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M 56 64. Jahrg ' '' — Dienstag, den 14. Mai 1829 er Bote vom Geising Lr,chetnt wochenltich dreimal: und Bezugspreis für den Monat Müaliktal-^eituna « ^"^^'deilage. ITTU Zeile oder deren Aaum 20 P6. die 86 mm breite .Rund um den Geilmgberg". Reklame- u. Tingciandtzeile od. der. Raum 40 Pf. Bezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein und Umgegend. In diesem Blatte erscheinen die amtlichen Bekanntmachungen der Amtsgerichte Altenberg und Lauenstein, sowie der Stadtbebörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bärenstein. und Verlag: K. N-Kuntzsch, Altenberg. — Für die Schristleitung verantwortlich: Klara Kuntzsch, Altenberg. — Fcrnspr.: LauenÜetn 427. — Postscheck Dresden 11811. — Gemeindegirokonto Altenberg 11 Die sächsischen Landtagswahlen am 12. Mai. Leine radikale Linksmehrheit im neuen Landtag. — Die Nationalsozialisten sind das „Zünglein an der Wage". — Schwierige Bildung der neuen Regierung. Nach der Wahlschlacht. Das sächsische Volk hat am Sonntag seinen neuen Landtag gewählt und damit für vier Jahre sein Schick sal bestimmt, wenn der neue Landtag nicht wie so viele st ner Vorgänger vorzeitig aufgelöst wird. Der Wahl kampf ist diesmal mu besonderer Heftigkeit geführt wor den, wenn es auch glücklicherweise im ganzen Lande keine Glichen Zusammenstöße gegeben hat. Die überwiegende Mehrheit der Wählerschaft batte die große Bedeutung j d.r Wah! richtig erkannt. Leider hat sich aber auch gezeigt, daß die Zahl derjenigen Männer und Frauen, d e nicht soviel Verantwortungsbewußtsein aufbringen, daß ! sie wählen gehen, noch immer sehr groß ist Im ganzen Lande beträgt die Wahlbeteiligung etwa 80 Fast ?lOOOO Wahlberechtigte haben ihr höchstes staalsbürg-r- ?ches Recht verschenkt und damit ihren Gegnern den Lücken gestärkt. Erfreulich ijt cs allerdings, daß die Wahl- eteiligung etwas größer ist als zu den Landtagswahlen j .n Zähre 1926. Besonders groß ist in unserer Gegrnö d.e Wahlmüdigkeit auf dem Lande. Während in unseren - Städten die Wahlbeteiligung durchschnittlich 85°^, betrug, wählten in manchen Dörfern fast die Hälfte der Wahl- ! ercchtigten nicht. Wie haben nun die einzelnen Parieren abgeschnitten? » e Sozialdemokraten haben zwar gegenüber der letzten andtagswahl eine verhältnismäßig starke Zunahme der f stimmen zu verzeichnen, sie geht aber nicht allzuviel über e höhere Wahlbeteiligung hinaus und bleibt hinter dem rgebnis der Reichsiagswabl Zurück. D'e Kommunisten, weit es sich um die „offizielle" Partei handelt, haben -h auf dem Stande von 1926 hallen können, ihre Man atszahl ging jedoch von 14 auf 12 zurück, da infolge er stärkeren Wahlbeteiligung die Wachzahl, die zur Er- ichung eines Sitzes notwendig ist, 28 100 beträgt und rmit höher als 1926 ist. Die kommunisti'che Opposition znnte keinen Sitz erringen. Bei oen bürgerlichen Parieren haben die Deutschna- malen und die De notaten Stimmen verloren. Die Deutsch-rationalen werden einschließlich der ihnen angl- > chlossrnen 5 Mandate des Sächsischen Lanovolkes über I 8 S ge im neuen Lai.dtag verfügen, also einen weniger l i, ,m alten Landtag, ebenso die Demokraten (bisher 5, s :etzt 4 Sitze). Die Deutsche Volk-partei hat sehr gut ab- ! eschnütrn und stellt jetzt mrt ihren 18 Mandaten die ' ärkste bürgerliche Partei im Landtag dar. Die Wirt- s mftspartei kann ebenfalls zufrieden sein; sie Hai einen > heblichen Stimmenzuaachs zu verzeichnen und kann 11 Abgeordnete gegenüber bisher 10 in den Landtag ein- ,iehen lassen. Die Aufwertungspartei ist weiter geschwächt worden. Ohne Vertretung blieb das Zentrum, und die Alte Sozial »emokratijche Partei konnte wohl die Zahlen von 1926 bei weitem nicht erreichen, konnte ober die nel den Reichstagswahlen 1928 erlittene Niederlage wie der ausgleichen und hat damit die Grundlage ,ür die Weiterarbeit behalten. Die Nationalsozialisten, auch Hiilerbewegung genannt, smd diejenigen, die wohl den größten Erfolg buchen kön nen. Nicht nur, daß sie mancherorts ihre 1926er Wahl ziffern verzehnfacht und im Landesdurchschnitt verdrei facht und dadurch drei Sitze dazugewonnen haben. Die Mehrheitsverhältniffe im neuen Landtag bringen es näm lich mit sich, daß sie das ausschlaggebende „Zünglein an der Wage" geworden sind. Die Oppositionsfront (So- zialdemokraten und Kommunisten) ist 45 Sitze stark ge blieben. Ihr stehen mit 46 Mandaten die Parteien der ölten Heldtkoalition gegenüber, die drei Sitze an die Nationalsozialisten verloren hoben. Ohne diese kann es keine Mehrheit gegenüber den monistischen Parteien geben. Mit der Bedeutung, die ihr die Wahl gegeben hat, ist sich hoffentlich diese Partei auch der Verantwortung be wußt geworden, die ihr daraus erwächst. Das vorläufige sächsische Gesamtergebnis. Die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen beträgt , nach den vorläufigen Berechnungen 2 701 217. Davon ! entfallen auf: 1) Sozialdemokratische Partei . . . . 922118 (1926: 758005; 1928: 999 421) 2) Deutschnationale Volkspartei . . . 218 368 - (1926: 341 065; 1928: 254 488) 3) Deutsche Volkspartei 363 417 j (1926: 292079; 1928: 316017) j 4) Wirtschafts-Mittelstands--Partei . 304 353 ; (1926: 237 462; 1928: 232 052) 5) Kommunistische Partei 345 817 ! (1926: 342 112; 1928: 381 568) ! 6) Deutsche Demokratische Partei . . 115 097 ! (1926: 111 351; 1928: 147 356) 7) Kommunistische Opposition .... 22594 (1926 und 1928 ohne Liste) 8) Slufwertungs-(Volksrechts--Partei . 70092 (1926: 98 258; 1928: 87 545) 9- Alte Sozialdemokratiische Partei . 39 625 (1926: 98026; 1928: 34 869) 10) Nationalsoz. Deutsche Arbeiterpartei 133 787 <1926: 37 736; 1928: 74 343) 12) Zentrumspartei 25440 (1926; 24059; 1928: 23519) 13- Sächsisches Landvolk 140 522 (1926: —; 1928: 127 575) Die emgeklammerien Ziffern beziehen sich auf die Landtagswahlen vom 31. Oktober 1926 und die Reichs tagswahlen vom 20. Mai 1928. Das Gesicht des neuen Landtages. Die 96 Abgeordnetensitze verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Parteien: Sozialdemokraten .... 2Z (bisher 31) Deutschnationale 8 (bisher 14) Deutsche Volkspartei .... 12 (bisher 12) Wirtschaftspartei 11 (bisher 1N) Kommunistische Partei ... 12 (bisher 14) Demokratische Partei ... 4 (bisher 5) Kommunistische Opposition . — (bisher —) Voltsrechtspartei 2 (bisher 4) Alte Sozialdemokraten ... 2 (bisher 4) Nationalsozialisten S (bisher 2) Zentrum — (bisher —) Sachs. Landvolk S (bisher —) Wahlergebnisse der drei sächsischen Wahlkreise: Partei Wahlkreis 1 Bautzen Dresden Landtaqswahl Wahlkreis 2 Leipzig Landtagswahl Wahlkreis 3 Chemnitz-Zwickau Landtagswahl 1926 1929 1926 1929 1926 1929 Sozialdemokratische Partei 299308 368636 212137 258028 246524 295453 Deutschnationale Volkspartei 144175 91524 87029 45702 109949 81137 Zentrum 15664 15131 3933 4395 4492 5614 Deutsche Volkspartei 102111 129047 I01248 115596 88696 118778 Kommunistische Partei 83623 93606 107177 111093 151582 141118 Kommunisten (Opposition) — -16L5 8067 — 9902 Demokratische Partei 47427 54488 33231 32517 30809 28092 2IZirtschafts( Mittelstands-)Partci .... 97722 105594 36225 69473 103679 125336 Nationalsozialistische D. Arb. Partei . . . 7562 36580 5778 25741 24385 71471 Sächsisches Landvolk — 65414 — 38504 — 36604 Aufwertungs-(Volksrechls-) Partei .... 21770 11328 35019 28473 41690 30291 Alte Sozialdemokratische Partei .... 48140 20601 24868 7764 24877 11260 Deutsch-Soziale Partei 5572 3081 — 1703 — Haus und Grundbesitzer-Partei .... 2378 — — — 4633 — Die Frage der Regierungsumbildung ist noch un klar und genau noch so schwierig wie erst. Eine Koali tion mit den Sozialdemokraten würde eine große Mehr heit schaffen, ob sie aber zustande kommt, ist fraglich. Auch die Bildung eines rein bürgerlichen Blockes wäre möglich, der über eine kleine Mehrheit verfügen würde. Jedenfalls w'.rd die Regierungsumbildung noch manche Schwierigkeiten machen. . Nach Berufen geordnet, setzt sich der neue Landtag wie folgt zusammen: 20 Geschäftsführer und Parteibe amte, 16 Arbeiter, 12 Kaufleute, Syndizi und Direktoren, 11 höhere Beamte und höhere Lehrer, 7 Schriftleiter, 6 Volksfchullchrer, 6 Landwirte, 4 Minister und Mini ster a D, 3 mittlere oder untere Beamte, 2 Handwerker, 2 Rechtsanwälte, 2 ehemalige Offiziere, 1 Arzt, 1 Hand lungsgehilfe und 3 Hausfrauen.