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Sächsische TmWW » MUMM Evfch«t»t lebe« Wochent«« nachmtttags 5 Uhr r für drn felgenden Tag. ' Beilagen: r »Nach Feieraben»- — „Für unsere Kranen- . „Amtliche fremden- ««» Knrtifte" Amtsblatt für die Kgl. Amtshmrptrnannschasten Dresden-Altstadt « Dresden-Neustadt das Königl. Amtsgericht Dresden, DrznGsgedühr: vierteljährlich 2.10, monatlich —.70 t —24 - -.3' r -.70- durch die Post desgleichen frei ins Haus durch Boten frei ins Haus , 2.40, bei Abholung in der Expedition . 2 —, Inserate kosten die «gespaltene Petit-eile 20 Pfg., kleine Anzeigen 15 Pfg., die Beklamezeile 50 Pfg. Anzeigenannahme bis mittag» l Uhr. für die Königl. Superintendentur Dresden 1l, das Königl. Forstrentamt Dresden und für die Gemeinden: Blasemitz, Weitzer Hirsch, Laubegast, Dobritz, Wachwitz, Ntederpoyrttz, Hofterwitz, Pillnitz, Weitzig, Schönfeld Publikationsorgan und Lokalanzeiger für Loschwitz, Rochwitz, Bühlau, dieLößnitzgemeinden, Dresden^triesen, -Neugrrma und .Tolkewitz Errnsprecher: Amt Dresden Nr. 2V «00 Den» ««» B-rla-: Slbgan-Bnchdrncheret nnd Veelagsanftalt Herman« V«,er Tele«e.-«»resie: «lbgonpresse VlasemtG^ Nr. 289. I Blasewitz, Mittwoch, den 13. Dezember 1916. § 78. Jahr-. > ———— -- — ' ' . » .... Unzen Mlegsillckllgkelt un<I <IIe Niederlagen unrerer feinde. Grziehliche Wirkuuge« des Weltkrieges. Bon Generalleutnant Frhr. v. Freytag-Loringhoven, Cdef des Stellvertretenden Generalslabs der Armee. Mit vollem Vertrauen auf unser Heer sind wir in den Weltkrieg eingetreten. Gleichwohl übertreffen die Leistun gen des deutschen Soldaten auch im dritten Kriegsjahr im mer noch die höchsten Erwartungen. Bei solcher Haltung seiner Mannschaft muß jeder Führer draußen den Glauben an eine glänzende Zukunft des deutschen Volkes gewinnen. Diese Zuversicht findet der aus dem Felde Heimkehrende jedoch im Vaterlande leider nicht allgemein verbreitet. Wohl wird viel von der Notwendigkeit des Durchhaltens bis zum Si^ge gesprochen, aber schon fragt man sich viel fach besorgt, was nach dem Kriege werden soll. Es fehlt bei manchem der echte, frohe Glaube an unsere Zukunft. Hierbei spricht offenbar mit, daß die Eindrücke, die den im Felde Stehenden umgeben, in der Heimat fehlen. Noch fo anschaulich Geschildertes vermag niemals Selbsterlebtes zu ersetzen. Es kommt hinzu, daß bei der langen Dauer des Krieges das Interesse an den Begebenheiten, zumal denieniaen von aerinaer^r Tragweite für das Gelingen des Ganzen, abstumpft. Der Krieg wird in der Heimat nicht mehr überall mit dem Herzen erlebt, sondern zum Teil nur noch sozusagen akademisch betrachtet. Damit aber tut man, ohne sich darüber Rechenschaft zu geben, unseren Kriegern draußen großes Unrecht. Die Kühnheit der Führung hat im Heere überall die Kühnheit der Truppe geweckt. Gerade der Stellungskrieg ist das Ge biet unzähliger kühner Taten einzelner Leute. Die unter dem Titel „Helden" von der Verlagsbuchhandlung Boll L Pickardt gesammelten Ehrentafeln bilden dafür ein be redtes Zeugnis. Aus den täglichen Heeresberichten er fahren wir alle bedeutenden Ereignisse, sie künden von den hervorragenden Leistungen unserer kühnen Flieger, sonst aber klingt es so schlicht und einfach, was sich alles auf den weiten Fronten ereignet hat. Es kann unmöglich alles im Heeresberichte Aufnahme finden, kann auch nicht einmal zur Kenntnis der Obersten Heeresleitung gelangen. Und doch! Welcher Wagemut wird nicht Tag für Tag nahezu überall betätigt, auch auf den sogenannten ruhigen Fron- ten. Wie mancher ungekannte Held vollbringt hier Höchst leistungen über und unter der Erde, wie mancher läßt sein Leben dabei. Es klingt so einfach: „Wir sprengten einen Trichter" oder „Wir besetzten den feindwärts gelegenen Rand eines vom Gegner gesprengten Trichters", und doch sind es nervenerregende Nahkämpfe mit Handgranaten und Bajonett, die sich da fortgesetzt nächtlicherweise abspielen und an den Mut und die Ausdauer unserer unteren Füh rer und der Mannschaften die höchsten Anforderungen stellen. Uns allen, den Führer wie dem Mann, haftet mensch liche Schwäche an. So sind denn auch gewiß nicht alle deut schen Soldaten von Natur Helden, aber gerade darin offen bart sich die erziehende Macht dieses Kampfes um unser Dasein, daß in ihm die Schwachen mitgerissen werden. Sie können gar nicht anders, als nach Heldentum streben. Dar'.nn ist zu hoffen, daß wir aus dem Weltkriege bleibenden Gewinn für unser Volk ziehen werden, daß es mit mehr Stolz und Selbstbewußtsein wieder an seine fried liche Beschäftigung gehen wird, als es ihm früher eigen war. Unsere geschichtliche Entwicklung hat dahin geführt, baß wir im Gegensatz zu anderen Völkern erst spät zu einem nationalen Machtstaat gelangt sind. Daraus erklärt sich vieles in unserer Wesensart. Es gilt, aus diesem gewal tigen Kriege das Heimzubringen, was den Fremden seit Jahrhunderten geläufig war. Nicht jene Art des unzeiti gen Großtuns wollen wir behalten, die sich vor dem Kriege vielfach breitmachte und wesentlich dazu beitrug, daß wir im Auslande so unbeliebt waren. Echtes Heldentum ist sich seiner zwar bewußt, dabei aber bescheiden, wie denn der deutsche Soldat seine großen Leistungen vollbringt, ohne viel Aufhebens davon zu machen, weil er sie für etwas Selbstverständliches hält. Nicht das unerträgliche Selbst bewußtsein, daS der Engländer überall zur Schau trägt, wollen wir uns zu eigen machen, das paßt nicht zu unserer Art. Auch wird schon die Vielgestaltigkeit deutschen Lebens uiLr-eutscher Bildung, die so völlig absticht von der insu- laren Einseitigkeit des Engländers, uns davor bewahren. Die Weihe der großen, ernsten Zeit, die wir durchleben, darf sich aber andererseits nicht nur auf rein ethische Ge biete erstrecken. Wir müßen bei voller Wahrung der uns eigenen Rechtlichkeit erkennen lernen, daß alle großen Fra gen der Politik Machtfragen sind. Nur dann werden wir in Zukunft den Fremden Achtung abnötigen, nicht indetn wir ihnen nachlaufen und nach ihrem Beifall geizen. Die Achtung, die ihnen die deutschen Bajonette aufgezwungen haben, darf im Frieden nicht wieder verloren gehen. Der Charakter eines Volkes ist wohl in seinen Grund lagen etwas Gegebenes, seine Entwicklung aber wird durch den Lauf der Geschichte stark beeinflußt. Nicht immer sind es Jahrhunderte, die solchen Einfluß üben, auch plötzliche Anstöße können große Aenderungen in dieser Hinsicht Her vorrufen. Und sollte nicht dieser Weltkrieg mit seinen tief einschneidenden Wirkungen auf nahezu allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens von größerer Trag weite sein als manches gleichmäßig dahinfließende Jahr hundert der Vergangenheit? Gewahren wir doch jetzt mit ten im Kriege bei unseren Gegnern Erscheinungen, die wir vorher für unmöglich gehalten hätten. Der Haß, mit dem sie uns begegnen, darf uns nicht blind machen für ihre Leistungen. Frankreich zeigt einen Opfermut und eine Zähigkeit, die von der überlieferten Auffassung vom We sen des französischen Volkes durchaus abweichen. England, das bisher nur zur See stark war, hat, so wenig Anklang sie auch früher im Volke fand, die allgemeine Wehrpflicht an genommen und sich ein gewaltiges Landtier geschaffen. In diesen Völkern, die bereits vor Jahrhunderten zu staat licher Einigung gelangten, ist das Verständnis für große Machtfragen weit mehr Allgemeingut als bei uns. Darauf aber kommt es an, nicht daß nur einzelne ragende Größen, wie bei uns Friedrich der Große und Bismarck jeder Ideo logie abhold waren. Wenn die englische Politik von jeher frei von allen Sentimentalitäten war, so ist das an sich keineswegs zu verdammen. Nur die Heuchelei, mit der sie sich umgibt, der grenzenlose Hochmut dieses Volkes, das j^»e Verletzung des Völkerrechts, jede Gewalttat billigt, wenn sie von eng lischen Untertanen oder im englischen Interesse verübt wa ren, empören das sittliche Gefühl. Die Auswüchse eng^ lischer Anschauungen wollen wir weiter bekämpfen, von dem gesunden Egoismus englischer Politik aber können wir nur lernen. Beteuern wir in Wort und Schrift immer fort unsere Uneigennützigkeit, so schadet es uns nur: denn man glaubt sie uns im Auslande nur um so weniger, ver mutet vielmehr, wie die Erfahrung dieses Krieges gezcig hat, dahinter erst recht finstere Anschläge. Internationale Fragen sind stets in erster Linie Machtfragen, und da gilt es Macht gegen Macht zu setzen. Das heißt noch lange nicht, das Ideelle in der Politik völlig ausschalten oder gar sich zu dem Grundsatz zu bekennen, daß Macht vor Recht zu gehen habe. - Es ist eine eigentümliche Erscheinung, daß wir Deut sche in Technik, Handel und Kriegswesen nicht nur durch aus modern sind, sondern darin Leistungen aufweisen, eine Anpassungsfähigkeit zeigen, die den Neid und die Bewun derung der ganzen Welt Hervorrufen, andererseits jedoch in staatlichen Begriffen uns vielfach im G^xmkenkreise des vorigen, wenn nicht des vorvorigen Jahrhunderts bewegen. Wir sollen gewiß Ueberkommenes hochhalten, aber doch nur so weit, als es der Gegenwart nutzt. Es ist kein Mangel an Ehrfurcht, sondern lediglich Klugheit, wenn man sich der Erkenntnis beugt, daß alles Leben Entwicklung ist. Diese aber vollzieht sich jetzt unter völlig anderen Verhält nissen als vor hundert Jahren. Man lese in Meineckes „Weltbürgertum und Nationalstaat" nach, in wie hohem Grade bei Stein, ja selbst bei Gneisenau damals noch welt bürgerliche Tendenzen obwalteten, und der Gegensatz zu heute wird ohne weiteres offenbar. Die Zeit fordert von uns eine andere Ehrfurcht als die vor den Gepflogenheiten der Vergangenheit, sie fordert Ehrfurcht vor unseren Gefallenen. Soll ihr Blut nicht umsonst geflossen sein, so müßen wir, um mit Clausewitz zu sprechen, „der Weichlichkeit des Gemüts, dem Hange nach behaglicher Empfindung", diesem Erbteil deutschen Wesens, entsagen. Nur wenn er diesen Härtungsprozeß vollführt, wird die erziehliche Wirkung des Weltkrieges an uns nicht verloren sein. : , . Unser Kaiser und Hindenburg. Berlin, 11. Dez. Amtlich. Generalfeldmarschall von Hindenburg richtete heute nach dem täglichen Vortrage über die Kriegslage als ältester aktiver General der preu ßischen Armee an Se. Majestät den Kaiser im Namen des Heeres die Bitte, das Großkreuz des Eisernen Kreuzes Allerhöchstselbst anlegen zu wollen. Generalfeldmarschall v. Hindenburg führte dabei aus, wieviel das Heer seinem obersten Kriegsherrn in dieser großen Zeit zu danken habe. Seine Majestät geruhte hierauf, der Bitte des Feldmar schalls zu entsprechen. (WTB.) ... Englische Borwürfe gegen die eigene Kriegführung. London. Die „Times" schreibt in einem Leit artikel: Es wäre töricht, die Folgen der vorübergehenden Besetzung eines großen Teiles Rumäniens und den bevor stehenden Verlust der Hauptstadt zu verkleinern. Wir glauben, daß die moralische Wirkung vielleicht noch ernster sein wird als die materiellen Ergebnisse. Tie militärischen Erfolge feuern den Feind an, verlängern den Krieg und machen einen tiefen Eindruck auf die Neutralen und hinter laßen bei den Alliierten ein Gefühl tiefer Demütigung. Die Geschichte der Verhandlungen, die Rumäniens Intervention vorangegangen, ist eine Kette diplomatischer Stümpereien, in die Lord Grey sich hineintrciben ließ, und bei der er geführt wurde, anstatt selbst zu führen. Wir haben der Reihe nach in allen Balkanländern Niederlagen erlitten. Dem Frieden einen Schritt naher. Stockholm. „Stockh. Tidningen" hebt hervor, daß die Eroberung Rumäniens die Welt einen Schritt nä her zum Frieden brachte. Die Entente müsse nunmehr von» nüchternen Standpunkte aus die Lage als verloren aN- sehen. Die hohen Lebensmittelpreise Englands. Newyork. (WTB.) Sir Alfred Booth, der Vor- sitzende des Aussichtsrat der Cunard-Linie, der hier eingc-? troffen ist, sagte, England sei jetzt weit mehr über die hohen Lebensmittelpreise in Aufregung, als über irgend etwas anderes. Eier kosteten in London einen Dollar das Dutzend, Brot^l Cents der Laib, die Preise anderer Le bensmittel ständen jn einem entsprechenden Verhältnis. Es sei möglich, daß die Hotels und Restaurants in Lon don und anderen Städten auf Anordnung des Lebens- mitteldiktators geschloßen werden würden. Zwei feindliche Transportdampser im Mittelmeer versenkt. Berlin, 11, Dez. (Amtlich.) Bon unseren Unter se« booten sind im östlichen Mittelmeer am 28. November und am 3. Dezember zwei etwa 5000 bis 6900 Tonnen große, mit Kriegsmattrial beladene feindliche Transport dampfer versenkt worden. Beide Dampfer waren bewaff net und von Zerstörern begleitet. (W. T. B.) Zur Haltung Griechenlands. Ein Londoner Gewährsmann teilt mit, daß die neuen Negierungsmänner bestimmt mit dem Eingreifen Grie chenlands zu Gunsten der Zentralmächte rechneten. Fast das ganze Land stehe wieder auf der Seite des Königs. In der Nähe von Athen sollen 20 000 Mann grie chischer Truppen marschbereit sein. Nach einer Athener Meldung des „Matin" sind in Athen Kriegsgerichte eingesetzt worden, die Haftbefehle gegen alle venizelistischen Parteigänger erlaßen, darunter auch gegen Venizelos selbst und gegen die Mitglieder der Regierung in Saloniki. General Palonlas (?), der auf Ersuchen der Alliier ten von Dauma abberufen worden war, ist dorthin zurück gekehrt, offenbar um die nötigen Vorbereitungen zu tref. fen. Die Regierungspreße gibt zu, daß 1600 Venizelisten verhaftet worden sind. Der Bürgermeister von Athen und 188 andere Personen sind des Hochverrats angeklagt.