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Jeder Nachdruck aus den, Inhalt dieser Zeitschrift wird i^afrechtlich verfolgt werde,,. Rinderbüste, von N. Wiechert, einer Ausnahme n»n Vhiete in Vamhue, ich, daß cs nur der Wunsch war, in dem bunten Getriebe mein häus liches Elend zu vergessen. Wenn ich ein echtes Talent gehabt hätte, da mals hätte cs zur Entfaltung kommen müssen. Aber meine Erfolge als Schauspielerin blieben klein, und die Versuchungen wurden immer gröber. Ich war damals sehr schön und hatte viele Verehrer. Anfangs widerstand ich, wenn man mich cinlnd, nach der Vorstellung noch ein paar Stunden in einer lustigen Gesellschaft zu verleben. Saß ich aber nachher in unserer kalten Kammer bei der kärglichen Mahlzeit, dann bereute ich meine Absage, so sehr sehnte ich mich nach Licht und Wärme, nach gutem Essen und frohen Gesichtern. So kam cs, daß ich doch schließlich einer solchen Einladung folgte — für einmal, sagte ich mir. Aber aus dem einen Male wurden viele. Ach! noch jetzt verfolgt mich das blasse, vorwurfsvolle Gesicht meines Gatten im Traum, niit dem er nach vergeblichem Bitten und Flehen allein nach dem Theater nach Hanse ging. Am anderen Morgen kam cS dann zu heftigen Szenen. Er liebte mich und war außer sich vor Eifer- sucht. Wenn dann aber das Kleine in seiner Wiege aufwachte und er- schrocken zu weinen begann, wurde er ruhig. Er nahm cs auf den Arni, sang ihm etwas vor und spielte mit ihm, bis eS vor Vergnügen krähte. Und dabei pflegte er zu sagen — ich höre e» noch —- „Weine nicht .Es thut mrr ja selbst leid genug," entgegnete sie, .daß ich mich dem Zwang der Verhältnisse fügen mußte. Denn ich bin nicht wie meine Mutter. Mein Herz hing an dem reizenden, kleinen Geschöpfchen, so sehr Ich sein Dasein im Anfang als Last empfanden habe. Aber zuerst wollte sein Vater es nicht hergeben, und dann —" „Wie soll ich das verstehen?" unterbrach ich sie, „der Vater Deines Kindes? — So ist er nicht todt." .'Jetzt ist er todt, der Acrmstc," sagte sie, »ad ihre Augen füllten sich mit Thräncn. „Ich habe ihm sehr weh gethan. Er hatte mich so lieb, und ich hatte ihm gelobt, Freude und Leid mit ihm zu thcilcn. Und als das Leid kam und die Noth und das Elend — da habe ich ihn verlassen. — ihn und das Kind." Sie barg mit eincrleidcnschaftlichcn Gcbcrde des Schmerzes ihr Gesicht in den Händen und weinte. Mein erstes Gefühl der Entrüstung verwandelte sich beim Anblick ihres Jammers in tiefes Mitleid. „Wir hätten so glücklich mit ein ander sein können," — fuhr sic uach einer Weile fort, als sic sich mit Mühc gefaßt hatte, „wenn wir nicht immer ans einer Geldverlegenheit in die andere gekommen wären. Mein Mann verdiente nicht viel, aber es hätte vielleicht doch gereicht, wenn ich es verstanden hätte, zn wirthschaften. Wo sollte ich eS aber gelernt haben? — lind al? ich schließlich wieder anstreten Sonntagsbeilage zur Sachfischen Torfzeitung. 8. Februar i'E Novelle von O. M i l l 1 t. „ , d lSch'ut > konnte, wurde unsere Lage dadurch auch nicht gebessert. Don meinem Verdienst konnte ich kaum die nöthigen Toiletten bestreiten. Aber ich hatte einen unwiderstehlichen Hang zur Bühne, den ich damals für ein Zeichen meines Talentes hielt. Jetzt jedoch weiß