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Ein Beiblatt zur sächsischen Dorfzeitung. Redigirt unter Verantwortlichkeit 23. Freitag, Aechte Staatsweisheit. Wir zweifeln sehr, Jemand avhufinden, der den Satz bestreitet: „das Haus ist im Klei nen, waS der Staal im Großen", oder die Behauptung widerlegte: „das häuslicheLeben äußert den entschiedensten Einfluß auf da- bürgerliche Leben." Das deutsche Ge- müth wenigstens erkennt den innigen Zusammen hang zwischen beiden Lebenskreisen zweifellos an und würde wider eine gegenteilige Annahme ent schieden protestiren. Man trage demnach nur möglichst gewissen hafte Sorge für die rechte Gestaltung des häus lichen Lebens, man veredele dasselbe nach allen Seiten hin, man schenke namentlich dem Erzieh- ungSgeschafte eine größere Aufmerksamkeit, als es zu geschehen pflegt, und es wird auch daS staats bürgerliche Leben eine befriedigendere Gestaltung gewinnen als die, welche eS der Erfahrung zufolge noch immer hat. Gehen jetzt vielfach häusliche Fehler mit bürgerlichen Gebrechen Hand in Hand, so werden dann häusliche Tugenden die Quellen bürgerlicher Tugenden sein. Wer im Hause das Beßte will, wird es auch im Staate wollen; wer dort das Wohl Anderer befördert und aus Rück sicht auf dasselbe sogar eigene Vortheile aufzugeben und Opfer zu bringen, eine bescheidene Mäßigung seiner Ansprüche und Gerechtsame walten zu lassen und die Rechte Anderer zu ehren lernt, der wird diese Fertigkeit auch hier bewahren. Nicht zu ge- denken, daß Ordnungsliebe, Sparsamkeit, Arbeit samkeit, in einem wohlgeordneten Hausleben früh zeitig angeeignet, zuletzt dem Staatshaushalte zu Gute kommen, während Arbeitsscheu, Verschwend ung und dissolutes Wesen Verbrechen erzeugen, und dem Strome jener Verarmung die Bahn brechen, welche je länger je gefahrvoller alle ge selligen Verhältnisse zu unterwühlen droht. der Verleger Heinrich und Walther, den 5. Juni 1840. —— .» Nun liegt eS allerdings vor Augen, daß das Meiste zu einer solchen Gestaltung des häuslichen Lebens von den Leitern desselben, den Hausvätern und Hausmüttern abhängt, daß also in diesen Händen ein guter Theil auch des StaatswohleS beruht. Auch kann es nicht im Mindesten zweifel haft sein, daß gerade von dieser Seite her bei Vornehmen und Reichen, wie bei Armen und Niedrigen, namentlich in Rücksicht der Kinderer ziehung noch unsäglich viel zu wünschen übrig bleibe. Allein ebensowenig läßt sich in 'Abrede stellen, daß den Häuptern der Staatsfamilie, den Regierungen hier ein weites Feld der Thätig- keit geöffnet ist. Sollen sie aber etwa unmit telbar durch Eingriffe in das häusliche Leben, durch Bevormundung der Erziehung, durch Maß regeln mit polizeilichem Charakter dieses Feld be bauen? Nimmermehr! Zwang, Polizeiwesen hat auf dem Gebiete, wo der freie Wille des Staats bürgers zu entscheiden hat, niemals gut gethan, und würde am wenigsten in einer Zeit, wie die unserige, in einer Zeit der, wenigstens vorausge setzten Volksmündigkeit zum Ziele führen. Zwang hat immer das Vorurtheil der Menge gegen sich und erzeugt Widerspruch selbst gegen die wohlge meintesten Bestrebungen. Mittelbar also nur dürfen die Regierungen auf das häusliche Leben, auf die Pflege häuslicher Tugenden einwirken, wenn ihre Einwirkung den gewünschten Erfolg haben und namentlich auch die staatsbürgerlichen Lugen den dadurch gefördert werden sollen. Je wichtiger nun aber die Erfüllung dieser Pflicht für das Wohl der Gesammtheit einerseits ist, und je vorurtheils- freier das Volk über seine Regierung zu urtheilen im Stande ist, wenn es für alle Zustände einen richtigen Maaßstab in den Händen hat, desto weniger können wir uns versagen, in diesem Blatte einen hierher gehörigen Beitrag zur ächten StaatS- Weisheit mitzutheilen. Derselbe ist der trefflichen