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Blasewitz, Donnerstag, 28. Dezember 1922 84. Jahrganz. dir. Formulierung der deutschen Vorschläge Die Reparationsfrage im Mittelpunkt. t» ««Klose« Nationalismus «rsarle Brot und Milch Augenblick überraschend berührt es sei geradezu legitimiert, «e»N He Mit StaatOe r«is»« «»- BaterlandSliebe de»tkftelt Diese- Gefühl werde Mw Autelet für der Essener Zechen und bestätigte sein? ErM« rnna, daß bei Anspannung aller Kräfte und selbstverständlich einschließlich der vorgesehen« und zum erheblichen Teil bereits bewirkte« AuSlandSeinfuhr die Brotversorgunq für den Vinter gesichert sei. Streckung durch Kartoffeln komme, wenn überhaupt, nur in geringem Umfang in Frage. Al8 ernsteste Angelegenheit diese? Winter? bezeichnete er die Mtlchversorgung und wies unter Vv- zugnahme auf daS Essener System der Verein^ barunqen zwischen Verbrauchern und Erzeugern aus die Notwendigkeit von Erleichterungen zu gunsten unseres Nachwuchses, besonder- in den kinderreichen Familien hin. Er teilte mit, daß kürzlich eine Verordnung ergangen sei. wonach die Landesregierungen den Ankauf von vutter und Käse an eine besondere Genehmigung knüp fen können. Der Minister bat die Presse, alle» z« tun. damit die Bevölkerung die wirtschaft lichen Zusammenhänge richtig erkenne, und be tonte, daß die Frage unterer Ernährung beson ders auch in der Zukunft, lo ernst lei. daß sse <m» ieder Partetpolitik an-gelöst und rein sachlich behandelt werden müsse. Werde aber einmütig uckannnengearbeitet und die Prodnktion-stetge- runa stet- im Auge bebalten, so kvnn- mau dirrchauS mit Hoffnung in die Zn^rn" bli^en Eine Enzyklika des Papstes. No«, 26. Dezember. Der Papst hat ei« En zyklika erlassen. In der er zunächst dir «rüude anführt, auf denen er bisher stillschweigend da« obachtet habe, obwohl er den Wunsch gehest habe, sofort daS Wort zu ergreifen. Er zählt die schmerzlichen Vorfälle und glückliche» Eu» eiguisse -er erste» Monate seines Ponttstkat- auf, uämltch di« Vielfältigkeit uud den Ernst der gegenwärtigen UeLel, die Hauptursache« die ser Uebel und die wirksamste» Heilmittel -ege« sie. Die Völker erfreut« sich «och nicht dest wahre« Frtede«-. Wiederholte versuche vo« Politikern, daS Uebel zu heil«, hätten nicht- genutzt. DaS zweite Uebel sei« die in»er« SS»lpse, der Partei hader «ch die Kl „sieu kämpfe. Di« geistigen Schäden LeS Krieges seien diS <m die äusserst« Grenz« der Erde zu spür«. Dt< Ursach« dieser Uebel lägen tu den Mensch« selbst. Formell fei der Friede geschlossen, ab« die Herren nährt«» «och de» Kampfgeist. Et» Verfälschter Fried« sei ans hem Papier Oefchl»fe Kleine volltWe M'eilrrngen. Derttfch-spanifcheA Handelsabkomwe«. Im Ministerrat zu Madrid gab der Mi- ntster des Aeufteren bekannt, das, er mtt der deutschen Regierung ein Handels- abkvmmeu geschlossen ba^e, wonach Deutschland vom 20. Dezember an den spanischen Erzeugnissen Meistbeassnsti- gung gewährt Spanien werde die deut schen Erzeugnisse nach dem Tarif der zwei ten .Kolonne behandeln und den Koeffi zienten mit Ländern mit entwerteter Währung aufrecht, erhalten. Die letzten Kriegsgefangenen ssnd ans Avignon zurückgekehrt und am Sonntag auf deutschem Boden freigelassen worden. Der neue italienische Botschafter Graf voSdari ist nach Berlin abaerrist, wo er am 8L tz. M. eintreffe» wirb. Die Weihnachtskundgebong des Reichskanzlers. -Reichskanzler Dr. Cuno «rließ zu Weih nachten eine Kundgebung, der wir folgendes entnehmen: Es gibt kaum ein Volk auf Erden, das liefere Sehnsucht nach Frieden hätte als das deutsche Volk. Inmitten einer qualvollen Unsicherheit der Wirtschaft, die Millionen dem Schicksale der Ungewißheit preisgibt, will es sich mit den äußersten Notwendigkeiten des Lebens abfinden. Nur Frieden will es und Gerechtigkeit. Das gilt nach innen wie nach außen. Kein Zweifel darüber .daß dies« Gerechtigkeit im kmeren Wirtschaftsleben eines Volkes schwerer nach erzwingbaren Regeln za sichern ist als irgendwo sonst. Um so notwendiger ist es, daß ein anderes einseht, was stärker ist. die tätig« Liede vor. Mensch z, Mensch, von jedem einzelnen znm nächsten und fernsten, die an Kinde« und Srei- sen ,an Notleidenden und Verzweifelnd« so viel tun kann, und zu der Weihnachten uns mahnt. Nie mehr al4 jetzt ist solch unpolitisches, rein menschliches Werk zugleich der stärkste politische Dienst an der Nation und ihrer Einheit. National sein heißt vor allem Liede zum Volke habe« und an seiner Versöhnung ar beite«, heißt, unnütz« Streit degradeu oder vertagen, b ißt, das gute Alte lehren, an die Zukunft glaub«, die Gegenwart tro gen und nützen. Kann, ja muß nicht zu solcher Auffassung na tionaler Pflichten sich gerade jetzt das deutsche Volk zusammenfinden, wo schwere und schwerste Entscheidungen bevorstehen, die der Welt wirk- liehen Frieden bringen oder versagen werden? Damit wird zugleich die Entscheidung darüber fallen, ob di« Wirtschaftskraft Deutschlands vor dem Zusammenbruch« gerettet, für uns und für die Welt nutzbar gemacht oder ob sie neuerlich zum Schaden des deutschen Schuldners iÄe feiner Gläubiger durch einen politisch« Ten denzen dienenden Zwang geknebelt werden soll, der gegen den Vertrag von Versailles verstößt und den hinzunehmen keine vom Volkswillen getragen« Regierung bereit sein kann. Was immer in unseren Kräften steht, um der Welt schweres Unheil zu erspar«, und den Weltfrieden zu verwirklichen, soll geschehen. Wir sind entschlossen, schwere Opfer an Gut und Geld auf uns zu nehmen, um der Freiheit deut schen Dlntes und um der Gleichberechtigung und der friedlichen Arbeit mit d« ander« Völkern nullen. Insbesondere gedenken wir dabei des Landes am Rhein. Nichts, was Deutsche dort noch mehr als bisher unter fremder Macht be droht, kann Deutschland zugestehen. Alles, um fir aus diesem Zwang« zu lös«, muh es ver- suchen, bis zu den äußersten Grenz«, die Wirt- schäft und Wahrhaftigkeit ihm ziehen. Das ist Dienst mn Frieden des deutschen Volkes und -er Welt. Die Zukunft des Memel- landes. verli», 27. Dezember. Anläßlich der bevor stehenden Entscheidung über die Zukunst des Mcmellan-e- veröffentlicht der deutsche Ost- markenverein in den Blättern eine Kundgebung, in der eS u. a. heißt: Der Vertrag von Ver sailles sollte auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker aufgebaut sein. ES hieße, die Zahl -er Vergewaltigungen um ein« schweren Fall vermehren, wenn daS Volk von Memel jetzt die ses Rechtes verlustig gehen sollte. Der dauernde Friede wird nicht erreicht durch neue Gewalt- maßnabm-n. Wir rufen den Gerechtigkeitssinn -er ganz« gesitteten Welt an an- fordern für die Bevölkerung von Memel daS Selbstbestim mungsrecht. Fällt die Entscheidung für den An- fchluß an Deutschland» au», so btetet di« Gerech- «gleit, diesem Volksentscheid ftottsugebe» eine ähnliche Besprechung stattgefunden, «m ein Eesamtprogramm vorzubereit«. Paris, 26. Dez. Der sozialistische Aby. Leon Blum schreibt im „Populaire" un ter Hinweis auf die von Pomcarä am Sonntag gehaltene interministeriell« Kon ferenz Poincaräs produktive Pfänder wür den, das könne Km Wnanrmrnkster de La- stenrie beweisen, nicht nur nichts einbrmgen, sondern Frankreich mit neuen Lasten be schweren. Di« Soufereuz der Weltmächte. Washington, 26. Dez. Der im Senat von dem Führer der Unversöhnlich« Borah eingebrachte Zusatzantrag zur Marinevorlage, eine Konferenz der Weltmächte ein zuberufen, hat «ine Spaltung der Unver- sölmssch« im Senat hervorgerufen und wird voraussichtlich zur Wiederaufnahme der Generaldebatte über eine Teilnahme Ameri kas cm dm europäischen Angelegenheiten führ«. Borah hat eine Erklärung erlass«, in der er sagt: Europa müsse geholfen wer den, und wenn das Problem nicht gelöst würde, würde das einen ungeheuren Verlust für die amerikanischen Produzenten und einen neuen Krieg bedeuten. Haag, 27. Dez. Der Antrag des Sena tors Borah auf Einberufung eines Wett- wirtschaftskonoresses lautet nach dm „Times" wie folgt: „Der Präsident wird dazu er- mächtigt und wird aufgefordert, diejenigen Regierungen einzuladen, deren Mitarbeit er sstr notwendig oder für nützlich hält, Dele gierte zu entsend« zu einer Konferenz, die den Auftrag haben würde, die jetzt in der West bestehenden wirtschaftlich« Probleme zu prüf« und zu einer Ilebereinkunst zu ge lang«, die für die Wiederbelebung des Handels, eine Gesundung der Finanzver- waltunaen und die Rückkehr zu normalem Geschäftsleben notwendig ist." — Nach dem „New Port Herald" soll Senator Borah auf sein« Antrag auf Einberufung einer Weltwirtschaftskonferenz und der Abrüstungs konferenz als Präzedenzfall hingewiesen ha ben. Seit zwei Jahren sei die Reparations frage auf einem tot« Punkt angelangt. Europa schulde Amerika 11 Milliarden Dol lar. Diese Summe könne nicht zurückgezahlt werd«, wenn das Reparationsproblem un- gelöst blerbe. Borah erklärte wörtlich: Wir müssen in der Reparationsfrage intervenieren, weil wir etn Inter esse daran haben, unser Geld zu bekommen, und weilAoir uns die Märkte Europas erhallten müs- sen, um unsere landwirtschaftli- chen Produkte abzusetzen. Kühle und feucht« Sommer von jeher dem Auf kommen von Epidemien ungünstig gewesen sind. Wie nachgewiesen wird, handelt es sich haupt sächlich um einen Rückgang an tuberkulös« Krankheiten. Daß die Sterbeziffer vorläufig unter dem Druck der Teuerung nicht im selb« Verhältnisse -»nimmt wie die Geburtenziffer ab- nimmt wird kl der medizinischen Wochenschrift damit erklärt, daß di« Geldentwertung zwar auf den Entschluß, Kind«r gwßzuzichen, sehr stark negativ einwirkt, daß aber andererseits die breite Masse der Bevölkerung wenigstens in gewissem Umfang ihre Ernährung, unter Per- nachlässigung anderer Bedürfnisse der Geldent wertung anzupassen weiß. Diejenigen Kresse, der« Reih« durch den Tod am stärkst« gelichtet werd«, die ast« Leute au» dem Mittelstand«, fall« demgegenüber zahlenmäßig nicht Ms Ge wicht, wen» dadurch Üe Tragödie chvtt^vvckom» Berli«, 27. Dez. Der Rcrchskanzier Tuns ist gestern abend aus Hamburg wieder in Berlin emgetroff«. Auch Staatssekretär Hamm ist gestern aus Bayern zurückgekehrt. Das Kabinett sst heute wieder vollzählig beisammen. Die Besprechung« über die neu« deutsch« Re- paratümsvorschläge werd« jetzt mit größ tem Nachdruck weiter gefördert. Die Beratung« mit. dm Sachverständig« über die Formulierung der deutschen Vorschläge sind auch während der Feiertage von den Mmfftern Dr. Hermes und Becker fortge setzt worden. Der „B. L.-A." weist von neuem darauf hin, daß di« Industrie bereit sei, die Regierung in feder Weise zu unterstützen, insbesondere cm ass« Problemen zur Gesundung der deutschen Wirtschaft mit)':arbeiten. Sie halte aber die Maßnahmen für zwecklos, wenn nicht gleichzeitig damit eme Intensivie rung der Arbeitsleistung zur Be^- mehrung der Produktion verbünd« werde. Ebenso halte die Industrie daran fest, daß die Repa rationsfrage end gültig gelöst werden müsse. Laut „Voss. Ztg." soll beule in einer Chefbespre- chmvg, an der der Reichskanzler und die wich tigst« Ressortminister teilnel'nvn, versucht werd« ein« Plan aufzultellen, der nach Genehmigung durch das Ge'amjkabinett in Paris überreicht werd« smoll. Paris, 27. Dez. Eine Haoasmeldung aus Berlin besagt, datz Reichskanzler Cuno am 31. Dezember in Paris eine Denk schrift darlegm werde, nach der die in dustriellen, finanziell«, landwirtschaftlichen und Hcmdelskreise Deutschlands bereit wär«, die Garantie für eine An- leihe zu übernehmen, falls die Reparationsschuld Deutschlands auf ein« bedeutend niedrigere Summe als die im letzt« Zahlungsplan festgelegte Summe reduziert und außerdem em Moratorium für mehrere Jahre Deutschland bewilligt werde, imd zwar so wohl für die Zahlung« in Gold wie für die Sachliefenkngen, außerdem auch der für die Wiederherstellung der zerstört« Gebiete bestimmten Lieferung«. Die auswärtige Anleihe würde vollständig Frankreich und Belgien zur Verfügung gestellt werd«. Mtttisterkonferenz in Paris. Paris, 25. Dez. Die gestrige inter ministerielle Konferenz scheint sich wiederum mit oem Reparationsvrogramm be schäftigt z« haben, das di« französische Regie rung am 2. Januar vorzulegen gedenkt. Vor der letzten Londoner Konferenz habe Teuerung und Geburtenziffer Mit unerbittlicher Folgerichtigkeit begleitet die Bevölkerungskurve die posstischnvirischoft- liche Katastrophenentwtcklung, »Mer der ein Sech- ziqniilltonenvolk zusammrnz»brechen droht. Be sonders bedeutsam sind die neuesten in der „Deutsch« Medizinisch« Wochenschrift" mitae- teilt« Zahl« über Geburtenziffer und Sterbe- Ziffer. Die Zahl der Lebmdgeboren« hat sich im dritten Vierteljahre gegenüber dem zweiten Vierteljahre 1922 nicht unbedeutend vermindert, sie sst von 7S72S auf 67 512 zurückqeqangen. Es handelt sich hier um ein Spiegelbild der gro ßen Teuerungswelle, di« kn letzt« Vierteljahr 1921 einsttzte. Nach Wochen läßt sich dir Intm- Sächsische mit Loschwiher-Anzeiger Tageszeitung für das östliche Dresden u. seine Vororte Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Bäte» zu Dresden für die Stadttetie Dlasewltz, Loschwitz, Weiher Hirsch, Bühlau, Rochwitz und Laubegast (ll. und M. Verwaltungsbezirk) der Gemeinden Wach witz, Biederpoyritz, Hosterwitz, Pillnitz, Weihig und Schönfeld, sowie der Amtshauptmannschaft«» Dresden-N. und Dresden-A Verla,: Slb-au-Duch-rucktrei >md Verlagsanfi»« Herman» Beyer » Vre-den-Nasevich. — VeeantwsetSchr Enge» »eener Dresden. " lgeu werben bl« S gespalten Pettt-Zetl« mit M. 2L—. berechnet, Reklamen bi« 4 gespaltene Z«M »st —. Anzeigen und Reklame» mit plakvorschriften und schwierigen Satzarten werben mit so vrnzenk lusschlaa berechnt. Schluß der Anzeigen-Annahm« »Zmittag« 11 Uhr. Mr da« Erscheinen »er Anzeige«, an essimmten Tagen ober Plötzen, sowie für telephonische Aufträge wirb keine Gewähr geleistet. Etwaiger Rabatt litt als Kassenrabatt und kann verweigert werbe», wenn nicht binnen 4 Wochen »ach dem Empfang der mng die Zahlung erfolgt. Sei gerichtlicher Einziehung der Anzeiqeubeträq« fällt der bewilligt« Rabatt stet? Erscheint täglich mit l^r Leilag« .Agrar-Darte" und «mtl. Kur. und Fremdrollste. 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