Volltext Seite (XML)
Mchlischt DorMmA «nst.ltm. Preis: vierteljährlich 15 Rgr. Are Neustadt« Dresde«, hl der Expedi tion, kl. Meißn. Gaffe Nr. S, § -u haben. beziehen durch 4 alt lais. Past- Verantwortlicher Redakteur und Verleger: Ke-rman« Wüller i» Dresden, b Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. Inseratenpreis: Für den Raum einer gespaltenen Zeile 1j Ngr. Unter „Eingesandt" 3 Ngr. —V— —. - . ° 2t. ZK5m-r1873 P-lttlsche Weltschau. DeutMes Reich. Obschon von gewisser Seite seit mehreren Lagen in der Presse das Gerücht verbreitet wurde, Fürst Bismarck habe sich mit Entschiedenheit gegen die Ein- setzung einer Kommission in der Laßker-Wagener'schen Angelegen heit ausgesprochen, so haben wir dennoch, unserer Ueberzeugung vom geraden Gegentheile folgend, auf diese mit unzureichenden Beweisen begleitete Nachricht keine Rücksicht genommen. Die „Sperr. Ztg." weist denn auch zu unserer Genugtuung nach, daß die ganze Nachricht nicht nur auf einer gehässigen Erfin dung beruhe, sondern der Reichskanzler gerade derjenige gewesen sei, welcher eine strenge Prüfung der Angelegenheit ohne „An sehen der Person" von seinem Monarchen gefordert habe. Was nun Wagener anlangt, dem die Regierung ohne Zweifel billiger weise Zeit zur Vertheidigung lassen wollte, veröffentlicht die „Nord deutsche" und „Nationalzeitung" eine Erklärung des Geheimrathß, in welcher dieser Eingangs sagt, daß er auf eine detaillirte Wi derlegung der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen durch die Presse verzichte, nachdem die königliche Botschaft eine Unter suchungs-Kommission eingesetzt, welcher die Beurtheilung seiner Angelegenheit obliege. Er beschränke sich auf die Angabe der Art und Weise, wie das Statut der pommer'schen Centralbahn zu Stande gekommen^ sowie auf die Mittheilung der Umstände, in welcher Art die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister erreicht wurde, und führt aus, daß die Insinuation Lasker's gegen den Handelsrichter, als habe der letztere durch eine Zuschrift des Handelsministers sich bewegen lassen, die Ge sellschaft einzutragen, unrichtig sei. Als erstes Mitglied derSpecial- Untersuchungskommission hat das Abgeordnetenhaus Las ker, als zweites den Vizepräsidenten Köller gewählt. Ueber die Wahl im Herrenhause ist zur Stunde Näheres noch nicht bekannt. — Das Gesetz, betr. die Dotation der Provinzial- und Kreis verbände hat durch die mit dessen Vorprüfung be auftragte Kommission einige Abänderungen erfahren, über die wir in der nächsten Nummer Mittheilung machen werden. OeAerreichifcbsUngartfche Monarchie. Endlich ist in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 18. d. M. die Wahlreform-Bdrlage vom Ministerpräsidenten Fürsten Auersperg eingebracht und seitens des Präsidenten der durch einen früheren Beschluß bestehenden Verfassung--Kom mission übergeben worden, nachdem der Erstere die Uebergabe durch eine mit großem Beifall begrüßte Rede eingeleitet hatte. Dieselbe lautet wie folgt: „Als der Kaiser diese Session des ReichSratheS eröffnete, geruhte derselbe in der Thronrede dif Nothwendigkeit der selbständigen Bildung der Reichs vertretung hervorzuheben und die bedeutsamen Worte zu sprechen: „Reine Regierung wird eifrig bestrebt sein, für die unmittelbare Verkörperung deS österreichischen StaatSgedankens die Wege zu ebnen, um sie im geeigneten Zeitpunkte unter Wahrung aller vertretung-berechtigten Interessen der Verwirklichung zuzuführen." Das Ministerium hat da- in diesen Worten angedeutete Ziel nicht einen Augenblick außer Acht gelassen. ES hat mit uner schütterlichen Ruhe Alle- angewendet, um die zu diesem Ziele führenden Wegeß zu ebnen und den richtigen Zeitpunkt zu erfassen, Mufund-rei-igstrr Jahrgang, I. Quartal welcher ihm fMdiese Verwirklichung deS österreichischen StaatS- gedankenS der günstigste schien. Heute nun ist da- Ministerium rn der Lage, die Zusage Ker Thronrede mit der Vorlage der Wahlreformgesetze (Bravo!) in Erfüllung zu bringen. Dieselben sind der eintzehendsten Berathung, der gewissenhaftesten Prüfung unterzogen worden, damit sie zum Segen werden für die ruhige, daher sichere Entwickelung unsere- BerfassungSlebenS. (Beifall). Indem ich die Ehre habe, mit allerhöchster Gsnehmtgung die Gesetzentwürfe über die Einführung direkter ReichSrathSwahlen und über die Vermehrung der Zahl der Abgeordneten auf den Lisch des Hause- niederzulegen, ersuche ich den Präsidenten, die verfassung-mäßige Behandlung derselben zu veranlassen." Die Polen sind über die Einbringung der Wahlreform allerdings wenig erbaut und haben in der Sitzung vom 17. d. M. unter Protest, wie da- seit Langem in Aussicht gestellt war, den Saal verlassen, indem sie erklärten, einen Gesetzentwurf nicht mitberathen zu wollen, der in seiner Durchführung einem Ver fassungsbruche gleichkomme. Wie sich dem gegenüber die Regie rung verhalten wird, ist nicht gut einzusehen, da ein Au-gleich mit den Polen auf Grundlage der Wahlreform kaum möglich erscheint. Welchen Weg auch immer die Polen wählen, in keinem Falle entspricht ihre Haltung der von ihnen im VerfSssungS- Ausschüsse abgegebenen Erklärung. Wenn man ein Vergehen bekämpft, welches angeblich gegen die Verfassung gerichtet ist, - dann darf man doch nicht in denselben Fehle» verfallen, welchen man rügt. Wäre denn die Absentirung von den betreffenden Verhandlungen ein verfassungsmäßiges Mittel ds- Widerstandes gegen einen vermeintlich verfassungswidrigen Vorgang? Die Abgeordneten thun ihre verfassungsmäßige Schuldigkeit nur dann, wenn sie mit allen verfassungsmäßigen Mitteln einer VerfaffungS- widrigkeit entgegenarbeiten. Ein parlamentArischer Strike, sei er ein partieller oder ein totaler, gehört aber unter diese Mittel sicherlich nicht. — Im ungarischen Unterhause ist ein Ge setzentwurf, betreffend dieErhöhungderCivillistemit einerganz bedeutenden Majorität (239 gegen 44 Stimmen) genehmigt worden. Schweiz. Der BundeSrath hat mit der den Schwei zern eigenen Energie im Handeln folgenden Beschluß gefaßt und ausgeführt: „Der BundeSrath beschließt im Interesse der Eidgenossenschaft und derHandhabung der Ruhe und Ordnung, daß, so lange Caspar Mermillod nicht auf die Ausübung der ihm vom heiligen HMhle übertragenenen Funktionen eines apo stolischen Vikar- verzichtet, ihm der Aufenthalt auf schweizerischem Gebiet untersagt ist. Dies Verbot ist hinfällig, wenn derselbe ausdrücklich erklärt, auf jene Verrichtungen zu verzichten. — Nach dem Berichte deS Genfer StaatSrath- an dm BundeSrath ist die ihm gemeldete Ueberführung Mermillod'S auf franzö sische- Gebiet nach Ferney ohne irgendwelche Gegen-Demonstra tion erfolgt, nachdem Mermillod unter Protest demselben er klärte, vor wie nach seine Funktionen als apostolischer Vikar auSzuüben. Dissen für da- deutsche Reich so unendlich wichti gen Lhatsachen gegenüber, hat Landsmann A. Keller in Arau einen BiSthumsvertrag ausgearbeitet, nach welchem die Errichtung eine- schweizerischen Noüisnalbi-tbum- auf demokratischer Grund lage ohne jede Mitwirkung Roms und weitere strenge Schei dung de- staatlichen vom kirchlichen Gebiet und Aufrechterhal- 15