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A»fe»«te »«»« MmlMg, Mttwoch «. F«tta, Mttag «ngesoau»« mW kosten: dttls-altLeile 15Pf^ Unter Eingesandt: «Pf«- Jnferate«- A»natz«estelen: Die Arnoldische Buchhandluna, Invaiidkndank, Haa^nstcinLBvgler, Rudolf Mosse, ' G. L. Daube « To. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. ». s. w. Sächsische Nacheilung. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Lxprd. «. Redaktion Dresden »Nenstavt N Meißner »affe L. Die Zeitung erscheint Dienstag, Dsnnerstng mW «aanadend f'Lß. AdoonementS- Preis: vierteljährl. « IMl Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung inS HauS erhebt dt« Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Müller in Dresden. 52. Jahrgang Sonnabend, den 31. Mai 1890 Die Verlags - Expedition. Abonnements - Einladung. Bestellungen auf die „Sächsische Dorfzeituug" für den Monat Juni nehmen alle kaiserliche« Postaustalte« und Posterpedittonen, sowie auch alle Landbriefträger gege« Vorausbezahlung so« 50 Pf. entgegen. bei sich gesehen, um demselben im Laufe einer fünfstündigen Unterredung manche interessante Aufschlüsse »u geben. Zunächst kam Fürst Bismarck auf sein jetziges Ver- hältniß zu dem Kaiser Wilhelm zu sprechen. »Ich zürne meinem jungen Herrn nicht", äußerte u. A. der Fürst. „Er will die Menschen Alle beglücken und dies ist in seinem Alter ganz natürlich; ich meinerseits freilich glaube nicht, daß ihm dies gelingen wird und ich habe diese meine Ansicht dettn auch dem Monarchen gegenüber nicht verschwiegen. Es ist nicht besonders verwunderlich, daß ein Mentor, wie ich es bin, dem jungen Monarchen mißfällt; ein altes Arbeitspferd und ein junger Renner lassen sich schlecht zusammen ein spannen. Ich befinde mich dem Kaiser gegenüber in dem Verhältnisse eines vom Sohne gekränkten Vaters. Wie sehr letzterer aber auch leidet, er sagt trotzdem: mein Sohn ist doch ein famoser Bursche. Ich bin zu alt, um den Kaiser auf seinen weiten Reisen begleiten zu können und es erscheint daher nur erklärlich, daß andere in der Umgebung des Monarchen befindliche Rathgeber bemüht waren, dessen Vertrauen auf meine Kosten zu erlangen. Es glückte ihnen dies denn auch, zumal der Kaiser sehr „impressivnable" (Eindrücken leicht zugänglich) ist. Hört er Ideen, welche darauf abzielen, das Loos seiner Unterthanen zu verbessern, so brennt er auch schon vor Ungeduld, diese Ideen zu verwirklichen. Es gefällt mir ja, wenn ein Fürst selbst regieren will, nur hätte der Kaiser, als er meiner überdrüssig war, dies sogleich sagen sollen, damit ich mir einen „guten Abgang" von der Bühne bereiten konnte. In meiner jetzigen Unthätigkeit tröstet mich in erster Linie der Gedanke, daß die Krone in Deutschland stark ist; seit dem Jahre 1862 habe ich daran gearbeitet, die königliche Macht zu vermehren und ihr eine direkte und unabhängige Wirksamkeit zu sichern. In keinem monarchischen Staate ist die Organisation in dieser Hinsicht eine bessere, wie in Deutschland. Ich billige es ja voll kommen, daß die Presse und das Parlament eine ge wisse Kontrolle über die Leitung der Staatsgeschäfte ausüben, denn ohne diese Kontrolle erscheinen Miß bräuche unvermeidlich. Aber man darf in dieser Be ziehung auch nicht zu weit gehen. Der Monarch muß der Herr bleiben und nur weil der Kaiser diese do- minirende Stellung einnimmt, konnte er mich so leicht entbehren. Wenn der Kaiser seinen Ruhm begründen will, so habe ich den meinigen zu vertheidigen. Herrn v. Caprivi schätze ich mehr als jeden Anderen; er ist ein guter, ja sogar unser bester General; schade, daß er jetzt Politik treiben muß. Er kann übrigens nicht viel an der von mir eingeschlagenen Richtung ändern. Das Wagengeleise ist so tief ausgefahren, daß der Karren darin verbleiben muß." Endlich erklärte Fürst Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Als Erwiederung auf die von uns eingehend besprochene Broschüre „Viäeavt eovsules" ist nunmehr unter dem Titel „Oäunt urma togas" (die Waffen mögen der Friedenstoga weichen) eine sehr beachtens- werthe Schrift erschienen, worin die Politik des Fürsten Bismarck gegen den Vorwurf der „Marklosigkeit" in Schutz genommen wird. Speciell wendet sich der Ver fasser gegen die in der ersterwähnten Broschüre auf- aestellte Behauptung, der Ausbruch eines Krieges zwischen Deutschland und Rußland sei nur noch eine Frage der Zeit und der ehemalige Reichskanzler hätte daher schon vor drei Jahren gegen das Czarenreich losschlagen sollen. Mit Bezug hierauf heißt es in der neu erschie nenen Broschüre: „Sind wir denn Räuber? Haben wir ein Recht, Europa durch einen Krieg in Brand zu setzen, weil ein anderer Staat möglicher Weise uns einmal gefährlich werden könnte? Ist der Krieg nicht ein so großes nationales und internationales Unglück, daß er immer nur als das letzte und äußerst? Mittel, niemals aber als das Ziel der Politik eines mächtigen Reiches gelten darf? Jeder Krieg ist und bleibt ein Würfelspiel, bei dem beide Theile ihren Wohlstand, wenn nicht ihre ganze Existenz riskiren. Was wir speciell im Jahre 1887, wo die Chancen angeblich für uns günstig lagen, hätten gewinnen können, ist voll kommen unerfindlich. Weder die VölkkrOesterreich-Ungarns noch die italienische Nation würden jemals geneigt sein, einer deutschen Räuberpolitik ihre Unterstützung ange deihen zu lassen; vor Allem aber muß daran erinnert werden, daß weder die österreich-ungarische noch auch die italienische Regierung nach dem Bündnißvertrage die Verpflichtung hat, uns bei einem Angriffs- und Eroberungskriege Heeresfolge zu leisten." Fürst Blsmarck fährt fort, sich die Zeit in Friedrichsruh damit zu vertreiben, daß er ausländische Journalisten empfängt und denselben auf alle nur möglichen Fragen Rede und Antwort steht. So hat der ehemalige Reichskanzler dieser Tage auch einen Redakteur des in Paris erscheinenden „Petit Journal" wolle fick bei einer eventuell noth- And^w--d-»d°n Ei,°dw°hl MM R-ickMag- ar L7h^°n^ Md/rstL '-m-n »nsich.M an maaßaebender Stelle Ausdruck zu verleihen und die- Am rusiebende Recht werde er sich von keiner Seite verkümmern lassen. Schließlich kam Fürst Bismarck noch auf den hochseligen Kaiser Wilhelm I. zu sprechen, dessen persönlichem Muthe er.namentlich d.e höchste Anerkennung zollte. U. A erzählte der Fürst die nach- stebende Episode. Als Nobilina das Attentat auf den greisen Kaiser verübt hatte, äußerte dieser scherzend zu sein r Umgebung: „Der ungeschickte Nobiling ist kluger gewesen als meine Aerzte; er holl errathen, daß em guter Aderlaß das Beste für meine Gesundheit ist." Der Umstand, daß Fürst Bismarck wiederholt fremdländischen Journalisten Aufschluffe über die von ihm befolgte Politik ertheilt hat, soll m den maaßqebenden Kreisen der deutschen Reichshauptstadt sehr peinlich berührt und einen sehr „regen" Brief- wechsel zwischen dem Reichskanzler v. Caprivi und seinem Amtsvorgänger zur Folge gehabt haben Von einer Seite, wo man mit dem ehemaligen Reichskanzler Fühlung haben dürfte, bemerkt man hierzu: „Wir ver- mögen in den Aeußerungen des Fürsten Bismarck nichts Gefährliches zu erkennen und deshalb können wir auch nicht gleich der „Köln. Ztg.", die jetzt mit der Bewunde- rung für den früheren Bismarck die Geringschätzung des heutigen wunderbar zu verbinden weiß, die Ver öffentlichung der Ansichten des einstigen Reichskanzler- al» einen .tieftraurigen Vorgang" bejammern. Daß Fürst Bismarck, nachdem man ihm das Handeln unmöglich gemacht, auch noch auf daS Reden verzichten soll — das kann man doch wohl füglich nicht verlangen. Wo ist es Sitte, einem verabschiedeten Minister den Mund zu verbieten? In Hinterasien vielleicht, in Europa sicher nicht. Zudem wüßten wir nicht, was von den Mittheilungen des Fürsten dem Staatswohle schädlich sein könnte. Theilweise sind dieselben rein historischer Natur, ohne näheren Bezug auf die Gegenwart, theil. weise geben sie persönliche Ansichten wieder, die jetzt doch privater Natur sind, wenigsten- keinen officiellen Charakter tragen. Sicherlich hat der Fürst die aus ländischen Journalisten nur empfangen, um durch die selben der Welt eine sehr erwünschte Aufklärung über die von ihm seiner Zeit befolgte Politik zu geben." — Mag sein! Nun aber lasse es Fürst Bismarck mit seinen „Enthüllungen" genug sein! Wir zweifeln keinen Augenblick daran, daß der große Staatsmann hierbei von den wohlmeinendsten Absichten geleitet wird. Aber die Welt verkennt diese Absichten nur zu leicht und schiebt Feuillttou. Die wilde Rose. Von Th. Almar. (21 Fortsetzung.) Gustel nickte der Müllerin beistimmend zu, diese fuhr fort: „Doch Du verheimlichst ihm nicht nur, daß ich Dich geschickt, sondern erzählst ihm im Gegentheile, ich hätte Dich, als Du bei mir al» Hirt Dich angeboten, zornig au- dem Hause getrieben." Gustel nickte wieder, wie im Einverständnisse, sah aber Frau Babette schon aufmerksam an, welche also fortfuhr: „Nun höre! Du wirst von dem Tage, an dem der Vetter Dich in den Dienst nimmt, von mir den doppelten Lohn erhalten, wenn Du sein Thun und Treiben genau beobachtest und mir alle acht Tage darüber Bericht bringst." ^Du mußt daher bei Deinem Herrn Dir die ein- zige Bedingung au-machen, in jeder Woche für einen Tag Deine kranke Mutter besuchen zu dürfen, weil Du ein so guter Sohn seiest." Gustel sah die Müllerin etwas verblüfft an. Seine alte Mutter war allerdings immer krank, aber e- war ihm noch nie eingefallen, nach ihr zu sehen, außer, wenn er am Abende zum Schlafen nach Hause kam. Der Ausdruck „ein guter Sohn" war ihm ganz fremd. „Du kommst dann zu mir und erzählst Alle» wieder, was er gethan, was Du ihn sprechen gehört, wann er zu meiner Stieftochter geht, wann er Abends heimkehrt; dafür erhältst Du von mir jedes Mal einen blanken Thaler, wie dieser hier ist!" Frau Babette hatte einen noch ganz neuen Thaler au- ihrer Tasche genommen und ließ ihn in der Sonne spiegeln. Die Augen des Jungen funkelten vor Begierde. Einen ganzen Thaler hatte er noch nie in seinem Besitze gehabt. „Gustel, hast Du mich verstanden?" „Frau Müllerin, ich gehe heute noch nach M l Ich verfolge den Herrn Vetter überall und ein bi-chen Schreiben kann ich — da merk' ich Alle- an, waS er thut und bringe e- nach acht Tagen hierher zu Ihnen!" „Recht so, Gustel! — Aber mit Vorsicht! Der Vetter darf nicht- ahnen." „Werde so schlau sein", lachte der Hirtenjunge ver schmitzt und nahm den ersten Thaler al- Handgeld für seinen neuen Dienst in Empfang. Der Plan der Frau Babette «ar durchaus erfolgreich. Es lag für Zachinsky durchaus nicht- Auffällige- darin, daß sich der Schafhirt in der fremden Stadt zuerst an ihn wandte, der sich in Jlsenbach mit dem verschmitzten Jungen manchmal unterhalten, ihn sogar dann und wann al- Postillon d'amour bei der blonden Else benutzt hatte. Daher war der Junge auch ohne jeden Einwand für einen möglichst geringen Lohn in den Dienst genommen. Von seinem ausbedungenen Rechte, alle acht Tage nach Jlsenbach zu gehen, machte er regelmäßig Gebrauch und dann brachte er Frau Babette einen ganzen Bogen voll der wunderbarsten Schriftzeichen, au- denen sie sich allerdings nur mit Hilfe seiner mündlichen Erläuterungen zurechtfinden konnte. Diese Berichte gaben anfangs ihrer Eifersucht keine weitere Nahrung. Ihr Geliebter führte im Ganzen ein regelmäßige- Leden. Er war mit der Bürgerstunde zu Hause und hatte keinen Umgang mit Frauen. Daß er zur Familie Merlitz ging, war natürlich und Gustel hatte ihn noch nie mit Regina allein gesehen. So waren drei Monate seit Gustel- Dienstantritt vergangen und regelmäßig empfing er nach jedem seiner Berichte von Frau Babette seinen blanken Thaler. Den Tag, an dem wir Frau Babette im Anfänge diese- Kapitel- wiederfinden, war ein Posttag Gustel». de« ^urschen^"* "" Ungeduld der Ankunft Kaum hatte die SchulmeisterSwittwe die Mühle verlaffen, so erhob sie sich ungeachtet ihrer Schmerzen ^^.^ger, ging unruhig im Zimmer umher und nahm endlich Platz am Fenster, von wo sie starren Auge» auf die Landstraße hinunter blickte ES dauerte auch nicht allzulange, so kam der Er wartete aufs Hau- zu und kaum war er in'» Zimmer streckt sie dabei die Hand nach dem au», a^r heute hatte Gustel keinen solchen ^^^gebr^t, sondern flüsterte, geheimnisvoll sich ^iUkrin! Gestern war die Regina war - ach, so sehr freundlich zu ihr, ich habe ihn noch nie so gesehen."