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BeiblattGenerar-Anzekgrr, «hemnitz. nub zu: Sächsischer Landbote. —. Nr. 37. — Septemver 1898 — «erlag von Alexander Dlede. «henacktz. WAM Ein Her,. lWWM Wenn dunkle Wolken mich umgrauen, Wenn mich der beste Freund verläßt» Was thnt's? Ei» Herz, dem kann ich trau««, Ein Herz — und daran glaub' ich fest! Und wenn ein Herz in schweren Tagen In Achtung uns «nd Ehren hält t Und jede Bürde uns Hilst tragen: Das ist das wahre Glück der Welt! Das Glück liegt nicht in ird'schen Schätzen, Das Glück liegt nicht in eitler Pracht, Das Glück, das Nichts uns kann verletzen, Liegt in der Liebe starker Macht. Der Spaziergänger. Nachdruck verboten. Die Zahl der Radfahrer ist auch bei uns immer noch im Zunehmen. Nächstens radelt noch Alles; Mann, Weib, Kind und Kegel. Dem Vernehmen nach sind überall Vereine von Spaziergängern in der Bildung begriffen, welche das Seiltanzen erlernen wollen, um nach erlernter Kunstfertigkeit auf den Telephon drähten und den Leitungsdrähten der »Elektrischen" ihre Spaziergänge und Geschästs- wege durch die Stadt zu erledigen, dieweil sie dies auf dem theuren Pflaster der Straßen nicht mehr können. Als ich davon hörte, beeilte ich mich, durch einen Dreiraddienstmann dem provisorischen Vorstand meinen Beitritt zu erklären. Das muß herrlich sein, da oben auf den Leitungsdrähten als Luftikus zu paradiren und statt der Damen, die Parterre wohnen und die wir den Herren Radfahrern leider überlasten müssen, den Damen der Bel- Etage Fcnsterpromenade zu machen. Der Vorstand sandte mir nun die Statuten dieses Klubs, der, aus leicht begreiflichen Gründen, weibliche Mitglieder nur dann aufnimmt, wenn sie, und nicht nur zu Hause, die Hosen anhaben; Rodlerinnen, insbesondere Tandem fahrerinnen sind prinzipiell ausgeschloffen. Auch der Kriegsplau, wie wir bequem auf die Drähte kommen, ist schon ausgeheckt; wir klettern einfach die Leitungsstange der Motor wagen oder die Telephonstangen hinauf; es bleibt uns ja, wenn wir unsere Hühneraugen nicht überfahren haben wollen, nichts Anderes übrig. Denken Sie nur, selbst unsere Droschken- und Taxametergäule fangen an nervös zu werden; auch sie sind auf die Ausartungen des modernen Verkehrs nicht mehr zu „aicheu". So sah ich gestern in der Dheaterstraße, wie sehr schlecht unsere „Märtyrer der Arbeit", wie der klugerweise in die Sommerfrische gereiste Emile Zola das Droschken-, Wagen» und Lastwagen- Pferd nennt, auf Fahrrad, „Elektrische" und Benzinwagen rc. zu sprechen sind. Ein dort haltender Droschkengaul ergriff mit seinem Gebiß einen vorübersahrenden Radfahrer am Aermel, hob ihn aus dem Sattel und setzte ihn aus das Trottoir, gleichsam als wollte er sagen: „Du hast Leine Beine zum Gehen, aber nicht zum Radstrampeln!" Derselbe rabiate Gaul schlug auch nach einem Motor wagen, brachte ihn aus den Schienen und rief so eine ganz beträchtliche Verkehrsstockung hervor, worüber er freudigst hell aufwieherte. Ein kluger Gaul; die ganze staubwirbelnde, raddurchsauste, schieneudurchfurchte Theaterstraße, Milans Königreich für ein solches Pferd! Das edelste Roß muß melancholisch-rabiat werden, wenn es so weiter geht! Vor lauter Fahrrad-, Motor- und Benzinwageu-Bewegung kennen sie sich nicht mehr aus! Sie werden lucanus- reif, amtsmüde, entbehrlich, ihres Unwerthes bewußt! Ein edles Roß will arbeiten, eS will respeltirt werden, unentbehrlich sein und muß tagtäglich mehr sehen, wie sehr eS von Maschinen überflügelt wird; es weiß, daß mit der steigenden Zahl der Fahrradnummeru und drgl. die Statistik auch eine abnehmende Zahl an Droschkenpferden konstatirt. Da wir im Frieden bis über die Ohren waffengerüstet starren, kann es nicht das Schlachtroß der Marketenderin sein und ein geschlachtetes Roß will es auch nicht sein! „Heute noch ein Droschkengaul, Morgen in der Leute Maul"; den Spottvers läßt sich ein taxameterzielbe wußter Droschkcngaul nicht gefallen. „Hottehühe pserd" will es nicht sein, und zum „Hojohtoho- pserd" kann es im Sommer nicht gekürt werden, weil die Pforten unserös Musentempels geschloffen sind. Also stirbt eS aus! Und ich habe unsere Droschkengäule im Verdacht, daß sie dem erhebenden und erlösenden Beispiel amerikanischer Damen folgen und einen Selbst mordklub gründen werden. Damit sterben die edlen Vierfüßler zum Leidwesen der berußten, fidelen, mistuntersuchenden Spatzenwelt aus und unsere Nachkommen, die doch sicherlich maschinenmäßig fliegen oder so schnell radeln werden, wie der elektrische Funken durch das Lügenkabel zwischen New-Iork und London fährt, werden den Droschkengaul mit seinen typischen französischen Beinen anstaunen können; sie werden daS.ihnen unbekannte vorsintfluthliche Thier wahrscheinlich unter die Spezies: „Riesen schneckenart" zählen, womit ich für heute die Ehre habe, mich ganz ergebenst zu empsehleu. . Zur Reserve. Ein wohlthuendeS Gefühl war eS, das mich beschlichen hat, wie ich das hohe Friedens wort des russischen Kaisers und das Wort von der Abrüstung gelesen Hab'. D as Militär in Ehren; aber mehr, als wir haben, brauchen wir nicht mehr und wenn die anderen Ständ' auch wieder einmal ein Bißl zum Zug kommen, so kann das gar nicht schaden. Biele Zweijährige bereiten sich jetzt vor, abzurüsten. Ihre Dienstzeit ist in kurzen Wochen um und sie kehren in die Heimath zurück. Freilich bringt meistens Alles, war dem Einen ein Vergnügen macht, dem Andern einen Schmerz. Gar mancher Köchin zittert die Seel' im Leib, wenn sie an die Trennung denkt; denn sie weiß noch heut' nicht sicher, wird sie der Schorschl heirathen oder wird er sich, wenn er in das Zivilleben Übertritt, auch von ihr losmachen, weil sie halt auch eia „militärisches Verhältniß" ist. Sollen alle die Knödel, Ripperln, GanSachtel und Braten portionen, mit denen sie seine militärische Ausbildung unterstützt hat, gar keinen dauernd« Einfluß hinterlaffen haben; soll sie durch diese hervorragenden kriegerischen Leistungen nicht so viele Verdienste erworben haben, daß sie das Recht hätte, sein Zivilkreuz zu werden? Aber der Schorschl thut gar nicht der gleichen. Er wär halt noch gar so ein junger Teufel, »»eint er; er könnt' noch nichts Rechtes und hätt' noch Nichts. So. so. denkt sich die Theres, ich versteh' Dich schon! Aber sie hat eine große, edle Seele» die sich nicht anschauen läßt! Sie schickt ihm noch eine lan.e und dicke Wurst zum Abschied, damit er sieht, daß in ihrem Herzen kein Groll zurückgeblieben ist. Dann reißt sie ihr Herz von ihm und von der jungen Mannschaft los und sieht sich um nach einem Unteroffizier mit Aussicht auf de» ZivilversorgungSschein. Da sind wenigstens die verschiedenen kälberue» und schweinerne» Leistungen auf Zinsen angelegt und die Aus sicht, später eine Staatsstellung eiuzunehmen, vergoldet ihr Dasei». Mit dem Schorschl iS aber die Geschichte so. Er hat schou in der Heimath eine Be kanntschaft. die mit Müh' und Noch aus daS Ende seiner Militärzeit gewartet hat. S« war chm allemal hart genug geworden, wen» si»