kampf gegen die Guts besitzer bis auf das Mess«. Eine 500 Manu starke Bauernbande sandte an mehrere Gutsbesitzer Drohbriefe ab. In Cesole wurde ein Herrengut umzingelt, mehrere Scheiterhaufen um dasselbe angezündet und auf das Dach des Schlosses Feuerbrände geschleudert. Die Bande wurde mit Flintenschüssen zurückgetrieben. Frankreich. Während hier die Menge der Mordthaten. die, ohne daS Geheimniß oder den Schatten zu suchen, am offenen lichten Tage begangen werden, sich in erschreckend« Weise vermehrt, beschäf tigt sich die Regierung mit der Frage, ob eS nicht opportun sei, den Ausschluß der Oeffentlichkeit bei Vollzug der Todesstrafen anzuordnen? Der Kassationshof, dem diese Frage vom Justizminister vorgelegt worden ist, hat sich mit der Majorität von nur ein« Stimme für den Ausschluß ausgesprochen. Die Sache hat ihre zwei Seiten. Es ist in der That sehr zu tadeln, daß die öffentlichen Hinrichtungen sich hier nach und nach beinahe in ein Volksschauspiel verwandelt haben; man hätte dies nimmermehr dulden dürfen; der Fehler liegt indessen weit mehr an den Zuschauern als an dem Gesetz, da» alle beim Vollzug der Todesstrafen zu beobachtenden Formalitäten streng regelt. Für Frankreich speziell ist der Ausschluß der Oeffentlichkeit von den Exekutionen namentlich in aufgeregten pnd revolutionären Zeiten, deren dieses Land schon so viele erlebt hat, insofern sehr be denklich, als dadurch die Hekatomben in den Gefängnissen, wie sie ja auch schon dagewesen sind, «leichtert werden und der Massenmord in den Gefängnissen, der selbst unter der Schreckenszeit nur selten in Anwendung gebracht worden ist, ganz und gar in die politischen Sitten der möglichen Zukunftsterroisten übergehen würde. Der Um stand, daß die Guillotine auf einem öffentlichen Platze funklionirte, hat in den Jahren 1792, 1793 und 1794 vielen Opfern das Leben gerettet, denn die damaligen Jakobiner waren wie die heutigen licht scheu und liebten die Oeffentlichkeit nicht. Es wäre demnach nicht gerathen, sich von einer Art philantropischen Brauch zu einer sentimen talen Maßregel hinreißen zu lassen, die man früher oder später zn bereuen haben könnte. England. Der „Observer- meldet, der Bot-schafter Graf Münster habe sich nach Sandringham begeben, um dem ältesten Sohne des Prinzen von Wales anläßlich seiner Mündigkeits-Erklärung den Schwarzen Adlerorden zu überreichen. — Die koloniale Frage hat sich der öffentlichen Meinnng Englands mit einer Intensität bemächtigt, daß Alles Andere vor ihr