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52. Jahrgang Dienstag, den 7. Januar 189« Feuilleton. Lemke erhob hastig da- Auge — ebenso rasch sprang er von seinem Stuhle auf. Der werden bi» Monta-, Mittwoch u. Freita- Mittag angenommen und kosten: die1fpalt.Seile15Pf-. Unter Eingesandt: MPfg- Der Fremde stand unbeweglich. Lemke hatte die Hand gegen ihn auSgestreckt — als wolle er eine spukhafte Erscheinung von sich ab, wehren — während sein Auge unverwandt an dem markirten Gesichte des Fremden hing. „ES ist nicht wahr", — keuchte er dann im Tone eines Irren, „das Grab giebt die Todten nicht heraus — und ich — ich glaube nicht an Gespenster." An das inserirende Pubiikum! Bei Ausgabe vou kleiuereu Inseraten ersuchen wir die geehrten Besteller von hier und auswärts, den Betrag dafür (pro 1-spaltige Zeile ----12 Silben 15 Pf.) gefälligst gleich zu entrichten oder in Briefmarken einsenden zu wollen. — Die Inserate müsse« am Tage vor Erscheinen des Blattes bis 12 Uhr mittags in unserer Expedition sein. Die Verlags»Expedition. -xp^. u. Redaktion Dresden-Renftavt N. Meißner Kasse 4. Dir Zeitung erscheint Dtenfta-, Donnerfta, und Seunadend früh. «»aunement»- Preis. vierteljährl. M. 1§0. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- anstaltcn und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung ins HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. der Kaiserin - Wittwe in Berlin Allen D- ki di-I-n di- Srl-°"'ung i-doch schnell A^raina so glaubte auch die «atserm genesen L "di- L m^ K m>h--ig« Wch- .a -m- ' Bei diesem Anlasse mag sich nun die hohe »rau ru sehr angestrengt oder von Neuem erkältet Aken denn bereits an demselben Abende traten Fieber bei der Influenza, machte sich eine gewisse körperliche Schwäch- b-^ »"d d.«h°ib h°, d,- -.In-chk Pnttenün ans d-n R-ah >hr'r Le>barj>-r Bch ^-th Dr Velten, seit Sonnabend daS Bett nicht verlassen. " ' D-r «nii-r h°t °» d-n H-rz°g °!>n S-chi-o. illl-nburg «in Schreib-- g-richi-l. w°nn ,iu „Wie ich in Erfahrung gebracht habe, sind die Vor bereitungen, welche in der Stadt Kahla zu meinem Empfange getroffen waren, besonders großartig ge wesen und haben die Behörden mit der Bürgerschaft in dem Bestreben gewetteifert, durch prächtige Aus schmückung der Häuser, Straßen und Plätze mir den Aufenthalt in genannter Ortschaft so angenehm wie möglich zu gestalten. Wenngleich ich von vornherein von der loyalen Gesinnung und treuen Ergebenheit der Bevölkerung in Ew. Hoheit Lande fest überzeugt war so hat mich doch die Kunde von der Art und Welse wie diese Gesinnung in Kahla zum Ausdrucke gekommen, tief gerührt und herzlich erfreut. Um so lebhafter bedauere ich es, durch mein Unwohlsein be hindert gewesen zu sein, die festlichen Veranstaltungen persönlich in Augenschein zu nehmen. Ich kann eS nur aber nicht versagen, Ew. Hoheit sür die zu meinem Empfange getroffenen Vorbereitungen meinen wärmsten Dank auszusprechen und Sie zu bitten, auch der Stadt Kahla meinen besten Dank sür die mir zugedachte Freude zu erkennen geben zu wollen." , Der Reichstag wird alsbald nach Wiederaufnahme seiner Berathungen sehr bedeutsame Entscheidungen zu fällen haben. Neben dem Marine- und Militäretat, dessen zweite Lesung bevorsteht, kommen auch sonst wichtige Theile des Reichshaushaltes zur Verhandlung. Ange sichts dieser bevorstehenden weitgehenden Beschlüsse darf man wohl das Vertrauen hegen, daß die Sitzungen des Reichstages nach Weihnachten bester besucht sein werden, wie vor dem Feste, wo das Parlament an dauernd mit Beschlußunfähigkeit zu kämpfen hatte. Die von der deutschfreisinnigen Partei beliebte Opposition gegen das herrschende Regierungssystem nimmt neuerdings einen immer gehässigeren Charakter an, indem sich dieselbe mehr und mehr gegen die Person des jungen Kaisers zuspitzt. Sobald derselbe einen Wunfch äußert, so hat die deutschfreisinnige Presse nichts Jnferaten- Aunatzmesteleu: Die «rnoldifche Buchhandlung, JnvaUdendam, Haasenstein LBogler, Rudolf Mosse, G. L. Daube « C». in Dresden, Leipzig, Hamburg, Bertin, Frankfurt a/M. u. f. w. Die unbefriedigende Lage so vieler Krankenkassen liefert den besten Beweis dafür, daß dieselben heute weit mebr in Anspruch genommen werden al- ehemals und so sehr man auch die Wohlthaten der Versicherungsgesetz, gebung dem braven, fleißigen Arbeiter voll und ganz gönnen mag, so kann man sich doch der Ueberzeugung nicht verschließen, daß diese Wohlthaten vielfach gemiß- draucht und in ungehöriger Weise auSgebeutet werden. 1 M. 50 Pf. bis 2 M. Krankengeld pro Tag ist ein Betrag, der manchem arbeitsscheue« Menschen genügend hoch erscheint, um eine Zeitlang eine „leichte Krank heit" — zumal im Winter — einer mehr oder minder anstrengenden Arbeit vorzuziehen. Man sehe sich einmal in den Fabriken um und man wird er. fahren, daß es überall sogenannte „Drückbrüder" giebt, welche den Krankenkassen nur allzu häufig ohne jede ernst liche Veranlassung zur Last fallen. — Wenn es um die Zwangs-Krankenkasten schon heute, nach ihrem kurzen Bestehen, so schlecht bestellt ist, daß dieselben ihre Reservefonds zu Hilfe nehmen müssen, in welcher Lage werden sie sich dann erst in einigen Jahren befinden, wenn sie nichts m-hr zuzusetzen haben. Ueber den Inhalt der Ansprache, welche der Kaiser, wie bereits gemeldet, bei der am Neujahrstage stattgefundenen Paroleausgabe an die Generalität richtete, verlautet nunmehr Folgende-: Der Monarch wie- darauf hin, daß die Armee in jeder Minute bereit sein müsse zur Vertheidigung des Vaterlandes. Zwar trachteten alle Mächte und allen Staaten voran Deulsch- land danach, der Welt die Segnungen des Friedens zu erhallen. DaS entbinde aber das Heer nicht von der Pflicht, jeder Zeit fertig und bereit zu sein, um an die Grenze des Vaterlandes eilen zu können. Jetzt namentlich gelte eS, sich in die Neuformation des Heeres und in die durch das neue kleinkalibrige Ge wehr und das rauchlose Pulver bedingten Aenderungen einzuleben und die Soldaten zu möglichster Selbst ständigkeit zu erziehen. Er erwarte, daß die Generale und Officiere da- Ihrige thun würden, damit dies Alles in dem nunmehr begonnenen Jahre zu gutem Ende gelange. — Wie noch nachträglich verlautet, hat der Kaiser dem Chef des Generalstabes, Grafen Walder- fee, zum Weihnacht-feste zwei hohe geschliffene Krystall- karaffen mit kunstreich ausgeführten goldenen Deckeln verehrt. Den Grafen Moltke erfreute der Monarch durch Ueberreichung einer kostbaren goldenen Dose, deren Deckel mit dem Bildnisse des Kaisers geschmückt ist. Auch die Kaiserin - Wittwe Augusta ist nunmehr an der Influenza erkrankt. Die ersten Anzeichen dieses Leidens machten sich schon vor einigen Tagen bei der hohen Frau bemerkbar, ebenso wie bei dem Grobherzoge und der Großherzogin von Baden, welche bekanntlich in den Wandspiegel und öffnete dann die Thür. Er war unfähig das übliche „Herein" zu rufen.' Ein Mann in dunkelblauem Paletot trat ein. Er hielt den Hut in der Hand und so vermochte man an seinem Schädel, der wenig mehr Haare als der des Tischlers zeigte, eine mächtige Schmarre zu erkennen, die ihn in sonderbarer Weise entstellte. Der Tischler wich einen Schritt zurück — sein Blick traf sofort die breite Schmarre an der Stirn des Fremden; er begann zu zittern — so heftig zu zittern — daß der Eintretende sich ihm rasch näherte und in besorgtem Tone fragte: „Was ist Ihnen? — Erschreckt mein Anblick Sie so sehr?" „Nein, nein", entgegnete der Tischler, „eS ist schon vorüber — eine Anwandlung von Schwäche, die bei einem alten Manne wohl erklärlich ist. — Was führt Sie zu mir? — Nehmen Sie Platz l" Lemke hatte sich auf einen Stuhl niedergelassen. Der Fremde blieb vor ihm stehen und sah forschend in daS matte Auge des Tischlers. '„Sie sind der Tischlermeister Lemke?" fragte er. "Derselbe, der vor dreißia Jahren in der Werk statt de- Tischlermeisters Schmidt — auch der Prager Schmidt genannt — als Geselle arbeitete?" Lemke senkte den Blick. „Ja!" bestätigte er wieder. „Sehen Sie mich an!" bat der Fremde mit einer Stimme, die eigenthümlich mild und bewegt zugleich klang, „sehen S-e mich an — genau an! — Erkennen Sie mich nicht?" „Nimm an", sagte er, „eS sei ein Wunder ge schehen! Nimm an, er stände vor Dir, der Rival Lu den Tagen Deiner Jugend; — sei stark, armer, gram- verzehrter, unglücklicher Mann! Die Stunden Deine- Elends sind gezählt." „Allmächtiger Gott!" schrie Lemke auf — „ich rrre mich nicht Du bist'-, August Schindler — de« wir den Wiener nannten? „Ich bin'S!" versetzte Schindler. „Ich bin'S! — den Du erschlagen zu haben glaubtest! — Lemke werde nicht schwach! — Du warst ja stet- so stark Lemke — ein Wort erst muß ich von Dir hören: — kannst Du mir vergeben?" „Gott, Gott im Himmel — groß.r, mächtiger, GE! — Du bist's, Schindler — mein Schindler, dem ich das Haupt zerschlug — oh, oh!" Du Seele deS Tischlers machte sich in einem lauten Schrei Lust. ^Oh, oh — Du bist'-!" fuhr er dann sott. „Laß m»ch Demen armen Kopf mit meinen Händen berühren Politische Weltschau. Deutsches Reich. Gelegentlich der Besprechung der verschiedenen Arbeiter-Versicherungsgesetze haben wir, wie unsere Leser sich erinnern dürften, wiederholt darauf hingemiesen, daß der darin vorgesehene komplicirte Ver- waltungsmechamkmus unverhältnißmäßig hohe Kosten verursachen werde. Diese unsere Voraussage ist nur allzu schnell in Erfüllung gegangen, denn schon jetzt werden aus den betheiligten Kreisen zahlreiche Klagen laut über die schweren Lasten, welche den betreffenden Kassen aus der Versicherungsgesetzgebung erwachsen. Selbst die „Köln. Ztg.", welche bekanntlich die Social- Reform anfänglich sehr warm befürwortete, sieht sich nunmehr zu folgendem Eingeständnisse veranlaßt: Man hört aller Orten Klagen darüber, daß die Ein nahmen der Krankenkassen nicht mehr genügen, um die Ausgaben zu decken und den gewaltig gestiegenen An forderungen gerecht zu werden, sodaß manche Kassen nicht nur die gesetzlich vorgeschriebene Erhöhung des Reservefonds um em Zehntel der JahresauLgabe nicht vornehmen können, sondern von den Arbeitgebern außerdem noch Extrabeiträge behufs Deckung des ent standenen Deficits einziehen müssen. Kassen, die vor Erlaß des staatlichen Krankenkassengesetzes einen an. sehnlichen Reservesond anzusammeln nn Stande waren, haben in den letzten Jahren denselben angreifen und mm Theile aufzehren müssen. Der Oberpräsident der Nheinprovinz hat angesichts dieser Uebelstände sich ver anlaßt gesehen, die Krankenkassenvorstände darauf auf merksam zu machen, daß in allen Fällen, in denen die Einnahmen nicht hinreichen, um ein Zehntel der Ausgaben dem Reservefond zuführen zu können, eine Erhöhung der Beiträge oder eine Minderung der Kassenleistungen sofort zu bewirken ist. Die Aufsichts behörden sollen darüber wachen, daß diese gesetzliche Vorschrift pünktlich erfüllt wird und im Unterlassungs fälle dem Oberpräsidenten Anzeige hierüber erstatten. ch — ich glaube nicht an Gespenster." Fremde legte beide Hände auf die Schulten» deS bebenden ManneS. Die Betrogenen. Roman von Eduard Hestermann. (K6. Fortsetzung.) Daniel gehorchte. Seine Spitzbubenschlauheit er kannte, daß zwischen ihm und dem Tischler noch nicht das letzte Wort — gewechselt worden. Die Dazwischen kunft eines Fremden — wer dieser auch sei — mußte Lemke zu einer ruhigeren Haltung zwingen und viel leicht war dieser dann seinen Auseinandersetzungen zu gänglicher. Auch die Furcht, welche der Tischler augenschein lich vor seiner Frau hegte, ließ den Banditen das Spiel noch nicht ganz verloren geben. Er entschloß sich also, der dringenden Weisung des Tischlers zu folgen und schlüpfte in das bezeichnete Zimmer. Aber er blieb hart an der VerbindungSthür, um kein Wort der Unterhaltung zu verlieren, die vielleicht bald in der Wohnstube gepflogen würde. „Beim Jingo!" grinste er, „wer weiß, wozu das gut ist — was man zu hören bekommt?" Dann rieb . er seinen Arm. „Braun und blau hat mich seine Eisenfaust gedrückt, er wird mir ein Pflaster von Bank noten darauf legen müssen. Hi, hi! mein Freund, ich kalkulire, wir werden noch zahm." Draußen ließ sich ein Klopsen an der Wohn' stubenthür vernehmen. Der Tischler fuhr mit der Hand über sein fast kahle- Haupt, warf einen Blick ächsjsche VocheilM Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und tandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Müller in Dresden. ———