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UPS. w Nrdaktt-« Hrrsbe».«e»Swbt L Mildner «aß« ä. »k Aettur, erscheint Me»p«i, »»»»erst«« mW , «am»«se»A sr^. Udouue»<»1»- Preis: Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und tandmann. Amttblatt für die lgl. AmtShauptmannschaftm Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften de- tzü Amtsgericht- Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. — Venmlwortlicher Redaktem «nd Verleger Kerrman» Müler in Dresden. S»ser»te Werve» bi» Mortlaß, Mittwoch u. Freitag Mittag angerromme» u»d koste»: i dielspalt.ZeilelvPfh Unter Eingesandt: SO Pfg. Inserate«- «»«a-meftele»t Die Arnoldtsch« Buchhundluna, Jnvaiidendank, Haairnstei»chBogie^ Rudolf Moste, ». L. Daube L «w in Dresden, Leip ig, Hamburg, Bertin, Frankfurt a/M. ». j. ». Politische Wellschau. Deutsche- Sketch. Der freikonservativ« Abg. Vehr — so schreibt man auS Berlin — hat sich jüngst im preußischen Abgeordnetenhaus« veranlaßt gesehen, die Tiugeltaugelphrase zu gebrauchen: „Mir kann Keiner an die Wimpern klimpern" und soll damit einen großen HeiterkeitSerfvlg erzielt haben. Die Parlamente find ja manchmal dankbar auch für die kindlichsten Witze und sie verlangen nicht einmal, daß der Redner seine humoristischen Einfälle auS dem eigenen, zuweilen recht dürftigen Dorrathe an Geist schöpft; ein Eitat genügt schon, um alS geistreich zu erscheinen. Nur mit Be fremden aber kann man daS Sinken deS Niveaus wahr- nehmen, welche- durch den Ton gekennzeichnet wird, den der Abg. Wehr in die Debatte einzuführea sich ge stattet hat. Im englischen Parlamente war eS früher Sitte (und ist eS auch jetzt noch, obschon in geringerem Umfange), daß die Redner sich ihre Citate aus dem Nassischen Alterthume holten. Ein William Pitt und Burke, eia Bolingbroke und Sheridan mußten im LiviuS und Horaz, im TacttuS und Juvenal gut be schlagen fein, um der BildungShöhe zu genügen, welche daS englische Volk von seinen Vertretern verlangte. Ebenso greift die parlamentarische Beredtsamkeit der Franzosen gern in den Bereich der heimischen Klassiker hinüber. Noch heute, wo der Ton rn unserem Nach- barlande leider auch schon zu verrohen beginnt, möchte eS keinem Deputirten zu rathen sein, seinem Auditorium mit Zoten auS den „BouffeS parisienS" aufzuwarten. In Deutschland ist daS Citiren niemals so gebräuchlich ge wesen wie in England. Aber wer in unseren Parla menten Citate anwandte, der hat sich bisher doch immer bemüht, daS Wasser auS reinen und erquickenden Quellen, nicht auS dem Dumpfe zu holen. Auch Fürst BiSmarck hat schon manches klassische Citat in die Debatte geworfen. Er vergleicht sich einmal mit Shake- speare's Heinrich Percy, „den die kaltgewordenen Wun den schmerzen"; er gebraucht daS alte elegische Wort: „patriae in servienäo oovsumor" (Ich verzehre mich im Dienste deS Vaterlandes); er fragt mit Schiller: „Kann ich Armeen auS der Erde stampfen?" und mit Faust: „WaS kannst du armer Teufel geben?" Er erinnert an den KrönungSzug auS der Jungfrau und ruft die Schatten von Hödur und Loki auS dem Sagen reiche hervor. Wir entsinnen unS ferner mit Genug tuung, in den Reden deS Staatssekretärs Stephan, BambergerS und HänelS, der beiden Reichensperger und mehr als eines nationalliberalen Abgeordneten Spuren klassischer Belesenheit begegnet zu sein. Niemals aber hat einer dieser Männer sich so «eit vergessen, sein« rhetorischen Bilder der Operette oder dem EirkuS, zu Dienstag, den 17. Mai 1887. entlehnen. Dieser zweifelhafte Ruhm bleibt vielmehr den Herren von der Rechten überlassen. Der Abgeordnete v. Kleist-Retzow war eS, der zuerst im Reichstage dem albernen Worte „Schwamm drüber" auS dem „Bettel- studenteu" daö parlamentarische Bürgerrecht erwarb; jetzt kommt Herr Wehr und wagt «S, den Possenreißer Bendir zu kopireu! In welchem VorstelluogSkreise müssen sich die konservativen Herren bewegen und wel ches müssen ihre Bildungsbedürfnisse sein, wenn die- Unglaubliche geschehen kann! In der guten Gesellschaft würde Herr Wehr sich nicht gestatten, die zu Anfang erwähnte Redensart zu gebrauchen; im Abgeordneten haus« aber glaubt er damit paradiren zu können. Betreffs der geplanten Erhöhung der Getreide zölle wird der „Freihandels-Korrespondenz" von fach männischer Seite geschrieben: Die Klagen über di« Nothlage der Landwirthschaft werden immer dann be sonder« lebhaft erhoben, wenn außerordentlich reiche Ernten zu verzeichnen gewesen sind, die naturgemäß einea niedrigeren Preisstand für Getreide herbeiführen. Daß diesen niedrigeren Preisen eine ganz erheblich größere Ernteomenge gegenüber steht, welche zum Ver kauf kommen kann und den Ertrag der Landwirthschaft im Vergleiche mit Jahren schlechter Ernte geradezu steigert, wird alSdann vollständig mit Stillschweigen übergangen. So ist eS bei der ersten Einführung der Getreidezölle im Jahre 1879 gehalten worden. Die hohen Roggenpreise in den Jahren 1880 und besonder- 1881 — man zahlte damals an der Berliner Produkten börse 210 M. pro Toon« — habe» die Agrarier mit Still schweigen übergavgen. Nun ist die vorjährige Roggen- ervte in jeder Hinsicht, sowohl betreffs der Menge «iS der Beschaffenheit d«S Korn-, geradezu glänzend aus gefallen; eS ist 1886 eine Roggenernte eingeh«imst worden, wie sie die heutige Generation vielleicht überhaupt noch nicht erlebt hat. Die Erntestatistik bringt diese That- sache in keiner Weise hinreichend zum AuSdrucke, wie alle Fachleute übereinstimmend bestätigen werden. Die Angaben dieser amtlichen Erntestatistik haben sich noch immer alS wenig zuverlässig herauSgestrllt und speciell für da- Jahr 1886 sind jedenfalls die Erträge der Roggenernte viel zu niedrig geschätzt wordea. Die in Berlin bestehende großartige Roggenmühlen-Industrie, welche täglich ca. 600 Tonnen oder 12.000 Ctr. Roggen vermahlt, war seit vielen Jahren nicht in der Lage, ihre» Rohmaterialbedarf auch nur zu 15 Proc. au- dem deutschen Jolande zu beschaffen, während sie in diesem Erntejahre von December bi- April fast ausschließlich inländischen Roggen verarbeiten konnte, der in selten schwerer Qualität in so reichen Mengen, wie kaum je zuvor, auö Ost- «nd Wefipreußen, au- Pommern, Mecklenburg rc. zugeführt wurde. Dabei konnte sich der 4S. Jahrgang. Prei- infolge d«S EingangSzolleS von 30 M. auf einem Stande von 125 bi- 130 M. pro Tonne erhalten, ein Prei-, welcher vor gar nicht ferner Zeit, selbst bei nur mittleren Ernteerträgen, als ein guter Durchschnittspreis angesehen wurde. Wie eS scheint, soll aber jetzt durch die Gesetzgebung festgestellt »erden, daß niemals, selbst nicht zur Zett der reichsten «nd gesegnetsten Ernte, das vothwendigste LebeoSmittel zu einem ermäßigten Preise verkauft werden darf. Für die große Masse der unbe mittelten Bevölkerung würde sich danach die Rechnung so stellen, daß sie bei schlechten Ernten die Preiserhöhung in voll«« Umfang« zu tragen hat und bei schönen Ernte» die ermäßigten Preise schleunigst durch eine »eitere Zoll- erhöhung wieder beseitigt sieht. Daß auf einem solchen Principe nicht eine dauernde gedeihliche Gesetzgebung für ein große- StaatSwesen aufgebaut werden kann, wird wohl kein Unbefangener bestreiten. Für den feierlichen Akt der Vornahme deS ersten Spatenstiche- an dem Nord-Ostsee-Kanäle und der da mit verbundenev Grundsteinlegung der Schleuse zu Holten«« ist nuumehr der 3. Juni festgesetzt. Wie ver lautet, gedenkt der Kaiser in Person mit allen könig lichen Prinzen der Feier beizuwohnen. Eingeladen werden dazu ferner die Buvde-rathSbevollmächtigten, die Sesammtvorstäad« deS Reichstag«-, deS preußischen Ab- geordvet«»- und Herrenhauses, die Mitglieder de- Staatk- ministermmS und die Spitzen der schleSwig-holsteinschen Prvvinzialbehörden. Die Abreise der Festgäste von Berlin wird am 2. Juni über Lübeck erfolge», wo die Stadt di« Durchreisende» zu einem Gabelfrühstück ein geladen hat. Der deutsche Gesandte in Kopenhagen, Stumm, ist zum Nachfolger deS Grafen SolmS auf dem Madrider Botfchafterposten bestimmt. Derselbe wird in Kopen hagen durch den bisherigen deutschen Gesandten in Athen, Freiherrn v. d. Brincken, ersetzt werden. Der Reichstag dürfte am 25. Mai die Pfivgstferien anlreten und am 8. Juni seine Beratungen wieder aufvrhmen. — Der feierliche Schluß deS preußischen Landtages fand am Sonnabend statt. Dem BundeSrathe ist nunmehr der Gesetzentwurf, betreffend die Reform der Zockersteuer, zugegaogen. Danach soll vom 1. August 1888 ab der EingangSzoll für 100 Kilo Syrup und Melasse 15 M., für anderen Zucker aller Art und Beschaffenheit 30 M betragen. Melasse zur Brauntweiubereitung ist unter Kontrolle der Verwendung zollfrei. Wenn ausländischer Zucker zur weiteren Verarbeitung i» eine inländische Fabrik geht, deren Erzeugnisse der VerbrauchSabgab« »ater- liegev, so kann entweder der EingangSzoll nach den um den Betrag der VerbrauchSabgab« ermäßigt«» Sätz«a — b«i Syrup und Melaff« 5 M., für j«d«n anderen Zucker Feuilleton. In geheimer Mission. Novelle au« d«n letzten Zelten der französischen Direktorial - Regierung. (k. Fortsetzung.) Doch er wußte ja Coraly i» seiner Nähe, auf deren stet- schlagfertige Geistesgegenwart er sich verlassen kennte und die im Zusichnehmen der Getränke eine für ihrm Stand höchst bewunderungswürdige Mäßigkeit zeigte. Noch immer gab er sich dem hoffenden Gedanken Hk, e- »erde ihr doch noch möglich sei», von de» juagen Offictere in einem selbstvergessenen Momente irgend eine Mitthellung zu erlauschen, von welcher die Politik de- Direktorium- eine» Vortheil ziehen könne. Erschöpft bi- zur vollständigsten Ermattung all seiner physische« und Geisteskräfte durch die anstrengende Ooppelarbeit deS vergangenen Tage- und deS etnge- vo»menen Souper- nahm Barra- in seinem Lehnsessel die denkbar behaglichste Stellung ein, faltete die Hände über der Maaengegend zusammen und war bald in tiefe«, festen Schlaf versunken. »Ist - möglich?" flüsterte der Officier Coraly zu,' „der große PerMe- schläft?" „Siw!" entgegnete Coraly, während ihre zarten Ftngn den Muad dr- Kapitän- verschlossen. „Wir würden Beide in Ungnade fallen, wollten wir ihn in seiner Ruhe stören. Nehmen wir lieber unsere Plaudereien wieder auf . . .' Gestehe» Sie mir einmal der Wahrheit gemäß, Knpitän, welcher Grund Sie eigentlich nach Paris führte. Wenn Sie ahnen könnten, ein wie großes Interesse ich an Ihnen und Allem nehme, waö Sie be trifft, dann würden Eie eS mir längst gesagt haben." „Welcher Grund mich nach Paris führte, mein Fräulein? . . . Nun, kein anderer al- der, dem Direk torium einige Depeschen deS ObergeneralS, dem eS schon seit einiger Zeit a» Geld und Krieg-bedarf gebricht, zu übermitteln und demselben zugleich einige erbeutete Trophäen zu zeigen." „Allerdings liegt kein Grund vor, in Ihre Aus sagen auch nur den geringsten Zweifel zu setzen", sagte Coraly, mit ihrer gefährlichen Hand diejenige deS K«pitänS streichelnd, „doch scheint eS mir, als hielten Sie mit einer wahren Aufklärung zurück. Gestehen Sie e- mir ehrlich «in, find Sie ei» aufrichtiger Freund der Republik?" „Gauz unstreitig." »Ist e- nicht Ihr Wunsch, Ihren Obergeneral einst . . ." „An der Spitz« der Direktorial-Reginung zu sehen? Keineswegs." „Aber ihn mit »i«er Diktatur bekleidet zu wissen." „Erst recht nicht." »Aber »e-halb nicht, mein lieber Kapitän?" „Weil e- meinem Obergeneral an Zeit gebricht, sich mit derartige» Idee» zu beschäftigen." „Sie s»chen mir au-zuweiche», schöner Krieger." „Ich selbst bin mir vollständig über Alle- klar, reizende Sirene." „Pfui, schämen Sie sich, mei» Vertraue» auf diese Weise zu vergelten", zürnte Coraly „odMhabe» Sie etwa Angst, daß ich morgen diesem beleibte» Schnarcher Alle- wiedererzählen werde?" „Die- würde mir nicht die geringste Furcht ein- flößen, «eine entzückeude Versucherin", gab der Kapitän zurück, „wenn ich überhaupt etwa- fürchte, so ist - Ihr strahlendes feuriges Auge. . ." „So? Wirklich? . . . Sagen Sie, wären Sie im Stande, mich aufrichtig zu lieben?" „Zu lieben? Nein, mei» Fräulein." „Wie? . . . nei» . . . Glaube« Sie mir, noch kein Mann hat mir auf diese Frage mit Nei» geantwortet." „Ich selbst fchwöre auf die Wahrheit Ihrer Aus sage, Coraly. ES kann keinem Zweifel unterliegen, dafi Sie alle Mäunerherze« im Sturme erobern, ein einzige- jedoch ausgenommen." „Und dieses einzige ist?" „DaS meinige." „Ach gehen Sie doch, Sie böser Mensch!" zürnte Coraly und hielt mit dem tändelnden Spiele ihrer Finger inne. * „Fühlen Sie sich beleidigt, mein Fräulein?" fragte sie der Officier. „Allerdings", gab di« junge Dame in sichtlicher Bewegung zur Antwort „Sie haben mei»em Herze« sehr wehe gethav ... Sind Sie im Besitze eine- Blei stifts und eine- Stückchen unbeschrieben«« Papiers?" „Der Kapitän schob ihr da- Gewünschte hin." Coraly füllte die eine Seit« des Blattes mit Schrift- zeichev und reichte eS da«« dem Kapitä». „Sie wollten?" fragte dteser, unwillkürlich von Staunen ergriffe«: „nun meinetwegen", fuhr «r ent schlossen fort, „so fei es!" Mit äußerster Behutsamkeit legte Coraly de» be schriebene» Zettel über ein vor Barra- flehendes Wein