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Gzpet. L Redaktion -re»»,n-Neustadt L «eißner Gaffe 4. Die Zeitung erscheint Aenstan, Tmiaerftag und »««naben- früh- Abonnement»- Preis: «kkteljihrl. M. 1,80. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- «siallen und durch «nsere Baten. Al freier Lieferung MI HauS erhebt die Aß »och eine Ge- Ühr von 28 Ps. Sächsische DorhMG Lln unterhaltendes Blatt fiir den Biirger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Herrmann Müller in Dresden. - werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: diel spalt, geile 1b Ps. Unter Eingesandt: 30 Pf. Jnseraten- Annapmcstelen/ Jnvalidendank, Haasrnstein L Bögler, Rudolf Mosse, G. L. Daube L Co. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., T. Kohl, Kesselsdorf, Hugo Müchler, Kotzschenbroda u. s. w. 62. Jahrgang Donnerstag, den 31. Mai 1900 Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hat nach Meldung des „Reichsanzeigers- dem Staatssekretär Grasen Posadowsky seine Freude ausgesprochen über die seitens des Reichstags so einmüthig erfolgte An nahme der neuen Unfallversicherung-gesetzt, „dieses für den weiteren Ausbau der Fürsorge iür die arbeitenden Llaffen so bedeutungsvollen Werks". Nach der nunmehr abgeschlossenen Nachweisung der Einnahmen an Zöllen und Verbrauchs steuern für das Rechnungsjahr 1899 hat die zur ReläMsse gelangte Ist-Einnahme sämmtlicher Zölle und Steuern abzüglich der AuSfuhrvergülungen und LerwaüungSkosten 784,450,844 M. betragen gegen 782,279,225 M. oder 2,171,619 M. mehr als im Rechnungsjahre 1898. Die Stempelsteuer brachte inS- gesammt 54,803,264 M. gegen 53,283,650 M. oder 1,519,614 M. mehr, der Spielkartenstempel 1,470,844 Mark gegen 1,490,088 M. oder 19,667 M. weniger und die Wechselstempelsteuer 12,035,415 M. gegen 10,989,430 M. oder 1,045,985 M. mehr. Zusammen haben demnach die Zölle und gemeinschaftlichen Ver brauchssteuern, sowie andere Einnahmen im deutschen Reiche für das Rechnungsjahr 1899 eine Mehr- einnahme von 4,717,551 M. gegen das Rech nungsjahr 1898 gebracht. Das vom Reichstage angenommene Gesetz zur Abänderung der Gewerbeordnung, das am 1. Oktober d. IS. in Kraft tritt, enthält folgende Fest setzungen über den Ladenschluß: 8 139 s bestimmt: Auf Antrag von mindestens zwei Dritteln der bethei- ligten Geschäftsinhaber kann für eine Gemeinde oder mehrere örtlich zusammenhängende Gemeinden durch Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde nach An- HSrung der Gemeindebehörden sür alle oder einzelne Geschäftszweige angeordnet werden, daß während be stimmter Stunden in der Zeit zwischen acht Uhr abends Für den Monat Juni nehmen Bestellungen auf die „Sächsische Dorf» zeitung" alle kaiserlichen Poftavstalten und Post- expeditionen, sowie auch alle Lauvbriesträger gegen Vorausbezahlung von 50 Psg. entgegen. Geschäftsstelle der „Sächsischen Dorfjeitung". und sechs Uhr morgens oder in der Zeit zwischen neun Uhr abends und sieben Uhr morgens sür bestimmte Zeiträume oder sür das ganze Jahr die Verkaufsstellen für den geschäftlichen Verkehr geschloffen sein müssen. Die Bestimmungen der 88 139a und 1396 werden hierdurch nicht berührt. Auf Antrag- von mindestens einem Drittel der betheiligten Geschäftsinhaber hat die höhere Verwaltungsbehörde die betheiligten Geschäfts inhaber zu einer Aeußerung für oder gegen die Ein führung des Ladenschlusses aufzufordcrn. Erklären sich -Wei Drittel der Abstimmenden für die Einführung, so kann die höhere Verwaltungsbehörde die ent sprechende Anordnung treffen. Während der Zeit, wo die Verkaufsstellen geschloffen sein müssen, ist der Ver kauf von Waarcn der in ihnen geführten Art sowie das Feilbielen von solchen Waaren in anderen Ver kaufsstellen und auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orlen, oder ohne vorherige Bestellung von HauS zu Haus im stehenden Gewerbebetriebe sowie im Gewerbebetriebe im Umher- ziehen verboten. Ausnahmen können von der OrtS- Polizeibehörde zugelaffen werden. — Der 8 139ee, der vom früheren Ladenschlüsse handelt, schreibt Fol gendes vor: Von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens müssen Verkaufsstellen für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein. Die beim Ladenschluß im Laden schon anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden. Ueber 9 Uhr abends dürfen Verkaufsstellen für den geschäft lichen Verkehr geöffnet sein 1. für unvorhergesehene Nothsälle, 2. an höchstens 40 von der Ortspolizei behörde zu bestimmenden Tagen, jedoch bis spätestens 10 Uhr abends, 3. nach näherer Bestimmung der höheren Verwaltungsbehörde für ländliche Gemeinden, in welchen der Geschäftsverkehr sich in der Hauptsache auf einzelne Tage der Woche oder auf einzelne Stunden des Tages beschränkt. Die Bestimmungen der 88 139a und 6 werden durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt. Auf den Karolinen find, wie ein in San Fran cisco eingelaufener Schooner meldet, seit ihrer Ab tretung an Deutschland Friede und Wohlstand eingekehrt, der Gouverneur walte mit Gerechtigkeit seines Amts. Die Raubzüge der Häuptlinge einer Insel gegen die anderen Inseln hätten aufgehört. Häuptlinge, die sich nicht fügten, würden bestraft. Einem japanischen Schooner, der mit Waffen und Munition zum Verkaufe an die Eingeborenen an der Küste von Ponape erschien, seien 24 Stunden Frist zur Abfahrt gegeben worden bei Strafe der Beschlag nahme. Der Schooner sei verschwunden und seitdem habe man nicht wieder versucht, Waffen und Munition zu landen. Unaarn. Die, wie schon erwähnt, ^ Vn^n W^n abgehaltene Zusammenkunft der R-,chr--Ihi ergab, wi-Vorau-,al-h-n war. Kin R-- Iuli"l Von dtt R-gi»ung wurde di- »°nl-r-n, um -m Gulachl-N über di- M-i S°'d-ruug-u -rjutl. dast im «echischen Sprachengebrete die interne czechische AmlUrLe bU den S.-a.-M-dm -mg-süh-t und and-r-ri-ild üb-rhaupt j-n- Erlasse, durch d>- Gra, Badem-- Sprach-nve-ardnungen ausg-hob-a wurden, wieder beseitigt werden sollen. Dabei wurde mit» bethei t daß in unverbindlichen Besprechungen mit den iunac e'chischen Führern in Pest bekannt geworden sei, °7 -r^P°---i °-a°n FrMung du cr ,«ei F°°. derunaen bereit sei, die Obstruktion aufzugebcn und das Llament wieder arbeitsfähig zu machen. Tie einzelnen Redner betonten jedoch, daß es nicht angehe, aus dem Komplexe der Sprachengesetze emM Bruch stücke herauszureißen. Selbst die Einwilligung der Czechen in die Dreizonenabtheilung und die nationale Abgrenzung Böhmens könne die Deutschen nicht be stimmen, der Erlassung etwaiger, auf die Sprachen frage bezüglicher Verordnungen zuzustimmen. Die Sprachenfrage sei ein Ganzes und müsse als solches behandelt und erledigt werden. Die Furcht vor der Obstruktion könne die Deutschen nicht veranlassen, nationale Rechte preiszugeben. Von Seiten mehrerer Konferenztheilnehmer wurden allerdings verschiedene Vorschläge gemacht, den Czechen entgegenzukommen, jedoch von der Majorität als undiskutirbar zurück gewiesen; nie und nimmer könne von den Forderungen der Deutschen abgegangen werden, da jede- Entgegen kommen in sprachlichen Fragen als ein Zeichen der Schwäche gedeutet würde. — In Prag kam vor einigen Tagen ein dänischer Studentenklub zum FußballwettspicL mit dem czechischen Fußballklub „Slavia" an. Der BegrüßungSabend gab Anlaß zu einer antideutschen Kundgebung von Dänen und Czechen. Der Vorstand der „Slavia" hielt eine Ansprache an die Dänen und betonte, daß Dänen und Czechen durch den Kampf gegen den gemeinsamen nationalen Gegner, nemlich die Deutschen, verbrüdert seien. Der czechische Professor Kraus übersetzte die Rede in'S Dänische, worauf eine stürmische Verbrüderungsscene erfolgte. Der Dänenobmann Andersen antwortete in englischer Sprache: er entschuldigte sich, daß er zu den czechischen Freunden und Brüdern nicht in deren Sprache sprechen könne. Als die Prager Einladung in Kopenhagen einlies, sei vor Allem gefragt worden, ob sie von den Czechen oder Deutschen komme. Daß sie von jenen herrührte, wurde mit großem Jubel begrüßt. Nach ihrer Reise durch die „deutsche Wüste" seien die Dänen erst an den Keuilletou. Die Erbschaft. Eine Erzählung vom Lande von E. Siewert. (Nachdruck verboten.) (10. Fortsetzung.) Fräulein Olenk fand Vie- und Herr Tilo fand et auch, er fand überhaupt an diesem Abend, daß zrite, kleine, zerbrechliche Frauen mit schelmischen divkel» Blicken doch etwa- ungemein Reizvolle- wären. Da er die- sand, wurde ihm Magda immer unheimlicher w ihrer Schönheit. Al» er sie einmal aufforderte und »it ihr tanzte, war er froh, al» er diese eisige er- zürnte Göttin nicht mehr im Arme hatte — dieser »lick! Sie saß neben ihrer Matter und schlug verschiedene Herren, die sie zu festen Tänzen engagiren wollten, an- — well sie ihr nicht paßten. Sie marterte sich danrit ab, darüber nachzudenken, wa- sie ihm wohl -ethan haben mochte, daß er sie so plötzlich veroach- !Ggte. Sie begriff eS nicht — sah sie denn heute Wich aus? Wa- war an ihr, daß er sie nicht mehr «achte. Je weiter der Abend vorschritt, je stärker »ühlten Schmerz und Empörung ihr ihr; ihre Eitel- lat, tzie sie in letzter Zeit so üppig genährt hatte, küwmte sich. Ihrer Miene, ihrer ganzen Haltung vereu die wilden Gefühle, die in ihr tobten, so deut lich avzusrhen, daß ihr' Mutter sie bat, sich doch um Gottetwillen nicht lächerlich zu machen. Al- sie in einen Spiegel sah, sand sie selbst, daß die- kein paffen de- Gesicht für ein Festkleid und einen Tanzabend sei und sie beschloß, sich trotz Tilo- schmählichem Be nehmen zu amüstren, er sollte nicht den Ruhm haben, sie elend zu sehen. Doch diese Absicht wurde nicht ausgeführt, die Entdeckung mit der Erbschaft kam und mit dem Amüsement war eS auS. In der Bierstube gab der Provisor in seiner simplen, schüchternen Art zum Besten, daß er die Be stätigung de- Gerichts als Erbe der Alfingen'schen Hinterlassenschaft erhalten habe. Für Alfred war die- eine Douche von eiskaltem Wasfer. Natürlich halte er schon erhebliche Schulden auf die Erbschaft hin ge, macht — eS war eine verteufelte Sache! Mit einem Seitenblick auf den Provisor überlegte er, ob eS nicht gerathen sei, sich den -um Freunde zu machen. Augen scheinlich war eS dem kleinen Manne sehr peinlich, den Gothe'S — dieser imponirenden Familie — in solcher Weise vorzugrerfen, er sah Alfred wie um Entschuldi gung bittend an und faßte sich ein Herz, mit Frau Gothe einige Worte zu wechseln. Herr Tilo fand, daß die ganze Sache ein aus gezeichneter Spaß sei. Eine nette Bescheerung für Gothe'S; nun, da mußte Magda eben den Provisor nehmen, da blieb Alle- in der Familie! Er stand an den Thürpfosten gelehnt mit seinem jovialen Lächeln und beobachtete die Gruppe: Frau Gothe und Tochter und vor ihnen der neu entdeckte Verwandte. Nur mühsam, mit vor Erregung schwankender Stimme ermiederte Frau Gothe dre höflichen Worte des Herrn Alfingen. Sie wußte nicht recht, was sie sagen, wa- sie denken sollte! Als der Provisor dann, bescheiden vor Magda stehend, um den Kontre bat und Magda hochmüthig dankte — weil sie überhaupt nicht tanzen wollte, — durchzuckte sie der Gedanke, den Menschen festzuhalten, zu fesseln, um jeden Preis zu fesseln. Sie schalt Magda, fand, daß sie unerhört unklug handle, der Provisor wäre gar nicht so schlimm, die schöne Stimme .... „DaS schöne Vermögen", sagte Magda elsig mit einer Miene von Verachtung und Ekel, vor der die Mutier erschrak. Auch Alfred mit seiner sittlichen Entrüstung über ihren Hochmuth hatte keinen Erfolg bei ihr; sie schob ihn beiseite und erklärte, nach Hause fahren zu wollen. Da grade eine PfarrerSfamiUe zum Aufbruch lüstete, schloffen sich Gothe'S dieser an und traten unter dieser Bedeckung den Rückzug an. Auf der schweigsamen Nachhause» fahrt fühlte Magda eine immer wachsendere Sehnsucht nach Otto Dücker, eine Art Heimweh nach ihm, sie mußte ihm erzählen, sich Lust machen, sonst glaubte sie zu ersticken. 3" der Gesellschaft, die sich am Morgen in Lapritz um den Kaffeetisch versammelte, zählte eine ganze Fluth von aufgewühlten Gefühlen. Frau Gothe war sckreck- lich gekränkt; waS ihr besonder- bitter war, war die Thatsache, daß ihr gerade der kleine Provisor die Erb- A ^fe fortschnappen mußte. Dieser kleine lächerliche Mensch, mit dem verwandt zu sei« wirklich kerne Wonne war! »d^ste Irma", sagte Herr Gothe gereizt — er war au- bekannte.. Gründen ärgerlich auf seine Frau, ganz gleichgiltig, wer die Erbschast machte, da» Traurige ist, daß wir sie nickt machen, da- Andere ist doch gleichgiltig!"