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ächsHe Dorhtttung 62. Jahrgang Dienstag, dm 26. Juni 1900 Aemlleton. Inserate wrrden bi- Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: die1s-alt.8etle1bPf. Unter Eingesandt: SO Pf. ' AIS Doktor Gerth an einem Sonntagvormittag in seinem Zimmer saß, empfing er den Besuch eine- Fremden. Sein Haar war bereits ergraut, aber noch immer von dichtem Wuchs, wie ihn auch der stattliche Vollbart zeigte. Die Augen beschattete eine blaue Brille. In Haltung und Kleidung verrnth sich der feine Mann. „Sie werden mich wohl nicht kennen?" führte sich der Besucher unter einem verbindlichen Lächeln ein. „Ich muß allerdings bedauern", entschuldigte sich Gerth. „Allram ist mein Name, TituS Allram." Der Irrenarzt wollte seinen Ohren und Augen nicht trauen. Selbst jetzt, wo er eS wußte, erkannte er den Detektiv nicht wieder, der erst im späteren Ber« laufe des Gesprächs, wo er sich zwanglos gehen ließ, in Stimme und Benehmen nach und nach zum Vor schein kam. Da war also der Mann selbst, von dem er mit jeder Post eine Mittheilung erwartet hatte und daß er m so geheimnißvollem Inkognito kam, schien kerne ungünstige Vorbedeutung zu sein »7""" "N* h'" Jemand hören?" frug Allram vorsichtig, wahrend er auf dem ihm dargebotenen Sessel Platz nahm. , vor jedem unberufenen Lauscher sicher", beruhigte Gerth. ' „Ich komme unter dieser MaSke", sagte Allram mit gedampfter Stimme, „um dem Teufel daS Spiel zu verderben, falls mich hier zufällig Jemand kennen sollte. würde Mißtrauen erregen, wenn man Sie We. 3ch bin also Doktor Hauser, btn ein Irrenarzt au- irgend einer weit ent- Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neusta , für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dres en, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrman« Müller in Dresden. - Die Irre von Tankt Rochus. Kriminalroman von Gustav Höcker. (Nachdruck verboten.) (8. Fortsetzung.) Kein Anfall, keine aufgeregten Zustände, nichts, val auf ein epileptisches Leiden deutete, konnte an Lmflanze beobachtet werden; aber ihre trostlose Um- Mng und die Gewißheit, ihr Leben hier verbringen za müssen, steigerten zusehends die tiefe Schwermuth, »elche sie bereits mitgebracht hatte und nur zu sehr Wie Doktor Gerth die Befürchtung seiner Kollegen, daß die zunehmende Verdüsterung ihres GemüthS früher oder später zum Wahnsinn führen werde. Da- »ar konnte sie nichts retten, so lange sie innerhalb dieser Mauern blieb und ein mildere- LooS als diese Kauern gab ,S für eine unzurechnungsfähige Mörderin richt. Die Vorsicht gebot eS, daß Gerth eine weiter- »Herde Theilnahme an der Kranken, als seine beruf, lich« Stellung mit sich brachte, nicht durchblicken ließ, »eun er vor Zeugen mit ihr verkehrte und Konstanze, »elche düs fühlte und begriff, bewahrte bti solchen Gelegenheiten dem jungen Arzte gegenüber die dumpfe lluempfindlichkeit, welche die Last eine- eisernen Joche- Njeuftt und welche sich ihres Wesens mehr und mehr Nächtigt hatte. Nur wenn Gerth bei seinen amt- lchev besuchen mit ihr allein war, da belebten sich ihre sonst so apathischen Züge, ein wärmerer Hauch ^asiatischen Lloyd", leicht verwundet zehn Mann Letzte Swnde war Oberleutnant Hoffmann Kom- Er solate dem Beispiel des Kapitän-Sans. Hal- t^na der Mannschaft war glänzend. Hilfe von Schiffen auf mar unmöaU^ - Di- Trauer um die schweren N^snN^denen inzwischen noch weitere in den Kämpfen A und °°r A-nIstn g-f°Ig> !-in dürsten, >»i-d w-nW-n« durch d e m den ehrenvollsten Aus- des Mw°d.r.Cb,s- üb« die Äaltuna unserer braven Osficrere und Matrosen. DerHeldenmuth, den sie bewiesen, ist um so bewunderns würdiger, al- der Angriff der Chinesen unerwartet eriolate und die sieben kleinen Kanonenboote der ver- chiedenen M eben so viele stark befestigte und mit^ ausgestattete Forts zu kämpfen hatten. Den Verwundeten geht es, wie der Chef des Kreuzer.GeschwaderS bereits früher gemeldet hat gut: hoffentlich gelingt es der ärztlichen Kunst, ihnen allen wieder völlige Gesundheit zurückzugeben. Wann treffen die ersten deutschen Ver stärkungen in China ein? Zu dieser jetzt vielfach erörterten Frage wird auf Grund der vorliegenden amtlichen Angaben über die Chinareisen unserer Kriegs schiffe und der Lloyddampfer in den neunziger Jahren eine kurze Darlegung erwünscht sein. Die Annahme, daß das am 16. Juni nach China abgegangene kleine Kanonenboot „Tiger" die ersten VerstärkungSmann- schasten bei Taku landen wird, ist irrig. Das KriegS- fahrzeug wird sowohl von den beiden Lloyddampfern „Frankfurt" und „Wittekind" wie von dem Panzer kreuzer „Fürst Bismarck" überholt werden. Der „Tiger" besitzt eine geringe Fahrgeschwindigkeit und beschränkte Bunkerräume, so daß er auf der 12,000 Seemeilen weiten Fahrt dreimal Kohlen einnehmen muß. Der „Iltis" brauchte 1897 für die Fahrt von Kiel nach Schanghai mehr als drei Monate, wobei in Betracht zu ziehen ist, daß unterwegs vielfach stürmisches Welter herrschte und der „IMS" durch die Einschleppung de in der Atlantik in hilflosem Zustande treibenden eng- lischen Dampfers „Port Darwin" nach Corunna eine erhebliche Fahrtstörung erlitt. Anders liegt eS bei unseren Kreuzern und den Lloyddampfern. Die schnelle „Kaiserin Augusta" machte die Reise von Wilhelms haven über Kreta nach Hongkong 1897 in 33 Tagen. Der Kreuzer „Prinzeß Wilhelm", der eine etwas ge ringere Geschwindigkeit besitzt, legte dieselbe Strecke in 40 Tagen zurück. Da in diese Fahrzeit der Aufent- halt in Gibraltar, Port Said, Aden, Kolombo und Singapore eingeschloffen ist und „Fürst Bismarck" bei einer Dampsstrecke von 6500 Seemeilen in der Fahr geschwindigkeit die „Prinzeß Wilhelm" übertrifft, aber hinter der „Kaiserin Augusta" zurückbleibt, so ist mit Inseraten- Aunahmestcltene Jnvalidendank, Haasenstein L Vogler, Rudolf Mosse, S. L. Daube L Co. tn Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, Kesselsdors, Hugo Müchler, Kdtzschenbroda u. s. w. -Heb. «. Redaktion Dre-Dt«'Neustadt L Reißner Gasse 4. N» Zeitung erscheint rieustag, Boaerftag und G-auabend früh. U-suuement»- Preis: Mtkljihrl. M. 1,50. Z» beziehen durch HU leiserlichen Post- «Mkn und durch twstie Boten. »el freier Lieferung in» Hau- erhebt die ß»ß »och eine Ge- Rtzl von 25 Pf. An unsere Leser! Der Krieg in Südafrika, in seinen letzten Phasen des verzweifelten Ringens einer kleinen Heldenschaar stammverwandter Männer, um HauS und Herd, Land und Freiheit, ebenso, wie die plötzlich ausgetauchte ..gelbe" Gefahr in Wallen bringen der Welt in allernächster Zeit sicher viele neue und wichtige Nachrichten über jedenfalls für tie Ge schichte und Entwickelung der Menschheit folgenschwere Sreignifle. Aus der Fülle der Meldungen, die heutigen Tags der Bequemlichkeit und Schnelligkeit ihrer Verbreitung halber in's Unendliche wächst und die Zeitungsleser schier erdrückt, wählt die „Sächsische Dorfzeitung" stets die wichtigeren und wiffenswerlhen in sorgfältiger Prüfung aus. Stets bestrebt, sich ihres Untertitels „Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann" würdig zu erweisen, hält sie daraus, durch solche gute Auslese unter den Tages ereignissen ihre Leser vor Ermüdung und Uebersättigung durch unnöthigen Ballast an ungefichtetem Lesestoff zu be. wahren. Gleichzeitig nimmt sie stets darauf Bedacht, sich von allem Parteitreiben und jeder Polemik fernzuhalten, um lieber Raum und Zeit in den Dienst streng sach licher Berichterstattung über alle Vorkommnisse zu stellen. Allen Zeitungslesern, welche die Lektüre eines nach verschiedensten Richtungen hin unterrichtenden und unter haltenden Blattes bevorzugen, zumal solchen, denen eS an Zeit und Neigung fehlt, die in vielen politischen Tageblättern aufgehäuften Stoffmaffen zu bewältigen, sei daher angesichts des bevorstehenden Quartals« Wechsels am I. Juli die dreimal wöchentlich, nemlich Dienstag, Donnerstag und Sonnabend früh, erscheinende „Sächsische Dorfzeitung" zum Abonnement, das vierteljährlich nur L M. SV Pfg. kostet, bestens empfohlen. Die Erneuerung oder Neubewirkung des Abonne ments geschieht am Besten möglichst sofort, da bei späterer Bestellung für die Nachlieferung der alsdann etwa schon erschienenen Nummern keine Gewähr ge- geleistet werden kann. Hochachtungsvoll Anlags-Krpedilion der „Sächs. Porfzettung". Dresden, kleine Meißner Gasse Nr. 4. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser ordnete die Ein. schiffung eines DetaschementS Pioniere nach China unter Führung des Pionierosficiers Cluna zur Ausführung der von Erdarbeiten, Errichtung von Feldbaracken u. s. w. an. Die erforderlichen tausend Tropenhelme find bereits beschafft, dagegen fehlen Khakianzüge für den Auslandsdienst in beträchtlicher Anzahl. Die ein zustellenden Freiwilligen werden dem 9. und 10. Armee korps entnommen. Kiel stellt 200 Mann Marinetruppen mehr ein als Wilhelmshaven, wo die Urlauber zahl reicher find. Vom Chef des deutschen Kreuzergeschwaders in den chinesischen Gewässern sind folgende Mel dungen in Berlin eingegangen: 1) vom 20. Juni abends: Ein aus Tientsin hier angekommener französi scher Officier hat gemeldet, Tientsin seit 3 Tagen von chinesischen Truppen beschossen. Die Munition sei knapp. 2) vom 21. Juni nachmittag-: S. M. S. „Irene" mit 240 Seesoldaten angekommen. Haben sofort Vor marsch begonnen, zusammen mit 380 Engländern und 1500 Russen (Infanterie und Artillerie), um Tientsin zu entsetzen. Der Eisenbahnkörper von Taku bis 15 Kilo. Meter von Tienfin ist im Stande. Von Peking und dort hingeschickten Truppen noch keine weiteren Nach richten. Den Verwundeten geht es befriedigend. — Von amtlicher Seite wird ferner gemeldet: Tientsin wird andauernd mit schweren Geschützen beschossen. Die fremden Koncesfionen find nahezu alle eingeäschert, das amerikanische Konsulat ist zerstört. Die Russen am Bahnhofe find hart bedrängt. Verstärkungen find dringend nöthig. Die Verluste sind schwer. Ein weiterer Gefechtsbericht des deutschen Geschwader-ChefS traf am Sonnabend Abend in Berlin ein. Er ist die Wiederholung einer bereits am 17. Juni über Port Arthur abgeschickten, in Deutsch land, wie überhaupt in Europa, aber nicht angelangten Depesche und lautet, wie folgt: „Um 12 Uhr 50 Min. nachts eröffneten die chinesischen Forts Feuer auf die 7 Kanonenboote im Fluß. Forts wurden in sechs- stündigem harten Kampfe besiegt und besetzt. Komman- dant S. M. S. „Iltis" war die Seele des Unternehmen- und hat hervorragend glänzend gekämpft. An S. M. S. „Iltis" sind Maschine, Kessel, Schiffskörper und 8,8 om-Geschütze unbeschädigt, 3,7 em-Geschütze und Aufbau stark beschädigt. ES find gefallen: Ober leutnant Hellmann, Büchsenmachersmaat Baestlein, Obermatrosen Sokopf, Bothe, Maas, Johannes, Matrose Lehnsoff, Oberheizer Holm; schwer verwundet der Kommandant Korvetten-Kapitän Lans, Obermatrose Splinter, Matrose Schoppengerd, Berichterstatter Her- schien über ihr bleiches Antlitz zu wehen; ihr großes ! dunkles Auge gewann jenen Glanz, der au- dem Innern kommt und zuweilen zeigte auch wohl ein sanfte- Lächeln, daß es Augenblicke gab, wo sie ihr Elend vergaß. Aber den Schleier jene- Geheimnisses, in dessen Banne sie stand, wie sie dem jungen Arzte einst angedeutet hatte, lüftete sie nie und wenn er diesen Punkt berührte, so zart und schonungsvoll die- auch geschah, versank sie in ihre alte Traurigkeit und der Zauber jener helleren Augenblicke war zerstört. Die Frage, welche TituS Allram kaltblütig angeregt hatte, ob Konstanze'- Beziehungen zu dem ermordeten Gelehrten reine und unverfängliche gewesen oder ob sie solcher Art waren, daß sie die Jntriguenkünste einer anderen Person herausforderten, welche sich da- , durch gefährdet sah, verfolgte den jungen Arzt Tag und Nacht wie ein Gespenst. Inmitten all dieser Qualen und Zweifel stand sein Entschluß, Alles zu thun, um sie von dem Morde zu entlasten, unerschütterlich fest und hätte er diesem Zwecke sein ganze- Vermögen aufopfern müssen. Doch hielt er dieses Vorhaben noch streng vor ihr geheim; j eS wäre Gift für sie gewesen, in ihr eine, wenn auch noch so leise Hoffnung zu erwecken, die sich vielleicht al- trügerisch erweisen konnte. Fühlte er sich doch selbst entmuthigt, daß der Mann, auf den er sein ganzes Vertrauen setzte, kein Lebeo-zeichen von sich gab. Hatte er die Sache al- völlig au-sicht-lo- fallen lassen? Weilte er vielleicht bereit-, für Andere wirkend, im fernen AuSlande, während Gerth vergeben» auf eine Nachricht von ihm wartete? Da- war der Ge danke, welcher den jungen Arzt zu beunruhigen begann.