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Mmla«, 8 ?«k 1873 Mchsische DscheLtmA Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Gperrstadt» Dresden, tn der Expedi tion, N.Meißn. Gaffe Nr. S, zu haben. Preis: vierteljährlich 15 Rgr. Au beziehen durch alle kais. Post- Anstalten. Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. Inseratenpreis: Für de» Raum einer gespaltene» Zeil« lj Ngr. Unter „Eingesandt" s Rgr.- Verantwortlicher Redakteur und Verleger: Kerrwau« Wüller in Dre-den. Polittsche Weltschau - Deutsches Reich. Die uns wegen ihrer Handlichkeit recht lieb gewordenen österreichischen Guldenstücke sind von Seiten der Handel- und Gewerbetreibenden nunmehr rückhaltslos in Bann und Acht erklärt worden. So lange im deutschen Reiche das bisherige buntscheckige Münzsystem ein gesicherte- Dasein hatte, sah man den Fremdling, der uns nicht verderben konnte, gern. Jetzt aber wo uns daS neue deutsche Reich endlich ein einheit liche-, geschlossenes Münzsystem bringt, müssen wir den Aus länder möglichst schnell wieder lo- zu werden suchen. An vielen öffentlichen Zahlstätten ist demselben daS Recht der Niederlassung bereit- entzogen, während andere sich darauf beschränken, ihm die bisherige Freizügigkeit nur noch gegen einen Zoll zu gewähren. Und daS ist ganz in Ordnung; denn wenn wir uns ein verständig geregeltes Münzgesetz zurechtgelegt haben, so müssen wir schon auS nationalen Rücksichten nur deutsche- Geld in un serem Berkehr dulden, ganz abgesehen davon, daß wir andern falls gutes deutsches Gold gegen geringe- Silbergeld eintauschen und mithin eine nicht unbedeutende Einbuße erleiden. Da man nun in den ReichstagSdebatten genugsam auf diese Gefahr hinwie-, der Preis des Silbers auch auf dem internationalen Markte seit zwei Jahren etwa um Vs Prozent gewichen ist und unbedingt noch mehr herunter geht, so erklärt sich von selbst, warum der Bankier von Privaten nur noch gegen eine entsprechende, den möglichen Schaden deckende Vergütung zur Ausfuhr die GuldeajLlcke übernehmen kann. Ist nun zwar auch Vorsicht dem Publikum unbedingt anzurathen, so ist eine übergroße Eile doch noch lange nicht noth, zumal gerade dadurch dm wucherischen Geldwechselgeschäftrn am meisten in die Hände gearbeitet wird, die, wie Berlinische Zeitungen melden, durch die übertriebene Angst vor Verlust, selbstverständlich die besten Geschäfte machen. Also keine Ueberstürzung mit den österreichischen Gulden; wird un- doch immer noch so viel Frist gelassen werden, daS Münzübel ohne Schadest nach und nach beseitigen zu können. Der Kaiser von Deutschland ist am 4. d. M. Vormittags in Bad EmS zur Kur eingetroffen und daselbst am Bahnhofe von der Kaiserin Augusta, dem Kaiser Alexander von Ruß land und vielen anderen hochgestellten Personen empfangen worden. Fürst Bismarck hat folgendes Schreiben durch den „Staat-anz." zur Veröffentlichung gebracht: „Ich erhalte in Barzin noch immer täglich zahlreiche Gesuche und Zusendungen privaten, halbamtlichen und literarischen Inhaltes in einer Form, welche Beantwortung voraussetzt. Wollte ich dieser Voraus setzung entsprechen, so würde der Zweck meiner au- Gesundheits rücksichten erfolgten Beurlaubung, verfehlt werden. Zur Ver hütung von Mißverständnissen erkläre ich daher, daß ich zu meinem Bedauern außer Stande bin, direkt, oder indirekt an mich gerichtete Schreiben oder Telegramme zu beantworten, so lange ich nicht nach Berlin zurückgekehrt sein und meine Ge schäfte wieder übernommen haben werde." 1 , Der Ertrag der Zölle und gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern im Zollgebiete de- Deutschen Reich- beläuft sich für . die Zeit vom 1. Januar bi- ult. Wai ch. I. auf überhaupt 41,235,570 Thlr. gegen 32,143^80 Fünftm-dreißi-ster Hahr-arg, HI. Suartal- Thlr. im entsprechenden Zeitraum de- Vorjahr-. E- find näm- llch aufgekommen: Eingangs- und AuSgangSzoll 19,907,737 Thlr. (1872: 15,674,686 Thlr), Rübenzuckersteuer 6,664,0Ü5 Thlr. (1872: 3,793,498 Thlr.), Salzsteuer 3.956,313 Thlr. (1872: 3,893,645 Thlr.), Labakssteuer 199,125 Thlr. (1872: 221,622 Thlr.), Branntweinsteuer 7,950,818 Thlr. (1872: 6,373,324 Thlr.) UebergangSabgabe von Branntwein 7259 Thlr. (1872:5292 Thlr.), Brausteuer2,431,605 Thlr. (1872:2,090,911 Thlr.), UebergangSabgabe von Bier 118,588 Thlr. (1872: 90,302 Thlr.) Von der Einnahme sind 2,298,909 Thlr. (u. a. 1,553,074 Thlr. Branntweinsteuer und 709,022 Thlr. Rüben zuckersteuer) an Bonifikationen für gemeinschaftliche Rechnung in Abzug zu bringen, welche für in daS Ausland exportirte Gegenstände rückvergütet worden sind, so daß also daS Netto- Aufkommen sämmtlicher Abgabenzweige in den ersten fünf Mo naten dieses Jahre- sich auf 38,936,661 Thlr. stellt. Im gleichen Zeitraum des Vorjahr- betrug dasselbe 31,135,722 Thlr., ist also im laufenden Jahr um 7,800,939 Thlr. oder 25 Pro zent gestiegen. Der Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten ist endlich nach langen Vorberathungen gebildet worden, so daß nunmehr der vollen und energischen Durchführung der Kirchen gesetze nichts mehr im Wege steht. Dennoch, so meint die „Voss. Ztg", fehle es allem Anscheine nach noch an den Anzeichen, woraus geschloffen werden könne, daß mit dem Eintritt der ge dachten Lhatsache dem bisherigen laxen Gebühren der Regierung ein wirklich energievolleres gefolgt, oder daß diejenigen Schritte gethan wären, welche einer Berufung an den gedachten Gerichts hof vorher gehen müssen. WaS zunächst den fortwährenden Rangel an thatkrästiger Ausführung der oben gedachten Gesetze über haupt, ganz abgesehen zunächst von dem erwähnten Gerichtshöfe, betrifft, so hat noch nirgend verlautet, daß z. B. da-jenige Ver fahren vor den gewöhnlichen Gerichten auch nm eingeleilet worden sei, welches erforderlich ist, um die früheren und die in neuester Zeit gegen altkatholische Geistliche und Lehrer angekündigteu Ex- communicationen zur gesetzlichen Verantwortung und Strafe zu ziehen, namentlich diejenigen Verkündigungen des großen Banne-, welche noch kürzlich von dem Bischöfe von Ermland und dem Erzbischöfe von Köln in einer Weise geschehen, welche nach den Bestimmungen der 4 und 5 mit einer Geldbuße bi- zu 500 Rthlr. resp. einer Gefängnißstrafe bi- zu 2 Jahren bedroht sind. UebrigenS zählt die,er Gerichtshof vier katholische Mit glieder, nämlich außer den Herren Bürger- und v. Korcken- beck noch dieObertribunalSräthe Hartmann und Rappold. Während die katholischen Bischöfe jede Mitwirkung bei der Ausführung der kirchenpolitischen Gesetze ablehnen, hat der evangelische Kirchenrath neuerdings die ihm untergeordneten Konsistorien mit einer Instruktion versehen, welche von dem Geiste des entschiedensten Entgegenkommens diktirt ist. Am Schluffe der Einleitung de- au-führlichen Erlasse- spricht er die zuver sichtliche Erwartung au-, „daß die Behörden und Diener wie die Mitglieder der evangelischen Kirche, eingedenk der seit der Reformation her bestandenen und innerlich wohl begründeten Stellung der: deutschen evangelisches Kirchen zur Staats gewalt, auch zu der Durchführung dieser durch allgtmeine poli- 52