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S»se»«te Vitz« di« Moittag, WM—ch ». Wttag a»ge»o»»e» koste»: »ttlsML-ttelüPf«. ü»1rr rMgcstmdl : «Psg. z»fer«te«- U»»«tz«*stele»: ächsische VochnkmA. ML? Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. — Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Wässer in Dresden. Exped u li tdokU o» Dresden »Renftave kl. Meißner Gaste 4. Die Zeitung «scheint Dienstag, Dannerstag und «annadend früh AdONnementg. Preis: dterieljLhrl. M lM. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- anstalleu und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung InS HauS erhebt dm Post noch eine Ge bühr van 2K Pfg. Wr. 54. Donnerstag, dm 8. Mai 1890. 52. Jahrgang. Politische Weltscha«. Deutsches -Teich. Dienstag Mittag, kurz nach 12 Uhr, fand im weißen Saale deS königl. Schlosse- zu Berlin die feierliche Eröffnung der ersten Session der achten Legislaturperiode deS Reichstages durch Se. Majestät den Kaiser statt. Die bei dieser Gelegenheit seitens deS Monarchen verlesene Thronrede hat nach, stehenden Wortlaut: „Geehrte Herren! Nachdem Sie durch die Neuwahlen zu gemein samer Arbeit mit dm verbündeten Regierungen be- § rufen worden sind, heiße ich Sie bei dem Eintritte deS Reichstages in die achte Legislaturperiode will kommen. Ich hoffe zuversichtlich, daß eS Ihnen ge, ringen wird, die bedeutsamen Kragen der Gesetzgebung, die an Eie herantrelen werden, einer befriedigenden Lösung entgegenzuführen. Ein Theil dieser Fragen ist so dringlicher Natur, daß es nicht thunlich erschien, die Einberufung des Reichstages länger hinauSzuschleben. Ich rechne dahin vornehmlich den weiteren Ausbau der Arbeiterschutz-Gesetzgebung. Die im Laufe des verflossenen Jahres in einigen LandeStheilen vorge, ! kommenen Ausstandsbewegungen haben mir Anlaß ge- ! geben, eine Prüfung der Frage herbeizuführen, ob unsere Gesetzgebung den innerhalb der staatlichen Ord, nung berechtigten und erfüllbaren Wünschen der arbeitenden Bevölkerung in ausreichendem Maaße Rechnung trägt. Es handelte sich dabei in erster Linie um die den Arbeitern zu gewährleistende Sonntags- ruhe, sowie um die durch Rücksichten der Menschlichkeit und im Hinblicke auf die natürlichen Entwickelungsgesetze gebotene Beschränkung der Frauen- und Kinderarbeit. Die verbündeten Regierungen haben sich überzeugt, daß die von dem letzten Reichstage in dieser Beziehung gemachten Vorschläge ihrem wesentlichen Inhalte nach ohne Nachtheil für andere Interessen ru gesetzlicher Geltung gebracht werden können. Im Zusammenhänge damit hat sich aber noch eine Reihe weiterer Bestimmungen als der Verbesserung bedürftig und fähig erwiesen. Hierhin gehören insbesondere die gesetzlichen Anordnungen zum ! Schutze Ler Arbeiter gegen Gefahren für Leben, Gesund, heit und Sittlichkeit, sowie über den Erlaß von Arbeits ordnungen. Auch die Vorschriften über die Arbeits bücher bedürfen einer Ergänzung zu dem Zwecke, daS ällerliche Ansehen gegenüber der zunehmenden Zucht, losigkeit jugendlicher Arbeiter zu stärken. Die hiernach erforderliche Umgestaltung und weitere Ausbildung der Gewerbeordnung findet ihren Ausdruck in einer Vorlage, welche Ihnen unverzüglich zugehen wird. Eine weitere Vorlage erstrebt die bessere Regelung der gewerblichen Schiedsgerichte und zugleich eine Organi sation derselben, die eS ermöglicht, diese Gerichte bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern über die Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme deS ArbeitSverhältmIeS als EimgungSämter anzurufen. Ich vertraue auf Ihre bereitwillige Mitwirkung, um über diese Ihnen vorgeschlagene Reform eine Ueberein stimmung der gesetzgebenden Körperschaften und damit einen bedeutsamen Fortschritt in der friedlichen Ent wickelung unserer Arbriterverhältniffe herbeizuführen. Je mehr die arbeitende Bevölkerung den gewissenhaften Ernst erkennt, mit welchem daS Reich ihre Lage be- friedigend zu gestalten bestrebt ist, desto mehr wird sie sich der Gefahren bewußt werden, die ihr aus der Geltendmachung maaßloser und unerfüllbarer Anforde, rungen erwachsen müssen. In der gerechten Fürsorge für die Arbeiter liegt die wirksamste Stärkung der Kräfte, welche, wie ich und meine hohen Verbündeten, berufen und willens sind, jedem Versuche, an der Rechts ordnung gewaltsam zu rütteln, mit unbeugsamer Ent schlossenheit entgegenzutreten. Immerhin kann es sich bei dieser Reform nur um solche Maaßnahmen handeln, welche ohne Gefährdung der vaterländischen Gewerbe- thätigkeit und damit der wichtigsten Lebensintereffen der Arbeiter selbst ausführbar sind. Unsere Industrie bildet nur ein Glied in der wirthschaftlichen Arbeit derjenigen Völker, welche an dem Wettbewerbe auf dem Weltmärkte theilnehmen. Mit Rücksicht hierauf habe ich es mir angelegen sein lassen, unter den in gleichartiger Wirth, schaftslage befindlichen Staaten Europas einen Austausch der Meinungen darüber herbeizuführen, bi- zu welchem Maaße sich eine gemeinfame Anerkennung der gesetz geberischen Aufgaben bezüglich deS Arbeiterschutzes fest- stellen und durchführen läßt. ES verpflichtet mich zu dankbarer Anerkennung, daß diese Anregung bei allen betheiligten Staaten und besonders auch dort eine gute Stätte gefunden hat, wo der gleiche Gedanke bereit- angeregt und seiner Ausführung nahe gebracht war. Der Verlauf der hier versammelt gewesenen internatio nalen Konferenz erfüllt mich mit besonderer Befriedigung; ihre Beschlüsse bilden den Ausdruck gemeinsamer An schauungen über das wichtigste Gebiet der Kulturarbeit unserer Zeit. Die darin niedergelegten Grundsätze werden, wie ich nicht bezweifle, fortwirken als eine Aussaat, die mit Gottes Hilfe zum Segen der Arbeiter aller Länder aufgehen und auch für die Beziehungen der Völker untereinander nicht ohne einigende Frucht bleiben wird.— Die dauernde Erhaltung des Friedens bildet unausge setzt das Ziel meines Strebens. Ich darf der Ueber. zeugung Ausdruck geben, daß es mir gelungen ist, bei allen auswärtigen Regierungen das Vertrauen zu der Zuverlässigkeit dieser meiner Politik zu befestigen. Mit mir und meinen hohen Verbündeten erkennt eS da- deutsche Volk als die Aufgabe des Reiche- an, durch Pflege der zu unserer Bertheidigung geschlossenen Bünd nisse und der mit allen auswärtigen Mächten bestehenden freundschaftlichen Beziehungen den Frieden ru schützen, um Wohlfahrt und Gesittung zu fördern. Zur Durch führung dieser Aufgabe aber bedarf Deutschland einer seiner Stellung im Herzen Europas entsprechenden Heere-- macht. Jede Verschiebung der Machtverhältnisse ge fährdet da- politische Gleichgewicht und damit die Ge. währ für den Erfolg der auf die Erhaltung des FriedenS gerichteten Politik. Seitdem die Grundlagen unserer HeereSoerfasfung für einen bestimmten Zeitraum festgestellt sind, haben sich die HeereSeinrichtunge» unserer Nachbarstaaten in unvorhergesehenem Maaße > erweitert und vervollkommnet. Zwar ist auch bei uns ! nichts unterlassen worden, um unsere Wehrkraft, soweit die- innerhalb der gesetzlich gezogenen Schranken mög lich war, zu stärken. Gleichwohl erscheint das, was in dieser Beziehung geschehen konnte, nicht hinreichend, um eine Verschiebung der gesammten Lage zu unseren Ungunsten auszuschlretzen. Eine Erhöhung der FnedenS- präsenzstärke und eine Vermehrung der Truppenkörper — insbesondere bei der Feldartillerie — darf nicht länger hinausgeschoben werden. Es wird Ihnen daher eine GesHesoorlage zugehen, nach welcher die noth wendige Verstärkung des Heeres mit dem 1. Oktober d. I. in Kraft treten soll. — Die in Ostafrika ein geleitete Aktion zur Unterdrückung deS Sklavenhandel- und zum Schutze der deutschen Interessen hat, dank der aufopfernden Thätigkeit der dorthin entsandten Officiere und Beamten, während der letzten Monate Fortschritte gemacht. Der vollständigen Wiederherstellung der Ruhe in jenen Gebieten darf in nächster Zeit ent gegengesehen werden. Die dadurch entstehenden Kosten werden durch eine Nachtragsbewilligung zu decken sein. — Der ReichShauShalt für daS laufende Rechnungs jahr bedarf fchon wegen der erwähnten Vorlagen einer entsprechenden Ergänzung. Außerdem aber kann die bereits längst in Aussicht genommene und immer drin gender gewordene Besoldungsverbesserung für einen Theil der Reichsbeamten nicht länger verzögert werden. Der Ihnen vorzulegende Nachtrag zum Reichshaus- haltSplane wird Ihnen Gelegenheit geben, Ihr Interesse an der gerechten und wohlwollenden Befriedigung diese- Bedürfnisses zu bethätigen. — Wenn die Ihnen hier nach obliegenden Arbeiten zu einem gedeihlichen Ab schluffe gelangen, so werden damit neue, feste Bürg- sä aften für die innere Wohlfahrt und die äußere Sicher, heit des Vaterlandes gewonnen werden. Möge es un- beschicken sein, dieses Ziel in gemeinsamer Arbeit zu erreichen!" Feuilleton. Die wilde Rose. Von Th. Almar. (12. Koryetzung.) Diese Worte waren Balsam für das wunde Herz des Mädchens; sie brach das Schweigen über den so lange verhaltenen Kummer und sich neben ihm setzend, begann sie zu erzählen, wie es ihr gegangen, seit die Stiefmutter und Leonhard nach Jlsenvach gekommen. Der Herr Hauptmann, der, um den Aerger über seinen Erstgeborenen zu vergessen, der Flasche schon etwas reichlich zuaesprochen hatte, hörte ihr anfangs aufmerksam zu ; aver allmählig fielen ihm die Augen zu und schließlich brachte er nur noch mit Anspannung aller Kräfte die Worte hervor: „Dieser Zachinsky ist ein großer Bösewicht!" Siebentes Kapitel. Der Verleumder schont selbst den Todten nicht. In der Mühle am Wolfsgrunde war, seit HanS diese verlassen, eine große Veränderung eingetreten. Hans war in ganz Jlsenbach beliebt gewesen; es wollte daher nach seiner Entfernung mit Fragen nach ihm in der Mühle kein Ende nehmen. Um die Lücke seiner Thätigkeit auszufüllen, hatte sich Felding einen Gesellen angenommen, der nach seiner eigenen Behauptung alle- in sein Fach Schlagende aus dem Grunde verstand; aber wie weit dessen Kenntnisse gingen, das bewies schon die erste Woche. Es verging kein Tag, an welchem der Meister nicht Bescheid ertheilen sollte und dann stand er manch mal rathlos da, weil er selber weder Rath noch Aus kunft geben konnte. Das war unter Hans nie vorgekommen; der wußte schon immer, wo's fehlte. Zwar suchte Babette durch rührige Thätigkeit ihm seine Stellung zu erleichtern; aber es ging doch nicht so wie früher Dazu kam, daß die theilnahmvollen Fragen der Bauern nach Hans ihn in Verlegenheit setzten. Er war nie gewöhnt gewesen, über sich und Andere nachzudenken, aeschweige sich über seine eigenen Gefühle Rechenschaft abzulegen; aber so viel wurde ihm doch klar, der Verlust seines Hans nagte ihm am Herzen. Es half nichts, daß Frau Babette es ihm klar zu machen suchte, was daraus entstanden wäre, wenn die Verleumdungen deS Müllerburschen sich im Dorfe ver breitet hätten und sie vor Scham nicht die Augen hätte aufschlagen dürfen, während sie frei von jeder Schuld sei! ES läge doch auf der Hand, daß sie, wenn ihre Empfindungen für Leonhard mehr als schwesterliche gewesen seien, diesen und nicht ihren Nikolaus zum Gatten gewählt haben würde. Der Müller gab der Eifrigen bei solchen Aus einandersetzungen stets Recht, mußte ihr Recht geben. Seine Natur kannte kein Mißtrauen und auf bloße Reden ohne Beweise gab er vollends nichts. ES schien ihm unbegreiflich, wie HanS ihm mit solchen aus der Luft genommenen Verleumdungen hatte kommen können. Deshalb war Hans unbedingt strafbar^ die Genugthuung, ihn aehen zu lassen, war er sowohl seiner Frau als auch Leonhard schuldig; aber dessen ungeachtet konnte er's innerlich nicht verleugnen, daß ihm das Leben auf der Mühle wie erstorben schien. Auf alle ihm liebgewordenen Zerstreuungen mußte er verzichten, da er in der Mühle nothwendig zu thun batte, außerdem war seine Gesundheit noch nicht wieder hergestellt; Frau Babette ließ es daher an Pflege und Aufmerksamkeit nicht fehlen und hielt streng darauf, daß er nicht in die kühle Abendluft komme. Doch einmal ließ er sich weder von Babette noch vom Arzte abhalten, seinen Willen durchzusetzen; eS galt eine Reise nach M., am Konfirmationstage Regina'-. Dieser Tag war für ihn ein feierlich-wehmüthiger. Schon weich gestimmt, als er auf dem Wege zur Tochter war, kam ihm diese, die er vier Monate hin durch nicht gesehen, so verändert vor, daß er das Auge von ihr kaum abwenden konnte. Und diese Veränderung lag nicht allein darin, daß sie ihm in ihrem langen dünnen Festkleide als kein Kind erschien, sondern weil der Ausdruck ihrer ernsten Züge ihn in einem solchen Grade an seine verstorbene Frau erinnerte, daß er anfangs wähnte, nicht seiner Tochter, sondern seiner ihm so früh verstorbenen, still leidenden Frau in die Augen zu schauen. Diese Erinnerungen machten ihn immer schweig samer und selbst die lebhafteste Unterhaltung deS Herrn Hauptmanns vermochte ihn nicht aufzuheitern. Als eS zum Abschiede ging, hatte er eS endlich über sich gebracht, die Tochter zu fragen, ob sie HanS gesehen. Regina's Gesicht verfinsterte sich bei dieser Frage