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Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.10.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188610058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18861005
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18861005
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-10
- Tag 1886-10-05
-
Monat
1886-10
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.10.1886
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^ SSL. — 6. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Data« d«S folgenden Lage«) zur Versendung gelangende , sächsische LandeS-Anzeiger" «it täglich einem besonderen Umerhal- tuugSblatte kostet monatlich 60 Pfg. (mit Lxtrabeiblatt Lustige- Bilderbuch 70 Pfg.) bet den Ausgabestellen in Lhemnib und den Vororten, sowie bei den Poftanstalten. Kür Abonnenten erscheint im 3 und 4. Quartal klseubahn-FahrplaiiheftfürSachsen, sowie im 4. Quartal die Wethnachtebeigabe Jlluftritte-Jahresbuch des Landes-Snzeigers «nd zu NeujahrJllustr.Laudboten.Kalender. Sächsischer Anparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. DienStag, 5. Oktober 1888. Verlag: Alexander Wiede, vuchdluckeret, Chemnitz. Theaterstraße 6 (Fenisprechstelle Nr. tüS). Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Sonntagsblatt — 2. Jllnftrirtes Unterhaltungsblatt — 3. Kleine Botschaft 4. Sächsischer Erzähler — 5. Sächsische Gerichts-Zeitung — 6 Sächsisches Allerlei. - Ertra-Beiblatt Luftiges Bilderbuch. Telegraphische Machrichten. 80m 3. Oktober. München. Bei der gestrigen Borstellung in dem an» Holz anfgeführte» Liren- brach der Fnßbode« de- zweite» Range-, wo« bei zahlreiche Besuch« herabflürzte». Der allgemeine» Panik, welche infolgedefftn zu entstehen drohte, beugte besonder- die «itanwesende Prinzessin vor, indem st« de« Publikum zurles: „Sri«« Sie ruhig, r» ist keine Gefahr." Der Herzog Ludwig sorgt« für die Verwnndeten, unter denen fich zwei junge Rädchen mit schwere» Verletzungen befanden. Peter-burg. Durch TageSbesehl ist im Martueressort gestattet 'worden, Mannschaften sämmtlkcher Flottentheile mit Beendigung der diesjährigen Schiffahrt bi» zum 1. März k. I. zu beurlauben. Petersburg. Lin veröffentlichst- Gesetz bestimmt, daß di« fremden Völkerschaften i« Gebiete de- Terck und de» Kuba», ebenso wie die gesammte Bevölkerung TrauSkaukafieuS mit 1887 bez. 1889 zur allgemeiuru Wehrpflicht herauzuzieheu find. Der muhamedanische« Bevölkerung jener Proviuze« wird bis auf Weitere- gestattet, die persönlich« Leistung der Wehrpflicht durch eine entsprechende Steuer abzulösen. Madras. Dem Journal »Mail" znfolg« fände» im Distrikt Godavery verheerende Ueberschwemmuuge» statt. Line große Anzahl Bewohner von durch die Ueberschwewmung hekmgesuchte» Dörfern wollte den Damm durchschuetdeu, um dem Wasser «ach der entgegen gesetzten Seite Abfluß zu schaffe». Die Bewohner der jeuseit» de» Damme» liegeuden Ortschaften leistete» iudeffeu Widerstand. Bei dem heftigen Zusammenstoß wurde» gegen 160 Personen getödtet. Madrid. Da» Kriegsgericht hat General Billacampa, Leutnant Serrauo «nd 5 llnterosfieier« zum Tode verurtheilt. An» Saragossa sind zwanzig Offieirre in fremd« Garnisonen versetzt worden, in Bilbao 5 Osfieier. verhaftet. Sophia. Die heute hier erschienene neue Zeitung „Nezawifima Bolgaria* sagt in ihrem Programm-Artikel: »Bulgarien frei, ««ab hängig. ohne Cowmiffäre «nd Occupatio««», da» ist unser Programm I" Da» Blatt enthält scharfe Angriffe gegen Kanlbar». I» diplomatischen Kreisen wird vielfach di« Nachricht kommeutirt, Rußland hätte in Berlin gefragt, ob Deutschland die kanlbars'schen Forderungen unter stützen werde und habe daranshin die Antwort bekommen: Deutschland werde gemäß der an Rußland «rtheilte» ourtv blsoobs in Bezug aus seine» legitimen Einfluß in Bulgarien handeln, sek aber abgeneigt, fich in die Detail» der innere« Frage« Bnlgarlen» einzumischen. Politische Rundschau. Themnih, den 4 Oetober. Deutsches Reich. Dem kommende« Reichstag soll da» neu« Militärgesetz vorgrlegt «erden, da- aber diesmal die Friedentflärk« brr Arme« nicht für di« Dauer von sieben Jahren, sondern für un bestimmte Zeit regeln soll. Nur dann soll dem Reichstage eine Ab- ändernng zur Berathung unterbreitet werden, wenn «in« Erhöhung de» Armeebestaude» für nothwendig erachtet wird. Ob di« neue Vor lage bereit» eine Erhöhung bringt, ist nicht bekannt. Gegenwärtig beträgt die Frieden,stärke 427.274 Mann. Soll dieselbe mit ein Procent berechnet werden nach der Volkszählung von 1880, so würde fie ans 452.340 Mann zu erhöhen sein, während ei«, Vermehrung «ach der Bolk-zählnua von 1885 468.409 Manu ansmachte. Jeden falls wird ,S um diese» Gesetz schwer« Debatten im Reichstage geben. — Die Ernennung «ine» «rneu StaatSsecretär» im Reichrschatz. amt für den in den Ruhestand getretenen Herrn von Bnrchardt soll »ach Möglichkeit beschleunigt werde«. Urbrr di« Persönlichkeit de» neue« Staatssekretär» ist aber «och nicht da» Mindest« bekannt. All« bisherigen Mltthellunge« find unzutreffend. — Wie an» Rom geschrieben wird, wa, der prenßische Gesandte von Schlözer mit dem Cardinal Galimberti in Geuzano und dinirte Port beim Eardlnal Jacobini. Die Gesundheit de» Letzteren hat fich gebessert und «» verlautet, daß er schon Mitte October sein« Gemächer i« Vatikan wieder beziehen werde, ohne jedoch vorläufig seine Amt»- geschäfte wieder anfzunehmen. — Der Versuch, auf dem Weg« der freiwilligen Vereinbarung «ine Herabsetzung de» SpirituSprodnction um 20 Procent in Deutsch laud herbeizuführr» und dadurch eine Aufbesserung der Preis« z« veranlassen, ist «»«mehr definitiv als gescheitert anzusehe». — Di« deutsche ostafrikanische Gesellschaft ist in einer juristischen Reconstruction begriffen, welche den Zweck hat, für di« genannte Ge sellschaft die Recht« einer juristischen Person zu erlangen, da bisher ein besondere» Kolonialrecht für solch« Bereinigungen nicht besteht. Ein Statut ist zu diesem Zwecke schon entworfen. Oesterreich-Uttgaru. Dt« Magyaren zeige» wieder einmal, wie e» mit ihrer Deutschfreundllchkeit bestellt ist. Die deutschen Ge meinden in Siebevbürgen werden in der unverschämtesten Weise chickanirt, damit st« ungarisch« Lehrer anstelle». — König Milan von Serbien ist in Wien angekommeu «nd empfing den Besuch de» Kaiser», dem er eine Gegenvifite abstattete, In der Hosbnrg fand «ln Diner z« Ehren de» König» statt. — Die Erklärungen de» Ministerpräsi denten Ti-za t« Pest haben dl« aufgeregten Gemüther in Ungarn be- ruhigt. Allgemach ist di« Ueberzrngung zu« Durchbruch gekommen, daß da» Fortbestehen de» Zweilaiserbünduiffe» durch den bulgarischen Zwischenfall in keiner Welse beinträchtigt ist. Frankreich. Die Schenkung seine» Schlöffe» Chantilly an di« fraazöfische Akademie, welche der Herzogs von Snmale soeben ge- macht, gkebt den orleanistischen Blättern Anlaß, sein Lob nach alle« Richtungen hi» z« finge». Die republikanische« Blätter wittern hinter der Schenkung eine Falle und fordern die Ablehnung derselben. — Ministerpräsident Freyrinet ist in Bordeaux angekomme«, von wo er am Mittwoch nach Pari» zurückzureisen gedenkt. Bei de« Empfange der Behörden in Bordeaux sagte der dortige Erzbischof, di« Geistlich keit sei der Republik durchaus ergeben «nd wünsche nur die Aufrecht- «Haltung guter Beziehungen zum Staate. Der Minister antwortete, die Regier»«- wünscht dasselbe nud die» Ziel werde am schnellsten erreicht werde», wen» der Klern» fich streng innerhalb seine» Wirk- uug-kreise» halte. — Da» Deficit i« französischen Budget beträgt di« Kleinigkeit von 104 Millionen Franken. — Dl« Nachrichten au» Radagatkar lauten immer schlechter. Die Howa Regierung zeigt eine offene Abneigung gegen Frankreich Belgien. König Leopold von Belgien ist von Baden-Baden in Ostende angekommen. Die französischen Blätter hatten dt« Reise z« heftigen Ausfällen gegen den König benutzt, dem fie vdrwarfeu, er habe fich mit dem Besuch in Baden-Baden vor dem deutschen Kaiser gedemüthigt. Die belgischen Zeitungen weisen diese» Geschwätz, da» eigentlich viel zu albern ist, «m überhanpt brachtet zu werden, mit Energie zurück — In Namnr, wo ein liberaler Stadtrath wegen heftiger Angriffr auf die Regierung gemaßrrgekt war, fand am Sonn tag ein, große Demonstration gegen da» Ministerium statt. Rußland. In Petersburg am Mittwoch lurfireude Gerüchte behaupteten, bei der Eisenbahnstation Luga der Petersburg Warschauer Linie seien nenerdings Vorbereitungen zu einem Attentat gegen den Zar entdeckt. Die sofort verhafteten Eiseubahnarbeiter wurden jedoch wieder freigelaffe« und weitere Recherchen sollen resultatlo» geblieben sein Diese, wie «» jetzt heißt, begründet« Meldung giebt anch eine Erklärung für den verlängerten Aufenthalt de» Zaren in Polen. Offenbar wnrde die Rückkehr aufg-schobeu, bi» di« Sicherheit der Eisenbahnlinie zweifellos geworden. — Znr bulgarischen Interpella tion i« nugarrsche» Reich»tag« schreibt da» Petersburger Journal; Da» ungarische Abgeordnetenhaus hat in weiser Befolgung de» von dem englischen Parlament« »nd dem deutschen Reichstage gegebenen Beispiel» darauf virzichtet, die Interpellation betreffend von Bulgarien zum Gegenstand« von Debatte« zu wachen, welche ohne Zweifel ebenso erregt, wie unzeitgemäß «nd unfruchtbar gewesen wären. Orient. Di« bulgarisch« Regierung hat richtig de» rnsßsche» Forderungen gegenüber «achgegrben. Ei» Telegramm an» Sophia meldet: Di« bulgarischen Minister begaben fich vollzählig zu General von Kaufbar» und theilten ihm di« Beschlüsse, welche fie bezüglich der russischen Forderungen gefaßt hatten, mit. Darnach ist di« bul garische Regierung bereit, den BelagernngSznstand ansznheben, di« verhafteten Berschwörer sreiznlassen, bezeichnet aber die Verschiebung der Wahlen znr großen Nationalversammlung «it Rückficht ans das bulgarische Wahlgesetz als unmöglich. Gleichzeitig wnrde erklärt, daß ans ein« Wiederwahl d,S Fürsten Alexander zu« Fürste» von Bul garien verzichtet werde. Auf da» Ersuchen der Minister, diese Be schlüsse de« Kaiser Alexander z» übermitteln, erwiderte General Kanlbar», die Entschließungen de» Kaiser» seien dnrchau» feststehende, doch sei er bereit, die ihm gemachten Mittheilnngrn zur Keuntniß de» Minister» von Gier» z» bringen. — Die Bulgaren werde« also schließlich wohl doch in den sauren Apfel beißen «nd auch die letzte rnsflsche Forderung erfüllen müssen. — De, »Köln. Ztg." wird fol gende erbauliche Mittheilung über den General Kanlbar» gemacht: Kanlbar» berief den in Sophia wohnende« »aeedonischen Woywvden Babad Jande» zu fich nnd befragte denselben, ob fich «it Hülse der in Bulgarien wohnende« Macedonier «in Aufstand gegen die gegen wärtig, Regierung werde mache« lassen und wie viel Geld dazu uöthkg sei. Wenn der Anfstand gelinge, würden di« Russen nach Bul garien kommen und dann Makedonien vom türkisch« Joche befreien. Babad Jaudrn «achte hiervon verschiedene» Landsleute» Mitthülnng, di« fich aber weigerten, ans den sauberen Plan eiuzugehrn «nd de« Vor fall einem russeu-stindlichen Bertranrn-man» der in Sophia lebende» Macedonier anzeigten. Also die russischen diplomatischen Vertreter geben fich officirll dazu her, Berschwörnngen «nd Bürgerkriege anzn- stisten. — Die Türket setzt ihre Rüstungen an der osirumelischen »nd kletnafiatischm Grenze mit großem Eifer fort, i« Bilajet Ldrianoprl befinde» sich derzeit zwei Korp», zusammen 84,000 Man», in Make donien ein Korp» von 54,000, im Bilajet Salonichi «in Korps von 37,000, zusammen 197,000 Man» mit 482 Geschützen. Sächsisches. — Ernennungen und Versetzungen. Versetzt: Laud« gerichtSdirector Karl Bruno Kurtz in Plauen an da» Landgericht Dresden, Amt-richter Di-. Ernst Eduard Wilhelm Giese in LeiSnig an da» Amtsgericht Ofchatz nnd LandgerichtSrath Georg Albert Geßler in Plauen an da» Landgericht Dresden. — E» erhielten: der Amtsrichter Karl Traugott Rndolf Aö in Leipzig den Charakter als OberamtSrichtrr; die Stelle de» Veterinär-Apotheler» nnd Lehrer» der Physik, Chemie, Pharwocognofi« nud Reeepturkunst an der Thier- arz*rischul« in Dresden der Chemiker und Apotheker vr. pkll. Ewald Geißler daselbst unter Beilegung de» Dienstprädicate» al» Professor; de» erste Fachlehrer an der Thlerarznrischnl«, Geh. Medicinalrath Profeffor vr. Letseriug die erbetene Entlass»- an» dem Staats dienste; der Hofrath Profeffor Julin» Snßdors die nachgesucht« Entlassung an» seiner Stellung al- Veterinär-Apotheler und Lehrer an der Thierarzneischnle zu Dresden; der Klrchschnllehre» Peter Lieschke in Göda da» Berdienftkreuz; de» Kirchschnllehrer Cantor Karl Augnst Zwiesel in Schmölln da» Berdienstkreuz. — Bei der Der Sternkrug Bon Adolf Strrcks.nß. Nachdruck verboten. Fortsetzung- »Dan« spanne« Sie gleich an, damit wir so bald als möglich fort kommen!" „Zu befehlen!" Mit dieser militärischen Antwort machte der Alte, der «inst Soldat gewesen war, Kehrt. Fünf Minute« später knallt« er schon auf der Straße mit der Peitsche zum Zeichen, daß er znr Abfahrt bereit sei. Steinert bezahlte seine Rechnung, dann ging er ans fein Zimmer, dessen Thür er hinter fich verschloß. Au» dem Reisekoffer nahm er einen künstlich gearbeiteten, sechs läufigen Revolver, diesen lud er »it der größten Sorgfalt und stickte ihn ln di« Brusttasche, so daß er ihn im Augenblick schußgerecht erfasse« konnte; ebenso verbarg er rin große» zweischneidige» Dolchmesser in einer innere» Tasche der Weste. Dann verschloß er den Koffer wieder «nd ließ ihn durch den Hau»- laecht nach dem Wagen tragen. Ein paar Minuten später fuhr Steinert in der mit zwei mnthigr« Bronnen bespannte» Kalesche de» Herr« von Helwald nach de« Eise», bahnstatton. De, alte Rath«herr, Herr HIldtbraod, an deffeo Ge wölbe der Wagen vorbeiraffelte, sah de« höflich grüßenden Reisenden kopfschüttelnd «ach. — 3. Di« Nachtfahrt durch di« Dieb-Haid«. Herr Braun wachte «in gar sonderbare» Gesicht, als er den Geschäftsreisenden vom Hanse W- Oldecott u. To. in der Kalesche be» Herrn von Heiwald ans den Station-Hof fahre« sah, noch mehr verwundert aber war er, al» Steinert ihm erklärte, er wolle in diesem Wagen und «och am heutigen Abend «ach Beutlingen reisen. Ein solche» Bornehmen erschien dem guten Wirth fast wie ein Selbst- mordSversnch; er erschöpft« ganz vergeblich seine Beredsamkeit, «m ein derartige» Waguiß z, verhindern, Steinert aber lachte nur über di« Besorgnisse de» ängstlichen Manne». Lr nah« einen eiagegaugeneu Brief au» der Residenz, der gar nicht wie rin Geschäftsbrief au-sah, in Empfang und ordnete an, daß künftig ankommende Brief« nach Beutlingen au die Adresse de» Bürgermeister» Wurms«, mit dem er entfernt verwandt sei, geschickt werden sollten, i Nachdem er seine sehr mäßige Rechnung bezahlt hatte, nahm er Abschied von seinem sehr freundlichen Wirth. der ihn selbst, al» er schon im Wagen saß, noch einmal dringend bat, doch «st am folgen den Morgen mit der Post zumeist«. Al« He« Brann endlich «infah, daß alle seine Be mühungen vergeblich waren» sagte er mit absichtlich lauter, für die Ohren de» alten Friedrich Grunzig berechneter Stimme: .Wenn Sie fich denn durchaus nicht halten lassen wollen, Herr Steinert, daun reisen Sie in Gotte» Namen. E» wird Ihnen ja wohl nichts passiren. Ich weiß ja, daß Sie im Wagen de» Herrn von Heiwald mit dem Friedrich abgefahren sind und werde morgen noch Erkundigungen einziehrn, ob Sie glücklich in Beutlingen ange kommen find." Da» rothblaue Gesicht de» Kutschers wurde, al» er dies« Worte hörte, noch röth« und blauer» al» e» gewöhnlich war. .Alt« Fratz I" rief er wüthend. .Was denkt venn der Kerl? Glaubt er etwa, ich hätte Lust, den Herrn unterwegs todtzuschlagen? Mag er fich doch beim Teufel nud sein« Großmutter erkundigen, wenn er will, ich werde de« Herrn schon sicher nach Beutlingen bringen I" Er peitschte bei diesen Worten auf die Pferde, aber « holte dabei so weit nach hinten an», daß die Peitschenschnur Herrn Braun recht empfindlich traf. Fort ging'» im scharfen Trabe, bald aber mußte die Schnelligkeit de» Fahren» gemäßigt werden, denn in dem tiefen, sandigen Wege konnten selbst die kräftigen Braunen den leichten Kaleschwageu nur langsam fortzieheu. Steinert legte fich zurück in die weichen Polster de» Wagen», er hatte da» Verdeck Niederschlagen lassen, um einen freien Blick in die Gegend zu gewinnen, diese aber bot ihm keine große Unter haltung. E» war ein langweiliger Weg durch ein öde» Land. Un fruchtbare Feld«, welche kaum die Mühe de» Anbau«» zu lohnen schienen, wechselten mit dürftigen Kiesernbeständen, dann kam ein tiefes Torfmoor, welche» sich ein paar Meilen weit hinzog, üb« dasselbe führte nur ein einziger Damm, neben dem zu beiden Seiten der Morast unergründlich war. Der alte Friedrich, der sonst ziem- lich wortkarg tpar und jeden Versuch Steinert», eine Unterhaltung anzuknüpfen, durch kurze, mürrische Antworten zurückqewiesen hatte erzählte aus de» Reisenden Frage, diesem Moor verdanke der Vater Grawald i« Sternkrugr seine» Reichthum. Weil nur der eine Damm über da» Moor führe, müßten alle Reisenden, welche recht» von Papkau und WorSfeld, geradeaus von Gromberg und Beutlingen und links von Samnau nnd Bartsch nach Weidenhagen oder der Eisen bahn wollten, den weiten Umweg über de« Stnnkrng machen, des halb liefen auch auf dem berühmten Stern, dem großen Platz an dem Kruge, die sieben Wege zusammen. Der Weg über de» Damm war ziemlich belebt, Steinert be gegnete wohl fünf bi» .sechs Fuhrwerken, meist Baueruwagen. Er empfing manchen höflichen Gruß, den er freundlich erwiderte. Alle die Begegnenden schauten ihm mit ein« gewissen Neugier nach, st« fanden e» offenbar höchst wunderbar, daß ein Fremder ln der bekannte» Kalesche de» Herrn von Heiwald noch so spät auf der Reise sei. Die Sonne war eben untergegangeu, al» Steinert auf dem Stern, dem Kreuzungipnukte der verschiedenen Wege, eintraf. Der Wagen hielt vor einem zweistöckigen Hause, dem Sternkrug. Mäch tige, massiv gebaute Scheunen, Ställe «nd andere WirtSschaftSge- bände, welche den Hof hinter dem Krage umschlossen, zeugten für den Reichthum de» Besitzer». Steinert sprang an« dem Wagen. Sie können auSspauueu und füttern!" rief er dem Kutscher zu. »Ich bleibe etwa «kn Stünd chen hier!" .Zn befehlen," war dl« kurze, soldatische Antwort. Vater Grawald. der Besitzer de» Kruge», empslug uusnn Reisenden auf der Schwelle de» Hause». „Willkommen im Stern- krugl" sagte er mit tiefer, aber angenehm freundlich klingender Stimme; er öffnete eine Tchür auf der Linke« deS Flnr», welche mit großen Buchstaben die Inschrift »Herrenstube* trug; auf der gegen überliegenden rechten Seite war ein« Thür mit .Gaststube" bezeichnet. Steinert trat in ein geräumige» vierfenstrige» Zimmer, welches die Au-ficht nach dem Ster» hatte. Dl, blendend weiße« Feustervor« hänge, de» «it seinem weißem Sand bestreute Fußboden, die glänzend blank polirte« Tische machte» den wohlthnendrn Eindruck de, pein» lichsten Sauberkeit. I» dieser Herrenfiube mußten fich di« Gäste wohl fühle», zumal wenn fie von einem so frenudlichen Wirth be- dient wurden. Vater Grawald entsprach ganz dem Bilde, welche» fich Steiuk't nach den Schilderungen de» Herr« Brau», de» Rath»h«rn und all« der andere» Herren in Weidenhageu, welche in seinem Lobe über- «iustimmend gewesen waren, von ihm gemacht hatte. Er war ein Man« von mindesten» sechzig Jahren, ab« «och jugendlich kräftig und frisch. Sein von schneeweißen Locke« nmrahmte» Gesicht trug die gesunde Farbe eine» Manne», der fich viel im Freien bewegt. Vater Grawald war noch immer ein stattliche», fast könnte man sagen »in schöner Mann. Sein lebendig«», kluge», -laue- Äng« blickte so heit« und treuherzig, da» Lächeln, welche» den wohlge« formten Mund umspielte, war so wohlwollend und gutmüthlg, daß man unwilllürlich Vertrauen zu dem Manne fassen maßt«, de» di« Volk-stimme recht bezeichnend den allgemein angenommenen Name« »Vater Grawald" gegeben hatte; war doch Grawald, wie Steinert heute in Weidenhagen von allen Seiten gehört hatte, in Wahrheit de« Vater aller derer, welche sich in seiner Nachbarschaft irgrud in Noth befanden.
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