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Sächsische Vorszeitung rrlegrainm-Adr.: vorszeitung Dresden. 67. Jahrgang Dresden, Mittwoch, den 10. Mai 1905 Nr. 107 Bezugsbedingungen: vir „vorszettun-" erlcheint j«tz«» wochenteg m»chmt«aa» I Uhr Et dem Datum de» folgend«, »«g«L vk vezugogebichr beträgt lZV Mart vterteyahrltch oder »0 pfg. für jeden Monar VU .vorfzettung" ist zu beziehen durch dt« kaiserlichen Postanstalt«,, dl« Landbriefträger und durch unser« Voten, vei freier Lieferung in» k>au» erhebt die Post noch dt« rujt»llung»««dühr von 4S pfg. Invalidendank, h«asenstein » votier, Nud I O. L. Vaud« 8- So. in Leipzig, Frankfurt « G. UohlinU«is«l»dorf; Kugo Müchlertn Nötz broda, Ott» VNirlch in S«Ü»ndorf, Hugo <v> ceubnih-lleuostra, Lmil IIoII^u in ü.iüedeu! Ortnnn in vr—den-WSlfnitz, Friedrich ll? in LoNedaud«, Neinh. lvoin« in Moritz Otto Uunath in L-tta. Ma, Zeurich in Lost Telephon: Dresden, Nr. 2916. Anzeigen-Preise: Vie einspaltig« Seil« IS vfg^ unt«r »tingesandl- «0pfg. Unz«s«^Nnnal>m« ersolgt dt, mittag» 12 Umr. — «nnahm «st«ll«n lind: Unsere Oe!chakd»st«ll«. Nein« Meitzner »als« Nr. «, Da- Vteueste. Der Schillerverband deutscher Frauen hat der Schiller st iftung 250,000 Mark zur Förderung ihrer satzungsmäßigen Zwecke überwiesen. Der deutsch-italienische Handelsvertrag ist gestern im Ministerium des Auswärtigen zu Rom von dem deutschen Botschafter Grafen Monts und dem Minister des Auswärtigen Tittoni ratifiziert worden. Aus Südwestafrika wird von erfolgreichen Gefechten gegen Hereroabteilungen und in der Nähe der Karasberge gegen die Hottentotten berichtet. Prinz Karl Anton von Hohenzollern tritt am 16. d. M. mit dem Norddeutschen Lloyddampfer „Roon" von Nagasaki aus die Heimreise an. Der Kongreß der Semstwos zu Moskau sprach sich mit starken Mehrheiten für allgemeines Stimmrecht, für direkte Wahlen und für die Bildung von zwei Kammern aus. Das Geschwader RoschdjestwenskiS liegt nach einer offiziösen Meldung in der Nähe der Honkohe- Bucht vor Anker. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für dar Ügl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Nadebeul. Verschiebungen. ES sind im vergangenen Jahre nicht weniger als 977,891 Beitragsmarken mehr als im Vorjahre verwendet worden. Interessant ist die Ver gleichung der Zu- bez. Abnahme in den einzelnen Lohn klassen. Während die niederen Beittagsklassen eine Abnahme aufweisen, ist die Zunahme in der höchsten Lohnklasfe um so augenfälliger. Die Lohnklasse 1 ist um 5,37 Proz., die 2. um 6,19 Proz. zurückgegangen. Dagegen beträgt die prozentuale Steigerung der 3. Klasse 1,58 Proz., die der 4. Klasse 1,22 Proz., diejenige der 5. (höchsten) Beittaasklasse 26,24 Proz. Dement sprechend ist auch die Beitrags-, nmahme im Berichtsjahre um reichlich 500,000 M. oder 4,05 Proz. höher geworden. Der Beginn der preußischen Bischofs könferenz ist auf den 5. Juni festgesetzt worden; den Vorsitz wird Kardinal-Fürstbischof Kopp führen. Daß der Widerstand der Herero doch noch nicht genug gebrochen ist, und daß man füglich noch immer nicht von einem Ende des Feldzuges im Hererolande sprechen darf, zeigt folgende Meldung, die wieder über neue Kämpfe berichtet: Zur Erkundung der Kaukau - Feldts brach Oberleutnant Gräff von der 10. Kompagnie mit 30 Mann und 6 Kamelen am 15. März von Otjitno in der Richtung auf Neincs auf. Wassermangel und dichter Busch zwangen ihn, nicht längs des Apato, sondern über Karakübisa am Omu- ramba und Amatako zu marschieren. Am 13. April traf er bei Kauramo auf eine Hererowerft und stürmte sie nach heftigem Widerstand. Er er beutete 90 Stück Großvieh. Vom Gegner fielen sieben, diesseits ein Reiter. Hierauf wurde eine große Werft bei Gautscha festgestellt, zu deren Fortnahme jedoch die Stärke der Patrouille nicht ausreichte. Gräff wartet bei UkeidiS Verstärkung von 400 Mann mit zwei Maschinengewehren ab. In den Karas-Bergen erreichte am 26. April Leutnant Dellen mit einem Zuge bei Ganams (20 Kilometer östlich von Nurudas) eine nach Osten abziehende Bande, die er angriff, nachdem am 27. April Hauptmann Winterfeldt mit Verstärkungen eingetroffen war. Der Gegner wurde mit einem Ver lust von mindestens 15 Toten in die Berge östlich von Ganams geworfen, wo seine Spuren auSeinanderlaufen. Diesseits 6 Mann gefallen, 10 verwundet. Die gegen die Banden des BethanierkapitänS Cornelius entsandte Abteilung Zwehl traf am 1. Mai am Kutip auf drei Werften und warf den Gegner, von dem 24 fielen, in südöstlicher Richtung zurück. 500 Stück Großvieh und 2000 Stück Kleinvieh wurden erbeutet. Diesseits keine Verluste. Auf dem Platze drS zu Beginn de- AufstandeS in Südwestafrika ermordeten Farmers Zimmer mann, an der Bahnstrecke zwischen Karibik und Oka- handja gelegen, wurde Ende der letzten Woche die Frau des Ingenieurs Schenkel ermordet. Herr Schenkel ist, so schreibt die Deutscb-Südwest- afrikanische Zeitung, noch nicht lange im Lande und hatte gegen Weihnachten den Zimmermannschen Platz bezogen. Als er, nachdem er mehrere T^e in Ge schäften abwesend gewesen, Ende voriger Woche nach Hause zurückkehrte, fand er seine Frau in gräßlicher Weise ermordet. Sein kleines, erst gegen Weihnachten geborenes Kind hatte eine aus dem Platze bedienstete Bergdamarafrau an sich genommen und genährt. Einem eingeborenen Diener war die Kehle durchschnitten, be wegliche Habe geraubt oder zerstört. Soweit bisher bekannt, waren die Täter Herero. Italien. Die Pforte entsandte eine aus deut schen und türkischen Offizieren gebildete Kommission nach Tripolis, um die Forts zu inspizieren und auS- zurüften, uud einen Verteidigungsplan für den Hafen auszuardeiten. Schweiz. Bundesrat Deucher eröffnete gestern die Internationale Arbeiterschutzkonferenz mit einer Ansprache, in welcher er betonte, daß die Kon ferenz nicht platonische Beschlüsse zu fassen habe, sondern zu praktischen Ergebnissen gelangen solle. Anwesend waren sämtliche angemeldeten 44 Delegierten, welche 15 Staaten vertreten. Heute werden m allgemeiner Diskussion die Programmpunkte — Verbot der Ver wendung weißen Phosphor- bei der Zündhölzchen - fabrikation und Verbot der gewerblichen Nachtarbeit der Frauen — bcratcn und die zur Behandlung dieser Fragen einzusetzeuden Kommissionen gebildet. England. Unterhaus. Auf eine Anfrage erwiderte oer Minister für Indien, Brodrick, Lord Sie begann sofort ihre Tätigkeit, um Frankreich und China abzuhalten, den russischen Flotten einen Hafen als Stützpunkt zur Versorgung mit Kohlen und Mate rialien zu gewähren, auch beide Mächte anzuhalten, mit allen Mitteln das Auslaufen der russischen Kreuzer aus Schanghai und Saigon zu verhindern. Um diesem Ver langen Nachdruck zu geben, forderte der Sekretär der japanischen Gesandtschaft in Paris den Minister Delcassö auf, Sorge zu tragen, daß die französischen Behörden an den Küsten der ostasiatischen Kolonie nicht gestatten, daß dort Kriegskonterbande für die russischen Geschwader verladen werde. Die japanische Regierung sei im Besitz von Nachrichten, daß aus gewissen französischen Häfen fortwährend Proviant und Material den russischen Schiffen zugeführt werde. In Peking richtete der Gesandte die gleiche Mahnung aus, zugleich aber wurden auch die Kabinette in Washington und iu London um ihre Unterstützung bei China ersucht, damit die Neu tralitätspflichten auch durch China bewahrt würden. Diesem Verlangen gemäß betonten Nordamerika und England die Notwendigkeit strikter Neutralität. Es dürfe nicht zugegeben werden, daß die Russen sich chinesischen Gebietes als Operationsbasis bedienten, und unter keinen Umständen den im Hafen von Schanghai liegenden russischen Schiffen das Auslaufen gestatteten. Durch diese diplomatischen Maßregeln soll der russischen Flotte durch Entziehung jeden Stützpunktes und der Subsistenzmittel das Verbleiben in diesen Meeren und die Verstärkung durch die russischen Kreuzer verwehrt werden. Ob die japanischen diplomatischen Schritte zum Ziele führen, ist zweifelhaft. Frankreich wird sich von seiner, den russischen Verbündeten günstigen Aus legung der Neuttalitätspflichten nicht abvringen lassen. RoschdjestwenSki wird fortfahren, die ihm günstige französische Auslegung möglichst auszunutzen und dabei bemüht sein, Frankreich nicht bloßzuftellen. China gegenüber hat der russische Admiral noch leichteres Spiel. Er wird sich nicht scheuen, irgend einen obskuren aber geeigneten China - Hafen für seine Zwecke auszu nutzen, wenn er auch das Eintreffen seiner Kremer aus Schanghai nicht erwarten darf. Wie überall, geht Gewalt vor Recht und das Wort verhallt. Die Schritte der japanischen Diplomaten werden schwerlich die russischen Admirale an der Durchführung ihrer Auf gabe behindern, die Versammlung ihrer Geschwader, ihre Versorgung mit Kohlen, Proviant, Materialien zu betreiben, um Wladiwostok zu erreichen. Sollte dies wirklich gelingen (wenn auch nur einem Teil seiner Flotte), so wäre immer erst ein Stützpunkt gewonnen, von dem aus der Kampf gegen die japanische Seemacht ausgehen kann. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, der gestern früh Karlsruhe verließ, traf nachmittags im Automobil auf der Hohkönigsburg ein. Nach kurzem Aufenthalt daselbst begab er sich über Rappoltsweiler nach Straß burg, wo die Ankunft um 6 Uhr erfolgte. Eine zahl reiche Menschenmenge begrüßte den Kaiser, der sich nach dem Kaiserpalast begab. Die Kaiserin ist gestern abend gegen 8 Uhr in Wildparkftation bei Potsdam eingetrofsen, nachdem sie im Laufe des Tage- in Gera der Konfirmation der Prinzessin Viktoria beigewohnt hatte. Als Vertreter des Kaisers Franz Josef wird der österreichische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, an den VermählungSfeierUchkeiten des deutschen Kronprinzenpaare» teilnehmen. Im Juni, nachdem wahrscheinlich der Reichstag seine Tätigkeit eingestellt hat, wird, wie seit einer Reihe von Jahren üblich, der Kolonialrat zu einer mehr tägigen Session einberufen werden. Außer den Etats der Schutzgebiete auf da- Jahr 1906 wird ihm auch der in Aussicht gestellte Entwurf einer Berg verordnung für Südwest-Afrika zur Begutachtung zu gehen. Für dieses Schutzgebiet sind schon zwei Berg verordnungen in den Jahren 1888 und 1889 erlassen worden. Hoffentlich wird nun mit der dritten Ver ordnung em dauerndes Recht hergestellt, das den öffentlichen wie dKi privaten Anforderungen genügt. ßß Die Verwendung der Beitragsmarken für die Invalidenversicherung im Jahre 1904 im Halb wird Bereiche des Königreichs Sachsen zeigt nach einer vertragen. Mitteilung gegenüber dem Vorjahre nicht unerhebliche Kriegführung und Diplomatie. Die Annahme wäre falsch, daß die diplomatische Tätigkeit aussetzt, während in Ostasien des Krieges eiserne Würfel rollen. Das Gegenteil tritt in der Zeit der jetzigen Krisis besonders scharf hervor, in welcher die Auffassung der Neutralitätspflichten und die Art ihrer Durchführung für den Ausgang der gegnerischen Flotten- Unternehmungen ausschlaggebend ist. Der Krieg begann, als der japanische Botschafter in Petersburg am 6. Februar 1904 erkannte, daß seine fernere Tätigkeit aussichtslos sei. Hier trat also der Heerführer an die Stelle des Diplomaten. Jetzt tritt die japanische Diplomatie wieder tätig auf, um zu verhindern, daß der russischen Flotte Vorteile aus dem Verhalten oder der Ohnmacht der neutralen Mächte Frankreich und China zuteil werden, welche den Aufenthalt in diesen Meeren und schließlich das Erreichen von Wladiwostok möglich machen. Japan wird augenblicklich von der Ansicht beherrscht, daß dem Admiral Roschdjesiwenski die Durchführung seiner Auf gabe unmöglich gemacht werde, wenn die neutralen Mächte die Neuttalitätspflichten ganz objektiv und konsequent durchführten. Admiral Togo vermied es bisher, den Anmarsch der russischen Flotte in der engen Malakkasttaße oder in dem unruhigen südchinesischen Meere durch seine Kreuzer und Torpedoboote zu stören. Er zog es vor, seinen Aufenthalt und seine Absichten in tiefes, undurchdringliches Dunkel zu hüllen. Admiral Togo will den Vorteil nicht aufgeben, daß sein Geaner über seine Maßregeln ganz im unklaren bleibt. Dies könnte aber nicht durchgeführt werden, sobald japanische Kriegsschiffe die russische Flotte behelligen oder gar -rnftlich angreifen würden. Bei der Fortsetzung der Fahrt der russi schen Flotte aus dem südchinesischen Meere nach Wladiwo stok (4500 Kilometer) ist die avsolute Unkenntnis über die japanische Flotte eine Mahnung zu allergrößter Vorsicht. Diese Unklarheit muß den Admiral Roschdjesiwenski in dem Entschlüsse befestigen, durch ausgesprochene lieber- macht den obigen Nachteil auszugleichen. Die Ueber- macht gewinnt er aber nur durch die Bereinigung mit dem Nebogatowschen Geschwader und durch Demonstra tionen der in Wladiwostok befindlichen drei russischen Kreuzer, deren Ueberwachung eine gewisse Zahl japanischer KiegSschiffe in Anspruch nimmt. Das japanische Marineministerium rechnete damit, daß am 2. Mai die Bereinigung der beiden russischen Geschwader stattgefunden haben könnte; dennoch cheint sie sich bisher nicht vollzogen zu haben. Wenn unter fachen Umständen sich jetzt die Tätigkeit der japanischen Diplomatie besonders bemerkbar macht, so mag dies geschehen, weil man von der Ansicht auSaeht, daß die Bereinigung der beiden russischen Geschwader die Schwierigkeit ihrer Bersoraung mit Kohlen, Proviant und Material ins ungemesiene steigern wird. Admiral Togo kann mit seiner Flotte die Ver einigung der Geschwader, da- AuSbrechen der Schiffe aus den neutralen Häfen (auch Tsingtau), die Kohlen versorgung gewaltsam nicht mehr hindern, deshalb wir! diese Aufgabe der japanischen Diplomatie ü!