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Amts- und Anzeigeblatt sür den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock unö dessen Umgebung Bezugspreis vierteljährl. IN. 1.50 einschließl. des „Jllustr. Unterhaltungsblatts" und der humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der Expedition, bei unserenVoten sowie bei allen Reichspostanstalten. Tel.»Ndr.: Amtsblatt. SS». für Eibenstock, Larlsfeld, Hundshübel, Neuheide, Oberstützengrün, Schönheide, Schönheiderhammer,Sosa,Unterstützengrün,wildenthal usw. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. — - -------- 57. Jahrgang. -—n — Domerstag, den 22. Scptember — * * Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den folgenden Tag Anzeigenpreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pfennige. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile Z0 Pfennige. Fernsprecher Nr 21V. Landtagsaögeordneter Opitz über die innere Lage in Sachsen. Aus der Hauptversammlung des Konservativen Vereins zu Herlasgrün sprach am Sonntag der Vize präsident der Zweiten sächsischen Ständekammer, Herr Geh. Hofrat Opitz. Er führte u. a. aus: Wer die Verhältnisse einigermaßen mit Aufmerksamkeit verfolgt, dem kann es nicht entgehen, daß unser engeres Vater land gegenwärtig wenn schon nicht gerade einer Kata strophe entgegentreibt, so doch an einem bedeutsamen Wendepunkt seiner inneren Geschicke angekommen ist. Bis zum Jahre 1903 waren die bürgerlichen Parteien in Sachsen nahezu ein Jahrzehnt im Kampfe gegen die Sozialdemokratie zusammengegangen. Es war dies die Zeit des Kartells, das sich sowohl auf die Reichstags- wie die Landtagswahlen erstreckte. Dann kam die Zeit der Reichstagswahl von 1903, bei der bekanntlich die sächsischen Reichstagssitze bis auf einen an die Sozial demokratie verloren gingen. Die ganze Schuld für den schlechten Ausgang der Reichstagswahlen wurde auf das Kartell geworfen. Der Kampf wurde unter Aufkündigung des Kartells von Seiten des Linkslibe ralismus nicht mehr gegen den früheren Feind, die Umsturzpartei, sondern gegen den Konservatismus ge führt. Der Grund für diese Schwenkung des Liberalis mus lag aber in Wirklichkeit keineswegs im Kartell. Man warf der Regierung und der damals im Land tage maßgebenden konservativen Partei nicht bloß Man gel an der nötigen Unterstützung der Industrie vor, sondern bezichtigte sie oft der Jndustriefeindlichkeit. Hier tat man der Regierung wie den Ständen unrecht. Tatsächlicy kann es keine Regierung geben, die mehr von der hohen Bedeutung der Industrie überzeugt ist und sie nach allen Seiten hin fördert, als die sächsische. Trotzdem kamen die Linksliberalen nicht davon ab, das bis dahin unter den Ordnungsparteien bestehende Kartell aufzulösen und nun Schulter an Schulter mit der Sozialdemokratie den schärfsten Kampf gegen den früheren Bundesgenossen, den Konservatismus, zu füh ren. Redner kam weiter zu sprechen auf das Wahlrecht und den Kampf, der vom Linksliberalismus in der Presse, in den Versammlungen und im Landtag gegen die konservative Partei geführt worden ist. Um Agi tationsmittel in Sachsen, wo geordnete Verhältnisse in jeder Hinsicht bestehen, zu finden, wurde die schon erwähnte Behauptung der Jndustriefeindlichkeit der Re gierung und der Mehrheitspartei im Landtage aufge stellt. In Sachsen predigen aber jede Stadt und auch viele Dörfer von der glänzenden Entwicklung, die die Industrie genommen. Nicht viel anders stand es mit dem Vorwurf der konservativen Mißwirtschaft auf fi nanziellem Gebiet, wobei für die Linksliberalen als Agitationsmittel auch das damalige Wahlgesetz mit her halten mußte. Es gebrach eben an Agitationsmaterial. Der Ausgang des Wahlkampfes entsprach dem völlig. Die nationalliberale Partei war selbst um vier Mitglie der schwächer in den Landtag eingezogen, als im vor- hergegangenen, die freisinnige Partei war von 3 auf 8 gestiegen und die sozialdemokratische Fraktion, die im letzten Landtage aus einem Mitgliede bestand, wäre bei einem Haar die stärkste in der Kammer geworden, ist aber auch ohnedies in allen Fragen, in denen die bür gerlichen Parteien auseinandergingen, gegenwärtig tat sächlich die ausschlaggebende Fraktion. Die National liberalen konnten deshalb auch keinen ihrer liberalen Gedanken vertreten, ohne sofort vom Freisinn und der Sozialdemokratie übertrumpft zu werden. Der Redner kam nun auf die Reform der Ersten Ständekammer zu sprechen, auf die Steuerfragen, Reform des Religions unterrichts und auf andere Gebiete, die im letzten Land tage besprochen und beraten wurden. Man könne nach Lage der Sache wohl nicht sagen, daß die nationallibe rale Partei ihre schwierige Aufgabe im letzten Land tage mit hervorragendem Geschick gelöst hätte. Aber man müsse gerecht sein und anerkennen, daß eine Lö sung dieser Aufgabe auch geschickteren Händen nicht möglich gewesen wäre. Es liege auf der Hand, daß es in unserm engern Vaterlande zur Verwirklichung liberaler Forderungen neben der sozialdemokratischen doch wahrlich nicht noch weiterer Opposition bedarf, daß vielmehr im Gegenteil schon lange der Zeitpunkt gekommen ist, wo die staatserhaltenden Par teien sich zusammentun müssen, um einer überstürzten Entwicklung nach links entgegenzutreten, wenn nicht Staat und Gesellschaft dem Abgrunde zuge trieben und vor allem die Industrie über kurz oder lang den bedenklichsten inneren Krisen ausgesetzt werden soll. Es sei also alles in allem ein unerfreuliches Bild, das gegenwärtig die jnneren Verhältnisse Sachsens bieten, Wie dem aber auch immer sei, so könne die Regierung und das Land bei diesen Bemühungen, unheilvollen Bestrebungen jeglicher Art einen wirksamen Damm ent gegenzusetzen, auf die konservative Partei bestimmt zäh len. Tagesgeschichte. Deutschland. — Die Kommission des Reichstages für die Reichsversicherungsordnung und die I u- stizkommission haben am Dienstag ihre Beratun gen wieder ausgenommen. — Neue Steuern? Einer Blättermeldung zu folge soll die Staatsministerialsitzung, die am Mon tag unter Vorsitz des Reichskanzlers stattfand, sich mit der Aufstellung des neuen Etats bezw. mit der Frage der Eröffnung neuer Steuerquellen beschäftigt haben. Demgegenüber ist die „Neue preußische Korrespondenz" auf Grund authentischer Informationen in der Lage, festzustellen, daß die Annahme, die Regierung werde im Laufe der nächsten Zeit mit neuen Steuerforderun gen an die Volksvertretung herantreten, unbegrün det ist. Wenn es sich auch bestätigen dürfte, daß die Ergebnisse der letzten Reichsfinanzreform hinter den gehegten Erwartungen zurückblieben, so werden vor aussichtlich entsprechende Abstriche in den verschiedenen Ressorts die Bilanzierung des Etats ermöglichen. — Dernburg, freisinniger Reichstags kandidat. Der Abgeordnete Wiemer erklärte in ei ner liberalen Versammlung in Nordhausen unter stür mischem Beifall, Dernburg habe sich ihm gegenüber zur Uebernahme einer freisinnigen Reichstagskandidatur bereit erklärt. Dieser Entschluß Dernburgs wird nicht allzu sehr überraschen. Freisinnige Anschauungsweise, in der der frühere Kolonialsekretär groß geworden war, war mit ihm so eng verwachsen, daß sie auch während seiner kolonialamtlichen Tätigkeit deutlich genug er kennbar wurde. Immerhin kann man nach der ministe riellen Periode dem Erscheinen des Herrn Dernburg im schlichten Gewände des Reichstagsabgeordneten mit einiger Spannung entgegensehen. — Eine Absage der Heeresverwaltung an Zeppelin? Den „Berl. N. N." wird aus Köln geschrieben: Obgleich die letzten Unfälle, welche die Zeppelinballons betroffen haben, das Vertrauen auf die Verwendbarkeit dieser Ballons im Kriegsfälle nicht erschüttern konnten, neigt man doch in militärischen Kreisen der Auffassung zu, daß es ratsamer sei, sich nach französischem Muster der Flugzeuge zu bedienen. Man ist darin einig, daß durch diese Unfälle unter kei nen Umständen das starre System verurteilt werden darf. Indessen dürfte schon aus dem Grunde militä rischerseits der Ankauf eines weiteren Zeppelinluftschif fes unterbleiben, als die Kosten für die Erwerbung einer Anzahl solcher Ballons zu hoch würden. Für den Kriegsfall müßte aber eine große Anzahl bereit gestellt sein, da man mit Vernichtung eines Teiles dieser Ballons rechnen muß, die nur eine Höhe von 6—700 Metern erreichen dürfen, um im Kriegsfälle ihrer Aufgabe noch gewachsen zu fein. Vor einiger Zeit hat unter Vorsitz des Inspekteurs der Verkehrs truppen, Generals von Lyncker, in Berlin eine Tagung der Kommission stattgefunden, die zur Ergründung der Ursachen des Weilburger Zeppelinunglücks eingesetzt ist. Die Beratungen wurden streng vertraulich geführt. — In Köln wurde am Dienstag das Reiter standbild Kaiser Wilhelms II. feierlichst ent hüllt und gleichzeitig der Schlußstein zu der neuen Dombrücke gelegt. Oesterreich-Ungar«. — Kaiser Wilhelm in Wien. Dienstag früh um 9 Uhr 15 Minuten fuhr am Bahnhof Hetzendvrf Kaiser Franz Josef in der Uniform eines preußischen Generalfeldmarschalls mit dem Generaladjutanten Gra fen Paar vor, vom Publikum stürmisch begrüßt. Als der kaiserliche Sonderzug auf dem Bahnhofe einge fahren war, trat Kaiser Franz Josef an die Tür des Salonwagens, dem Kaiser Wilhelm in der Uniform eines österreichisch-ungarischen Feldmarschalls entstieg. Die Majestäten reichten sich herzlich die Hände, küßten sich zweimal und sprachen mehrere Minuten angelegent lich miteinander. Kaiser Wilhelm stellte dem Kaiser Franz Josef die Herren seines Gefolges vor und schritt dann zu den Erzherzögen, die in einer Reihe Auf stellung genommen hatten. Gegen VilO Uhr begaben sich die Monarchen zu den Wagen. Kaiser Wilhelm nahm rechts von Kaiser Franz Josef Platz, worauf unter brausendem Jubel des Publikums und dem „Heil Dir im Siegerkranz" einer Knabenkapelle die Abfahrt nach Schönbrunn erfolgte. Die Erzherzöge und die an deren hohen Herrschaften folgten. Kaiser Wilhelm ver ließ zuerst den Wagen und half Kaiser Franz Josef beim Aussteigen. Kaiser Wilhelm begrüßte dann den Statthalter, den Polizeipräsidenten und den Bürger meister und nahm die Vorstellungen der zur Aufwar tung erschienenen Generäle entgegen. Nunmehr be gaben sich die Majestäten in das Schönbrunner Schloß. Im Maria Theresia-Zimmer empfing Kaiser Wilhelm den Minister des Aeußern Grafen von Aehrenthal, die obersten Hofchargen usw. Um 11 Uhr vormittags empfing der Kaiser eine Offiziers-Deputation des k. und k. Husaren-Regiments Wilhelm II., Deutscher Kai ser und König von Preußen Nr. 7, welche dem Kaiser aus Anlaß des 25jährigen Inhaber-Jubiläums die Glückwünsche des Regiments und einen vom Ofsizier- korps gewidmeten Ehrensäbel überreichte. Der Kai ser^ erwiderte das Geschenk durch Ueberreichung einer goldenen Bowle im Empirestil mit eingravierter Wid mung. Kaiser Wilhelm hat an eine Reihe von hohen Militärs Ordensauszeichnungen verliehen, u. a. den Schwarzen Adlerorden dem General der Kavallerie Grafen Uexkuell-Gyllenband. V»1 Uhr mittags fand im Maria Theresia-Zimmer ein'Dejeuner statt, dem die beiden Majestäten und die Mitglieder des Kaiser hauses mit den Suiten beiwohnten. Kaiser Franz Jo sef hat Kaiser Wilhelm die von ihm zu seinem 80. Geburtstage gestiftete Plakette, welche er bisher nur an Mitglieder des österreichischen Kaiserhauses verge ben hatte, in Gold verliehen. — Der Stadtrat hat ein stimmig beschlossen, den Parkring „Kaiser Wilhelm- Ring" zu nennen. — Der Kaiser schmückte nachmittags in der Kapuzinergruft die Särge der Kaiserin Elisabeth und des Kronprinzen Rudolf mit prachtvollen Krän zen und verweilte einige Zeit im Gebet an den Särgen. — Prag, 20. September. Heute begannen hier unter Vorsitz des Statthalters Grafen Coudenhove die von der Regierung eingeleiteten Verständigungs verbandlungen, an welchen sämtliche deutschen und tschechischen Parte ien des Landtages teil- nahmen. In der Konferenz wurde eine Einigung er zielt. Der Landtag wird für nächsten Dienstag ein berufen. Rußland. — Petersburg, 20. September. Gleichzeitig mit dem „Berliner Tageblatt" ist auch der „Frankfur ter Zeitung" das Postdebit entzogen worden. Frankreich. — Paris, 20. September. Aus Anlaß der be vorstehenden Einstellung der Rekruten hat die revo lutionäre Jugend verflossene Nacht Maueranschlä ge anbringen lassen, welche die Ueberschrift „Gallo- nierte Mörder" tragen. Die Plakate geben die hef tigsten Teile einer vom jetzigen Ministerpräsidenten Briand gehaltenen Verteidigungsrede wieder, die die ser im Jahre 1903 vor dem Schwurgericht des Depar tements Uonne anläßlich der Verurteilung eines An timilitaristen verlesen hat. Türkei. — Konstantinopel, 20. September. Der tür kische Minister des Aeußern hat nach mehreren Sei ten hin die Existenz einer rumänisch-türkischen Militärkonvention entschieden in Abrede gestellt. Die türkische Presse fährt in ihrer Kritik dieser Nachricht fort, wobei allgemein die wärmste Sympathie sür Ru mänien zum Durchbruch gelangt. Das sehr verbrei tete Morgenblatt „Jeune Ture" sagt: Vielleicht ist die Nachricht von einer Entente mit Rumänien noch verfrüht, doch kann, was heute nicht der Fall ist, mor gen Tatsache werden. Wir drücken unsere heißesten Wünsche für die baldige Verwirklichung dieser Entente aus. Lokale und sächftsche Nachrichten. — Eibenstock, 21. September. Guten Besuches hatten sich die gestern im ^Deutschen Hause' aufgetretenen Dresdner Viktoria-Sänger zu erfreuen. WaS sie boten, war auch diesmal neu und dezent — von Anfang