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S»s«r«te Werken vtS Montag, Mittwoch u. Freitag Mttag angenommen und kosten : die1sPalt.ZeileISPsg. Unter Eingesandt: R Pfg. Inseraten- Annatz«eftelen: Dir Arnoldische Uuchhandluna, Invalidendank, ^aasrnstein LVogler, Rudolf Mosse, D. L. Daube «Co. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. s w. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger «Herrmann Wüller in Dresden. Expsd. u. Redaktion Dresden-Neustadt N. Meitzner Gaste 4. Die Zeitung erschein» Dienstag, Donnerstag und Donnabend früh. Abonnements- Preis: vterteljährl. M. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung inS HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. Mr. 85. Dienstag, dm 22. Juki 1890. 52. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Kaum war es bekannt geworden, daß zwischen Deutschland und England ein Abkommen, betr. die Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Ostafrika, abgeschlossen morden sei, so wurden in der französischen Presse Stimmen laut, welche betonten, Frankreich dürfe nur dann seine Zustimmung zu dem Vertrage geben, wenn zu erwarten stehe, daß man sich in Berlin und London auf irgendeine Weise hierfür erkenntlich erweisen werde. Den Standpunkt, welchen die deutsche Reichsregierung in dieser Frage emnimmt, kennzeichnet nun eine officiöse Korrespondenz folgendermaaßen: Etwaige gerechtfertigte Forderungen der Franzosen werden bereitwillige und allgemeine Anerkennung finden, wogegen unberechtigte Ansprüche, welche geeignet erscheinen, die Interessen anderer Nationen zu schädigen, auf einen unüberwindlichen Widerstand stoßen dürften. Dies weiß man in Paris sehr wohl und deshalb steht wohl kaum zu erwarten, daß es der heutigen franzö sischen Regierung, die bei verschiedenen Gelegenheiten ein sehr feines politisches Taktgefühl an den Tag gelegt hat, in den Sinn kommen wird, derartige Prätensionen zu erheben. Die Regelung des Kolonialbesitzes in Ostafrika, wie sie zwischen England und Deutschland nunmehr erfolgt ist, hat die französischen Interessen nicht in einer derartigen Weise berührt, daß Frankreich sich für berechtigt halten könnte, irgendeine „Entschädigung" zu beanspruchen. Die Lage Frankreichs in Afrika ist heute noch genau dieselbe, wie vor dem Abschlusse des deutsch-englischen Abkommens und die französische Re gierung wird gut thun, dessen stets eingedenk zu sein. Gegenüber der von verschiedenen Blättern ge brachten Meldung, es liege in der Absicht des Kaisers, früher, als ursprünglich festgesetzt, von der norwegischen Küste nach der deutschen Reichshauptstadt zurückzukehren, erklärt der officielle „Reichsanzeiger", daß in keiner Weise eine Veränderung des ursprünglichen Reiseplanes an allerhöchster Stelle in Aussicht genommen sei. — Die russische Presse kann sich der Befürchtung nicht er wehren, der Besuch, welchen Kaiser Wilhelm dem Könige von Schweden in Christiania abgestattet hat, möchte eine Annäherung Schwedens an den Dreibund zur Folge haben. So chreibt z. B. das panslavistische Blatt „Nowosti": „In den Nachkommen Gustav Adolph's und Karl's XII. die alte historische Feind schaft gegen Rußland zu erwecken, dürfte dem deutschen Kaiser gar nicht so schwer gefallen sein. Der letzte schwedisch, russische Krieg fand in den Jahren 1808 -1809 statt. Seitdem ist noch kein Jahrhundert vergangen und die alten Wunden haben sich noch nicht geschlossen. Der Feuilleton. Die wilde Rose. Von Th. Almar. (43 Fortsetzung.) Dieser Beschäftigung hatte der Hauptmann seit einer kurzen Zeit ruhig abgelegen, als er plötzlich seine Lektüre unterbrach und mit seiner Hand so gewaltig auf den Frühstückstisch schlug, daß die Tassen klirrend in die Höhe flogen und die gnädige Frau von ihrem Stuhle emporschnellte. Aber noch ehe die bestürzt Da stehende ein Wort sagen konnte, rief der Hauptmann „hört!" und las nun aus dem „Kreis- und Anzeige blatt" mit Stentorstimme wie folgt: „In der Nacht zum 13. d. M. wurde in der Mühle der Wittwe Babette Felding zu Jtsenbach ein bedeutender Diebstahl mittelst gewaltsamen Einbruchs verübt. Geld, Goldsachen und viele Werthpapiere sind dabei mit größter Frechheit entwendet worden, während im Nebenzimmer die schwer kranke Besitzerin der Mühle schlief. Jndeß waren die Thäter bei Verübung der That durch ein Mädchen des Dorfe«, genannt die blondnärrifche Else, belauscht worden, so daß ihre Verhaftung, noch ehe sie das Dorf verlaßen hatten, bewerkstelligt werden konnte. Unter ihnen befindet sich als Rädelsführer der drei Verbrecher ein ehemaliger Schafhirt aus Jlsenbach, der nach Aus sage der Frau Babette Felding und der Schulmeister, wittwe Schulze die Mühle oft in später Abendstunde, namentlich während der letzten Tage, umkreist hatte. deutsche Kaiser seinerseits kann die Schweden leicht da« durch für sich gewinnen, daß er ihnen für die Zukunft gewisse Gebietserweiterungen verspricht. Denn das System des Länderaustausches scheint ja neuerdings in der internationalen Politik auf's Neue Anwendung zu finden. Einer Beschreibung der vom Kaiser Wilhelm an- gekausten Schloßherrschaft Urville in Lothringen ent. nehmen wir folgende Einzelheiten: Die Besitzung ist in einem weiten Thalkessel gelegen, durch dessen saftige Wiesengründe die Nied gemächlich dahinfließt. Die erfrischende Luft, die tiefe Stille, das freundliche Grün der Wiesen, die sanft aufsteigenden Hügel wirken wahr haft erquickend auf den Wanderer. Ueber die Nied- brücke gelangt man zum Schlosse, welches am Fuße eines Höhenrückens und am Saume eines weithin sich erstreckenden Waldes bezw. Parkes liegt. Eine hoch stämmige Platanen-Allee führt zum Portale des Schlosses. Es ist dies ein zweistöckiger Bau, in den edlen Formen der Renaissance gehalten, mit zwei vorspringenden Thürmen, die durch eine Galerie verbunden sind. Vor der Front des Gebäudes sind sorgfältig gepflegte gärtnerische Anlagen, in denen sich zwei in Stein ge hauene Löwen erheben. Links an das Herrenhaus schließen sich ein Pavillon und eine Orangerie, zur Rechten gelangt man durch eine mächtige Kastanien- ! Allee, die mit der künstlerisch werthvollen Statue einer Vestalin abschließt, in den prächtigen Park. An der Südfront des Gebäudes findet man lauschige Plätze, auf welche ein flötenspielender Faun, aus Bronce ge fertigt, herabsieht. Weit schweift von hier aus der j Blick über die grünen Wiesen zu den das Thal um- ! ! gebenden sanften Höhenwellen hin. Die inneren Räum- lichkeiten des Schlosses bestehen aus mittelgroßen lichten Zimmern. In einer am Freitag in Berlin stattgehabten socialdemokratischen Volksversammlung hielt der Schrift steller Peus einen längeren Vortrag über das Thema: „Das Familienleben im socialistischen Zu kunftsstaate." Wenn wir der Ausführungen des Redners hier Erwähnung thun, so geschieht es einzig j und allein, um zu zeigen, welch' absurde Begriffe oie ! Socialdemokraten von der Familie und insonderheit von > den Pflichten der Frau und Mutter haben. Mit Be zug hierauf ließ sich der Redner folgendermaaßen ver nehmen: Man müsse dahin streben, daß die Frau nicht, wie heut' zu Tage, die Sklavin des Mannes sei, sondern daß sie demselben ebenbürtig zur Seite gestellt werde. Im socialistischen Zukunftsstaate dürfe der Grundsatz: „Die Frau gehört in's Haus" nicht mehr gelten. Die Frau müsse, gleich dem Manne, einen bürgerlichen Beruf ' haben, denn sie sei von der Natur nicht dazu bestimmt, nur häusliche Arbeiten zu verrichten, zu kochen, die Kinder zu erziehen rc. Vielfach habe sich auch in dieser Hinsicht bereits eine Aenderung vollzogen. In früheren Zeiten wurde das Brot fast überall im Hause gebacken, von den Frauen die Hauswäsche angefertigt rc., heute komme dies, insbesondere in großen Städten, kaum noch vor. Auch mit der Kindererziehung gäben sich die wohlhabenden Leute vielfach nicht mehr ab (leider!); man ziehe es vor, die Kinder in Pensionen zu schicken. Die fortschreitende wirthschastliche Entwickelung werde schließlich dahin führen, daß in der Familie auch nicht mehr gekocht werde. Der einzelnen Frau ständen auch gar nicht die Kochkunstmittel in dem Maaße . zu Gebote, wie dem Restaurateur. Wenn man einwende, das Essen, das im Hause zubereitet werde, sei bester, als das in öffentlichen Wirthschasten, so treffe dies allerdings im heutigen Staate, wo der Profit des Einzelnen obenan stehe, zu. Im socialistischen Zukunftsstaate jedoch, in dem von einem Profit keine Rede mehr sein könne, werde man das Restaurationsessen der soge nannten Hausmannskost zweifellos vorziehen. Aehnlich dürften sich alle anderen Dinge gestalten. Die Frau habe nicht die Verpflichtung, nur geistlose häusliche Arbeiten zu verrichten; sie müsse vielmehr bestrebt sein, sich derartig auszubilden, daß sie dem Manne geistig ebenbürtig sei und diesen im socialpolitischen Kampfe unterstützen könne. Wenn die Frau erst gleich dem Manne einen bürgerlichen Beruf haben werde, dann dürfte sie auch die politische Gleichberechtigung erlangen. Auf den Einwand, die Frau könne doch nicht Soldat werden, sei zu erwiedern, daß es im socialistischen Zeitalter überhaupt keine Kriege mehr geben werde. DaS ehe liche Leben könne nur dann ein glückliches sein, wenn Mann und Frau auf einer gleichen geifttgen Höhe ständen. — Dem gegenüber führte eine gewisse Frau Zausch aus: „Ich kann dem Vortragenden keineswegs beistimmen. Wenn wir dem Manne nicht einmal mehr das Essen bereiten sollen, dann gehen wir ja schrecklichen Zuständen entgegen. (Beifall und Widerspruch.) Wenn der Mann den ganzen Tag gearbeitet hat, dann soll er in der Familie doch wenigstens sein Essen vorfinden. (Beifall und Widerspruch.) Sorgen Sie lieber dafür, daß der Mann soviel verdient, daß die Frau nicht genöthigt ist, in die Fabrik zu gehen und dem Manne Konkurrenz zu machen. Ich bin der Meinung und ich hoffe, darin werden mir zum Mindesten alle Frauen beistimmen: wir gehören in's Haus und haben zunächst den Beruf, gute Gattinnen und Mütter zu sein." — Mit dieser vernünftigen Behauptung fand jedoch die Rednerin bei der Mehrheit der Anwesenden keinen Anklang; es gelangte vielmehr eine Resolution zur An. nähme, in welcher man sich mit den Ausführungen des Alle entwendeten Sachen sind wieder gefunden. Unter Anderem ist bei den gestohlenen Gegenständen ein Dokument, eine Art Testament vorgefunden, welches mit der Namensunterschrift des verstorbenen Müllers Felding versehen ist. Wer auf Grund desselben Ansprüche erheben zu können glaubt, oder noch Rechte auf das Erbe Felding's geltend machen will, desgleichen alle diejenigen, die im Stande sind, nähere Auskunft über Entstehung und Abfassung der Testamentsurkunde ertheilen zu können, werden hiermit aufgefordert, Aussagen, An meldungen oder Bekundung ihrer Rechte und Ansprüche bei der Kriminalkommission des Bezirksgerichts zu M. zu Protokoll zu geben. Das Herzogliche Bezirksgericht." „Nun, Frau, was sagst Du dazu?" rief der Haupt mann. „WaS? Haben wir ihn jetzt oder nicht?" „Rudolf, mach' Dich auf, eile sofort zum Gerichte", rief die gnädige Frau. Einige Stunden später wurde ZachinSky, der ahnungslos von einer Reise zurückgekehrt war, sistirt und gleich darauf vernommen. Ersteres hatte der Hauptmann mit besonderer Energie durchgesetzt, indem er entschieden als persönlicher Anlläger gegen Zachinsky und Frau Babette austrat, Beide rundweg als die jenigen bezeichnete, die das Testament entwendet und unterschlagen hätten. Zachinsky's erste Bestürzung, als 'das Verhör mit ihm begann, war auch so groß und seine Aussagen so verworren und schuldbewußt, daß der Untersuchungs. richter sofort die Untersuchungshaft verfügte. DeS Angeklagten Kniee schlotterten, sein Gesicht war todtenbleich, als er die Worte stammelte: „Wer be schuldigt mich? Sie lügt, sie hat's selbst gethan." Er ward abgeführt und seine Papiere wnrden mit Beschlag belegt, unter welchen sich noch manches Gra- virende vorfand. Auch stellte es sich heraus, daß er mit dem Vermögen Regina'?, welches er als Vormund verwaltete, heimlichen Wucher getrieben hatte. . Mancher arme Mann aus M. meldete sich in der Folge mit der Anzeige, daß er bei dem harten Manne seine letzten Werthsachen gegen ein geringes Darlehen verpfändet uud daß dieser, als er die hohen Zinsen nicht gleich habe zahlen können, die Pfandobjekte für verfallen erklärt und behalten habe. Genug, dem Gerichte lagen mit der Zeit so viele Anklageobjekte vor, daß an eine Entlassung aus der Haft gar nicht zu denken war, auch wenn Regina und Hans nicht aus Indien zurückaekehrt wären. Inzwischen mußte man sich in Betreff der ange- klagten Babette Felding darauf beschränken, sie in der Mühle sorgfältig bewachen zu lassen und konnte mit derselben weder ein längere- Verhör anstellen, noch sie nach dem Gefängniß abführen. Nach Aussage der Aerzte lag die Frau sehr schwer krank danieder, daß man mit einem langen Verhör sowohl wie mit deren Transport zum Gefängnisse chren Tod herbeiführen könnte. Man vermochte daher mit ihr vorläufig weiter nichts vorzunehmen, als bei einer forgfältigen Bewachung sie in die Behandlung eines tüchtigen Arztes zu geben. Zur Pflegerin hatte sich die Schulmeisterwittwe Frau Schulze erboten, die hierbei weniger vom Mit gefühle geleitet wurde, als um ihrer Schadenfreude an