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Der Bote vom Geising Müglitztal-Zettung — KV. Jahrg Nr. 63 Donnerstag, den 4. Juni 1825. Lrtcheinl wn.ycntUch dreimal. ^i. 'isiaH, Dvnnerstag und Sonnabend minag-r ^Iochentliche Beilage: »Neue Illustrierte", Monai-beilnge: .Rund um d-n Geisingberg" Bezugspreis für den Monat 1,25 Goldmark mit Zutragen. ^n,<»inen- Die 4aeipaltene 65 mm breite Zeil« 15 Goldpfennige, Eingesandt und Rettamen 30 »oldvsennige. Bczirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Altenberg und Lauenstein, sowie der Stadtbehörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bärenst^^^^^ Druck und Verlag: F. A. Hunhfch, Altenberg. — Für die Schriftleitung verantwortlich: Flora Kuntzsch, Allenberg. — Fernspr.: Lauenstein 27. — Postscheck Dresden 11811. — einem egiro — Vie knlwattnungrnote aer Kol- schaNes-Konferenr. Paris, 2. Juni. Die Botschafterkonferenz hat am Pfingstsonnabcnd einstimmig den Tert der Note gebilligt, die Deutschland hinsichtlich der Entwaffnung zugeslellt werden wird, sowie auch die Liste der Verfehlungen, die der Nole beigegeben wird. Em Souderkurier ist mit der Note der Botjchafterkonferenz nach Berlin abgereist, die dem Reichsaußenminister Dr. Stresemann im Verlauf eines Kollektioschrittes der alliierten Botschafter überreich! wer den wird. Sie besteht aus einer Kollektionote von etwa fünf Seiten und zwei Anhängen. Der erste Anhang setzt sich aus mehreren Teilen zusammen und enthält beson ders die Ausführungsliste der Klauseln des Versailler Ver trages, sowie die Liste der verlangten Abstellungen. Der zweite Anhang enthält das Schreiben der Reparations- kommission. Beide - Anhänge sind etwa 30 Seilen lang. Die Note gipfelt in der Feststellung, daß die Alliier ten, solange Deutschland die genau aufgezählten von der Berliner Kontrollkommission nachgewiesenen Verfehlungen nicht wieder gut macht, die Kölner Besetzung aufrecht er halten müssen. Berlin, 2. Juni. Die Note der Ententeregierungen zur Abrüstungsfrage wird, wie nunmehr feststeht, am Donnerstagmütag 12 Uhr übergeben werden. Es wer den dabei anwesend sein die Botschafter Englands, Frank reichs, Italiens, Japans und der Gesandte Belgiens. Der englische Botschafter wird mit einer Ansprache die Note wahrscheinlich den, Reichskanzler im Beisein des Außen- Ministers Dr. Stresemann übergeben. Nach der langwie rigen Vorbereitung der Note ist nicht anzunehmen, daß das Dokument von der Neichsregiernng in einer kurzen Frist beantwortet werden kann. Vielfach must man dar auf gefastt sein, dast eine mehrmonatige genaue Nach prüfung der Beschwerden und Verhandlungen mit den Ententeregierungen über die emzelnen Forderungen statt- finden wird. Diese Verhandlungen, die sich drei bis vier Monate hinziehen können, werden selbstverständlich stark beeinflusst sein von dem Stand der Besprechungen über den Sicherheilspakt, die ja jetzt ebenfalls eine gewisse Be lebung dadurch erfahren, dast nach den letzten Meldungen aus den Ententehauplstädten eine Antwort auf die deut schen Vorschläge eines Sicherr-eitspaktes unmittelbar be vorstehe. Während der Verhandlungen über die Frage der Abrüstung und den Sicherheitspakt bletb! naturgemäst die Übertragung d r Militärkontrolle in Deutschland an den Völkerbund zurückgesteUl. Dieser Punkt ist denn auch von der Tagung des Völkerbundrates, die in der ersten Iunihälste m Genf beginnt, abgesetzl worden. Der Sicherheitspakt. Das englische Reuterbüro veröffentlicht eine halb amtliche Erklärung über den Stand der Sicherheitssrage, die optimistisch gehalten ist. Die Zuversicht, mit der die Londoner Negierungskreise die Angelegenheit beurteilen, ist um so auffallender, als England daran festhält, dast nur ein solcher Sicherheusoenrag rn Frage kommt, der die deuijche Westgrenze garantiert. Von einem allgemei nen Garantiepakt, wie ihn der französische Außcmnuustcr Briand vorschlägi, und einer Ausdehnung der Garantie verpflichtung-'', auf die deutschen Ojlgrenzcn will ma l in London uau) wie vor nichts wisst n. Im Ein^.'.en weist Neuter über den britischen Ka bineüsbeschlust folgende interessante Angaben zu machen: „Tas britische Kabinett hat die verschiedenen Fra gen geprüft, die sich aus dem in Beantwortung der deut schen Vorschläge von Frankreich ausgearbeiteten Entwurf einer Note über die Sicherheitssrage ergeben. Die Ange legenheit ist nunmehr soweit gefördert worden, dast es jetzt möglich ist, der französischen Negierung gewisse V-.r schlüge zu machen, und cs besteht die Hoffnung, dast als Ergebnis dieser Vorschläge demnächst eine Mitteilung, nach Berlin gesandt werden kann, die die Grundlage sür ein diese Frage betreffendes Übereinkommen unter den Alliier ten darstellen wird. Wenn diese Hoffnung erfüllt ist, so darf die französische Antwort als Ansicht der Alliierten betrachtet werden. Diese Auffassung gründet sich allerdings auf die Hoffnung und den Glauben, dast Frankreich die von England vertretenen Ansichten annehmen wird. Die französische Regierung hat der englischen Regie rung Erklärungen hinsichtlich der genauen Bedeutung ge wisser Teile des Notenentwurfs, die noch nicht klar waren, übermittelt. Das englische Kabinett ist über die Stellung nahme, zu der es gelangt ist, völlig einer Meinung. Es kann als sicher angenommen werden, dast England noch immer seinen Standpunkt aufrecht erhält, wonach die Erörterung eines weitläufigen oder unbegrenzten Planes abzulehnen sei, und dast es für einen begrenzten und be schränkten Plan eintritt." Merkwürdigerweise wird der Optimismus des briti schen Kabinetts auch von den französischen Regierungs stellen geteilt. Der diplomatische Mitarbeiter der Agen tur Haoas erfährt aus unterrichteten Kreisen Frankreichs, dast die Antwort der britischen Regierung, die vor den Feiertagen in Paris überreicht wurde, die französische Auffassung in den wesentlichen Punkten befriedige. Auf Grund dieser Haoaserklärung könnte man beinahe an nehmen, dast Briand einen Rückzug vorbereitet und nur noch in der Frage der von Deutschland mit englischer Unterstützung vorgeschlagenen Schiedsgerichtsverträge mit seinen östlichen Nachbarn irgendwelche Konzessionen von Chamberlain abzuringen hofft. Örtliches und Sächsisches. Lenzesreigen. Ein duftender Blütenreigen nn Tale, am Hang; ein Schwanken und Schwingen, ein Kosen und Locken, das Hochzeitsfest der Bäume. Einge laden seid ihr alle, ihr Bienen, Käfer und Schmetter linge, und auch ihr Menschen! Doch stört nicht mit rauher Hand das Fest! Loht den Strauß des bräutlichen Bau mes unversehrt. Ein Schauern würde durch seine süsten Träume gehen, ein Frosthauch die Gäste treffen, auch dich, Wanderer, wenn du inne werden müsttest, dast cs ein Frevel war. «,r.O..Lb. Altenberg. Die Pfingstfesttage waren von aus nahmsweise schönem Sommerwetter ausgezeichnet, sodast alle Welt sich an der grünenden und blühenden Natur von Herzen erfreuen konnte. So stand denn auch das Haupt- und Königsschiesten der hiesiaen Privilegierten Schützengesellschaft unter einem guten Stern, nur am so genannten dritten Feiertage verzögerte und beeinträchtigte ein vorüberziehvndes Gewitter den Paradeauszug am Nachmittage. Dem diesjährigen Schützenfeste war am Sonnabend ein würdiger Akt vorausgegangen, indem eine Deputation dem bisherigen Kommandanten Herrn Haupt mann Otto Büttner ein kunstvolles Diplom überbrachte und ihn zum Ehrenmitgliede im Range eines Majors r ernannte. Als eigentlicher Hauptfesttag ist immer der Sonntag anzusprechen. Er ward durch das altbekannte Böllerschiehen und den Weckruf der unermüdlichen Tam- boure cingeleitet, denen sich die Reveille des grauen Zuges j anschlost. An dem Paradeauszug am Nachmittage nahm - auster den Ehrengästen der deutsche Turnverein mit Fahne, - sowie eine Abordnung der Brudergilde Lauenstein teil. Der Zug berührte alle Stadtteile und wurde von Ein- heimischen und Fremden freudig begrüstt. Erstmalig traten die neugeschulten Pfeifer der Gilde in Aktion und lösten die Kapelle mit Marschmelodien ab. Liebe Hände warfen i den Vorüberziehenden zuweilen duftige Sträustchen zu. ' Der F'ag ienschmuck der Gebäude war etwas reicher als ' in den Vorjahren; die Farben schwarz weih rot nahmen dominierende Stellung ein. Viele Gebäude der Stadt hatten zum Feste einen frischen Anstrich erhalten und passten recht gut zu der frijchgeschmückten Eizgcbirgsnatur. Auf dem Festplatze war das neue Schützenzeit errichtet, in dem Kam. Richard Schröter nach bestem Können seines Amtes als Fcstwirt waltete. Die gewohnten Ve.kaufs- stände mit Delikatessen und allerhand Bedarfs und Scherz- aitikeln lockten viele Käufer an; die Glücksräder schnarrten : um die Wette, und Karussell und Luftschaukel, Schießbude ' und Kasparletheater sorgten für Unterhaltung. Der allge- j meine Festverkehr war leider im Vergleich zum Vorjahre etwas geringer. Der Monlag brachte eine Wiederholung des Paradeauszuges. Während am ersten Tage das Schiehen nach der Scheibe ein öffentliches war, wetteifer ten am zweiten Festtage die Schützenbrüder untereinander um den besten Schuh. Bereits im Laufe des Montag- ' Nachmittags wurden vier „13" geschossen, sodah man glaubte, der Königsschuh sei bereits gefallen. Die Ergeb nisse wurden indessen am Dienstag noch verbessert, denn - am Vormittag war die bedeutungsvolle Zahl „13 b ' reits siebenmal geschaffen worden besten von dem passiven Schützenmilglied Bäckermstr. Mar Seifert Der dritte Festtag brachte das übliche Schutzenfruhstuck im Zelte, an dem außer den Schützenbrüdern eine größere Anzahl Ehrengäste teilnahmen. Herr Vorsteher Lowke eröffnete den Reigen der Toaste, indem er die Nersamm- lung bewillkommnete und auf die hohen Tugenden des echten Schützen hinwies, die uns über Not und Trübsal, über Härten und Irrnisse hinwegführen sollen. Herr Ober leutnant Klöß, dem Heuer das Kommando übertragen worden war, hieß mit herzlichen Worten alle Teilnehmer willkommen, die mit ihrem Erscheinen ihre Sympathien bekundeten. Er gelobte, den alten Führern mit Pflicht- erfüllung und wahrer Schützentreue nachzueifern und dankte besonders dem bisherigen Kommandanten für seine vor bildliche Führung. Herr Major Büttner dankte mit herz lichen Worten und versicherte, daß er auch fernerhin der Gesellschaft Herz und Hand weihe. Im Namen der Gäste sprach als erster Herr Bürgermeister Just; er ehrte die festgebende Gesellschaft als Hüterin der Treue und widmete ihr recht freundschaftliche und beglückwünschende Worte. Line zündende Ansprache hielt dann ein aus wärtiges Ehrenmitglied, unser früherer Herr Bürgermeister Herres der seiner hohen Freude über das Weiterblühen der Gesellschaft beredten Ausdruck verlieh und alles Gute seiner alten lieben Schützengilde wünschte. Eine Samm- lung des Herrn Dir. Herre unter den Gästen als Spende zur Abtragung der Zeltkaufsumme ergab 65 M. Herr Pfar- rer Stelzner pries die Gesellschaft als Hüterin treuen nativ- nalen Geistes und beleuchtete den Edelsinn der Schützen- ailde in den Zeilen der schwersten Not. Herr Feldwebel Schmidt dankte allen Helfern und Förderern, besonders dem Zeltpächter Herrn Kam. Schröter für das gute Früh stück. Die Stadtkapelle bot während des Frühstücks ein kleines Konzert; sie hat überhaupt wacker an den festlichen Tagen aufgespielt. In den Morgenstunden bedachte sie die Schützenveteranen und -Gönner mit Ehrenständchen. Nach dem Frühstück zogen die Teilnehmer ins Städtchen zurück, um sich am Nachmittage zum Abschluß des Kö nigsschießens zu versammeln. Durch ein vorüberziehendes Gewitter erfuhr der Auszug am 3. Tage eine Verspätung, auch der Besuch des Schießens war dadurch beeinträchtigt worden. Zuni Glück lachte aber bald wieder die Sonne vom Himmel, sodaß das Fest bei herrlichstem Sommer wetter seinen Abschluß fand. In den Abendstunden wurde drr neue Schützenkönig aus seiner Wohnung unter klin gendem Spiel abgeholt und unter dem Ehrensalut des diensthabenden Zuges vor dem Wachtzelt zum König proklamiert Die zurückgetretene Majestät erhielt unter Worten der Beglückwünschung das von Herrn Dir. Herre gestiftete Erinnerungskreuz. Kam. Mar Seifert gelobte, der Gesellschaft für das kommende Jahr ein huldvoller Herscher zu sein und seine Gnade über alle reichlich aus zugießen. Schon am ersten Tage seiner Regierungszeit ward ihm Gelegenheit, eine Schar lechzender Kehlen vor dem Verdursten zu retten. Als die Dämmerung herein gebrochen war, flammten bunte Lichter auf und die Sig nale riefen zum Einzug. Der Marsch ins Städtchen bil dete einen schönen Abschluß der Festlichkeiten. Bengalische Leuchtfeuer erhellten die Nacht, und wirkungsvolle Illu minationen der Gebäude gaben ein glänzendes Bild zum Abschied. Namentlich die Rathausstraße, Anton Unger- Straße, sowie die Umgebung der Wohnung des neuen Schützenkönigs strahlte in Hellem Lichterglanze. Vor der Wohnung der neuen Majestät gab es ein größeres Halt, denn die Führerschaft brachte ihrem Oberhaupte Grüße und Glück- wünsche dar, während die Kameraden eine Ehrensalve abseuerten. Aus dem Marktplatz endete der Einzug nach einer kraftvoüen Ansprache des stellv. Kommandanten. Mit dem Wunsche „Glück auf! Auf Wiedersehen!" zer streute sich die Menge. — Der 5 jährige Knabe einer Fierantensfrau hatte am dritten Feiertag in den späten Abendstunden das Un- glück, bei einem Sturz vom Karussell ein Bein zu brechen. — Eine Panne erlitt am zweiten Pfingstfeiertag der Auto-Omnibus der staatlichen Kraftwagenlinie Zinn- wald—Kipsdorf unweit des hiesigen Bahnhofes. Mit großem Knall platzte die Luftbereifung eines der Hinter- rader Die zahlreichen Passagiere mußten den Wagen verlaffen, der sich noch mühsam bis zum Posthotel schleppte. Ein angeforderter Ersatzwagen vermied größere Verkehrs