Volltext Seite (XML)
ächsische VorhnlimS. 52. Jahrgang Dienstag, den 4. März 1890 Feuilleton Inserate werden bis Montag, MNtwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dielspalt.Zeile 15Psg Unter Eingesandt: 30Pfg. Abonnements - Einladung. Veftellungen auf die „Sächsische Dorfzett u»g" sSr de« Monat März nehmen alle kaiserlichen Postanftaitev und Postexpedittone«, sowie auch alle Landbriesträger gegen Vorausbezahlung von 5V Psg. entgegen. Bereits erschienene Nummern werden, soweit möglich, uachgeliesert. Di« Verlags-Expedition. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die tgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Wüller in Dresden. .— Politische Weltschau. Deutsches Reich. Zur Klärung der inneren Lage, welche augenblicklich infolge des bedauerlichen Ausfalles der Reichstagswahlen leider so verworren wie möglich ist, dürfte die nachstehende officiöse Auslassung sehr wesentlich beitragen. Tie freisinnige Presse — so heißt es in dem betreffenden Arnkel — tritt seit einigen Tagen mit einer Anmaaßung auf, als ob sie bei den jüngsten ReichstagLwahlen einen entscheidenden Sieg erfochten hätte und nun berechtigt wäre, der Regierung und den Kartellparteien ein „Wehe den Besiegten!- zuzu» rufen. Diese Partei scheint sich thatsächlich einzubilden, die Regierung werde künftighin gezwungen sein, mit ihr Hand in Hand zu gehen. Ja, die Auslassungen ge wisser freisinniger Blätter deuten sogar darauf hin, daß man in den betreffenden Redaktionen bereits von Minister »Portefeuilles träumt. In Wirklichkeit ist die Sachlage aber eine ganz andere. Ter Freisinn hat, genau genommen, bei den letzten Wahlen nicht eine einzige Stimme gegen früher gewonnen; denn das Plus von jenen 200,000 Stimmen, die allerdings für die Kandidaten dieser Partei mehr abgegeben worden sind, bedeutet nur ein Tarlehn, welches die Herren Richter und Genossen bei dem Centrum ausgenommen haben. Wir wollen uns nicht weiter darüber aus- lassen, ob dieses Darlehnsgeschäst ein reelles genannt werden kann; jedenfalls läuft die Art und Werse, wie der Freisinn dasselbe in seine Bücher einträgt, auf eine Fälschung hinaus. Also worin besteht nun jener laut verkündete Sieg des Freisinnes? Woher will diese Partei die Berechtigung für die Ansprüche herleiten, die sie mit so kecker Sicherheit vertritt? Nicht die Deutschfreisinnigen, sondern einzig und allein die Eocialdemokraten haben einen Zuwachs erfahren. Wenn die Regierung aber dieser Thatsache überhaupt irgend» welchen bestimmenden Einfluß auf die Politik einzu» räumen gedächte, so könnte das doch nur in dem Wally zwinkerte so freundlich mit den Augen und streichelte die Wangen des Geliebten so sanft, daß eS ihm unmöglich war, die kleine Bitte abzuschlagen; auch hatte sie recht; er konnte sich ja auf dem Rückwege be eilen. Der Pfad begann jetzt etwa- breiter zu werden, darum schob Wally ihren Arm unter jenen Pauls, mit dem sie scherzte und lachte. Sie wollte durch ihre laute Fröhlichkeit die grübelnde Tante auf andere Gedanke« bringen, doch gelang cs ihr nicht. Der Athem AmreiS ward immer kürzer und ihre Erregtheit nahm stetig zu. Nach fünf Minuten öffnete sich die Schlucht za einem breiten Thale, dessen Mitte die Gebäude der Grundmühle zeigte. Auf dem bewaldeten Höhenzuge zur Rechten erhoben sich die Zinnen und Thürme einc- stattlichen Schlosses, bei dessen Anblick sich Amrei be- kreuzte. »Gott bewahr' uns vor der weißen Frau, die dort Umgang hält, begann sie zu lispeln. mr ja MeS nicht wahr, Amrei", beschwichtigte gleichzeitig fester an Paul schmiegend, „die da oben ist schon längst Staub und Asche geworden." ^es Amrei zornig, mäßigte aber Ton ihrer Stimme und fuhr fort: „Sie ist da, ein Unglück giebt. Ich selbst habe sie k'n Bogengänge huschen sehen, — der Vollmond U hernieder — und TagS darauf geschah ? Die weiße Frau »st nicht todt, son- Menschen zu warnen. Der Herr behüte uns vor ihrem Anblicke." Noch eine Weile blieb die Sprecherin mit gesenktem Exped. u. Redaktion Dresden w Meißner Gaffe 4. Di« Zeitung erscheint Dtenftas, D»»ersta« und Ssnnadeu» früh. AS«u»kment»- PreiS: »terteljShrl. M 1,50. Au beziehen durch die kaiserlichen Post- anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung inS HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Psg. Rom- d-, b-tt-ff-nd-n Lond-Y von.... uolgl I Aussicht genommenen Konferenz g-o-lgt 'st, 0" Lselve soll in Berlin am 15. März * o^uuthmen. l , — DaS in der obigen Note er, 1890 zusamm ziemlich gleichlautend mit dem- wahnte sxjienS der schweizerischen Regierung sür'^die' i^ BttN geplante Konferenz ausgestellt wurde L daS wir lN Nr. 24 unserer Leitung wortgetreu mitg-theilt haben. , Berathungen der Au», schüfst des SwatSratheS ihren Abschluß gefunden, die in Betracht kommenden Arbelterschutz- °ochd-m dl- m wo-d-o sind. U°d-r" do- Ädmb B«h°"d'un,-" v--Io°t-t Restimmtes da Geheimhaltung des Re ultate» W-N-n W 1° »«> «'ihr« mon, doß von d-? Äm-dnn<i '-in-- Normol > A-b-iiriog-s »dftond omm-^ ist. D-r. K-Nsi- Wob di- Sidun, mit -in-r Anlproch-, m w-lq-r ,r znnochst d-r Tbätiakeit der Mitglieder der Ausschüsse die wärmste ULung zollte' Dann fuhr der Monarch wörtlich fort- Treten Sie, meine Herren, der vielfach m der Oeff'entlichkeit verbreiteten Meinung entgegen, als wären wir hier zusammengekommen, um etwa ein Geheimwittel zur Heilung aller socialen Schäden und LAen zu entdecken Wir haben uns nur redlich bemüht, die Mittel zu finden, um Manches zu verbessern und die Grenzen der Möglichkeit zu bestimmen, bis zu welchen die Maaßregeln für den Schutz der Arbeiter gehen können und dürfen. Ich hoffe, daß Gutes auS Ihren Rathschlägen entsprießen wird." Zum Schluffe lud der Kaiser sämmtliche Theilnehmer an den Berathungen für den kommenden Tag zum Mittagesfen im kömgl. Schlosse ein. Uebrigens hat der hohe Ernst, mit wel- chem der Kaiser dem Gange der Verhandlungen folgte und die sachgemäße Art und Weise, in welcher er als Vorsitzender öfters in die Debatte eingriff, sowie end lich die Leutseligkeit, mit welcher der Monarch während der Frühstückspausen sich den Sachverständigen auS den Handwerker- und Arbeiter kreisen näherte und deren lebhafte Ausführungen anhörte, die freudige Bewun derung aller Anwesenden erregt. In einem von uns bereit- kurz erwähnten Erlasst des Kaisers Wilhelm an den preußischen Minister deS Innern heißt es u. A.: „Aus Ihrem Berichte vom 18. Februar d. I. habe rch mit Mißfallen ersehen, daß in wiederholten Fällen- namentlich in den Regie rungsbezirken Stettin und Köslin, Landbewohner durch falsche Vorspiegelungen zur Auswanderung nach Bra silien verlockt worden sind und nach Bremen sich be, geben haben, in der trügerischen Hoffnung, von dort aus nach Brasilien weiterbefördert zu werden. Ich Sinne geschehen, daß sie sich in noch bestimmterer Weise, denn früher, den rechtsstehenden Parteieu zu- wendet, um gemeinsam mit diesen gegen die Opposition Front zu machen. Indessen man muß wirklich von den Traumbildern deS Parlamentarismus sehr stark benebelt sein, wenn man sich einbildet, ursere Regie» rung werde den Ausfall der Wahlen als eine Nöthigung empfinden, ihrer Politik eine neue Richtung zu geben. Wir sind überzeugt, daß diese Anschauung an maaß- gebender Stelle nur ein Lächeln des Mitleides er regen wird. Die am Freitag und Sonnabend stattgefundenen Stichwahlen sind, soweit sich bislang übersehen läßt, im Großen und Ganzen leider, gleich den Haupt- Wahlen, zu Ungunsten der Kartellparteien ausgefallen. Speciell m der deutschen Reichihauptstadt hat, wie wir bereits voraussagten, in den sämmtlichen vier Wahlkreisen, wo sich Stichwahlen notwendig machten, die Opposition den Sieg davongetragrn, so daß Berlin in dem neuen Reichstage durch 4 deutschsreisinnige und 2 socialdemokratische Abgeordnete vertreten sein wird. Im Ganzen liegt zur Zeit das Resultat von 91 Stich wahlen vor; danach wurden gewählt: 7 Konservative, 2 Freikonservative, 19 Nattonalliberale, 8 Ultramon tane, 30 Deutschfreisinnige, 17 Eocialdemokraten, 6 De. mokraten und 2 Welfen. Somit stellt sich nach den bis« lang vorliegenden Nachrichten die Gesammtstärke der ver schiedenen Parteien im neuen Reichstage folgendermaaßen: 58 Konservative, 17 Freikonservative, 36 Nationallibe rale, 97 Ultramontane, 51 Deutschfreisinnige, 37 So cialdemokraten, 8 Demokraten, 3 Welfen, 14 Polen, 11 partikularistische Elsaß»Lothringer, 5 Wilde. Nunmehr ist seitens des Reichskanzleramtes in Berlin den von uns bereits früher bezeichneten Regierungen die formelle Einladung zur Beschickung der für den 15. d. M. anberaumten Arbeiterschutz Konferenz zu gestellt worden. DaS betreffende Schriftstück hat fol genden Wortlaut: „Der Unterzeichnete beehrt sich der Regierung von .... (folgt der Name des Landes) zur Kenntniß zu bringen, daß Se. Majestät der deutsche Kaiser vorschlägt, es solle eine Versammlung stattfinden von Vertretern derjenigen Regierungen, welche sich da für interessiren, das Loos der Fabrik- und Mmen- arbeiter zu verbessern. Da die dabei in Betracht kom menden Fragen ohne politische Tragweite sind, so er scheinen dieselben geeignet, in erster Linie der Prüfung von Fachmännern unterworfen zu werden. Um dre Eröffnung und den weiteren Verlauf der Berathungen zu erleichtern, hat die kaiserliche Regierung ein Pro gramm entwerfen lasten, dessen Text dieser Note bei gefügt ist. Ter Unterzeichnete beehrt sich, Se. Excellenz zu bitten, ihn wissen lassen zu wollen, ob die Regierung an kurzem Athem litt und während sie sich erholte, blickten die beiden jungen Leute in das wildromantische Landschaftsbild. Zu schwindelnder Höhe stiegen die Felswände empor, in ihren oberen Partien soweit über hängend, daß von dem blauen Himmel nur ein schmaler Streifen zu sehen war. Oft schien es, als ob zerfallenes Gemäuer die Spitzen der Berge krönte, in Wirklichkeit aber war es die seltsame Formation des Gesteins. Die Schlucht zeigte zahlreiche Windungen und demgemäß auch abwechselnde Landschaftsbilder. Ueberall brauste der Gebirgsfluß, über hochragende Felsblöcke stürzend, auf denen Moos und Farrn üppig wucherten. Bei einer neuen Biegung zügelte Paul den Schritt. „Meine Aeltern werden mich vermissen", sagte er besorgt. „Bist Du ein kleines Kind?" neckte Wally. „Wir haben heute daheim viel zu thun und da rechneten die Aeltern doppelt auf meine Mithilfe." „Schäme Dich, Paul, Du bist ungalant." „Der Wrg ist weit." „Weil wir langsam gehen. Kehrst Du allein zurück, so kannst Du nach Herzenslust springen." Wally ließ dem Geliebten keine Zeit zum Ueberlegen, sondern fuhr schmeichelnd fort: „Sieh, ich fürchte mich jetzt, mit der Amrei allein zu gehen, Du weißt ja, sobald wir am Schlosse Kemmeritz vorübergehen, redet sie irre. Sie ist jetzt schon ganz still geworden, da- ist ein schlimmes Zeichen. Darum begleite mich bis nach Hause. Ich bitte Dich." „Fürchtest Du Dich dort nicht auch vor der Amrei?" „Bewahre, daheim sind ja die Mägde und Knechte. Außeidem hält der Anfall meiner Tante nur so lange an, bis wir an dem Schloßberge vorüber sind." Jnscrateu- Runahmesteleu: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasenstcin LVogler, Rudolf Mosse, G. L. Daube « Co. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Benin, Franksuri a,M. u. s. w. Aus heiterem Himmel. Erzählung von Gustav Höcker. l2. Korisetzung.) „Das kann man von Dir freilich nicht behaupten", erwiederte die Tante aufgebracht, „denn Du bist Deines Vaters Kind." „Wärest Du noch jung", fuhr Wally muthwillig fort „und hättest Du einen Liebhaber, ich glaube, er müßte Verse auf Dich machen." „Hoho, spotte nur", tönte es aus Amrei's Munde zurück, „es ist keine Lüge, wenn ich Dir sage, daß mich rn meiner Jugend so Mancher besungen hat. Ich be- sitze noch ein paar vergilbte Blätter aus jenen Tagen und wenn Du in meinem Gebetbuche fleißiger lesen würdest, so wären Dir die artigen Verse schon längst in die Hand gefallen." Wally antwortete nichts. Der Weg fiel zu steil ab, um ihm nicht volle Aufmerksamkeit zuzuwenden, außerdem befürchtete Wally bei ihrer Verwandten einen neuen Anfall geistiger Gestörtheit, der regelmäßig zu kommen pflegte, sobald sich Amrei in frühere Zeiten versetzte. Endlich war die Sohle der Schlucht erreicht. Die tosende Wasserfluth nahm fast die grsammte Breite des dunkeln Grunde- ein, so daß für den sich an der rechten Seite hinschlängelnden Fußweg kaum genug Platz übrig blieb; dre drei Wanderer mußten daher hintereinander chen. Zuweilen zügelten sie ihre Schritte, weil Amrei