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Sächsische Nachrichten. Dresden. —* Dem hiesigen O b e r b ü r g e r m e i st e r p a a r e sind anläßlich der -silbernen Hochzeit ungemein zahlreiche Eh rungen zu teil geworden. Allein die Glückwunschdepeschen, unter denen sich auch solche der Königin-Witwe Carola, der Minister u. s. w. 'befanden, zählten nach Hunderten. ' Zahl- reiche Gratulanten widmeten kostbare Geschenke. —* Vergangenen Mittwoch siarb hier im Alter von 84 Jahren 'der Königl. vreuß. Oberstleutnant z. D. Herr Fr. Bruno Rich. v. Rohrscheidt. Der Verschiedene ent- stammte einem alten in Schlesien seßhaften Reichsadelsge schlecht, dessen Adelsgualität 1702 erneut bestätigt wurde und 1729 auch in dem böhmischen Ritterstand Ausnahme gesunden hat. —* Die hiesige Annenkirche soll einem durchgreifenden Umbau unterzogen werden, nachdem sie ihre jetzige Gestalt fast 140 Jahre hindurch bewahrt hat. Morgen finden deswegen Abschiedsgottesdienste statt. —* Telegrammannahme im Hauptbahn hof. Zur jetzt beginnenden Reisezeit mag der Hinweis darauf nicht unwillkommen sein, daß die im hiesigen Hauptbahnhofe und im Starnberger Svmmerbahnhof befindlichen Bahnbe triebsbureaus zur Besorgung des allgemeinen Staatstele graphendienstes ermächtigt, und demnach auch zur Annahme von Privattelegrammen verpflichtet sind. Reisende, die Eile haben, sind also nicht genötigt, das Haupttelegraphenamt am Bahnhofplatz aufzusuchen. Zum Zwecke leichterer Auffind- barkeit der erwähnten Bureaus hat die Eisenbahnverwaltung im Hauptbahnhof — und zwar je an der nördlichen und an der südlichen Wand der Einsteighalle —, sowie im Starn- berger Sommerbahnhofe Schilder anbringen lassen, durch die die Reisenden auf die drei Telegraphenbureaus hingewie sen werden. —* Die Innung DresdnerBuchdruckerei- besiher hat in einer außerordentlichen Versammlung be schlossen, die von einer 7gliedrigen Kommission ausgearbeite- ten Abästderun-gsanträge zu dem mit Ende des Jahres ab laufenden deutschen Buchdruckertarif nebst einer Denkschrift sowohl den Tarifbehörden als auch allen tariftreuen Buch- druckereibesitzern Deutschlands zugehen zu lassen. —Im Brauereigewerbe scheint ein Lohnkampf unvermeidlich zu fein. Die gestern hier abgehaltene Brauerei- arbeiter-Versammlung hat mit Entrüstung das Angebot der Brauereien zurückgewiesen und beschlossen, sofort weitere 'schritte einzulritcn. D" Für den in der letzten Schwurgerichtsperiode wegen der Ermordung des Leipziger Versicherungsbeamten Hart mann zum Tode verurteilten Schreiber Arno Hoffmann haben seine Verwandten ein Gnadengesuch eingereicht. Bekanntlich hatte Hoffmann in der SchwurgerichtSverhand^ lung selbst gebeten, ihn zum Tode zu verurteilen. «vsere^A- Zup^lüngSgebLhr von 4» 1 68. Jahrg. wenn es zum Klappen kommen soll, stets nur einseitige In- Paris ar«lrer vie n e u g e w a HNe Deputier- teressen verfolgen. In diese Kategorie gehören auch die brr- tenkammer -lc hat imt ^^n-orge zu kämpfen, tischen Friedensfreunde, «die fortwährend eine Verminderung we che ""^r ^cher Relchstag vorläufig überwunden hat, der kriegerischen Streitkräfte betonen, aber stets «ner Der- mit n^chwn F Z . senden Einnahmen stärkung der britischen Seemacht das Wort reden. W.« reimt, und ste.gestden Ausgabem Ach in Frankreich wird man die sich das zusammen? Erfreulich ist eS, daß der Leiter d.'r gleiche Erfahrung De ich d machen, daß es sehr Fernsprecher: I»t Dresden Nr. 80». Lwganprefse Blasewitz. Wochekslhau. Gerade so, wie die Potiti k, liebt cs auch die Natur mitunter, uns ein Schnippchen zu schlagen; auf das rm-b oder minder verregnete -und kühle Pfingstfest sind miede Ichone Tage gefolgt, d,e w.r lieber dann gesehen hätten als d.e eigentliche Zeit lvar zu feiern. Nun, wer sich im pfiugst- ichen Regen die gute Laune und den Humor nicht nehm „ l^' der wird sich auch unschwer mit dem post festuni erfolaten Wetter-Wechsel zuni Besseren abfinden; auch die Ge chästs! wett, die nut den Pfingst-Ausflüglern und den Pfingst-Ein- nahmen in dieser teuren Zeit sehr rechnen muß, wird hosfent- sich einen vollen und ganzen Ersatz in den Sommcr-Wochen sinden, denen wir 'jetzt mit schnellen Schritten zuschreiten Bon ihm lverden wir erfreulicherweise als voll einem bib ligeren" Sommer reden können, im Gegensatz zu den, "von 1905, auf welchen schon die herbstliche.und winterliche Fleisch teuerung ihre Schatten warf. Freilich wind sich in den näch sten Monaten klar zu stellen haben, welchen Einfluß die mit dem 1. Juli in Kraft tretenden neuen Reichsstenern, b-sonders die Biersteuer, ausüben werden. Ein Einvernehmen darüb -r zwischen Brauereien und Gastwirten ist bei weitem nicht über all erzielt, obwohl man annehmen sollte, eine Verständigung könnte nicht so riesenschwer sein. Kann der Steuersatz auch im schlimmsten Falle nicht mehr als eine ganze deutsche Reichs mark für hundert Liter 'Gerstensaft betragen; freilich da, wo die Unkosten, Mieten und Steuerlasten, für das Restaurations- gewcrbe hohe sind, wird auch dieser Aufschlag im Laufe eines Jahres empfunden. Aber, nrag dem nun sein, wie ihm wolle, auch auf dem wichtigen Gebiet 'des Lebensmittel-Marktes sehen wir doch jetzt -schon wieder, daß, wenngleich bei uns mcht alles genau so sicht, so doch es noch lange nicht so,arg ist, wie anderswo. D ie S ch m u tzc re i e n im nordameri- kanischen Fleischwaren - Betrieb, idie soeben ent hüllt worden sind und ein rücksichtsloses Einschreiten des Prä sidenten Roosevelt herbeigeführt haben, sind denn doch bei uns ganz und gar unmöglich, und man erkennt von neuem, daß die bekannten nordamerikanischen Millionen-Verdienste nicht gerade auf dem Wege allerstrengster Solidität zu erzie len sind. Heute findet drüben ein behördliches Einschreiten gegen diese Schmierfinken statt; wie lange diese Energie an hält, bleibt abzuwarten, denn am Ende wird das Wort „bu- sineß" bei allen Amerikanern groß geschrieben, während es ihnen ziemlich egal ist, wie dies Geschäft zustande kommt. Unser Kaiser hat seinem hohen Verbündeten und väterlichen Freunde, dem Kaiser Franz Josef, in Schloß Schönbrunn 'bei Wien seinen mehrtägigen Besuch abgestattet, auf welchem er von dem Leiter des Reichsamtes des Auswär. tigen begleitet ist, und der die alte treue Freundschaft der beiden Kaiserreiche aufs neue zeigt. Wir dürfen hoffen, daß sich auch die ein wenig gelockerten Beziehungen zu Italien wieder fester gestalten werden, so daß die bewährten Drei- bund-Freundschaften die Hauptsache bleiben und die italienisch, stanzösisch-englische „Extratour" von Algeciras nur den Wert einer historischen Erinnerung behalten wird. Die Kaiserbe- gegnung hat sicherlich ihre weitreichende politische Bedeutung und man kann wohl annehmen, daß auch die versuche Annähe- rung zwischen Rußland und England, die von Paris und Lon don mit heiligem Eifer betrieben wird, die Aufmerksamkeit der Monarchen und der leitenden Staatsmänner fesselt. Was im Einzelnen erwogen und beschlossen werden mag, so viel sieht unerschütterlich fest, daß die Politik Deutschlands und der ihm verbündeten Mächte niemals einem anderen Ziele gelten wird, als der Erhaltung des Friedens. Darin stehen wir weit höher, als die sogenannten internationalen Frie dens-Politiker, die so gern von Abrüstung reden, die aber, v>- - ..,.,, „ « .«.LS», durch Bote» oder Pop drtrüg i,»o sm genehm sind. Unfern westlichen Nachbarn werden nun auch wobi dahin kommen, die direkte Einkommensteuer, die sie bis- nickt hatten, zu verwirklichen; die sehr zahlreichen fran- Eschen Rentiers haben sich seit Jahren verzweifelt dagegen gesträubt, helfen wird es ihnen kaum mehr etwas. Am for^ ?chesicn von allen europäischen Volksvertretungen tritt nach E vor die jüngste, die russische Duma in Lt. Petersburg, Mif Sie faßt Beschlüsse und stellt Forderungen, die rm Nu Alles und Jedes im Zarenreiche auf den Kopf stellen würden, wenn die Ausführung möglich wäre. Ja, es ist vorauszu- sehen daß sehr viele Russen sehr wenig dankbar sein wurden, wenn sie wirklich merkten, was ehrliche und ernste Neuerun- a m bedeuteten, und sie auch darnach arbeiten müßten. Seit bald 50 Jahren ist die Leibeigenschaft in Rußland aufge hoben, ist der Bauernstand frei, aber er hat sich keine Existenz zu erringen gewußt, obwohl es ihm die deutschen Kolonisten in glänzender Weise gezeigt haben. SiichsMe Fckd». Wtlh. StStzvert» Pillnitz, vnaö Itz ^..,.«...'^72,^ -— .Sll°,^„ ,i>, Sie °.d777777,'* '77° j Verlags»vftaHHermanv«-yer » Lo., Sonntagsden^^Juni1906^^ 7" schwer ja fast unmöglich ist, Steuern zu finden, die federn am Kolonialvevivaltung, per Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg, M Nachbarn werden nun auch aus seinem Posten bleiben wird, trotzdem der Reichstag --chanung eines eigenen Kolonialamtes ablehute. " omalprmz" siot damit einen hohen Beweis sem^atwna len Empfindens und seiner Selbstlosigkeit gegeben. v>n Han urg ist zu Pfingsten das durch seine Einfachheit ?rokar g Brsmarck - Denkmal enthüllt, welches den ersten Kanz ler als Roland barstellt. Es gibt bisher kein so machtvoll wirkendes Monument des „Alten vom Sachscnwalde , als das, weläjes die alte Hansastadt hoch am Ufer der Elbe er- richtet hat. Mit tiefstem Abscheu ist überall die Kunde von ^m Bombe n -Attentat inMadrid vernommen, welches die Vermählung des jungen spanischen Herrschers zum Glu nicht stören konnte, obwohl das «eben des fürstlichen Paares rn ernstester Gefahr schwebte, aber das traurige Ereignis weilt auch auf die zerrütteten Verhältnisse hin, in denen sich Spa- men befindet. Der Nihilismus in Rußland, der Anarchls- Mus im Lande der Kastanien sind demselben Boden, der Ver lotterung und Rückständigkeit in der ganzen Staatsverwal- tnng erwachsen, kaum irgendwo herr'cht auch io geringe loyale Empfindung des Volkes gegenüber der Dynastie, so geringe wirkliche Herzens-Teilnahme für den Träger der Krone. Eine nach Jahrzehnten zählende Mißwirtschaft hat die Spanier entarten lassen, und von dieser Strömung in der Bevölkerung hat schon Alfonso XII., der Vater des heutigen Königs, ge- nug empfunden, obivohl er eine sehr sympathische Persönlich keit war. Wir wünschen bem Neuvermählten jungen spani schen Königspaare gewiß Glück und Segen, aber Ruhe und Friede im Lande kann erst kommen, wenn in die leidige spa nische Wirtschaft mit eisernem Besen hineingefahren ist. Die grenzenlose Armut bei einem erheblichen Teil der Bevölke rung, bem noch die meisten Lasten aufgepackt werden, wäh rend die gutsituierten Klassen sich der Verpflichtung, Opfer für das Vaterland zu bringen, mit vielem Geschick zu ent- ziehen wissen, läßt kerne Versöhnlichkeit aufkommen. Be merkenswert ist es, baß man in England, wo man wnst sehr wenig von einem internationalen Feldzuge gegen den Anar chismus wissen wollte, heute, nachdem eine englische Prinzessin dem Tode nahe gewesen ist, erheblich anders darüber denkt. Wäre schon früher in London die gleiche Anschauung die lferr- schende gewesen, manches Verbrechen anarchistischen Charak ters wäre wohl unterblieben. Gerade zum Besuche des Deutschen Kaisers in Wien ist die Neubildung des österreichischen Ministe riums Beck gelungen. Sein Vorgänger Hohenlohe trat vor dem Feste bekanntlich zurück, weil der Kaiser den Handels- politischen Forderungen der Ungarn sich zu nachgiebig gezeigt hatte. Hierin liegt schon die Aussicht auf ein kurzes Regi- ment des gegenwärtigen Kabinetts; die österreichische Volks- -Vertretung hat keine Lust, den Magyaren zu viel Gefälligkeiten zu erweisen, für die sie auf wahren Dank nicht zu rechnen hat, und von der ungarischen Regierung kann man nur sagen: „Je mehr sie hat, je mehr sie will!" Kaiser Franz Josef war nicht gnt beraten, als er den Ungarn wieder und immer wie- der nachgab. In Rom leitet -jetzt Giolitti die Geschäfte; Herr Giolitti ist leider auch nicht ein Staatsmann von dauernder Existenz am Ruder. Er hat einen großen Fehler, nämlich den daß er sich gern im Voraus für Taten mit großen Worten belohnt, die hinterher unausgeführt bleiben. Herr Giolitti hat schon ganz Italien vom Fundament aus reformiert lei- der bloß auf 'dem Papier. Daher auch die immer wieder sich erneuernden inneren Unruhen. Auch auf der Balkanhalb insel gärt es wieder, an verschiedenen Orten fanden blutige Zusammenstöße statt. In Paris arbeitet die neu gewählte Deputier-