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Nr. 81 17. Hctober 1873 Irntag, Mchßsche Docheklmg. Preis: vierteMhrlich 1V Rgr. Za beziehen durch Lustiütm. Verantwortlicher Redakteur und Verleger: Fern»»»« Müller in Dre-deu. lr,a<ytn zu untersuchen, durch welche der christlichen Konfesfionen bewo- Fünsnnddreißt-strrLrahrgang, IV. Unart«!. Dr«*dr«, in der Expedi tion, kl-Meißn. Gaffe Rr. S, i zu Haden. weltliche Obrigkeit als einen Ausfluß deS uns geoffenbartep gött lichen Willens erkennt. Zu meinem Bedauern verleugnen Biele der Eurer Heiligkeit unterworfenen Geistlichen in Preußen die christliche Lehre in dieser Rlchtung und setzen meine Regierung" in die Rothwendigkeit, gestützt auf die große Mehrzahl meiner treuen katholischen und evangelischen Unterthanen, die Befolgung Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Erscheint jede« Dienstag «nd Freitag früh. J«fevNteN>rei-: Für de» Raum einer gespaltene» Zeile 14 Rgr. Unter „Eingesandt" s Rgr. gen werden können, den Feinden jeder staatlichen Ordnung in Bekämpfung der Letzteren behütflich zu sein; wohl aber ist e- meine Aufgabe, in den Staaten, deren Regierung mir von Gott anvertraut ist, den inneren Frieden zu schützen und daS Ansehen der Gesetze zu wahren. Ich bin mir bewußt, daß ich über Erfüllung dieser meiner königlichen Pflicht Gott Rechen schaft schuldig bin, und ich werde Ordnung und Gesetz in. meinen Staaten jeder Anfechtung gegenüber aufrecht hatten, so lange Gott mir die Macht dazu verleiht. Ich bin al- christli cher Monarch dazu verpflichtet auch da, wo ich zu meinem Schmerz diesen königlichen Beruf gegen die Diener einer Kirche zu erfüllen habe, von der ich annehme, daß sie nicht minder, wie die evangelische Kirche, das Gebot deS Gehorsams gegen die , eine meiner Pflichten zu erfüllen, welche darin besteht, Allen die Wahrheit zu sagen und zwar auch Denen, die nicht Katholiken sind. Denn Jeder, welcher die Taufe empfangen hat, gehört in irgend einer Beziehung oder auf irgend eine Weise, welche hier näher darzulegen nicht der Ort ist, dem Papste an." Dieser Ansicht scheint jedoch der deutsche Kaiser in keiner Weise zu huldigen, wie der von ihm an den Papst gerichtete und vom 3. Sept. d. I. datirte Brief am Schluffe deutlich genug aus weist. „Noch eine Aeußerung in dem Schreiben Eurer Heilig keit", heißt eS daselbst, „kann ich nicht ohne Widerspruch über gehe», wenn sie auch nicht auf irrigen Berichterstattungen, son dern aus Eurer Heiligkeit Glauben beruht, die Aeußerung näm lich, daß Jeder, der die Taufe empfangen hat, dem Papste an gehöre. Der evangelische Glgube, zu dem ich mich, wie Eurer Heiligkeit bekannt sein muß, gleich Heiligkeit bekannt sein muß, gleich meinen Vorfahren und mit der Mehrheit meiner Unterthanen bekenne, gestattet uns nicht, in d«m »erhältniß zu Gott einen anderen Vermittler als unse ren Herrn Jesum Christum anzunehmen." Nicht minder klar und zutreffend ist jener Passus, welcher sich auf die Anschuldi gung bezieht, die Vernichtung deS KatholicismuS gut geheißen zu haben. „Zu meinem tiefen Schmerze", wird im Eingänge deS kaiserlichen Schreibens Sr. Heiligkeit bemerkt, „hat ein Theil meiner katholischen Unterthanen seit zwei Jahren eine politische Partei organiflrt, welche den in Preußen seit Jahrhunderten be stehenden konfessionellen Frieden durch staatsfeindliche Umtriebe zu stören sucht. Leider haben höhere katholische Geistliche diese Bewegung rücht nur gebilligt, sondern sich ihr bis zur offenen Auflehnung gegen die bestehenden LandeSgesetze angeschloffen. ES ist nicht meine Aufgabe, die Ursachen zu untersuchen, durch welche Priester und Gläubige einer der christlichen Konfesfionen bewo- der Landesgesetze durch weltliche Mittel zu erzwingen. Ich gebe mich gern der Hoffnung hin, daß Eure Heiligkeit, wenn von der wahren Lage der Dinge unterrichtet, Ihre Autorität werden anwenden wollen, um der, unter bedauerlicher Entstellung der Wahrheit und unter Mißbrauch deS priesterlichen Ansehens be triebenen Agitation^ ein Ende zu machen. Die Religion Jesu Christi hgt, wie Ich Eurer Heiligkeit vor Gott bezeuge, mit diesen Umtrieben nichts zu thun, auch nicht die Wahrheit, zu deren von Eurer Heiligkeit angerusenem Panier ich mich rück haltlos bekenne." Ueber den Stand der Vorlagen für den preußischen Land tag wird jetzt bekannt, daß die Entwürfe, mit denen man sich in den einzelnen ReffortS beschäftigt hat, in etwa 14 Lagen so weit gefördert sind, um dem Staatsministerium übergeben «erden zu können. Erst wenn daS geschehen ist, läßt sich übersehen, welchen Umfang die Regierungsvorlagen haben sollen. Mit ziemlicher Sicherheit läßt sich jedoch schon heute berichten, daß der Entwurf über daS EisenbahnconcesfionSwesen und ähnliche Vorlagen schon in der ersten Hälfte der Session an den Land tag gelangen werden, und zwar gewissermaßen als eine Folge und Ergänzung deS zu erwartenden Berichte- der Special-Kom mission für das Eisenbahnwesen, welcher, wie man sich erinnern wird, von dem Kaiser mit der ausdrücklichen Weisung an daS Staatsministerium zurückgelangt ist, Gesetzvorschläge zu machen, . um die hervorgetretenen Uebelstände zu beseitigen. Die Lera- thungen im Handelsministerium über daS KoncessionSgesetz find abgeschlossen. Die Frage der personalen Rekonstruktion deS preußischen StaatSministeriumSin Verbindung mit dem ReichSranzleramt soll nunmehr einer Erörterung unterworfen werden. DaßdieLeüu»- PreußenS und deS Reichs in personalem Zusammenhang stehm muß, ist oft genug in den Zeitungen auSgeführt worden und die Nothwendigkeit dieses Zusammenhanges möchte wohl in immer weiteren Kreisen erkannt werden. Nur wenn die ReichSleittmg PreußenS mit der in möglichster Harmonie sich befindet, kann sie selbst gedeihlich geführt werden und kayn sie die Schwierig- 81 - Politische Weltschau. , Deutsches Reich. Schon vor längerer Zeit brachten die Zeitungen eine Nachricht, nach welcher zwischen dem Deut schen Kaiser und dem Papste ein Briefwechsel von hohem Interesse stattgefunden habe und der seinem Inhalte nach sich auf die kirchlichen Wirren der Gegenwart beziehe. Wenn die Regierung biö dahin Anstand nahm, denselben der Oeffentlichkeit zu übergeben, so geschah die- offenbar auS dem Grunde, dem Papste Zeit zu lassen, sich den Inhalt deS kaiserlichen Schrei bens genau zu überlegen und durch ein Einlenken zu zeigen, daß eS ihm wirklich Ernst sei, dem kirchlichen Konflikte in Deutsch land ein Ende zu machen. Nachdem jedoch nach Verlauf eines vollen Monats in dem Verhalten deS deutschen Klerus sich nicht nur pichtS geändert, sondern im Gegentheil die Anmaßung des selben sich gesteigert hat, hält eS die Regierung für angezeigt, den .genannten Briefwechsel durch den „Staatsanzeiger" der Oeffentlichkeit zu übergeben. In dem vom 7. August d. I. da- tirten Schreiben des PapsteS wird im Eingänge so lügenhaft wie nur irgendmöglich auf die Maßregeln der preußischen Re gierung, hingewiesen, die kein anderes Ziel hätten, als die Ver nichtung des KatholicismuS zu beschleunigen und damit überhaupt die Religion Jesu Christi zu schädigen. In die alte päpstliche Arroganz verfallend, heißt es dann am Schluffe: „Ich rede mit Freimuth (!), denn mein Panier ist Wahrheit und ich rede, um