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Der Bote vom Geising Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mittags Wöchentliche Beilage: ^Neue Illustrierte". Monatsbeilage: »Rund um den Geisingberg". und Müglitztal Zeitung Bezugspreis für den Monat 1,25 NM. mit Zutraaen. Anzeigen: Die 4 gespaltene 65 mm breite Corpus« zeit? oder deren Naum 26 Pi. die 86 mm oreile Reklame» u. Eingesandtzeile od. der. Raum 40 Pf. Bezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Altenberg und Lauenstein, sowie der Stadlbehörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bürenstein, vlulk und Verlag: F.A. Kuntzsch, Attenberg. — Für die Schrfftlettung verantwortlich: Flora Kuntzsch. Altenberg. - Fernspr.: Lauenstein 427. — Postscheck Dresden 11811. — Gemeindegirokonto Attenberg 11 64. Jahrg. Sonnabend, den 27. April 1829. Nr. 49. Die verzweifelte Kassenlage des Reiches. Nachdem die dritte Aprilwoche die sensationelle Krise in den Pariser Rcparationsverhundlangen der internatio nalen Sachverständigen gebracht hatte, bescherte uns die vierte Aprilwoche eine neue Sensation: eine gefährliche Zuspitzung der Kasseulage im Reiche, sämtlich ist die Zuspitzung bereits einige Wochen alt; aber sie ist erst in der vierten Aprilwoche im Reichskabi- ncti klar herausgeardeitet und bald darauf auch den Par- teli-ihrern dargelegt worden. Man mutz bei der Beur teilung dieser Frage zwischen denjenigen Umstünden unter- scb:den, die diese Kaßrnkrise heroorgerufen, und denjeni gen anderen Umständen, die sie verschärft haben. An sich ist es nicht recht vorstellbar, wie bei solider Finanzwirt- schast überhaupt eine solche Knappheit an Barmitteln in der Reichskasse entstehen kann. Für jede Ausgabe ist dock, die erforderliche Deckung in Form einer Einnahme Mgesehen. Das Leiden begann folgendermatzen: 2n früheren Haushaltsplänen wurde nach der Ge pflogenheit der Vorkriegszeit für die Ausgaben des nutzer- ordentlichen Etats Deckung in Form von Anleihen vor- gesphen. Die Ausgaben wurden geleistet, und zwar aus Einnahmen des ordentlichen Etats. Sobald es an gängig wäre, sollte dann die von den gesetzgebenden Stellen genehmigte Anleihe ausgegeben und der Ertrag d r Anleihe verwendet werden, um dem ordentlichen Etat die Vorschüsse zurückzugeben. Diese Anleiheausgabe ist aber im wesentlichen mitzlungen. Anfang 1927 versuchte man 500 Millionen Reichsanleihe aufzulegen, der Versuch scheiterte fast völlig und ist seitdem nicht mehr wiederholt worden. Aber der ordentliche Etat entbehrt schmerzlich die Gelder, die er dem autzerordentlichen Etat geliehen hat. Es handelt sich hierbei um eine Summe von mehreren hindert Millionen Mark. Obwohl in den letzten Jahren feine Anleihen mehr neu beschlossen worden sind, hat die wisenlage doch eme plötzliche scharfe Verschlechterung er fahren ; das Reich ist nämlich verpflichtet, der Reichs anstalt für Arbeitslosenversicherung Darlehen zu gewähren, wenn die Prämieneingänge nicht ausreichen, um die er- f. rderlichen Renten zu bezahlen. Auf diese Weise ist das Heich bereits bis Ende April in Höhe von 360 Millionen Nark in Auslage gegangen. Eine Rückerstattung dieses Geldes kommt in den nächsten Monaten nicht in Betracht. Nun war der April als ein sogenannter „Quartals- nonat" ein verhältnismätzig günstiger Einnahmemonat; er brachte nämlich die vierteljährlichen Vorauszahlungen ir die Einkommen- und Körperjchastssteuer. Wenn trotz- em das Reich, nachdem es alle verfügbaren Quellen er- ichvpft hat, um sich kurzfristige Kredite zu verschossen «Lisenbahn, Post, öffentliche Versicherungsanstalten usw.) b i den Privatbanken 170 Millionen Mark leihen muh, und wenn in den nächsten Monaten etwa gar noch wei- re Beträge geborgt werden müssen, so kann man nicht anders als der Zukunft mit Sorge entgegensehen. Reichs regierung und Reichstag haben sich nicht dazu aufraffen 'önncn, rechtzeitig dafür zu sorgen, daß dem Reich ein usreichender Betriebsmittelsonds zur Verfügung gestellt werde. Sie haben im Gegenteil den früher bestehenden Betriebsmittelfonds aufgelöst und ihn zur Deckung lau sender Ausgaben verwandt. Sie haben in gleicher Weise mit den Münzprägungsgewinnen verfahren, die ihrem Wesen nach (als einmalige, nie wiederkchrende Einnah men) geradezu prädestiniert dazu waren, in einer Kaste angeiammelt zu werden und dem Reich die Überbrückung einnahmeschwacher Monate zu erleichtern. Die Reichs- regicrung und die gesetzgebenden Organe dürfen sich jetzt nicht wieder mit halben Matznahmen begnügen, sondern müssen der Kastennot des Reiches gründlich abhelfen i7o-NWione»tiretM Oer Lro-banken. Die Verhandlungen des Reiches mit den Großbanken sind soeben zum Abschluß gebracht worden. Die Groß banken gewähren dem Reich einen Kredit von 170 Mil lionen Mark, der zum Lombardsatz der Reichsbank plus ein Achtel Prozent verzinslich ist. Der Kredit laust aus drei Monate. Der Kredit der Banken, der zu verhältnismäßig hohen Bedingungen erlangt wordcn ist, reicht nur für die augenblicklichen Geldverlegenheiten des Reiches aus. Nun muß man noch berücksichtigen, Latz bei einem nor malen Ablauf des Reichshoushalisjabres in der ersten Hälfte des Jahres die Kasseniage ausgeglichen zu sein pflegt Schwierigkeiten machen sich erst in der zweiten Hälfte des Jahres geltend. Es gibt daher zu großen Besorgnissen Amatz, daß das Reich schon jetzt am An fang des Jahres mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Auch der neue Bankenkred 1 und die ge plante Erhöhung der KredilermächNgung können die stän dige Ebbe der Reichskaffe nicht abdämmen. Es werden daher in Regierungskreiscn Maßnahmen erwogen, wie man endgültig die Reichskasten wieder so auffüllen kann, datz die regelmäßig wiederkehrenden Schwierigkeiten an den Monatsschlüsten forlfallen. Hierbei wurde insbeson dere auch die Verwertung von Eisenbahnvorzugs aktien in Erwägung gezogen. Ob, wie verschiedentlich behauptet wird, auch neue Steuermaßnahmen in Frage kommen, läßt sich zurzeit noch nicht übersehen. Erhöhung des Reichsbankdiskonts In der Zentralausichußsitzung der Rcichsbank wurde am Donnerstag beschloßen, den Reichsbankdivkont und den Lombardsatz um je ein volles Prozent, auf 7V2 bezw. 8^/2 v. H. zu erhöhen. Vom Reichsbankdirektorium wurde mitgeteilt, daß die Ab gaben der Reichsbank seit Ende vorigen Jahres an Gold und Devisen den Betrag von 1084 Millionen erreicht haben, darunter allein an Gold 570 Millionen. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Währungsdeckung aurreiche und die Sicherheit der Währung unter allen Um ständen gewährleistet sei. Von der Wirtschaft seien Devisenanforderungen in größe rem Maße als notwendig gemacht worden. Man könne von Angst- und Lorratskäusen sprechen. Hierin liege zwar eine gewiße Reierve, die Reichsbank sei aber gewillt, wenn innerhalb der W^nschafl falsche Dispositionen ge troffen würden, hiergegen durch wirksame Mittel anzugehen. Des Prinzen Heinrich letzte Fahrt Auf dem Gute Hemmelmark bei Eckernförde in der Provinz Schleswig Holstein sann die feierliche Beisetzung der vor einigen Toyen verstorbenen Prinzen Friedrich von Preußen statt, zu der sich etwa 4000 Traungäste eingesunden hatten, darunter die n Deutschland lebende Meldungen in der ausländifcheu Presse, daß die Diskonterhöhung die Folge eines Druckes von seilen der Reparationskommission und des Reparalionsogenten sei, entsprächen in keiner Weise den Tatsachen. Die Reichs bank ser in ihren Entschließungen durchaus frei. Richtig sei allerdings, datz die derzeitige Lage größtenteils durch die starken Transferierungen des Reparationsagenten her vorgerufen sei. Die Bartransfenerungen des Reparations- agenten hätten in der Zeit vom 1. September 1928 bis 1. März 1929 730 Millionen betragen gegen nur 430 Millionen im Vorjahre. Das Reichsbankdirektorium habe gegenüber der Reichsregierung darauf hingewiesen, daß die Wirtschaft?-, Finanz- und Sozialpolitik die Lage der Reichsbank unbedingt berücksichtigen muß. Rach dieser Richtung hin sei vom Reichskanzler jede mögliche Rück sichtnahme zugesagt worden. Hilferding über die Reichsfinanzen Die dauernde Verschlechterung. Der Haushaltaurschutz des Reichstages beschäftigte sich am Donnerstag mit der von den Regierungsparteien be antragten Erhöhung der Anleiheermächtigung. Abgeordneter Gras Westarp (Dtn.) bedauerte, daß man erst gestern erfahren habe, daß es sich lediglich um einen Auslegungsstreit zwischen der Reichsschuldenverwal- tung und dem Reichsfinanzministerium handele, und er suchte den Minister um genaue Klarlegung der Finanz- und Kaßenlage. Reichsfinanzminister Dr. Hilfer-ing erwiderte, die Kaßenlage sei durch den plötzlich auftreten- den Bedarf der Arbeitslosenversicherung verschlechtert worden. Der voraussichtliche Fehlbetrag des Jahres 1928 habe 80 bis 100 Millionen betragen. Dazu seien dann die Posten der Arbeitslosenfürsorge gekommen, die bis Ende März 260 Millionen betragen hätten. Insgesamt habe der Kassenbedars Ende März 1635 Millionen betragen. Hiervon seien 400 Millionen auf Schatzwechsel genommen worden, 100 Millionen seien Kontokorrent bei der Reichs bank, die übrigen Summen seien von Post, Reichsbahn, Prcußenkasse und Seehandlung zur Verfügung gestellt norden. Lin Restbetrag von 150 Millionen sei durch einen Kontokorrentkredit der Banken gedeckt. Im April habe sich die Kassenlage weiter verschlechtert. Die Arbeitslosenversicherung habe neue 65 Millionen er- kömgliche Familie, der Sohn des Reichspräsidenten, Ad miral Raeder, General Haste und Vertreter einer ganzen Reibe von Organisationen. Der Sarg des Prinzen wurde auf einer Lafette aufgebahrt, die, wie unser Bild zeigt, von 32 Marineoffizieren zum Mausoleum gezogen wurde. Die gesamte Flotte hatte Halbmast geflaggt, weil der Verstorbene Großadmiral der Manie war.