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Der Bote vom Geising Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag. Donnerstag und Sonnabend mittag» Wöchentliche Beilage: »Neue Illustrierte". Monatsdeilage: .Rund um den Geisingberg". Müglitztal-Zeitung Bezugspreis für den Monat 1.25 Goldmarl mit Zutragen. 'Anzeigen: Die 4 gespaltene 65 mm breite Zeilc 15 Goldviennige. Eingesandt und Reklamen 30 Goldpfennige Bezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Altenberg und Lauenstein, sowie der Stadldehörden Altenberg, Geising Lauenstein und Bärenstein. Druck und Verlag: F. A Kuntzsch, Altenberg — Für die Schriftlritung verantwortlich: Flora Kuntzsch Altenberg. — Fernspr.: Lauenstein 27. — Postscheck Dresden 11811. — Gemeindegirokonto Altenberg 11 Nr. 88. Sonnabend, den 1. August 1925. 6V. Iahrg. Die Steuergesetze. Schon 180 Gesetze hat der Reichstag, der Anfang Januar zusammentrat, bisher bewältigt; dabei sind es vielfach Gesetze von tiefeinschneidender Bedeutung, die er ledigt weiden mutzten, wurden Entscheidungen schwerst- wiegender Art getroffen. Zwei Gesetzeskomplere harren noch der Fertigstellung, und auf sie trifft die Bezeichnung schwerwiegend und einschneidend nicht minder zu. Es sind dies die Zoll- tarifvorlagen und besonders die Steuergesetze. Nicht weniger als neun Gesetze sind es, die nach ihrer Durchberatung im Reichswirtschaftsrat und im Reichs- rol dem Reichstag am 23. April vorgelegt wurden. Da ist zunächst das „Steuerüberleitungsgesetz" oder, wie es wörtlich heitzt: „das Gesetz zur Überleitung der Einkom mensteuer und Körperschaflssteuer in das regelmäßige Ver anlagungsverfahren". Es ist also eine Art Zwischenge setz, das die endgültige Besteuerung für das Jahr 1924 , und die für 1925, die letzte aber nur vorläufig, regelt. Für 1924 soll es grundsätzlich bei den Vorausbezahlungen, , wie sie nun einmal geschehen sind, verbleiben; eine ver einfachte Veranlagung für 1924 ist festgelegt. Eine tief- einschneidende Reform bringt nun das neue Einkommen steuergesetz; die vielen Klagen über das wirtschaftlich über aus schädigende, weil allzuscharfe Anziehen gerade dieser Steuerschraube Hal zur Herabsetzung der höchsten Sätze geführt, so datz diese Steuer jetzt nicht mehr über einen Höchstsatz von 33^ 3des Einkommens hinausgeht. Er gänzt wird dieses, also das Einkommen der „natürlichen" Personen treffende Gesetz durch das Körperschaitssteuerge- setz, das das Einkommen der Erwerbsgcsellschaften bürger lichen Rechts, alle übrigen Körperschaften und Vermögens- Mafien und die öffenillch rechtlichen Betriebe anpackt, so weit diese nicht lebenswichtigen, gemeinnützigen oder mild tätigen Zwecken dienen. Der Steuersatz ist grundsätzlich 20 '. Das neue Reichsbewerlungsgesetz hat die Aufgabe, für die Vermögenssteuer des Reiches unter Mitwirkung der Länder und Gemeinden und für diese bindend „Ein- heitswerte" des landwirtschaftlichen, Betriebs-, Grund- und sonstigen Vermögens festzustellen. Der Linhettsw.rt dient dann auch als Grundlage für die entsprechenden Länder und Gemeindesteuern. Darauf baut sich dann die neue Vermögens- und Erbschaftssteuer auf, der alle natürlichen und juristischen Personen, aber auch nichtrechlsfähige Ver eine unterworfen sind. Steuergrenze nach unten ist 5000 Mark, Steuersatz ist für die ersten 25 000 Mark 3 v. ' Tausend, bis 50 000 Mark 4 v. Tausend, über 50000 Mark 5 v. Tausend des Vermögens. Das Erbschafts- steuetgesetz enthält eine Reihe von Abänderungen des bisherigen Gesetzes mit einem neuen Tarif, der bis zu einem Spitzensatz von 60°/, der Erbschaft geht. Ände- ! rungen der bisherigen Gesetze enthält auch das neue Derkehrssteuergesetz bei Kapitalsumsatz, also die Besteue rung von Umsätzen in Aktien, Schuldverschreibungen, Pfand- , briefen, Devisen und Waren; gleichzeitig wurden gewisse Bestimmungen des Grunderwerbssteuergesetzes abgeändert, s schließlich auch solche des Wechselsteuergesetzes, und zwar werden die Steuersätze herabgesetzt. Steuererhöhungen bringt bekanntlich das neue Bier- und Tabaksteuergesetz, das das Hektoliter B er von 10 M. l an aufsteigend nach der Menge der Produktion belastet, auf die Zigarren im Werte von 2 Pfennig beginnend ' eine Steuer von 5 Mark auf das Tausend, die gleiche Steuer auf die 1-Pfennig-Zigarette legt. Auf dem Fein- ? schnittabak liegen 50"/<, des Wertes an Steuer, auf dem , Pfeifentabak 25 °/^. Besonders umstritten waren und sind die beiden ! letzten Gesetzte, nämlich das über die gegenseitigen Be steuerungsrechte des Reiches, der Länder und Gemeinden und das über Änderungen des Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden. Das erstere regelt nur i die Besteuerung des Reichs, seiner Betriebe und Mono- ' polverwaltungen durch die Länder und Gemeinden, wäh rend das Finanzausgleichgesetz den Ländern und Gemein- den wieder die selbständige Erhebung von Anteilen an der Einkommen- und der Körperschastssteuer zuspricht. Die Höhe dieser Anteile ist heftig umstritten worden, weil das Reich 25°/, erheben will, der Reichsrat nur 10°/, des Solls zugibt. Die Gesamtsteuererhebung bleibt Sache des Reiches. Ebenso verlangen die Länder vom Aufkommen der Umsatzsteuer 30°,, während die Regierung diese Summe nur bis zum 1. April 1926, für die Folgezeit nur 20°, bewilligen will. Für die Durchdringung der Gesetze befiehl eine Mehr- heil im Reichstag, da die Regierungsparteien sich über die meisten Punkte geeinigt haben. Richt über alle. Die Regierung selbst hat schon erklärt, datz sie aus Beschlüssen des Reichstages, die von ihrem Standpunkt wesentlich abweichen, die parlamentarischen Folgerungen ziehen wolle. So wird auch hier wieder ein Kompromiß die unbefrie digende Lösung bringen müssen. Die Räumung. Essen. Die Räumung Essens von den Besatzung truppen dauert an. Die etwa 350 beschlagnahmten Wohnungen von 2 bis 6 Räumen find an die Stadt zurückgegeben worden. Die Artillerie ist abgezogen, ebenso die Kavallerie. Am gestrigen Freitag früh haben die noch nicht zurückgezogenen Insamerieabteilungen die Stadt verlassen. Im Laufe des gestrigen Vormittags wurden auch die noch besetzten Gebäude den deutschen Behörden zur Verfügung gestellt. Mülheim. Das hier in der Kaserne der ehema ligen 159er liegende Bataillon des französischen Infanterie regiments 168 hat Freitag fridas Gebäude verlassen. Die Truppen find in der Richtung Duisburg abgezogen. Es verlautet jedoch, daß im Stadtgebiet noch Gendarmen und Polizeikontrollorgane als Qbergabelommando für kurze Zeit Zurückbleiben. Die Privatquartiere der fran zösischen Zivilbevölkerung sind sämtlich geräumt und von dem Vesatzungsamt übernommen. * « * Mit dem Abzug der Truppen aus dem widerrechtlich besetzten Landestellen sind zwei Fragen akut geworden, die die Öffentlichkeit be'chäfligen, einmal die Räumung der Sanktionsstädte und ferner das weitere Verbleiben der aus dem Ruhrgebiet zurückgezogenen Truppenteile. Zur Räumung der Sanklionsstädte liegt jetzt die Zustim mung aller beteiligten Mächte vor. Was die Zurück ziehung der Besatzungtruppen von deutschem Boden an belangt, so Hal sich aus der Räumung des Ruhrgebietes zunächst eine stärkere Belegung von Streifen des altbe- setzten Gebietes, besonders der zweiten Zone, ergeben, ebenso sind in den Sanktionsstädlen zunächst Truppenteile untergebracht worden. Es find deshalb deutscherseits in Paris Vorstellungen erhoben worden in dem Sinne, daß nicht etwa eine dauernde Mehrbesetzung des allbesetzten Gebietes mit den von der Ruhr zurückgezogenen Truppen erfolgen dürfe. Darauf ist inzwischen eine vorläufige Antwort erfolgt, die Befürchtungen nach jener Richtung als unzutreffend zu erweisen scheint. Von den beiden im Rheinland befindlichen Divisionen soll eine offenbar un mittelbar nach Frankreich zurückgezogen werden, während die andere in der Pfalz verbleiben wird, um dort die bis her stationierte Marokkodivision abzulösen. * * * Duisburg. Die Anzeichen einer beginnenden Räu mung der Stadt Duisburg durch die Besatzungstruppen sind noch sehr gering. Es ist nicht festzustellen, ob es sich bei den abmarjchierenden Truppenteilen nur um Truppen- verschiebungen handelt. Zurzeit sind jedoch die beschlag nahmten öffentlichen Gebäude noch besetzt. Auch ist von vorbereitenden Ubergabemaßnahmen durch die Stadtver waltung noch nichts bekannt. Örtliches und sächsisches. Altenberg. Die Witterung der vergangenen letzten Iuliwoche war recht veränderlich. Sonnenschein und Niederschläge wechselten miteinander ab. Die Heuernte ist infolge der Unsicherheit des Wetters ins Stocken ge kommen und konnte noch nicht beendet werden. Am Donnerstag nachmittag trat ein äußerst heftiges Gewitter auf, das an der Leitung des Uberlandstromes beträcht lichen Schaden anrichtete. Fast einen Tag lang war die ganze Gegend ohne elektrischen Strom. Mit dem heuti gen Sonnabend tritt der Monat August sein Regiment an; von ihm erwarten wir recht viele freundliche Tage, die wir im Interesse der landwirtschaftlichen Arbeiten dringend benötigen. — Heute ist ein Zeitraum von 11 Jahren vorüber gegangen, seitdem der Weltkrieg seinen Anfang nahm. Wir decken voll Wehmut der Zeiten, die die Kriegsjahre über unser Volk und Land brachten und die uns so viel Teures und Liebes raubten. Noch heute geht ein Schmerz gefühl und Zittern durch unsere Seele und ein Trauer nach verlorenem Glück. Es war einmal . . . — Kraftpost-Fahrgelegenheit. Am heutigen Sonn abend, sowie nächsten Montag, den 3. August bietet sich Fahrgelegenheit mit Sonderfahrt in einem neuzeitlichen Benz-Kraftomnibusse von Dresden nach Kipsdorf und Altenberg. Abfahrt: Am 1. August 3 Uhr nachm., am 3. Aug. 8,30 vorm. Dresden Hauptbhf. t Kaiserkaffee). Rückfahrtgelegenheil: Sonntag, den 2. August 8 Uhr nachm. in Allenberg, Fremdenhof Sladt Dresden. Fahr preis: Dresden—Allenberg 4 M, Dresden — Kipsdorf 3 M. — Die Ausbesserung der Rehefelder Straße ist nun beendet, sodaß sie dem Verkehr in vollem Umfange wieder dienen kann. — Die Heidelbeerernte in unsern Wäldern geht ihrem Ende entgegen. Die zweite vielbegehrte Waldfrucht un serer Gegend, die Pilze, scheinen Heuer nicht recht zu ge deihen, denn die Ergebnisse der Schwämmesucher waren bisher gering Man dürste indessen annehmen, daß die Witterung der jüngsten Zeit dem Wachstum der Pilze bestimmt zum Vorteil gereicht. Geising. Der morgige Sonntag soll uns als dies- jährige Kurveranttattung ein großes Sommerfest, verbun den mit Weihe des neuangelegien städtischen Leitenweges bringen. Das Programm für diese Veranstaltung haben wir bereits in voriger Nr. dieses Blattes veröffentlicht und ist auch auch aus dem betr. Inserat in der heutigen Nummer des „Boten vom Geising" ersichtlich. Es sei an dieser Stelle jedoch besonders darauf hingewiesen, daß das Betreten des Seitenweges am Sonntag, den 2. August nicht gestattet ist. Die Vorarbeiten für die Illumination des Weges machen diese Sperrung erforderlich. Ls wird gebeten, von der Ballonpost regsten Gebrauch zu machen. Die frankierte Ansichtskarte kostet mit Ballonpost 20 Pfg. An die Bewohnerschaft unseres Städtchens, sowie an die geehrten zur Sommerfrische hier weilenden Herrschaften ergeht nochmals freundliche Einladung. Geising. W^r der 3. August vergangnen Jahres, der feierlich ernst begangene nationale Gedenktag, zugleich der Tag, an welchem unser Ortsgeistlicher, Pf. Schreyer, der Schneeberger Dergmannssohn, sein 50 jähriges Jubi läum im Dienste der Schule und Kirche unter allseitiger größter Beteiligung feiern konnte, so wird es ihm durch des Höchsten Gnade vergönnt sein, am übermorgenden 3. August seinen 75. Geburtstag zu begehen. Der Jubi lar, der Veteran des Feldzugs 70/71 unter der Waffe bei unjers Königs Regiment (Prinz Friedrich August Nr. 104), an Körper und Geist so selten rüstig, ist von den 1600 Geistlichen unserer Landeskirche mit noch einem Amtsbru der der älteste. Die ganze Kirchgemeinde wird nicht ver fehlen, ihrem treuen Seelsorger zu seinem 75. Wiegenfeste ihre innigsten Glückwünsche darzubringen. Den Gratu lanten schließt sich auch die Heimatzeitung mit einem herz lichen „Glück auf?" an. — Heute Sonnabend, den 1. August, findet der 2. Heimatschutzoortrag statt, den einer der besten Pflanzen kenner des östlichen Erzgebirges, Hosra: Professor Dr. Arno Naumann, mit dem Thema „Kultur- und Naturdenkmäler im östlichen Erzgebirge" hält. Da wird so mancher ver traute Ort, mancher vertraute Baum, manche liebe Land schaft, die uns hier oben Heimat ist, an unseren Augen vorüberziehen, und wir werden aufmerksam gemacht werden auf viele köstliche Schönheiten, die wir noch gar- nicht kennen. Dieser Vortrag, der unser eigenes Heimat- gebiet behandelt, dürfte eine besondere Anziehungskraft auf die Bewohner des östlichen Erzgebirges sein. Kar ten an der Abendkasse. Limenstein. Bei Ler am Dienstag stattgefundenen Sitzung des Stadtverordneten-Kollegiums nahm man zu- nächst Kenntnis vom Beschlusse des Wohnungsausschufies. Ein Unterstützungsgesuch der Gemeinde Obercrinitz wurde abgelehnt. Der hiesigen Freiw. Feuerwehr wurde ein Betrag von 10 M. zum Besuch des Feuerwehrtages in Freiberg bewilligt. Einem Gesuch des Herrn Sägewerks- besitzers Fritz Krödel, betr. Neuanlage am Klotzteiche, stimmte man zu. Wegen der Schüttung des restlichen Teiles der Zollstraße beschloß man, das Material in die sem Jahre noch anfahren zu lassen, die Arbeit aber erst im Frühjahr auszuführen. Darauf nichtöffentliche Sitzung.