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24. Januar 1873 Freitag, W»»ftadt- 15 Ngr. Zu Anstalten. la der Expedi tion, kl. Meißn. Preis: vierteljährlich beziehen durch ch alle kais. Post- ^>1 KichfHt D-chckmz Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. Anferaicupreis: Für den Raum einer gespaltene» Zelle Ij Ngr. Unter „Eingesandt" s Ngr. Verantwortlicher Redakteur und Verleger: Kerr«««« Mütter in Dresden. Richt minder scharf und treffend sprechen sich andere Zeitungen m dieser Sache ans nnd eS steht zu hoffen, daß die Regierung durch die ernstesten Maßregeln Vorkehrungen trifft, den fguten Ruf der StaatSver-' waltung, durch welche in erster-Reihe der Kredit des preußischen StaatS beim deutschen Volke begründet wurde, auch fernerhin aufrecht zu erhalten. — Die erste Lesung des Gesetzentwurfs, die kirchliche DiSciplinargewalt und die Errichtung eines königlichen Gerichtshof» für kirchliche Angele genheiten betreffend, ist in der Sitzung des preußischen Ab geordnetenhauses vom 20. d7 M. geschlossen worden. Es fehlt unS der Raum, auf die bei dieser Angelegenheit pro und contra gehaltenen Reden näher tinzugehen, zumal sie im All gemeinen nichts enthalten, war nicht schon früher in Sachen der Kirche mit anderen Worten ausgesprochen wäre. Man fühlt nur auS alledem heraus, wie schwer «ö den Ultramontanen fällt, gegen den Geist anzukämpfen, der wie ein erfrischender Windts- hauch durch die Räume des preußischen Abgeordnetenhauses hinzieht und dem Volke die Osterbotschast zu bringen scheint, auf dir eS lange genug vergeben« geharrt hatte. AIS Kommission zur Borb«- rathung der kirchlichen Vorlagen find nach Berichte der Sitzung vom 21. d.M- v. Bennigsen, Graf Bethusy-Huc, Graf Limburg-Stirum und v. Brauchitsch gewählt worden. — Da eine Auseinandersetzung zwischen dem KriegSminister und dem zweiten Chef der Armeeveiwaltung rückfichtlich der GeschästS- theilung durchaus nothwendig war, so ist solche nunmehr, wie au« Berlin berichtet wird, endgültig erfolgt. Danach soll nun die Abgren zung in der Richtung geschehen sein, daß fich Graf Roon di« in da» politische Gebiet emschlagenden Gegenstände? vorbrhiel^ di« reinen VerwaltuagSangelegenheiten dagegen Herrn v. Kamele übertragen find. ES ist also anzunehmen, daß Graf Roon nach wie vor die Abficht hat, das Armee-DrganisationSgesetz zu vertreten. Zweifelhaft dagegen erscheint eS, wer die durch die Erhöhung aller Preise unabweisbar gewordenen Mehrkosten der Militär verwaltung zu vertheidigen haben wird. — Die Kommission von Militär« und Civilbeamten, welch« mit d«m Entwurf« d«r n«u«n MilitSrstrafgtrichtS-Ordnung im drutschtrr Reich« brtraut ist, wird am 17. Frbruar in B«rlin zusammentr«ten. — D«m Bund«»eath« ist srit«*« de« RrtchskanzltrS «in Stsrtzrntwurf vorg«l«gt wordrn, nach wtlche» di« in Elaß- Lothringrn zur Zeit noch zu Recht bestehenden Vorschriften üb«r di« Erhebung der BinnrnschifffahrtSabgaben aufgehoben werden. — Rach einer allerdings noch nicht verbürgten Nach richt wird sich Kaiser Wilhelm in nächster Zeit zu einem Besuche an den Hof von Petersburg begeben. — Die Auf stellung der 86 im letzten Kriege von den preußischen Truppen eroberten französischen Fahnen und Standarten in der Garnison- kirche zu PotSam hat am 19. d. M. im Beisein des Kaisers und der Kaiserin, der sämmtlichen Prinzen, der gesammten Generalität und der Deputationen aller Regimenter der preu ßischen Arme« ftierlichst stattg«fund«n, b«i rmlcher Gelrgenheit d«r Kaisrr witderholt die Hingebung und Tapferkeit der Armee in Verbindung mit den übrigen deutschen Truppen rühmend hervorhob und während de« im Stadtschlofft den Offizieren ge gebenen Dejeuner ein« begeisterten Toast auf da« Wohl seiner rühm- . und siegreichen Arme« auSbrachte. — In der Sydow'schen Politische Weltschau. D-irtttb-s Reich. Wir waren bisher gewohnt, dem KonttW-Schwindel im gr-ß-«» Maßstab« nur m Veßerrrich-Ungarn nachzuspüren und nichts lag unS .erner «l» di« Annahme, daß daS in allen seinen Verwaiiungen so muster^ hafte Preußen gleichfalls an dieser Schwäche labonre. Um so empfindlicher berühren die vom Abgeordneten Lasker zur Sprache a«bracht«n Mißstände, nach welchen er dem StaatSbeamtenthume und dem Hofadel den in Preußen unerhörten Vorwurf macht, di« vom Staate erlangten Eisenbahn-Koncesfionen im Privatm- teresst auSgebeutet zu hoben. Selbstverständlich werden Laskers Enthüllungen, in welchen der schon arg mitgenommene ehemalige KreuzzertunH- - Wagener eine keineswegs beneidenswert he Rolle spielt, von den preußischen Zeitungen mit einem Eiser be sprochen, der zur Genüge darthut, wie bitter diese ungeahnten Mißstände empfunden werden. So heißt eS in einem vorzüglich geschrie benen Leitartikel der Bremer „Weserzeitung" unter Anderem: „An sich ist e- ja keine Sünde, eine Koncesfion, in deren Besitz man gelangt ist, gegen Entgeld und mit Gewinn einem Dritten zu übertragen und eS würde unmöglich sein, durch Gesetz oder Klauseln diese Art von Geschäften zu verbieten. Auch fragt eS sich, ob ein erhebliches öffentliche- Interesse solche- wünschenS- werth macht. Aber eine panz andere Frage ist, ob Staatsbe amte, zumal höhere, derartige Operationen unter den Augen der Regierung betreiben sollen und dürfen. Diese Frage, glauben wir, kann man nicht scharf genug verneinen. Wer in den öffent lichen Dienst tritt, der darf Börse und Markt nicht mehr be suchen. Eine- schickt sich nicht für Alle: es ist eben unschicklich für den Regierungsbeamten, neben den Sorgen um daS Allge meine, den Privaterwerb zu kultiviren und öffentlich al- Kon kurrent der Gründer und Spekulanten aufzutreten. ES ist un schicklich auS zwei Gründen, einmal, weil eS wenigsten- den Eindruck erweckt, als ob der Beamte nicht seine ungetheilte Kraft dem Staate widme, sodann, weil eine solche Kombination - staatlichen Einflusses und gewerblicher Lhätigkeit unfehlbar den Lerdacht regt macht, als ob jener Erstere dieser Letzteren in die Hände arbeite. Da- gemeine BolkSgefühl ist mit Recht gegen jede Vermischung dieser beiden LhätigkeitSspähren, und Beamh von ehrenhafter Gesinnung werden, auch wo die positiven Ge setze schweigen, meistentheilS ganz von selbst ebenso urtheilen und ganz von selbst auf Geschäfte verzichten, an denen der Verdacht deS Mißbrauch- klebt. Wo aber die ehrenhafte Gesinnung nicht au-reicht, wo außerdem die Gesetze schweigen, da muß die Re gierung emschreiten und durch kategorische Proteste jene „öffent- licht Standarte d«r Moral" aufrichtrn, von wrlch» Kant sagt, Us" R«gi«rung muß mit d«r d.ut- uchsten Entschiedenheit erklären und durch Statuiruug von s!? nicht brauchen könne, "es öffentlichen Dienstes und des H'» band«« e« sich um mehr geschäftliche Ordnung; e« handelt sich um die Au- wruät der Obngkett, den guten Ruf der Staattverwaltuna und di« Sittlichkeit, de» Volkes. Gwß« Beispiel« wirken °i"d." Richt mind«r scharf Lnusunddreißigster -ahr-au-, I.