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Zächfische vorszeitung Bezugsbedingungen: m« .v-ksztwu»«' «rfth«tnt l«d«K w«ch««»«, »ochmitt»g» S Uhr mit drm Datum d— <olg«»L«n La«», vt« »«juj^grbühr betrügt 1^0 Mar» p^rteltithrüch o»«r b0 psg für j»d«n Mimat. vt» .vortzettung' ist ru txzjehr, durch di« kats«rvch«u pastanstaUen, dir Landbri«fträa«r und durch «i>«rk voteu- v«t fr«ier Lieferung in» yau»«rh«dt die poft noch di« Luft«llung»g«dühr van «d pfg. Lele-ramm-Kdr.: vorszeitung Dresden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustrierter Sonntag» - Blatt" Amtsblatt für die Kgl. Nmtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Kgl. Amtsgericht Dresden, die Kgl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinde Gberlößnitz Ur. « Telephon: Dresden, Nr. ZYIS. Anzeigen-Preise vi« einspaltig« Seil« Id pfg-, unter .G SV pfa. Nnzeiaeu.anuahm« erfolgt d 12 Uhr. — Uunahmrst«!!«, fin E L. Vaud« ü <lo. « Leipzig, Lrankturt a. M.; ».Nohl«n«eNel;k>arf: NugoMtiihUrS,U»tzfch«». broda, Dtto vittrich in »«Itzendorf, chugp ippttz tu lruointz-NtU^tra, tmil Noüuri in Srrinwitz. NuL Grimm in Vrerden-Mölfnitz, Friedrich Leucheri in LaGedaud«, Letnh watth« in Marttzdnrg. iptto Uunath in Cotta, Max Zeurich in LofchroiH Nr. 30. Dresden, Sonntag, den 5. Februar 1905. 67. Jahrgang. Das Neueste. Der Reichskanzler veröffentlicht einen Dankerlaß des Kaisers für die ihm zu seinem Geburtstag zu gegangenen Glückwünsche. Der Seniorenkonvent des Reichstages be schloß, daß am Donnerstag die Beratung der Han delsverträge beginnen soll. Der Streik im Ruhrgebiet zeigt ein langsames Abflauen. Am Freitag hat sich die Zahl der Arbeits willigen auf mehreren Zechen vermehrt. General Kuropatkin meldet neue Kämpfe mit wechselndem Erfolg südwestlich von Mukden. In Warschau dauert der Ausstand an. Im kaukasischen Naphthagebiet, in Batum und Tillis .ist ein neuer Aus st and ausgebrochen. Die Ausstands bewegung an der deutsch-russischen Grenze bei Sosno- wice upifaßt 20,060 Streikende. Die Stadt Dalny wird von den Japanern den Namen Tairen erhalten. Die russische Revolution. Die Ursachen des russischen Aufruhrs sind im all gemeinen bekannt und trotz der verschiedenartigen Be urteilung im einzelnen sind doch alle Stimmen darüber einig, daß im russischen Volke im allgemeinen ein immer größeres Verlangen sich Bahn bricht nach der politischen bürgerlichen Gleichstellung mit anderen Nationen, in denen das Volk selbst eme Stimme hat in der Ge staltung seiner Geschicke und seine Regenten ihm eine gesetzliche Verantwortlichkeit schulden. Aber es fehlt dem russischen Volke das wirkliche Verständnis dafür, was eine Verfassung eigentlich ihrem Wesen nach be deutet; es ist sich nicht klar über die Art und Weise, wie sich eine Konstitution entwickelt, wie die Teilnahme des Volkes an der Regierung sich eigentlich vollzieht. Der erste blutige Sonntag in St. Petersburg hat ein deutlicher Zeugnis dafür abgelegt, daß das Vorgehen der Führer der Volksmassen selbst nur einem dunklen Drange entsprungen und das Volk selbst vollständig rückständig geblieben ist in seinen Begriffen einer ver fassungsmäßigen Regierung. Und daß die Führer des Volkes, die Anstifter der Erhebung, die einen für die Massen so verhängnisvollen blutigen Anfang nahm, nicht die Leute sind, von denen sich eine friedfertige, ersprießliche Mitarbeit an dem Auf- und Ausbau einer Verfassung erwarten läßt, das beweist ihre Ratlosigkeit nach der ersten Demonstration, deren böses Mißlingen sie bei einiger Intelligenz und Erfahrung hätten vor- ausfehen müssen. Run macht sich ihre Enttäuschung Luft in dem Schrei nach Rache, nach blutiger Ver geltung für die gebrachten Opfer, Opfer, deren Unver meidlichkeit die ganze zivilisierte Welt vorausaesehen und die ganze Presse voraus verkündigt hatte. Und es wird, wie sicher anzunehmen ist, bei dem Wüten des Rachegeistes bleiben; es wird durch den Verlauf der Erhebung sich zur Gewißheit ergeben, daß das russische Volk zurzeit noch gar nicht reif ist für eine konstitutio nelle Regierung, sondern zu dieser erst erzogen werden muß. Für den Ausgang der gegenwärtigen Volkserhebung wird die eine Frage maßgebend sein: Kann, trotzdem Rußland seine Kerntruppen oder deren größten Teil in Ostasien in einen schweren Kampf verwickelt siebt, die dem unorganisierten Aufruhr gegenüber verfügbare organisierte Streitmacht der russischen Regierung eine zuverlässige Stütze sein und bleiben? Bewährt sie sich als solche, so wird der Aufruhr im Blute der Masten erstickt werden und ein ungeheures Elend über Millionen Unschuldiger die notwendige Folge sein. Ist die Armee dagegen derartig demoralisiert — und Anzeichen für eine solche Demoralisierung sind ja allerdings vor handen — so daß sie in ihrer natürlichen vollständigen Unkenntnis versassungsmäßigen Lebens die Waffen gegen die eigene Landesherrschaft kehrt, dann ist die Anarchie unvermeidlich, jene Pöbelherrschaft, welche in sich selost in Parteien zerfällt, wie in den französischen Revolu tionen und sich selbst die Kehlen abschneidet, bis. ent weder ein starker Geist aufsteigt, der die in Blutgier erschöpften Massen bändigt, oder bi- Europa sich ge zwungen sieht, mit Gewalt Ordnung zu schaffen zu seiner eigenen Sicherheit, des nationalen Lebens und der politischen Existenz seiner Kulturvölker. Daß die gegenwärtige Erhebung zu einer wirklichen Verfassung für Rußland führt, lst ganz ausgeschlossen. Schon Bakunin hat in einem seiner Werke besonders be tont, daß gerade das kommunistische anarchistische Prinzip es verlangt, daß sein Volk zur Selbstherrschaft erzogen werde, daß sein Führer es zur praktischen Tat begeistere. Der russische Nihilismus hat im Anfänge diesen Weg beschritten und er hat erfahren müssen, daß die Be geisterung für Ideale in unreifen Hirnen zu Gewalttat und Meuchelmord führt, daß das unwissende Volk kein Verständnis für Ideale hat und sich an ihnen nur zu Zorn und Haß erhitzt, deren Folge, der Rachedurst, unausbleiblich ist. Wenn man das Geschimpfe auf den Zaren liest, das die deutsche sozialdemokratische Presse als höchsten Ausfluß ihrer Hetze produziert, so wird es auf der Stelle klar, daß es sich für die Agitatoren, welche jetzt in Rußland die Massen fanatisieren, nur darum handelt „praktische Revolution" zu treiben, in dem sie die unwissenden Massen, welche dem Zaren bisher die geradezu kindliche Liebe bewahrten, jetzt mit dem Geiste der Rache beseelen, den Zar als den Tyrannen und Bösewicht, als Mörder seines Volkes, seine Diener als Henkersknechte ausrufen. Das ist ein Kriegsruf, den die Masten verstehen und dem sie folgen. Dieser Geist der Rache ist es, der die Anführer beseelt und er wird als Gegenwirkung naturgemäß die grau samen Instinkte der angegriffenen Soldateska wecken und deren Ausschreitungen erklären, entschuldbar er scheinen lassen. ES ist bei den gegebenen Verhältnissen klar, daß auf diesem Wege eine Reform zu verfassungsmäßigem Regiment in Rußland nicht im mindesten gefördert wird. Die Tiraden Kropotkins, die Mystik eines Tolstoi und der Fanatismus eines Maxim Gorki ver wirren nur die Geister und schaden, wo sie nützen könnten. Die russischen Revolutionäre sind längst der Gewaltidee als einziges Hilfsmittel verfallen; Meuchel mord und Verbrechen sind ihre Waffen und diese hilft schmieden und schärfen in erster Linie die deutsche Sozialdemokratie, welche sich für das Projekt einer Ver fassung für Rußland keinen Finger naß machen würde, welche die Anarchie in Rußland allein als Hilfsmittel zu benutzen hofft, um die verhaßte konstitutionelle Re gierung in Deutschland zu stürzen. Ist doch der Sturm auf die Verfassung der Kern aller sozialdemokratischen Agitation. Deutsches Reick. Der Kaiser machte gestern vormittag den gewohnten Spaziergang und stattete später dem Rerchskanzler Grafen Bülow einen Besuch ab. Die Reise des Kaisers und der Kaiserin nach dem Süden wird wiederum in Hofkreisen ernstlich in Bettacht gezogen. Nach den Aufregungen und An strengungen, welche die Kaiserin anläßlich der Erkrankung des Prinzen Eitel Friedrich tagtäglich auf sich zu nehmen hatte, bedarf sie dringend der Erholung im Süden, ebenso wie dem Kaiser ein längerer Aufenthalt an den Gestaden des Mittelmeeres bezw. bei einer Seefahrt auf demselben stets gut getan hat. Daß der Kronprinz schon im Februar nach Italien reist und dort längere Zeit verbleiben wird, steht bereits fest, ebenso daß Prinz Eitel Friedrich nach seiner Wiedergenesuug eine längere Nachkur im Süden unternehmen wird. Der Zeitpunkt, wann die Reise des Kaiserpaares nach dem Süden erfolgt, ist noch Gegenstand der Erwägung, da hierbei auch die bevoifftehende Vermählung des Kron prinzen mit in Betracht gezogen wird. Der Tag, an welchem diese stattfindet, steht bisher immer noch nicht fest. DeS Kaiser- Dank. „Gotte- Gnade hat Mich wiederum ein Lebensjahr in Gesundheit vollenden lassen. Leider ist die Festesfreude, die sonst Meinen Geburt-tag beherrscht, durch die ernste Erkrankung Meine- geliebten Sohne-, des Prinzen Eitel Friedrich, sehr getrübt worden. In Meiner Sorge um den teuren Kranken ist es Mir aber ein herzlicher Trost gewesen, aus den Mir in großer Zahl telegraphisch und schrift lich zugegangenen Segenswünschen, die besonder- auch auf die baldige Wiedergenesung de- Prinzen gerichtet waren, erneut zu erfahren, mit welcher herzlichen Teil nahme da- deutsche Volk in allen seinen Schichten und Berufen Freude und Leid Meine- Hauses begleitet. Nicht nur aus deutschen Gauen, fast aus allen Ländern des Erdball- find Mir Glückwünsche zuteil geworden. Wo immer Deutsche Fuß gefaßt, da haben sie Meines Geburtstages als eines nationalen Festtages freudig gedacht und Mir ihre treue Gesinnung bekundet. Von dem Wunsche beseelt, allen, welche Mir an Meinem Geburtstage so freundliche und teilnahmsvolle Wünsche gewidmet haben, Meinen herzlichen Dank zum Aus druck zu bringen, ersuche Ich Sie, diesen Erlaß als- bald zur öffentlichen Kenntnis zu bringen. Berlin, den 2. Februar 1905. WUHelm, 1. B. An den Reichs kanzler." Prinz Eitel Friedrich ist von den Aerzten für außer Gefahr erklärt worden und befindet sich auf dem Wege der Rekonvaleszenz. Der Kaiser war über diese günstige Nachricht so erfreut, daß er gestern abend erstmalig wieder das Opernhaus besuchte. Ueber das Inkrafttreten der neuen Handels verträge erklärte der Reichskanzler Graf Bülow am Mittwoch im Reichstag nach dem amtlichen stenogra phischen Bericht wörtlich: „Die neuen Handelsverträge sollen am 15. Februar 1906 in Kraft treten Es ist unsere Absicht, sie am 15. Februar 1906 in Kraft treten zu lasten. Unser Handel und Industrie haben also ein Jahr Zeit, sich in die neuen Verhältnisse einzuleben.". Die Verhandlung der Handelsverträge im Reichstage wird am nächsten Donnerstag beginnen. Der Seniorenkonvcnt des Reichstags beschloß, am Donnerstag mit den Verhandlungen den Anfang zu machen. In der gestrigen Sitzung des weimarischen Landtages richtete Vizepräsident Müller nachfolgende Anfrage an die Staatsregierung: Will die großherzog liche Staatsregierung ihren Einfluß im Bundesrate dahin geltend machen, daß der fortgesetzten Vermehrung der Reichsschuld vorgebeugt und vielmehr eine allmäh liche Verminderung angestrebt werde? Eine Beant wortung ist nicht erfolgt Die Auswechselung der Ratifikations urkunden zu den beiden zwischen dem Reiche und Rußland am 6. Dezember v. I. abgeschlossenen Ver trägen, betreffend die Herstellung einer Eisenbahn verbindung zwischen der preußischen Staatsbahn bei Skalmierzyce und der Warschau— Kalischer Eisenbahn sowie zwischen der preußischen Staatsbahn bei Herdy mit der Herby - Ezenstochauer Eisenbahn hat gestern im Auswärtigen Amt stattgefunden. Vom Generalstreik im Ruhrrevier wird be richtet: In den 18 Bergwerksrevieren des Oberberg amtsbezirks Dortmund und auf der Zeche Rheinprenßen fuhren gestern an von einer Gesamtbelegschaft von 259,446 Mann unter und über Tage 62,361 Mann (gegen 245,957 bezw. 52,089 am 1. d. M., aber ohne Rheinpreußen gerechnet.) Auf Rheinpreußen sind gestern 2992 von 4506 Mann angefahren, die 4800 Mann starke Belegschaft der nichtstteckenden Zechen des Dortmunder Bezirks ist vollzählig angefahren. — Der gestern in Esten eingettofsene Minister des Innern Frbr. v. Hammerstein trat in Begleitung de» Ober präsidenten der Rheinprovinz Nasse, des Regierungs präsidenten von Düsseldorf und anderer Vertreter der Behörden eine Rundfahrt durch den Stadt- und Land bezirk an und überzeugte sich von den seitens der Polizeibehörden getroffenen Maßnahmen. Hierauf fand eine Konferenz auf dem Landratsamt statt, an der außer den genannten Herren sämtliche Oberbürger meister und Landräte der in Betracht kommenden Teile der Rheinprovinz teilnahmen. In der Konferenz wurden die getroffenen polizeilichen Maßnahmen besprochen, die der Minister billigte und für ausreichend erachtete. Alsdann be gab sich der Minister nach Dortmund, wo heute eine Kon ferenz zu demselben Zwecke stattfindet. — Der ange sehenste Mann in Westfalen, Herr Pastor von Bodtl- schwingh, hat nach Zeitungsberichten vorgeschlagen, „daß der Staat die stilliegenden Zechen so lange in Betrieb nehmen soll, bis die Einigung erfolgt ist. Dieses Not gesetz erscheint begründet durch das Verhalten der Zechenbesitzer, welche seither so wenig Entgegenkommen zeigten, daß auf eine rasche Beilegung der Streitigkeiten kaum zu rechnen ist. Die in Aussicht genommenen Untersuchungen erfordern viel Zeit, so daß auch der Staat nicht so schnell eine volle Klarlegung wird schaffen können; Wochen evtl. Monate können vergehen,